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Copeptin zur Risikostratifizierung bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

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Academic year: 2022

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Aus der Klinik für Kardiologie der Universität zu Lübeck Direktor: Prof. Dr. med. H. Thiele

Inaugural-Dissertation zur

Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck -Aus der Sektion Medizin-

vorgelegt von

Miriam Müller aus Hannover

Lübeck 2016

Copeptin zur Risikostratifizierung bei Patienten mit

akutem Koronarsyndrom

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1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Peter Radke

2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Matthias Heringlake

Tag der mündlichen Prüfung: 19.09.2017

Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 19.09.2017

Promotionskommission der Sektion Medizin

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 1

1.1 Akutes Koronarsyndrom ... 1

1.2 Die Bedeutung von Biomarkern in der Risikostratifizierung ... 6

des akuten Koronarsyndroms ... 6

1.3 Was ist Copeptin? ... 11

1.4 Ziel und Fragestellung der Studie ... 14

2. Material und Methoden ... 16

2.1 Studiendesign ... 16

2.2 Ein- und Ausschlusskriterien ... 16

2.3 Datenschutz ... 16

2.4 Anamnese, Untersuchung und Behandlungsablauf ... 17

2.5 Labordiagnostik ... 18

2.6 Statistische Analyse ... 19

3. Ergebnisse ... 21

3.1 Basischarakteristika Gesamtkollektiv ... 21

3.1.1 Patienten mit NSTEMI ... 22

3.2 Klinischer Verlauf ... 23

3.3 Laborchemische Ergebnisse ... 24

3.3.1 Troponin T ... 24

3.3.2 Copeptin ... 25

3.3.3 Kombination von Troponin und Copeptin ... 27

3.3.4 Verhältnis zwischen Troponin- und Copeptin-Erhöhung und Risikoscores und Risikofaktoren ... 29

4. Diskussion ... 35

4.1 Patientenkollektiv und Referenzstudien ... 36

4.2 Betrachtung des negativ prädiktiven Wertes von Copeptin und Troponin....37

4.3 Copeptin als Risikomarker ... 39

4.3.1 Korrelation von Copeptin-Konzentration und etablierten Risikofaktoren und Risikoscores...40

4.3.2 Copeptin und akuter Myokardinfarkt... 43

4.4 Schlussfolgerung ... 44

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4.5 Limitationen ... 44

5. Zusammenfassung ... 46

6. Literaturverzeichnis ... 48

7. Anhang ... 55

7.1 Abkürzungsverzeichnis ... 55

7.2 Abbildungsverzeichnis... 58

7.3 Tabellenverzeichnis ... 59

8. Danksagung... 60

9. Lebenslauf ... 61

(5)

Einleitung

1. Einleitung

1.1 Akutes Koronarsyndrom

Nach einer 2013 vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Statistik wird ein deutscher Erwachsener zwischen 40 und 79 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp 5% in seinem Leben einen Herzinfarkt erleiden [15]. Über ein Drittel der Betroffenen versterben und der akute Myokardinfarkt ist damit 2013 mit einem Anteil von 5,8% (52.044) die zweithäufigste Todesursache überhaupt in Deutschland [62, 63].

Der akute Myokardinfarkt wird unterteilt in einen ST-Streckenelevationsinfarkt (STEMI) und einen Nicht-ST-Streckenelevationsinfarkt (NSTEMI). Beide Formen werden gemeinsam mit der instabilen Angina pectoris als akutes Koronarsyndrom (ACS) zusammengefasst und bilden die wesentlichen Manifestationen der koronaren Herzkrankheit (KHK).

Pathophysiologisch liegt allen drei Erscheinungsformen eine myokardiale Minderperfusion durch atherosklerotische Plaques zugrunde. Je nach Ausmaß der durch die Ruptur oder Erosion der Plaques ausgelösten Embolisation oder Thrombose im nachgeschalteten Koronargefäß unterscheidet sich die klinische Manifestation [1].

Für die Ausbildung dieser atherosklerotischen Veränderungen und damit für das Auftreten eines akuten Koronarsyndroms sind inzwischen viele Risikofaktoren bekannt. Dazu gehören die Hypercholesterinämie, Hyperlipoproteinämie und arterieller Hypertonus, wobei das Risiko für eine KHK ab systolischen Blutdruckwerten >130mmHg und diastolischen Werten >85mmHg linear ansteigt.

Auch Diabetes mellitus, familiäre Prädisposition, Geschlecht und Alter, wobei das Risiko für Männer unter 60 Jahren deutlich höher ist als für Frauen und bei beiden Geschlechtern mit dem Alter zunimmt, erhöhen das Risiko atherosklerotische Veränderungen zu entwickeln. Rauchen, Adipositas und körperliche Inaktivität tragen ferner zur Risikoerhöhung bei, insbesondere, wenn einige von den oben genannten Faktoren bereits vorliegen. Psychosoziale Umstände spielen ebenfalls eine Rolle, wobei festzustellen ist, dass bei niedrigem sozialen Status

(6)

Einleitung

Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonus, Adipositas und Diabetes gehäuft auftreten und am ehesten darüber der Zusammenhang zu einem erhöhten Atheroskleroserisiko zu sehen ist [14].

Neben der Pathophysiologie und den Risikofaktoren haben die unterschiedlichen Manifestationen des akuten Koronarsyndroms auch ein gemeinsames Leitsymptom, den akut einsetzenden Thoraxschmerz. Dieser kann sich auch als retrosternaler Druck, Brennen oder Beklemmungsgefühl äußern und typischerweise in den linken Arm, die Schultern und den Unterkiefer ausstrahlen.

Erschwert wird die Diagnose durch ebenfalls häufig auftretende atypische Symptome, wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Dyspnoe und Palpitationen. Insbesondere bei älteren Patienten (>75 Jahre), bei Frauen und Diabetikern, muss bei atypischen Symptomen auch das akute Koronarsyndrom als Diagnose berücksichtigt werden [6]. Umgekehrt bedeutet nicht jeder akute Thoraxschmerz das Vorhandensein einer myokardialen Ischämie.

Differentialdiagnostisch kommen demnach auch eine Lungenarterienembolie, eine Pneumonie, Pneumothorax, Aortendissektion und -aneurysma, Ösophagitis, Pankreatitis, muskuloskelettale Beschwerden und viele weitere Ursachen in Betracht. [1]

Bei genannten Überschneidungen der Symptome für die verschiedenen Formen des ACS sowie der Vielzahl an möglichen Differenzialdiagnosen bedarf es eines diagnostischen Mittels zur Verifikation der Diagnose akuter Myokardinfarkt. Dabei und in der Risikostratifizierung des akuten Thoraxschmerz kommt der Elektrokardiographie (EKG) eine entscheidende Bedeutung zu. Nach den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie soll innerhalb der ersten 10 Minuten nach Aufnahme eines Patienten in der Notaufnahme mit dem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom ein EKG geschrieben und ärztlich befundet werden. Seit 2012 liegt eine neue Infarktdefinition vor, die insbesondere die EKG-Kriterien betrifft. So werden in der aktuellen Version alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede und die besondere Signifikanz der Ableitungen V2 und V3 berücksichtigt. Dies bedeutet für Frauen mit entsprechender Klinik beispielsweise bereits bei einer ST-Streckenhebung von 0,15 mV in V2-V3 eine Indikation zur invasiven Diagnostik. Sind nach diesen

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Einleitung

Kriterien zum Zeitpunkt der Aufnahme neue signifikante ST-Streckenhebungen oder ein neu aufgetretener Linksschenkelblock zu sehen, handelt es sich um einen STEMI und der Patient sollte innerhalb von 60 Minuten beziehungsweise zwei Stunden, falls eine Verlegung in ein Zentrum mit Herzkatheterlabor notwendig ist, revaskularisiert werden [53].

Fehlen die nach der aktuellen Definition festgelegten EKG-Veränderungen, wird nach dem in Abbildung 1 dargestellten Algorithmus verfahren.

Abbildung 1: Algorithmus bei Verdacht auf ACS mit frühem Ausschluss („rule out“) und Nachweis („rule-in“) eines NSTEMI unter Verwendung eines hochsensitiven cTn-Tests (DD=Differenzialdiagnose, hsTn=hochsensitives Troponin, Echo=Echokardiographie, CT=Computertomographie, MRT= Magnetresonanztomographie; Abbildung nach [53]).

Ein initial unauffälliges EKG schließt demnach eine akute myokardiale Ischämie nicht aus. Es kann sich weiterhin um lebensbedrohliche Erscheinungsformen des ACS, die instabile Angina pectoris und den NSTEMI handeln. Hier erhält das Troponin eine entscheidende Rolle in der weiteren Behandlung des Patienten.

Seine genaueren biochemischen Eigenschaften und die Organspezifität werden im Folgenden noch dargestellt. Da das Troponin erst mit einer, je nach verwendetem Assay unterschiedlichen Verzögerung ansteigt (hochsensitives Tn schon nach 3 Stunden), sind nach der initialen Messung laborchemische

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Einleitung

Verlaufskontrollen nach 3, 6 bzw. 9 Stunden notwendig. Ist ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen, lautet die Diagnose NSTEMI und der Patient erhält ebenfalls so schnell wie möglich eine invasive Diagnostik mittels Koronarangiographie. Bleibt ein Anstieg des Biomarkers aus, handelt es sich definitionsgemäß um eine instabile Angina pectoris [53].

Als weitere Parameter zur Risikostratifizierung stehen Risikoscores wie der GRACE-Risiko-Score zur Verfügung. Dieser wird ermittelt aus dem Patientenalter, Herzfrequenz, systolischem Blutdruck, Kreatinin, Killip-Klassifikation sowie dem Vorhandensein von ST-Streckenhebungen, Herzstillstand bei Aufnahme und erhöhten Troponinkonzentrationen. Je nach Höhe des errechneten Scores wird eine Wahrscheinlichkeit für Tod oder Myokardinfarkt noch im Krankenhaus oder innerhalb der nächsten 6 Monate angegeben [66].

Da eine irreversible Myokardzellschädigung bereits nach 20 Minuten beginnt und sich mit zunehmender Minderperfusion weiter ausbreitet, liegt besonderes Interesse auf einem Diagnoseschema, bei dem möglichst schnell adäquat gehandelt werden kann [7]. Adäquat bedeutet zum einen das richtige Erkennen von ischämischen und interventionspflichtigen Zuständen, zum anderen aber auch die korrekte Einordnung als nicht ACS, um die Ressourcen der Klinik optimal zu nutzen. Leider konnte in einer Studie mit über 10.000 Patienten gezeigt werden, dass trotz der neuen Methoden zur Diagnostik und Risikostratifizierung immer noch über 2% fälschlicherweise als gesund eingeordnet und mit einem akuten Myokardinfarkt nach Hause entlassen werden [39].

Unabhängig von der endgültigen Diagnose eines Patienten, der mit dem Verdacht auf ein ACS in der Notaufnahme oder prähospital versorgt wird, besteht ein initiales Therapieschema. Dieses besteht aus Monitoring, Oberkörperhochlagerung und Sauerstoffgabe sowie einer medikamentösen Therapie. Zunächst erfolgt die Gabe von Morphin, welches durch seine analgetische Wirkung gleichzeitig den myokardialen Sauerstoffverbrauch indirekt senkt [14]. Im Rahmen einer antiischämischen Therapie kommen Nitrate, ß- Blocker und Kalziumantagonisten zum Einsatz, um den myokardialen Sauerstoffbedarf zu senken, beziehungsweise die Versorgung zu verbessern.

Eine zweite medikamentöse Säule besteht in der Thrombozytenaggregation. Dafür werden nach aktuellen Empfehlungen Acetylsalicylsäure (ASS) und P2Y12-

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Einleitung

Inhibitoren (Ticagrelor, Prasugrel, Clopidogrel) eingesetzt, GP-IIb/IIIa- Rezeptorantagonisten sind verglichen mit den Leitlinien von 2007 in den Hintergrund geraten und sollen vorrangig bei Hochrisikopatienten eingesetzt werden. Die dritte medikamentöse Säule stellt die Antikoagulation dar. So sollen alle Patienten mit NSTE-ACS neben der Thrombozytenaggregation auch Antikoagulantien erhalten, Fondaparinux (Faktor Xa-Antagonist) ist dabei zu bevorzugen [1].

Handelt es sich um einen ST-Elevationsinfarkt kommt medikamentös noch eine fibrinolytische Reperfusionstherapie in Frage, welche eingeleitet wird, sollte eine Koronarangiographie mit Intervention nicht innerhalb von 2 Stunden durchführbar sein [61]. Für den NSTEMI ist eine Fibrinolyse obsolet.

Während bei Patienten mit ST-Streckenhebungen eine Koronarangiographie umgehend durchgeführt werden soll, gilt es bei dem NSTEMI-Patienten risikoadaptiert zu intervenieren (vgl. Abbildung 2). Dabei profitieren Patienten mit sehr niedrigem Risiko von einem eher konservativen Vorgehen, während Patienten mit hohem Risiko umgehend revaskularisiert werden sollten. Unter Berücksichtigung des Patientenzustandes wird auch die Dringlichkeit individuell festgelegt, mit der der Patient einer Intervention zugeführt werden soll [1].

Risikokriterien mit Indikation für ein invasives Vorgehen bei NSTE-ACS

Primär Relevanter Troponin-Anstieg oder –abfall

Dynamische Veränderungen der ST-Strecke oder der T-Welle

Sekundär Diabetes mellitus

Niereninsuffizienz (eGFR < 60 ml/min/1,73 m²) LV-Funktion eingeschränkt (Ejektionsfraktion < 40%)

Frühe Postinfarktangina

Kürzlich erfolgte PCI

Zurückliegende ACB-Operation

Mittlerer bis hoher GRACE Score

Abbildung 2: Risikokriterien für ein invasives Vorgehen bei NSTE-ACS (eGFR= estimated glomerular filtration rate, LV-Funktion= linksventrikuläre Funktion, PCI=

perkutane koronare Intervention, ACB= Aorto-koronaer Bypass; Abbildung nach [1])

Die passende Strategie zur Revaskularisation, also PCI oder ACB-Operation, sollte durch ein abteilungsübergreifendes Team aus Kardiochirurgen,

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Einleitung

Kardioanästhesisten und Kardiologen mit Hilfe von Risikoscores und klinischen Aspekten, wie Grad und Lokalisation der Stenose ermittelt werden [34].

1.2 Die Bedeutung von Biomarkern in der Risikostratifizierung des akuten Koronarsyndroms

Die Entwicklung von Methoden zur Messung kardialer Biomarker hat die klinische Diagnostik insbesondere im Bereich der Notfallmedizin in den letzten Jahrzehnten entscheidend vorangetrieben.

Als Biomarker werden beispielsweise Enzyme oder Proteine verwendet, die eine Krankheitsentwicklung, deren klinischen oder präklinischen Zustand und ihr Fortschreiten reflektieren. Sie dienen also möglichst als direkte und kausale Verbindung zum klinischen Ereignis [11].

Bereits vor über 60 Jahren wurde eine Studie zur Bedeutung der Glutamat- Oxalacetat-Transaminase (GOT, heute Aspartat-Aminotransferase, ASAT) im Rahmen des akuten Myokardinfarktes veröffentlicht [23]. Zahlreiche Studien schlossen sich an, die GOT, die Laktatdehydrogenase (LDH), die Creatinkinase (CK) und einige Isoenzyme waren bis in die 70er Jahre die Standardmarker in der Herzinfarkt-Diagnostik [48].

1979 fanden sie erstmalig Einzug in die Definition des akuten Myokardinfarktes durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) [64].

In der Weiterentwicklung der Enzym-Assays wurden klare Ziele definiert.

Der optimale Biomarker zur Diagnostik im Rahmen des akuten Koronarsyndroms muss myokardspezifisch sein, um schon früh eine hohe Sensitivität zu erreichen.

Er muss möglichst schnell nach myokardschädigendem Ereignis im Blut messbar und über mehrere Tage erhöht nachweisbar sein; die Messresultate sollten schnell verfügbar sein [36].

Einen Marker zu finden, der allein diese Eigenschaften vereint, erwies sich als sehr schwer. Die zuerst verwendete GOT ist zwar mit einem Anstieg bereits nach 6 Stunden relativ frühzeitig im Serum nachweisbar und ist auch für mehrere Tage erhöht messbar, ihr fehlt jedoch die sehr entscheidende Eigenschaft der Kardioselektivität. Ähnlich verhält es sich mit den in den Folgejahren als

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Einleitung

diagnostischer Standard genutzten LDH und CK, die ebenfalls auch im Rahmen anderer Erkrankungen erhöhte Plasmaspiegel aufweisen.

Auch das Muskelprotein Myoglobin wird als biochemischer Marker eingesetzt. Es ist mit einem Anstieg bereits 2 Stunden nach Infarktbeginn besonders schnell nachweisbar. Dafür erreicht es bei einer geringen Halbwertzeit auch nach ca. 24- 36 Stunden wieder Normalwerte und macht eine Diagnosestellung im späteren Stadium nicht möglich. Zudem mangelt es ebenfalls an der Spezifität für das Herzmuskelgewebe. Myoglobin ist ebenso bei Skelettmuskelschäden, bei allgemeinen Muskelerkrankungen oder bei Niereninsuffizienz in erhöhten Konzentrationen messbar [54].

Abbildung 3 zeigt den zeitlichen Verlauf der für die Herzinfarktdiagnostik relevanten Biomarker.

Abbildung 3: Zeitlicher Enzymverlauf beim AMI, ---- = unterer Referenzwert (Abbildung nachhttp://www.ruhr-uni-bochum.de/mh-

lehre/lehre/vorlesungen/akutes_koronarsyndrom.pdf)

Um die Kardioselektivität der LDH und CK zu erhöhen, wurden Testverfahren entwickelt, mit denen die kardiospezifischeren Isoformen dieser Enzyme nachgewiesen werden können. Die CK-MB (Muscle-Brain type CK) als eine solche Isoform galt lange Zeit als Goldstandard in der Diagnostik des akuten Myokardinfarkts. Aber auch damit blieb eine diagnostische Lücke, da die CK-MB zudem bei Myokardschädigungen anderer Genese, inflammatorischen

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Einleitung

Geschehen, Traumata und Schädigungen der Skelettmuskulatur erhöht nachweisbar ist [3, 25].

Aktuell bilden die kardialen Troponine den Goldstandard in der Diagnostik, Risikostratifizierung und Prognose beim AMI [31] und sind seit 2012 Bestandteil der universalen Definition für den akuten Myokardinfarkt [52].

Unter den kardialen Troponinen versteht man das Kalzium bindende Troponin C (cTnC), das auf die myokardiale Kontraktion inhibierend wirkende Troponin I (cTnI) und das an Tropomyosin bindende Troponin T (cTnT). Gemeinsam mit Aktin, Myosin und dem Tropomyosin bilden sie das myokardiale Sarkomer und damit die funktionellen Einheiten der Kardiomyozyten [37]. In Abbildung 4 ist der Aufbau eines dünnen Filaments eines solchen Sarkomers schematisch dargestellt.

Abbildung 4: Troponin-Struktur

(Abbildung nachhttp://www.med4you.at/laborbefunde/lbef2/aktin_troponin.gif)

Eine wichtige Besonderheit des Troponins, verglichen mit den zuvor als Biomarker verwendeten Enzymen, ist seine hohe Kardiospezifität. In Studien der 90er Jahre wurde gezeigt, dass selbst bei Patienten mit Verletzungen an der Skelettmuskulatur oder nach einem Trauma im Gegensatz zur CK und CK-MB keine erhöhten Serumspiegel gemessen werden konnten [32].

Die als serologische Marker genutzten Troponine cTnT und cTnI kommen physiologisch hauptsächlich in gebundener Form in den Myofibrillen der Herzmuskelzellen vor. Im Herzmuskelgewebe hat das cTnT einen Anteil von

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Einleitung

10,8 mg/g, davon liegen nur 6-8% gelöst im Zytosol vor. Das cTnI hat einen myokardialen Konzentrationsanteil von 4,0-6,0 mg/g und ist zu 2,8-4,1% im Zytosol gelöst zu finden [8]. Kommt es im Rahmen eines Infarktes zum myokardialen Zelluntergang, wird zunächst das gelöst vorliegende Troponin freigesetzt. Die über mehrere Tage ansteigende Konzentration und die lange Nachweisbarkeit sind durch den Ischämie bedingten Zellabbau und der damit einhergehenden Freisetzung der im Troponinkomplex gebundenen Enzymbestandteile zu erklären [56].

Um die aktuelle Definition des akuten Myokardinfarktes zu erfüllen, muss ein

„Troponinwert oberhalb der 99. Perzentile eines normalen Vergleichskollektives (oberer Grenzwert) unter Verwendung eines Assays mit einer Messtoleranz (Varianzkoeffizient) ≤10% am oberen Grenzwert“ [1] vorliegen.

Dieser Wert ist in der Regel ca. 3 Stunden nach Symptombeginn im peripheren Blut messbar und auch für 7-14 Tage erhöht nachweisbar [12].

Neben dem akuten Koronarsyndrom können aber auch Tachykardie, Lungenarterienembolie, Aortendissektion, Myokarditis, Zustand nach kardiochirurgischer Operation, Nierenversagen und viele weitere Krankheitsbilder zu erhöhten Troponin-Serumkonzentrationen führen [12]. Unter anderem aus diesem Grund ist hervorzuheben, dass die Diagnose NSTEMI nicht allein auf Basis der laborchemischen Ergebnisse gestellt werden darf, sondern immer aus einer Kombination von Troponinerhöhung sowie z.B. typischer Klinik, echokardiographischer Auffälligkeiten oder koronarangiographischer Befunde entsteht [52].

Aufgrund der immer sensitiveren Assays zur Bestimmung von kardialen Troponinen, ist eine Detektion von immer kleineren Myokardschäden möglich.

Zudem bieten die neueren Tests auch bei Konzentrationen unterhalb der 99.

Perzentile ausreichend analytische Genauigkeit und machen damit eine frühere Diagnosestellung bzw. ein früheres rule-out des AMI möglich [59]. Mit der höheren Sensitivität gehen allerdings auch vermehrt falsch-positive Messergebnisse einher. Dadurch wird die korrekte Ersteinschätzung von Patienten, die sich mit Brustschmerzen in der Notaufnahme vorstellen, erschwert und gegebenenfalls unnötige Ressourcen verschwendet. Daher ist es von großer klinischer

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Einleitung

Bedeutung, die Grenzwerte für einen relevanten Anstieg, bzw. Abfall der Troponin- Konzentration, verglichen mit dem Ausgangswert, stets neu zu evaluieren [42].

Dementsprechend wurde, wie in Abbildung 5 dargestellt, zur Neuauflage der Leitlinien zum NSTEMI-ACS 2012 eine Änderung des „Ausschlussprotokolls“

vorgenommen. Dieses Vorgehen macht nun einen Ausschluss bereits nach 3 Stunden möglich, fordert aber zugleich ein typisches „Rise-and-fall-Muster“

insbesondere bei niedrigen Troponin-Konzentrationen, um die falsch-positiven NSTEMI-Diagnosen zu minimieren [1].

Abbildung 5: Algorithmus zur Verwendung von hochsensitivem (hs) TnT

bei Verdacht auf ACS (hsTroponinT= hochsensitives Troponin T; Abbildung nach [1])

Die messbaren Erhöhungen spiegeln jedoch nicht nur das Risiko für einen akuten Myokardinfarkt wider, sondern korrelieren ebenso mit dem Ausmaß des Zelluntergangs. Proportional zur Höhe des Anstiegs geht Myokardgewebe irreversibel unter [18]. Weiterhin kommt den Troponinen eine besondere Bedeutung in der Risikostratifizierung zu, da sie außerdem eine erhöhte Mortalität und eine erhöhte Ereignisrate im lang- und kurzfristigen Verlauf prognostizieren können [35].

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Einleitung

Auch wenn es sich bei den kardialen Troponinen um die bisher idealsten Biomarker und damit den Goldstandard zur Diagnostik und Risikostratifizierung im Rahmen des NSTE-ACS handelt, bleibt in der Frühphase nach Myokardschädigung ein Troponin-blindes Intervall. In den ersten 3 Stunden nach dem Infarktereignis kann eine Zellnekrose noch unentdeckt bleiben. Es gilt also eine Methode zu finden, die die Diagnose bereits vor Anstieg der Troponinkonzentrationen bestätigen, bzw. ein rule-out des AMI ermöglichen kann oder serielle Blutentnahmen unnötig macht.

1.3 Was ist Copeptin?

Mit der Messung des neurohumoralen Biomarkers Copeptin ist eine vielversprechende Möglichkeit gefunden worden, die bisher bleibende diagnostische Lücke direkt nach Infarktgeschehen schließen zu können.

Copeptin ist ein von der Hypophyse sezerniertes Peptid, welches aus dem gleichen Prohormon wie Argininvasopressin (AVP) gebildet wird. Das Argininvasopressin ist auch bekannt als antidiuretisches Hormon (ADH).

Gemeinsam mit einem Signalpeptid, Neurophysin II und AVP bildet Copeptin als C-terminaler Teil das Provasopressin, vgl. Abbildung 6 [16].

Abbildung 6: Provasopressin

Zahlen geben die Position der Aminosäuren an (Abbildung modifiziert nach N.G. Morgenthaler)

Es bestehen zwei unterschiedliche Wege, auf denen AVP und Copeptin gebildet und prozessiert werden. Diese sind in Abbildung 7 veranschaulicht.

Bildungsorte sind dabei die supraoptischen und paraventrikulären Hypothalamuskerne. Auf axonalem Weg wird das Prohormon durch das Infundibulum zum Hypophysenhinterlappen transportiert und dabei werden die genannten Peptide abgespalten. Sie werden anschließend auf entsprechende Stimuli hin von der Neurohypophyse sezerniert.

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Einleitung

Der zweite Bildungsort sind die parvozellulären Neurone des Hypothalamus, der gleiche Ort, an dem auch die Releasing-Hormone gebildet werden. Das auf diese Weise gebildete ADH wirkt sofort auf die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens [28].

Abbildung 7: Bildungsort Provasopressin

(Abbildung nach http://www.acbrown.com/neuro/Lectures/Hpth/NrHpthOtpt.htm)

Das antidiuretische Hormon wirkt rezeptorvermittelt zum einen über die Nieren und hat Einfluss auf den Wasser- und Salzhaushalt, zum anderen wirkt es in hohen Dosierungen vasokonstriktiv.

Wie bereits angedeutet, existieren bestimmte Stimuli, die zu einer Peptid- Ausschüttung durch die Hypophyse führen. Hauptstimulus für die Vasopressin- Sekretion ist dabei ein Anstieg der Plasma-Osmolalität, aber auch ein verringertes effektives arterielles Blutvolumen, z.B. im Rahmen einer Herzinsuffizienz oder einer Leberzirrhose, aktiviert das ADH-System [44].

Ein für diese Untersuchung besonders relevanter Stimulus ist die Vasopressin- Sekretion aufgrund eines schweren, Stress-induzierenden Ereignisses. Als ein solches Ereignis kann auch der akute Myokardinfarkt gewertet werden [44]. Damit ist Vasopressin ein bedeutsamer Marker zur Abschätzung des endogenen Stresslevels, auch im Rahmen des akuten Koronarsyndroms.

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Einleitung

Da es mit 5-10 Minuten allerdings nur eine sehr kurze Halbwertzeit aufweist und in-vitro instabil ist, ist seine Bestimmung zur Risikoabschätzung im klinischen Alltag nicht zuverlässig. Diese Tatsache macht das sehr viel stabilere Copeptin interessant. Da es aufgrund seiner Bildung und Prozessierung in äquivalenten Mengen zu Vasopressin sezerniert wird und zudem über mehrere Tage stabil bleibt, erlangt es hohen diagnostischen Wert [46].

Die physiologische Bedeutung von Copeptin ist noch nicht abschließend geklärt.

In einer französischen Studie von 2001 konnte dargestellt werden, dass Copeptin an der korrekten räumlichen Faltung von ADH beteiligt und damit für ein funktionierendes Arginin-Vasopressin System von Bedeutung ist [2].

Die Abklärung endokrinologischer Fragestellungen, wie z.B. die Diagnostik des Diabetes insipidus, war lange Zeit durch die instabilen Eigenschaften des ADH und die nur eingeschränkt verfügbaren Messmethoden erschwert. Durch die Bestimmung von Copeptin als Surrogatmarker des ADH ist eine deutlich zuverlässigere Methode in der endokrinologischen Diagnostik in Aussicht [19].

Andere Studien geben ferner Anhalt dafür, dass die klinische Implementation von Copeptin-Bestimmungen auch die Diagnostik von Wasser- und Elektrolytstörungen erleichtern könnte [44].

Die klinische Relevanz von Copeptin als prognostischer Biomarker konnte ebenfalls durch zahlreiche Studien unterstrichen werden. So weist eine erhöhte Copeptin-Konzentration bei Patienten mit Herzinsuffizienz auf eine gesteigerte Morbidität und Mortalität hin, vermutlich sogar sensitiver als die Hyponatriämie als Prognoseparameter [44]. Bei 100 septischen Patienten auf einer Intensivstation konnte eine Korrelation zwischen Copeptin-Plasmakonzentration und Schweregrad der Sepsis sowie tödlichem Ausgang gezeigt werden [29]. An 900 Patienten mit AMI wurde dargestellt, dass eine hohe Plasmakonzentration von Copeptin auch hier ein prognostisch ungünstiger Faktor ist. Es weist demnach auf ein erhöhtes Mortalitätsrisiko sowie ein erhöhtes Risiko für eine manifeste Herzinsuffizienz hin [22]. Auch bei pulmonalen Krankheitsbildern wie der Pneumonie oder der exazerbierten COPD stellte sich Copeptin als zuverlässiger Prädiktor für Outcome und Hospitalisierung dar [26, 30, 47, 49].

Wie die genannten Studieninhalte zeigen, ist Copeptin kein kardiospezifischer Marker. Dennoch belegen unterschiedliche klinische Studien seinen Nutzen auch

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Einleitung

bei Patienten mit Angina pectoris. Insbesondere der frühe Anstieg von Copeptin nach einem Stress- bzw. Schmerzereignis, verglichen mit jenem der Troponine, macht dieses Hormon für den klinischen Gebrauch interessant. Während es bei der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms mithilfe der bisherigen Biomarker ein Zeitintervall zwischen Schmerzbeginn und Anstieg der Laborparameter von mehreren Stunden zu überbrücken gilt, ist Copeptin bereits nach 30 Minuten im Blut nachweisbar, erreicht seinen Maximalwert nach etwa 90 Minuten und sinkt innerhalb von 24 Stunden auf seinen Ausgangswert [24]. Dies ist im Idealfall von zeitlichem Nutzen in der Diagnostik des ACS, birgt aber auch die Gefahr, die erhöhten Copeptin-Konzentrationen verpasst zu haben. Ein akuter Myokardinfarkt kann schon stattgefunden haben, der Copeptin-Plasmaspiegel ist allerdings bereits wieder gesunken und der akute Myokardinfarkt ist damit über diesen Marker nicht mehr zu erfassen.

Die gemeinsame Anwendung von Copeptin und dem bisherigen Goldstandard der Biomarker zur Diagnostik des akuten Koronarsyndroms, dem kardialen Troponin, könnte die Lösung der Problematik sein. In einigen Studien der letzten Jahre konnte gezeigt werden, dass eine signifikante Steigerung der diagnostischen Aussagekraft möglich ist, wenn Copeptin in die laborchemische Diagnostik bei Aufnahme miteinbezogen wird. Nicht erhöhte Troponin- und Copeptin-Werte haben demnach einen akuten Myokardinfarkt mit einer Sensitivität von 98,8%

ausgeschlossen und einen negativen prädiktiven Wert von 99,7% [41].

Diese hervorragenden Ergebnisse gilt es in großen Studien zu bestätigen, um Copeptin-Messungen und deren Nutzen für die Diagnostik beim ACS im klinischen Alltag zu etablieren.

1.4 Ziel und Fragestellung der Studie

Da die ischämischen Herzerkrankungen und damit auch das akute Koronarsyndrom laut WHO-Bericht nach wie vor weltweit die häufigste Todesursache darstellen [65], gilt diesem Forschungsgebiet besonderes Interesse.

Mehrere Millionen Menschen stellen sich jährlich mit Symptomen, die auf ein akutes Koronarsyndrom hindeuten, in einer Notaufnahme vor. Studien zufolge bestätigt sich nur bei weniger als einem Drittel die Diagnose. Doch bis ein

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Einleitung

Myokardinfarkt sicher ausgeschlossen werden kann, werden unnötige Ressourcen verbraucht, Personal beansprucht, Betten belegt und enorme Kosten verursacht [10].

Eine koronare Ischämie kann auch ohne eindeutige ST-Streckenveränderungen vorliegen. Diese gilt es also möglichst schnell und effizient festzustellen, bzw.

auszuschließen. Die bisher dafür angewandte Methodik bedarf immer noch eines großen Zeitfensters bis zur endgültigen Diagnose, so dass eine optimale Risikostratifizierung und Einordnung der Patienten weiterhin nicht möglich ist.

Mit einer Möglichkeit, die vielen Patienten mit akut auftretendem Brustschmerz schneller und risikoadaptierter zu versorgen, könnte in Krankenhäusern künftig bedeutend an Zeit und Ressourcen eingespart werden.

Aufgrund der bisherigen Studienlage besteht die berechtigte Annahme, dass die Einführung einer Copeptin-Messung in die klinische Routine beim ressourcenorientierten Patientenmanagement sowohl eine schneller verfügbare als auch höhere Spezifität und Sensitivität bieten könnte.

Diese Studie soll bisherige Studienergebnisse [21, 22, 41] zur Bedeutung von Copeptin in der Diagnostik des ACS validieren und einen Beitrag zur Verbesserung der Behandlungsqualität und des Ressourcenmanagements in Notaufnahmen und Chest-Pain-Units (CPU) leisten.

Es sollen demnach die Fragen beantwortet werden:

1) Ist durch eine zusätzliche Bestimmung von Copeptin die Risikostratifizierung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom zu verbessern?

2) Welchen Wert hat Copeptin als prognostischer Marker im Rahmen anderer Erkrankungen?

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Material und Methoden

2. Material und Methoden

2.1 Studiendesign

Im Rahmen dieser Studie wurden 400 konsekutive Patienten, die sich im Zeitraum von 05/2011 bis 01/2012 in der Notaufnahme des UKSH Campus Lübeck mit dem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom vorstellten, leitliniengerecht in der Aufnahmeeinheit und stationär versorgt. Die Vorstellung erfolgte sowohl in Begleitung von Rettungsdienst und Notarzt, als auch mit hausärztlicher Einweisung oder nach eigenem Entschluss.

Zum Aufnahmezeitpunkt wurde zusätzlich zur im Klinikum üblichen Labordiagnostik Copeptin bestimmt, das Ergebnis den behandelnden Ärzten dabei nicht mitgeteilt. Die weitere Diagnostik und Therapie wurde damit durch die Studienteilnahme nicht beeinflusst.

2.2 Ein- und Ausschlusskriterien

Einschlusskriterium für die Teilnahme an dieser Studie ist die Aufnahme über die Notaufnahme mit Beschwerden, die auf ein akutes Koronarsyndrom hindeuten.

Dazu zählt in diesem Rahmen der typische Brustschmerz (mit oder ohne EKG- Veränderungen, jedoch keine ST-Strecken-Hebungen), der einen Nicht-ST- Strecken-Hebungsinfarkt wahrscheinlich macht, bzw. bei dem eine Troponinmessung zur Diagnostik erfolgt. Eine Altersbeschränkung wurde mit einem Mindestalter von 18 Jahren festgelegt.

Als Ausschlusskriterien gelten demnach Patienten mit einem ST-Strecken- Hebungsinfarkt, Patienten mit noch nicht erreichter Volljährigkeit und Patienten, bei denen der behandelnde Arzt eine Studienteilnahme für nicht ratsam hält.

2.3 Datenschutz

Von allen Patienten wurde eine Einverständniserklärung zur pseudonymisierten Speicherung ihrer Daten sowie der Bestimmung von Biomarkern eingeholt. Statt einer Papierdokumentation wurden die persönlichen Daten mit Hilfe einer elektronischen Datenbank gesichert. Dies erfolgte mit einer sicheren, verschlüsselten Verbindung (secure socket layer/ SSL), sodass keine Daten manipuliert werden konnten. Eine Dateneingabe war erst nach

(21)

Material und Methoden

Anonymisierung des Patienten möglich.

Die Studie wurde von der Ethikkommission der Universität zu Lübeck genehmigt (Aktenzeichen 10-202).

2.4 Anamnese, Untersuchung und Behandlungsablauf

Im Rahmen der Anamneseerhebung wurden Basischarakteristika, Beschwerden, Beschwerdebeginn, kardiovaskuläre Risikofaktoren, insbesondere kardiale Vorerkrankungen und stattgehabte Interventionen sowie weitere Parameter mit Hilfe eines standardisierten Aufnahmebogens (Abbildung 8) erfragt und in die Online-Datenbank übertragen. Des Weiteren wurden EKG-Veränderungen, Laborwerte, das weitere Procedere sowie die endgültige Diagnose in der Datenbank gespeichert.

(22)

Material und Methoden

Abbildung 8: Aufnahmebogen

Bei allen Patienten erfolgte im Rahmen der Erstversorgung das Ableiten eines 12-Kanal-EKG, eine Blutentnahme zur Routinediagnostik (Blutgasanalyse, Elektrolyte, kleines Blutbild, C-reaktives Protein, Nierenretentionsparameter, hs- TnT, CK und weitere) sowie die Abnahme eines weiteren Serumröhrchens zur späteren Bestimmung des Copeptins. Die sich anschließende Diagnostik, Behandlung und Diagnosestellung erfolgte aufgrund der bis dahin erhobenen Befunde und Ergebnisse der Untersuchungen stets leitliniengerecht [4]. Die Diagnose des NSTEMI wurde unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde, Anamnese, Klinik und des serologisch gemessenen myokardialen Nekrosemarkers Troponin leitlinienkonform gestellt.

2.5 Labordiagnostik

Die Blutentnahme aus einer peripheren Vene erfolgte bei jedem Patienten bereits bei Aufnahme und gegebenenfalls folgten weitere Blutentnahmen im Verlauf. Die Bestimmung der Laborparameter erfolgte nach klinikinternem Standard, zusätzlich

(23)

Material und Methoden

wurde ein Serumröhrchen für die Copeptin-Messung abgenommen. Dieses wurde bis zu seiner laborchemischen Auswertung bei -80° C tiefgefroren, bis ausreichend Serumröhrchen für einen Gerätedurchlauf gesammelt waren. Die Copeptin-Messung erfolgte dann mithilfe eines automatisierten Immunfluoreszenzassays (Copeptin us KRYPTORTM, Thermo ScientificTM B-R-A- H-M-STM GmbH, Hennigsdorf, Deutschland). Die Nachweisgrenze betrug dabei 0,9 pmol/l, mit einer 99. Perzentile bei 15,5 pmol/l. Mit einem Variationskoeffizienten <17% betrug die niedrigste messbare Konzentration 3-4 pmol/l.

Für die Bestimmung der Troponinkonzentrationen wurde ein hochsensitiver Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (hs-cTnT, Elecsys 2010, Roche

Diagnostics, Mannheim, Deutschland) angewandt. Hier betrug die untere Detektionsgrenze 3 ng/l, mit einer 99. Perzentile bei 14 ng/l. Die niedrigste Konzentration, welche mit einem Variationskoeffizienten <10% messbar ist, lag hierbei bei 13 ng/l.

2.6 Statistische Analyse

Unter Berücksichtigung der Daten von Reichlin et al [41] werden aufgrund der Inzidenz des akuten Myokardinfarkts (NSTEMI) in der Notaufnahme des UKSH 250 Patienten mit akutem Thoraxschmerz benötigt, um die Bedeutung des Copeptins im Kontext AMI zu bewerten. Die Patientenzahl der vorliegenden Studie (n= 400) ist daher ausreichend, um die diagnostische Wertigkeit von Copeptin mit einer geringen statistischen Sicherheit zu bewerten (95% Konfidenzintervall [CI]).

Normalverteilte Variablen wurden als Mittelwert mit zugehöriger Standardabweichung (± 1 SD) beschrieben. Nicht normalverteilte Variablen wurden mit dem Median und Interquartilen charakterisiert. Die Assoziation zwischen Biomarkern (Copeptin, hs-Troponin) und kontinuierlichen Variablen wurde mit dem Spearman rank correlation coefficient beurteilt. Der Mann- Whitney Test wurde zum Vergleich von medianen Biomarker Werten unterschiedlicher Gruppen (Diagnose, GRACE-Score, TIMI-Score) verwendet. Positive und negative prädiktive Werte wurden berechnet. Receiver-Operating-Characteristic-Kurven (ROC-Kurven) wurden erstellt, um die Bedeutung von Copeptin, Troponin und deren Kombination in der Diagnose des akuten Myokardinfarkts zu vergleichen.

(24)

Material und Methoden

Vergleiche zwischen den Flächen unter der Kurve (AUC) wurden nach DeLong et al. berechnet.

Unterschiede wurden bei einem p-Wert <0.05 als signifikant gewertet.

(25)

Ergebnisse

3. Ergebnisse

3.1 Basischarakteristika Gesamtkollektiv

In die hier beschriebene Studie wurden insgesamt 400 konsekutive Patienten eingeschlossen, die sich im Zeitraum von 05/2011 bis 01/2012 in der Notaufnahme des UKSH Lübeck mit pektanginösen Beschwerden vorstellten. Von den 400 Patienten sind 248 (62%) männlich und 152 (38%) weiblich. Die Daten der Basischarakteristika sind in Tabelle 1 dargestellt.

Variable Mittelwert SD Median Min Max n

Alter, Jahre 66 15 69 19 96 400

RR systolisch, mmHg 138 22 137 90 230 385

RR diastolisch, mmHg 76 12 80 40 140 385

Herzfrequenz, Schläge/Min. 76 18 73 30 170 397

Größe, cm 172 10 172 148 198 373

Gewicht, kg 83,4 18,3 81,0 40,0 153,0 377

BMI, kg/m2 28,1 5,2 27,3 16,4 49,6 372

Tabelle 1: Basischarakteristika Gesamtkollektiv (RR= Blutdruck, Min.= Minute, BMI= Body-Mass-Index)

Zu den Einschlusskriterien der hier vorliegenden Studie gehört der typische Brustschmerz bei Vorstellung in der Notaufnahme. Bei 326 (81,5%) Patienten war dieser das führende Leitsymptom. Ferner traten in 49 Fällen (12,2%) ein diffuser Symptomkomplex, bei 13 Patienten (3,2%) Luftnot, bei 6 Patienten (1,5%) Bauchschmerzen und in 3 Fällen (0,8%) Schwindel als Leitsymptom auf (0,7%

Andere).

Zur Beurteilung des Risikoprofils der Patienten wurden die kardiovaskulären Risikofaktoren arterieller Hypertonus (76%), Hypercholesterinämie (45,8%), Nikotinabusus (36%), Diabetes mellitus (21,5%) und eine positive Familienanamnese (Myokardinfarkt bei der Mutter vor dem 60. Lebensjahr oder dem Vater vor dem 55. Lebensjahr) (21,2%) erhoben. In der überwiegenden Anzahl der Fälle lagen zwei oder mehr Risikofaktoren vor (n=269), nur 34 Patienten wiesen keine kardiovaskulären Risikofaktoren auf.

(26)

Ergebnisse

Die endgültige Diagnose war bei 20% der aufgenommenen Patienten ein akuter Myokardinfarkt. Da im Rahmen der Studie Patienten mit einem STEMI ausgeschlossen wurden, verblieben 73 Patienten mit NSTEMI (18,3%) in der Analyse.

Abbildung 9: Entlassungsdiagnose (AP= Angina pectoris, LAE= Lungenarterienembolie)

3.1.1 Patienten mit NSTEMI

In der Patientengruppe mit akutem Myokardinfarkt zeigen sich einige Unterschiede verglichen mit dem Gesamtkollektiv.

Variable * NSTEMI ohne AMI p-Wert

n 73 327

Männlich 68% 60% 0,3

Weiblich 32% 40% 0,3

Alter, Jahre 71 ± 12 64 ± 15 < 0,01 RR systolisch, mmHg 140 ± 57 138 ± 22 0,67 RR diastolisch, mmHg 76 ± 31 78 ± 31 1,0 Herzfrequenz, Schläge/Min. 80 ± 33 76 ± 18 0,21 BMI, kg/m2 27,8 ± 4,8 28,1 ± 5,2 0,93

* Mittelwerte ± SD

Tabelle 2: Patientencharakteristika NSTEMI / kein NSTEMI

(27)

Ergebnisse

Unter den kardialen Risikofaktoren ist die Verteilung der Häufigkeiten anders. 84%

der Patienten weisen eine arterielle Hypertonie auf, 52% eine Hypercholesterinämie und 18% eine positive Familienanamnese. Die Patienten mit Nikotinabusus treten mit 29% deutlich weniger auf, verglichen mit dem Gesamtkollektiv, mit 36% ist der Diabetes mellitus signifikant häufiger. 78% der Patienten haben 2 oder mehr Risikofaktoren, nur 4 weisen keine kardiovaskulären Risikofaktoren auf.

3.2 Klinischer Verlauf

Im folgenden Procedere wurde 266 Patienten (66,5%) keine sofortige Koronarangiographie (CA) empfohlen. Von diesen Patienten wiesen 91 (34,2%) Copeptin-Werte oberhalb des Cut-offs auf und 71 (26,7%) hatten Troponin T- Werte oberhalb von 14 ng/l.

Während des stationären Aufenthaltes wurde aufgrund der Beschwerden, der Untersuchungsergebnisse sowie der initialen Laborwerte 131 Patienten eine sofortige Koronarangiographie empfohlen. Diese wurde bei 115 Patienten (28,7%) sofort durchgeführt, 16 erhielten keine koronarangiographische Diagnostik innerhalb von 48 Stunden. Darunter befinden sich 6 Patienten mit NSTEMI, 5 mit instabiler Angina pectoris, 3 Patienten lehnten eine weiterführende Diagnostik ab und bei 2 Patienten wird eine akute myokardiale Ischämie durch eine Koronarangiographie im Verlauf, beziehungsweise durch einen fehlenden Anstieg der kardialen Laborparameter ausgeschlossen.

In Tabelle 2 sind die Werte für Troponin, Copeptin und den GRACE Score unter Berücksichtigung der Art der durchgeführten Koronarangiographie aufgeführt.

Tabelle 3: Koronarangiographie (BE= Blutentnahme)

Median [IQR] Sofort CA Elektive CA p-Wert

Troponin 1.BE 26,7 [7,3-98,7] 12,8 [4,7-36] ng/l < 0,01 Troponin 2.BE 40 [9,8-202] 17,8 [5,9-50,5] ng/l < 0,01 Copeptin 1.BE 10 [5,5-21,8] 13,2 [6,8-38,7] pmol/l 0,04

GRACE 123 [95-146] 126,5 [101,5-146] 0,54

(28)

Ergebnisse

3.3 Laborchemische Ergebnisse

Wie Tabelle 3 darstellt, zeigten Patienten mit NSTEMI im Vergleich zu Patienten ohne akuten Myokardinfarkt signifikant höhere Konzentrationen sowohl der kardialen Enzyme wie Troponin als auch der Creatinkinase, LDH, C-reaktivem Protein und dem Kreatinin.

Biomarker bei

Aufnahme* Gesamt NSTEMI ohne AMI p-Wert

n 400 73 327

Troponin ng/l 59,2 ± 191,8 233,4 ± 390,4 19,5 ± 49,8 <0,01 Copeptin pmol/l 26,6 ± 52,4 41,4 ± 52,7 23,4 ± 51,9 0,4 CK U/l 128 ± 127 213 ± 224 109 ± 81 <0,01

LDH U/l 195 ± 67 222 ± 69 189 ± 65 <0,01

CRP mg/l 11,3 ± 25,1 18 ± 27 9,9 ± 24,4 <0,01 Kreatinin µmol/l 92 ± 64,4 119 ±117,8 85,8 ± 42,4 <0,01

*Mittelwerte ± SD

Tabelle 4: Biomarker bei Aufnahme

3.3.1 Troponin T

Von den 73 Patienten mit der Diagnose NSTEMI haben 68 (93%) bereits in der ersten Laboruntersuchung bei Aufnahme ein Troponin >14 ng/l, nur 5 (6,8%) haben bei Aufnahme ein Troponin unterhalb des angewandten cut-offs. Aus der Gruppe der Patienten ohne akuten Myokardinfarkt wiesen 85 (26%) einen Troponin-Wert oberhalb von 14 ng/l auf.

Definitionsgemäß war der mittlere Troponin-Wert bei den Patienten mit NSTEMI höher (233,4 ng/l), als bei jenen ohne akuten Myokardinfarkt. Die Gruppe der Patienten ohne AMI wies im Mittel ein Troponin von 19,5 ng/l auf.

In Abbildung 10 sind die Mediane der Troponinkonzentrationen der NSTEMI- Patienten (72,4 ng/l) sowie der Patienten mit anderen Diagnosen (9,42 ng/l) dargestellt.

(29)

Ergebnisse

Abbildung 10: Mediane Troponin-Werte bei Aufnahme

3.3.2 Copeptin

Wie Abbildung 11 zeigt, sind die Konzentrationen für Copeptin in der Gruppe der Patienten mit akutem Myokardinfarkt (AMI) deutlich höher, als bei Patienten mit anderer Diagnose (AMI, median 20,64 pmol/l, IQR 10,49 bis 51,19 pmol/l; instabile Angina pektoris, median 9,67 pmol/l, IQR 5,41 bis 17,06 pmol/l; nichtkardiale Erkrankung, median 8,85 pmol/l, IQR 2,5 bis 19,51 pmol/l; p <0,0001 für alle Vergleiche mit AMI).

In der Gruppe der Patienten mit NSTEMI war der mittlere Wert für Copeptin 41,4 pmol/l und damit signifikant höher, als jener der Patienten ohne AMI (23,4 pmol/l).

Von den Patienten mit endgültiger Diagnose NSTEMI (73) hatten 47 (64,4%) bereits bei Aufnahme ein Copeptin >14 pmol/l. 96 Patienten (30%) wiesen im Aufnahmelabor ein Copeptinwert >14 pmol/l auf und wurden im Verlauf nicht als NSTEMI diagnostiziert.

(30)

Ergebnisse

Abbildung 11: Mediane Copeptin-Werte bei Aufnahme

Differenziert man jene Patienten mit einem besonders hohen Copeptin (>100 pmol/l), wurden von 23 Patienten 8 NSTEMI diagnostiziert, 3 gastrointestinale Blutungen mit akutem Nierenversagen, 2 beidseitige Lungenarterienembolien, eine Aortendissektion, ein progredientes Aortenaneurysma und weitere vor allem kardiale und gastrointestinale Erkrankungen.

Diese Patientengruppe zeigt, verglichen mit den Patienten mit niedrigeren Copeptin-Werten, deutlich unterschiedliche Konzentrationen von verschiedenen Laborparametern sowie Unterschiede in den Vitalparametern, vgl. Tabelle 4.

Mit einem mittleren systolischen Blutdruck von 130 mmHg ist dieser niedriger als jener des Gesamtkollektivs (138 mmHg). Der diastolische Blutdruck unterscheidet sich mit 75 mmHg im Mittel kaum von der Gesamtpopulation (76 mmHg). Die mittlere Herzfrequenz ist mit 80 Schlägen pro Minute höher als die des gesamten Studienkollektivs (76 Schläge pro Minute).

In der Labordiagnostik finden sich im Mittel höhere Werte für Leukozyten (10125/µl vs. 8358/µl) und das C-reaktive Protein (14,16 mg/l vs. 11,3 mg/l), die Hämoglobinkonzentration ist bei diesen Patienten mit 122 g/l signifikant geringer als beim Gesamtkollektiv (131 g/l). Die mittlere Kreatinin-Konzentration von 168,9 µmol/l verglichen mit der Konzentration des Gesamtkollektivs (92 µmol/l) ist bei

(31)

Ergebnisse

dieser Patientengruppe besonders auffällig. Selbst die Gruppe der NSTEMI- Patienten weist mit 119 µmol/l im Mittel eine signifikant geringere Kreatinin- Konzentration auf. Ebenfalls signifikant erhöht ist in dieser Patientengruppe die Blutglukose mit 148 mg/dl, verglichen mit der des Gesamtkollektivs von 126 mg/dl.

Alter m/w RR sys.

RR

dias. HF Leitsymptom Beginn Trop.1.BE Cop. Trop.2.BE Entlassungsdiagnose

66 m 129 67 94 Dyspnoe unbek 202 313,9 220 NSTEMI

74 w 180 80 60 Brustschmerz 0-3h 21,5 239,8 47 NSTEMI 79 m 170 85 65 Brustschmerz 0-3h 79,8 150,9 80,4 NSTEMI 70 w 130 70 62 Brustschmerz unbek 374 138,2 296 NSTEMI 79 m 135 65 135 Brustschmerz >12h 46,8 130,2 184 NSTEMI 69 m 100 70 82 Brustschmerz 6-12h 95,7 113,2 105 NSTEMI 84 m 100 55 61 Dyspnoe >12h 2170 108,9 3420 NSTEMI 78 m 140 70 70 Brustschmerz >12h 1010 101,3 1010 NSTEMI 69 m 138 80 68 Brustschmerz 0-3h 219 144,7 279 HT Entgleisung 61 m 130 90 65 Brustschmerz 0-3h 8,14 112 <3 KHK, iAP 73 w 130 80 136 Brustschmerz 0-3h 96,1 401,2 467 LAE bds 48 m 120 80 110 Brustschmerz 0-3h 25,9 231,1 57,8 LAE bds 64 m 140 85 90 Brustschmerz unbek <3 488,5 Aortendissektion 84 m 112 80 76 Brustschmerz >12h 37 145,3 Aortenaneurysma 70 m 120 80 84 Schwindel 0-3h <3 313,3 7,87 Synkope 68 m 120 70 78 diffus >12h 89,1 268,8 GIB und ANV

72 w 110 65 72 diffus >12h 48,4 160,9 43,6 GIB

74 m 163 103 81 Bauchschmerz 3-6h 25,1 126,3 23 Akute Gastritis, ANV 72 m 150 80 45 Bauchschmerz 0-3h 9,37 263 4,35 Exs.idiop. Pankreatitis 50 w 90 60 55 diffus 3-6h 7,24 217,4 Hepatopathie, Gastritis 53 m 110 60 68 Brustschmerz 6-12h <3 161,5

Perforierte Cholezystitis

81 w 130 80 77 diffus 0-3h 11,5 139,6 8,15 Synkope

78 m 143 69 97 Brustschmerz 0-3h 15,9 126,9 17,2

Unklarer Thoraxschmerz

*70 *130 *75 *80 *230 *200 *369 *Mittelwerte

Tabelle 5: Basischarakteristika und Laborauszug Pat. mit Copeptin > 100 pmol/l

(m= männlich, w= weiblich, sys.= systolisch, dias.= diastolisch, Trop.= Troponin, Cop.= Copeptin, unbek= unbekannt, HT= hypertensive, iAP= instabile Angina pectoris, bds= beidseits, GIB=

gastrointestinale Blutung, ANV= akutes Nierenversagen, Exs. idiop.= exsudative idiopathische)

3.3.3 Kombination von Troponin und Copeptin

Von den insgesamt 400 Patienten wiesen bei Aufnahme 244 initial keine erhöhten Troponin-Konzentrationen (<14 ng/l) auf. Von diesen Patienten zeigten 45 Copeptin Werte >14 pmol/l. Innerhalb der Gruppe von Patienten mit einer Troponin-Konzentration <14 ng/l wurden im Verlauf 5 NSTEMI diagnostiziert. Von denen wies ein Patient bereits bei Aufnahme ein Copeptin von >14 pmol/l auf und wurde damit richtig als NSTEMI eingeordnet (20%). Bei diesem Patienten lag der

(32)

Ergebnisse

Beschwerdebeginn anamnestisch 3-6 Stunden zurück. Auch bei jenen ohne erhöhte Copeptin-Werte lagen 2 Patienten in diesem Zeitfenster, die anderen beiden lagen mit Beschwerdebeginn vor 6-12 bzw. >12 Stunden darüber.

Entsprechend wiesen von den initial Troponin negativen Patienten 196 Copeptin- Konzentrationen <14 pmol/l auf. Bei 4 dieser Patienten wurde im Verlauf ein NSTEMI diagnostiziert. Daraus ergibt sich für die Kombination von Troponin- und Copeptin-Konzentrationen <14 ng/l bzw. <14 pmol/l ein negativ prädiktiver Wert von 98% und ein „rule out“ von Patienten mit Verdacht auf einen akuten Myokardinfarkt von 48%. Der negativ prädiktive Wert für die singuläre Copeptin- Bestimmung beträgt 89%.

Abbildung 12 stellt die diagnostische Genauigkeit von Troponin T und Copeptin bei Vorstellung in der Notaufnahme mithilfe der ROC Kurve dar und zeigt einen deutlichen diagnostischen Vorteil in der Bestimmung von Troponin T gegenüber einer alleinigen Copeptin-Bestimmung. Für die Kombinantion von Troponin T und Copeptin zeigt sich hier keine Vergrößerung der AUC.

Abbildung 12: ROC Kurve für Troponin und Copeptin bei Aufnahme

(33)

Ergebnisse

3.3.4 Verhältnis zwischen Troponin- und Copeptin-Erhöhung und Risikoscores und Risikofaktoren

Im Weiteren wurde das Verhältnis zwischen Höhe der Troponin- und Copeptin- Konzentrationen und den bekannten Risikofaktoren bzw. Risikoscores betrachtet.

Bei der Berechnung des Grace-Risiko-Score wird anhand von 8 unabhängigen Risikoparametern wie Alter, Herzfrequenz, ST-Veränderungen und Weiteren ein Punktwert ermittelt. Ist der Risikowert <108 Punkte, ist das Risiko der Patienten im Krankenhaus zu sterben, kleiner als ein Prozent. Ein mittleres Risiko (ein bis drei Prozent) haben Patienten mit 109 bis 140 Punkten. Zwischen 141 und 372 Punkten ist von einer intra- hospitalen Sterblichkeit von >3% auszugehen [66].

Abbildung 13 und 14 zeigen, dass sowohl für Copeptin als auch für Troponin eine signifikante Erhöhung der Konzentrationen bei höherem Grace-Risiko-Score gemessen werden konnte. Dieser Zusammenhang stellt sich bei den Messungen für Copeptin am deutlichsten bei einem Grace-Risiko-Score >128 dar, wohingegen sich für die Troponin-Konzentrationen ein annähernd linearer Anstieg mit zunehmendem Risiko-Score zeigt.

Abbildung 13: Verhältnis Copeptin-Wert und Grace-Score

(34)

Ergebnisse

Abbildung 14: Verhältnis Troponin-Wert und Grace-Score

Der Punktwert des TIMI-Score wird ebenfalls mit unabhängigen Risikoparametern wie Alter, bekannte KHK, ST-Streckenveränderung und 4 weiteren Parametern ermittelt. Über die sich daraus ergebenen Punkte wird das 14-Tage-Risiko der Mortalität, bzw. eines aktuellen oder erneuten Myokardinfarktes sowie einer relevanten Myokardischämie bestimmt. Besteht bei 0 und 1 Punkt ein nur 5%-iges Risiko, steigt dieses bei 6 und 7 Punkten auf bis zu 41% an [68]. Bei der Darstellung des Zusammenhangs von TIMI-Score und gemessenen Konzentrationen der Biomarker, zeigen sowohl Troponin als auch Copeptin einen annähernd linearen Anstieg mit höherem Punktwert, vgl. Abbildung 15 und 16. Mit steigendem Risiko-Score wurden höhere Konzentrationen gemessen.

(35)

Ergebnisse

Abbildung 15: Verhältnis Copeptin-Wert und TIMI-Score

Abbildung 16: Verhältnis Troponin-Wert und TIMI-Score

(36)

Ergebnisse

Abbildung 17 vergleicht die Höhe des GRACE-Risiko-Scores und die Kombination der gemessenen Copeptin- und Troponin-Konzentrationen direkt miteinander. Es zeigt sich, dass ein Troponin-Anstieg ein stärkerer Indikator für einen erhöhten Score zu sein scheint als ein Anstieg des Copeptin. So beträgt der mediane GRACE-Score bei positivem Troponin und negativem Copeptin 136 und bei positivem Copeptin sogar 142. Dahingegen beträgt er bei negativem Troponin und Copeptin 105,5 und 112 bei zusätzlich positivem Copeptin.

In der Kombination von negativem Troponin und positivem Copeptin ist damit kein signifikant höherer Score erhoben worden, als bei der Betrachtung von negativem Copeptin und negativem Troponin.

Abbildung 17: Verhältnis Troponin + Copeptin-Werte und GRACE-Score

In der Untersuchung des Zusammenhangs von positiver Familienanamnese und Höhe der Konzentrationen der beiden Biomarker zeigt sich ein geringerer Anteil mit positivem Risikofaktor, wenn beide Biomarker negativ sind. In den übrigen Kombinationen ergibt sich kein prognostischer Zusatznutzen. Auch bei Betrachtung des Verhältnisses von Copeptin-Serumspiegel und positiver

(37)

Ergebnisse

Familienanamnese, zeigen die Patienten mit Risikofaktor eine niedrigere mittlere Copeptin-Konzentration (15,11 pmol/l), als jene ohne Risikofaktor (28,35 pmol/l).

Familienanamnese positiv ja nein fehlt p-Wert

Cop- / TnT+ 18,60% 71,20% 10,20%

Cop- / TnT - 24,50% 55,60% 19,90%

Cop+ / TnT- 23,40% 68,10% 8,50%

Cop+ / TnT+ 15,80% 65,30% 18,90%

Chi-Quadrat-Test: χ² = 4,2 0,24218

Tabelle 6: Biomarker und positive Familienanamnese (Cop= Copeptin, TnT= Troponin T, + = positiv, - = negativ)

Die arterielle Hypertonie tritt etwas häufiger bei Patienten mit positiven Biomarkern auf. Die Copeptin-Serumspiegel liegen bei diesen Patienten mit 28,02 pmol/l höher als bei solchen Patienten ohne arteriellen Hypertonus als Risikofaktor (22,31 pmol/l).

Bezogen auf den systolischen und diastolischen Blutdruck bei Aufnahme, zeigt sich keine signifikante Differenz zwischen den Patienten mit positivem (mittlerer Blutdruck 137/77 mmHg) und negativem Copeptin (mittlerer Blutdruck 139/76 mmHg).

Arterieller Hypertonus ja nein fehlt p-Wert

Cop- / TnT+ 83,10% 16,90%

Cop- / TnT - 67,90% 31,60% 0,50%

Cop+ / TnT- 78,70% 21,30%

Cop+ / TnT+ 86,30% 13,70%

Chi-Quadrat-Test: χ² = 13,8 0,00313

Tabelle 7: Biomarker und arterieller Hypertonus

Der Anteil der rauchenden Patienten ist unter den Troponin negativen Patienten deutlich höher. Der mittlere Copeptin-Serumspiegel beträgt unter den Rauchern 21,01 pmol/l, bei den Nichtrauchern 30,06 pmol/l.

(38)

Ergebnisse

Rauchen ja nein fehlt p-Wert

Cop- / TnT+ 27,10% 72,90%

Cop- / TnT - 38,80% 59,20% 2%

Cop+ / TnT- 46,80% 53,20%

Cop+ / TnT+ 31,60% 67,40% 1%

Chi-Quadrat-Test: χ² = 6 0,11113

Tabelle 8: Biomarker und Rauchen

Die Patienten mit positivem Troponin und Copeptin leiden signifikant häufiger an einem Diabetes mellitus als bei den anderen Kombinationen des Biomarkernachweises. Die Copeptin-Serumspiegel liegen bei Patienten mit Diabetes mellitus mit 36,74 pmol/l signifikant höher als bei Patienten ohne Diabetes mellitus als Risikofaktor (23,82 pmol/l).

Diabetes mellitus ja nein fehlt p-Wert

Cop- / TnT+ 15,30% 84,70%

Cop- / TnT - 12,80% 86,20% 1%

Cop+ / TnT- 17,00% 83%

Cop+ / TnT+ 45,30% 53,70% 1%

Chi-Quadrat-Test: χ² = 43,1 0

Tabelle 9: Biomarker und Diabetes mellitus

Die Häufigkeit des Auftretens einer Hypercholesterinämie lässt sich nicht in Zusammenhang mit der Höhe der gemessenen Biomarker bringen. Copeptin allein betrachtet verhält sich ebenfalls unabhängig zum Vorliegen einer Hypercholesterinämie (26,41 pmol/l vs. 26,85 pmol/l ohne Hypercholesterinämie).

Hypercholesterinämie ja nein fehlt p-Wert

Cop- / TnT+ 37,30% 62,70%

Cop- / TnT - 46,90% 52% 1,10%

Cop+ / TnT- 46,80% 53,20%

Cop+ / TnT+ 47,40% 51,60% 1%

Chi-Quadrat-Test: χ² = 2,1 0,55077

Tabelle 10: Biomarker und Hypercholesterinämie

(39)

Diskussion

4. Diskussion

Zwar konnte die Mortalitätsrate des akuten Myokardinfarktes in den letzten 15 Jahren um 30 Prozent gesenkt werden [67], dennoch gehört das Krankheitsbild gemeinsam mit anderen ischämischen Herzkrankheiten zu den führenden Todesursachen in Deutschland.

In der Therapie und damit der Steigerung der Überlebensrate ist Zeit der entscheidende Faktor. Je früher ein Myokardinfarkt diagnostiziert und adäquat behandelt wird, desto besser ist das Outcome.

Stellt sich ein Patient mit dem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom in der Notaufnahme vor, erfolgt zunächst die Ableitung eines 12-Kanal-EKG. Damit kann differenziert werden, ob es sich um einen ST-Strecken-Elevationsinfakrt handelt oder nicht. Ein unauffälliges EKG schließt einen akuten Myokardinfarkt jedoch nicht aus. In dem Fall stützt sich die weitere Diagnostik und damit Risikostratifizierung auf die serologische Bestimmung von kardialen Biomarkern.

Unter diesen Biomarkern gilt das kardiale Troponin aktuell als Goldstandard.

Durch die zunehmend sensitiveren Assays können Patienten mit erhöhtem Risiko bereits deutlich früher erkannt werden, als noch vor einigen Jahren [40]. Jedoch geht damit auch eine Häufung der falsch positiven Messergebnisse einher, und Kontrollmessungen nach 3 bzw. 6 Stunden bleiben zur korrekten Risikostratifizierung weiterhin unerlässlich [1]. Um diesen Zeitfaktor zu minimieren, wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Biomarker wie das Heart-type fatty acid-binding protein (h-FABP), NT-pro-BNP oder das C-reaktive Protein auf ihren Nutzen in der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms untersucht [5, 17, 45]. Keiner der genannten Marker konnte sich bisher in der Praxis durchsetzen.

Das aufgrund einer endogenen Stresssituation sezernierte Peptid Copeptin ist nach der aktuellen Studienlage der vielversprechendste Marker zur besseren Risikostratifizierung des akuten Koronarsyndroms [41].

(40)

Diskussion

4.1 Patientenkollektiv und Referenzstudien

Die hier vorliegende Arbeit ist hinsichtlich des Aufbaus und der Auswahl des Patientenkollektivs mit zwei wichtigen Referenzarbeiten der letzten Jahre zu vergleichen. Hier am UKSH Lübeck wurden 400 konsekutive Patienten, die mit Brustschmerz in der Notaufnahme vorstellig wurden, in die Studienpopulation aufgenommen.

In einer Arbeit von Reichlin et al., die etwa zur Planungszeit dieser Studie veröffentlicht wurde [41], wurden nach den genannten Kriterien 487 Patienten eingeschlossen, Keller et al. veröffentlichten 2010 eine in der Betrachtung des Copeptins vergleichbare, multizentrische Arbeit mit 1386 eingeschlossenen Patienten [21].

Variable UKSH Lübeck* Reichlin * Keller *

Alter, Jahre 66 ± 15 62 ± 17 61,5 ± 13,4

RR systolisch, mmHg 138 ± 22 144 ± 25 k.A.

RR diastolisch, mmHg 76 ± 12 87 ± 15 k.A.

Herzfrequenz, Schläge/Min. 76 ± 18 79 ± 20 k.A.

Männlich, n 248 (62%) 321 (66%) 920 (66,4%)

Weiblich, n 152 (38%) 166 (34%) 466 (33,6%)

AMI (STEMI + NSTEMI), n 81 (17%) 299 (21,6%)

AMI (NSTEMI), n 73 (18%) 51 (10,5%) 206 (14,8%)

Troponin mit AMI > cutoff, n 68 (93,2%) 53 (65%) 184 (62%)

Copeptin mit AMI, median pmol/l 20,64 20,8 18,5

* Mittelwerte ± SD, (%) bei

Aufnahme

Tabelle 11: Basischarakteristika UKSH, Reichlin [41], Keller [21]

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den vorangegangenen Studien und dieser Arbeit liegt in dem Einschluss von ST-Streckenhebungsinfarkten in die betrachtete Auswertung. So ist eine Aussage über signifikant erhöhte Copeptin-Werte bei akutem Myokardinfarkt in den Arbeiten von Reichlin und Keller anders zu bewerten, als in der vorliegenden Studie, wo diese Population ausgeschlossen wurde. Reichlin und Keller differenzieren nicht zwischen der Signifikanz der Biomarker-Konzentrationen und der Art des Myokardinfarktes. Die Patienten mit STEMI zeigen bei Reichlin et al. signifikant höhere Copeptin-Konzentrationen (Median 45,5 pmol/l) als solche mit NSTEMI (Median 11,7 pmol/l). Diese Tatsache

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