• Keine Ergebnisse gefunden

Inhaltsprotokoll. 18. Wahlperiode. Öffentliche Sitzung. Ausschuss für Verfassungsschutz. 12. Sitzung 14. Februar Florian Dörstelmann (SPD)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Inhaltsprotokoll. 18. Wahlperiode. Öffentliche Sitzung. Ausschuss für Verfassungsschutz. 12. Sitzung 14. Februar Florian Dörstelmann (SPD)"

Copied!
9
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Redaktion: Barbara Oehler, Tel. 2325-1467 bzw. quer 99407-1467 Plenar- und Ausschussdienst

Inhaltsprotokoll

Öffentliche Sitzung

Ausschuss für Verfassungsschutz

12. Sitzung 14. Februar 2018

Beginn: 12.05 Uhr Schluss: 13.47 Uhr

Vorsitz: Florian Dörstelmann (SPD)

Punkt 1 der Tagesordnung

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0411

Aktionsplan gegen linke Gewalt

0020 VerfSch BildJugFam Haupt InnSichO(f) Recht

Stephan Lenz (CDU) erklärt, auch der Verfassungsschutzausschuss müsse sich dem Phäno- men Linksextremismus stärker widmen. Welch hohes Gefährdungspotenzial vom Linksext- remismus ausgehe, habe der G-20-Gipfel 2017 in Hamburg gezeigt, veranschaulichten aber auch die aktuelle Zahlen. 2016 seien 2 790 Personen dem linksextremistischen Spektrum zu- zuordnen – dies sei im Vergleich mit anderen Phänomenbereichen das höchste Personenpo- tenzial –, 970 davon gewaltbereit. 1 226 linksextremistische Straftaten seien begangen wor- den, davon 379 Gewaltdelikte.

Der Antrag umfasse Vorschläge, die verschiedene Ressorts beträfen, u. a. Justiz und Inneres.

Für den Verfassungsschutz seien insbesondere die unter I. Prävention erwähnten Maßnahmen und unter II. Gefahrenabwehr, Punkt 1 Gefährderdatei „Linke Gewalttäter“ relevant. Eine klare Abgrenzung zum Ressort Inneres sei nicht immer zu leisten. Bei Gefährdern sei der Verfassungsschutz zuständig und gefordert, bevor sie eine Tat begangen hätten. Dass ein bes- serer Austausch zw. Inneres und Verfassungsschutz nötig sei, hätten die NSU-Vorfälle und den Anschlag von Anis Amri, aber auch der G-20-Gipfel in Hamburg gezeigt.

(2)

- oe -

In der Prävention müsse man sich stärker auf den Phänomenbereich Linksextremismus fokus- sieren. Der Linksextremismus müsse in den Schulen behandelt werden. Es müssten Bündnisse gegen linke Gewalt in der Zivilgesellschaft geschlossen und Aussteigerprogramme aufgelegt werden. Letztlich müsse wie für den islamistischen Extremismus auch ein eigenes Landes- programm für den Phänomenbereich Linksextremismus aufgelegt werden.

Senator Andreas Geisel (SenInnDS) betont, dass für den Senat, entgegen anderer Behaup- tungen, die Bekämpfung linker Gewalt ein wichtiges Thema der inneren Sicherheit Berlins sei. Der Senat verurteile jegliche Form der Gewalt. – Für das Ressort Verfassungsschutz sei im Entwurf des CDU-Aktionsplans gegen linke Gewalt einzig die Prävention relevant. Eine Gefährderdatei, wie im II. Teil Gefahrenabwehr gefordert, werde beim Polizeilichen Staats- schutz des LKA geführt, nicht beim Verfassungsschutz. Nicht zufriedenstellend sei, dass bun- desweit Präventionsansätze gegen Linksextremismus wenig erfolgreich seien und nicht in gleicher Weise wirkten wie Ansätze gegen Rechtsextremisten oder Islamisten. Das im Rah- men des Projekts „Wissen und Bildung als Schutzfaktor gegen Linksextremismus“ seit 2010 bestehende Angebot des Verfassungsschutzes und des Berliner Staatsschutzes, Unterrichts- einheiten an Berliner Schulen zu geben, sei von keiner der 15 in den Bezirken Mitte, Fried- richshain-Kreuzberg und Pankow angeschriebenen Schulen genutzt worden. Auch das 2011 vom Bundesamt für Verfassungsschutz initiierte Aussteigerprogramm für Linksextremisten sei kaum genutzt worden. Ein Grund dafür könne sein, dass Linksextremisten nach einem Ausstieg nicht einem Verfolgungsdruck durch die Szene ausgesetzt seien wie Rechtsextremis- ten, wo das entsprechende Programm erfolgreich sei.

Die von der ehemaligen Bundesfamilienministerin Schröder bei der Förderung einzelnen Pro- jekte eingeführte sog. Extremismusklausel habe keine gesellschaftliche Akzeptanz gefunden, weshalb sie nicht mehr angewandt werde.

Insgesamt fehle es den Maßnahmen zur Prävention gegen Linksextremismus bundesweit also an Akzeptanz und an Erfolg. Mit einem „multiplen Aktionismus“ wie der CDU-Antrag zu reagieren, sei nach Auffassung des Senats nicht die richtige Antwort, da bisher keine erfolg- versprechenden Maßnahmen bekannt seien. Es gelte, eine breite Einsicht in die Notwendig- keit solcher Maßnahmen zu schaffen. Hierzu müsse die Öffentlichkeit für die Gefahren des Linksextremismus sensibilisiert werden. Der Verharmlosung des Linksextremismus müsse entgegengetreten werden. Hierfür seien in die Polizeiausbildung z. B. Bildungsangebote der Gedenkstätte Hohenschönhausen aufgenommen worden. Der Verfassungsschutz als Früh- warnsystem der Demokratie stelle auch Erkenntnisse über den Linksextremismus zur Verfü- gung, die auch im Ausschuss besprochen würden. Die Präventionsvorschläge des CDU- Antrags seien nicht zielführend.

Niklas Schrader (LINKE) stellt fest, dass seine Fraktion den Einsatz von Gewalt, um politi- sche Ziele zu erreichen, verurteile. Seine Fraktion teile jedoch nicht die Auffassung, dass Linksextremismus und Rechtsextremismus ähnlich Phänomene seien, die mit den gleichen Instrumenten zu bekämpfen seien. G-20, Anis Amri und NSU in einem Atemzug zu nennen, sei zu wenig differenziert. Man müsse Personengruppen, Motivation und Einsatzmittel genau unterscheiden.

Zu I: Der Punkt, Linksextremismus in Lehrpläne aufzunehmen, sei bereits erledigt, da das Thema an Schulen auf verschiedene Weise bereits behandelt werde, wie der Antwort des Se-

(3)

- oe -

nats auf die Anfrage des Abgeordneten Gläser von der AfD-Fraktion Drucksache 18/11120 zu entnehmen sei.

Dass der Senat „Lokale Bündnisse der Anständigen gegen linke Gewalt“ in besonders be- troffenen Kiezen gründen solle, sei abzulehnen, da so etwas nicht oktroyiert, sondern aus der Zivilgesellschaft, auch eventuell von einer Partei angestoßen, kommen müsse.

Ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten gebe es bereits auf Bundesebene. Hier hätten sich in vier Jahren 28 Interessenten gemeldet, davon wenig als zehn mit Folgegesprächen. Die Bundesregierung habe keine Erkenntnisse darüber, dass über dieses Programm erfolgreiche Aussteiger hätten gewonnen werden können. Dies zeige, dass bei Rechtsextremen wirksame Instrumente nicht auf Linksextreme übertragen werden könnten. – Ein Programm gegen lin- ken Extremismus sei auf Bundesebene mit wenig Erfolg versucht und wieder eingestellt wor- den.

Eine Dokumentation linker Straftaten nach dem Vorbild der Registers zur Erfassung rechts- extremer und diskriminierender Vorfälle in Berlin für rechte Vorfälle müsste auch von der Zivilgesellschaft initiiert werden. Die Dokumentation rechter Gewalttaten sei aus Kritik an der staatlichen Zählung entstanden. Deshalb sei es unlogisch, wenn der Senat selbst ein sol- ches Register ins Leben rufen solle. Wenn Kritik an der staatlichen Zählung bestehe, solle diese belegt werden bzw. sollten andere Zählkriterien vorgeschlagen werden.

Zu II: Die Forderung nach einer Gefährderdatei „Linke Gewalttäter“ betreffe nicht den Ver- fassungsschutz, sondern die Polizei. Aber auch dort existiere beim BKA eine Datei PMK- links, in der die Daten vieler Personen der linken Szene gespeichert seien. Die Bundesdaten- schutzbeauftragte habe mit Kritik am fehlenden Datenschutz bewirkt, dass 90 Prozent der aufgenommenen Daten, weil rechtswidrig, gelöscht worden seien. Dies zeige, dass nicht zu wenige Daten gesammelt würden, sondern eher zu viele. – Auch über die Zulässigkeit der vorgeschlagenen Gefahrenabwehrverordnungen lasse sich streiten. Grundsätzlich Vermum- mungen oder das Tragen von speziellen Gegenständen in einem bestimmten Stadtgebiet ver- bieten zu wollen, sei höchst fragwürdig. Die beiden restlichen Punkte – taktisches Training für die Polizei und den Einsatz ausreichender Einsatzkräfte – seien wohl mehr symbolische Forderungen, da beides bereits umgesetzt werde.

Zu III: Mit der Neuregelung von § 113 bis 115 StGB sei erst im letzten Jahr eine Strafver- schärfung eingeführt worden. Bevor neue Verschärfungen vorgeschlagen würden, solle erst geprüft werden, wie sich diese Neuregelung auswirke. Zudem hätte dies die CDU auf Bun- desebene längst einführen können, wenn dies gewollt sei. Autonome könnten durch einen Führerscheinentzug kaum abgeschreckt werden. – Insgesamt sei der Aktionsplan linke Gewalt abzulehnen.

Ronald Gläser (AfD) bemerkt, beim Vergleich von Rechts- und Linksextremismus sei darauf hinzuweisen, dass die Zahl der linken Gewalttaten in Berlin größer sei als die der rechten und deshalb die größere Gefahr für die Gesellschaft darstelle.

Er unterstütze den CDU-Antrag bei den Forderungen unter II. Gefahrenabwehr, bei den For- derungen III. Strafverfolgung teilweise. Dass bei angegriffenen Polizisten und Feuerwehrleu-

(4)

- oe -

ten Sonderrechte gelten sollten, lehne er ab, da Angriffe auf Menschen gleich geahndet wer- den sollten. Auch Führerscheinentzug als Strafe für Nichtverkehrsdelikte lehne er ab.

Eine Verankerung des Linksextremismus im Lehrplan sehe er kritisch, da der Schulunterricht nicht politisiert werden solle. Im Geschichtsunterricht müssten allerdings die Verbrechen lin- ker Diktatoren stärker behandelt werden. Die Forderungen nach lokalen Bündnissen gegen linke Gewalt, Register für linke Gewalt seien typische CDU-Politik, Geldverschwendung für ein „Herumdoktern an den Symptomen“. Aussteigerprogramme versprächen wenig Erfolg.

Harte Strafen seien sinnvoller: Exmatrikulation, Entzug der Sozialhilfe.

Unter Prävention würde es fallen, wenn Berlin die finanzielle Unterstützung von über 40 linksradikalen Organisationen wie das Apabiz oder Berlin gegen rechts aus Steuermitteln ein- stellen würde. Der Senat solle den Kampf gegen rechts einstellen, statt neue Programme ge- gen den Kampf gegen Linksextremismus aufzustellen. Den Kampf gegen links brauche man so wenig wie den gegen rechts.

Stephan Lenz (CDU) gibt zu bedenken, dass Deradikalisierung immer schwierig umzusetzen sei, doch müsse sie bei Linksradikalen wir bei Rechtsradikalen versucht werden. Ohne ernst- hafte Versuche sei der Misserfolg sicher. In der Prävention aber sei es durchaus möglich, dem Linksextremismus den „gesellschaftlichen Resonanzboden“ zu entziehen, gerade in den Schu- len. Seine Fraktion spreche sich für ein Engagement des Verfassungsschutzes an Schulen aus.

Damit dies akzeptiert und angenommen werde, müsse dafür geworben werden. Hier könne man vom Phänomenbereich Islamismus lernen, wo sich der Verfassungsschutz sich an der Arbeit der freien Träger in den Schulen vor Ort beteiligt habe. Lehrkräfte könnten ausgebildet werden, damit sie linksextremistischen Tendenzen entgegenwirken und den gesellschaftlichen Diskurs suchen könnten. Der Staat könne auch zivilgesellschaftliches Engagement fördern, indem er Trägern Mitteln für diese Arbeit zur Verfügung stelle. Es dürfe kein Unterschied zw.

Rechts- oder Linksextremismus gemacht werden; gegen derartige Gewalt müsse in jeweils geeigneter Form vorgegangen werden. Die große Zahl linksextremistischer Täter zeige, dass man das Phänomen nicht verharmlosen dürfe. Es dürfe nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.

Dass die Gefahrenabwehr in die Zuständigkeit der Polizei falle, sei klar; doch sei der Verfas- sungsschutz auch aktiv. Polizei und Verfassungsschutz müssten hier ihre Zusammenarbeit verbessern. Der Verfassungsschutz müsse ausgebaut werden, da extremistische Tendenzen in allen Phänomenbereichen zunähmen. Dazu gehörten eine verbesserte Prävention und die Sen- sibilisierung der Zivilgesellschaft.

Kurt Wansner (CDU) vertritt die Auffassung, dass sein Vorredner sich gegen Gewalt, ob von rechts oder links, gewandt habe, beim Abgeordneten Schrader (LINKE) jedoch immer Verständnis für die linksradikal motivierte Gewalt in Berlin zu spüren sei. Wer wie Die Linke den Verfassungsschutz abschaffen wolle, könne hier schwerlich Position beziehen. Die Ge- fahr der linksradikalen Gewalt dürfe von der Linken und den Grünen nicht verharmlost wer- den. Es gelte vom Verfassungsschutz herauszufinden, wer die Hintermänner für linke Gewalt z. B. in der Rigaer Straße seien, die Kampfschriften verfassten.

Die Forderung, „lokale Bündnisse der Anständigen gegen linke Gewalt“ zu gründen, sei sinn- voll. Auch die von den Auseinandersetzungen am 1. Mai betroffenen Kiezanwohner hätten

(5)

- oe -

sich engagiert, was die Politik unterstützt und koordiniert habe. Er fordere alle Fraktionen auf, links- und rechtsmotivierte Gewalt gleichermaßen zu bekämpfen. Die Forderungen der CDU seien sinnvoll und umsetzbar, wenngleich er vermute, dass die Aufnahme des Themas Gefah- ren des Linksextremismus in Lehrpläne nicht leicht durchzusetzen sei.

Tom Schreiber (SPD) zeigt Verwunderung, warum die CDU-Fraktion erst jetzt Forderungen gegen Linksextremismus aufstelle, wo während der letzten Wahlperiode eine aufschlussreiche Studie über linke Gewalt 2005 bis 2013 eine gute Basis für Regierungshandeln für einen CDU-Innensenator gewesen wäre.

Im Schulunterricht und in Schulprojekttagen finde bereits eine vielfältige Auseinandersetzung mit Extremismus und Demokratie statt. In der Gedenkstätte Hohenschönhausen werde der effektive Peer-to-Peer-Ansatz verfolgt, damit sich junge Menschen mit dem Thema auseinan- dersetzten und dafür sensibilisiert würde. Auch bei der Polizei – in der HWR und in der Poli- zeiausbildung – und beim Staatsschutz setze man sich mit dem Thema Linksextremismus auseinander. Die Prävention spiele in der täglichen Arbeit und bei Fortbildungen eine Rolle.

Die Forderungen der CDU seien abstrakt z. B. auch bezüglich des taktischen Trainings für Polizei und Rettungskräfte, das selbstverständlich in Aus- und Fortbildung praktiziert werde.

Auch die Forderung nach ausreichend verfügbaren Einsatzkräften sei überflüssig, da bereits ausreichend Kräfte für potenzielle Konfliktsituationen z. B. in der Rigaer Straße abgestellt seien. Der Antrag sei nicht auf dem neuesten Stand. Offensichtlich sei auch, dass die Maß- nahmen auf Bundesebene wie das Aussteigerprogramm oder die Extremismusklausel nicht funktionierten. Lokale Bündnisse könnten nicht von oben eingesetzt werden, dafür müsse erst Vertrauen aufgebaut werden, damit sich Opfer von Gewalttaten meldeten. Man müsse abwar- ten, welche Ergebnisse die Gespräche bezüglich der Rigaer Straße hätten. Dem Antrag könne seine Fraktion nicht zustimmen.

Die Forderungen des Abgeordneten Gläser(AfD) nach Exmatrikulation usw. seien juristisch äußerst fragwürdig und ließen Rückschlüsse über das Rechtsverständnis und die Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der AfD zu.

Holger Krestel (FDP) betont, dass Strategien gegen linken Extremismus so nötig seien wie gegen rechten. Die im CDU-Antrag geforderten Mittel wirkten jedoch ungeeignet dafür. – Zu II. 1. Gefährderdatei „Linke Gewalttäter“ schaffen: Der Einwand, die Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle in Berlin seien eine private Initiative gewesen, treffe nur bedingt zu, da sie mit staatlichen Mitteln erheblich gefördert werde. Mit staatlichen Mitteln nun die gleiche Struktur für linke Gewalttäter zu fördern, lehne er ab. Für den Kampf gegen jegliche extremistische Bestrebung sei allein der Staat zuständig.

Bedenklich sei, dass keine der angeschriebenen Schulen den Verfassungsschutz habe einladen wollen. Es sei zu befürchten, dass die Schüler nur für Rechtsextremismus sensibilisiert wür- den. Die FDP befürworte den demokratischen Streit der Meinungen und den Kampf gegen jegliche Art von Extremismus, sofern er von demokratisch legitimierten staatlichen Dienst- stellen betrieben werde.

Dr. Susanne Kitschun (SPD) stellt klar, dass die über das Landesprogramm „Demokratie.

Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ geförderten Register keine großen Einrichtungen seien, wenig Fördermittel erhielten und eine dezentrale

(6)

- oe -

Ergänzung für die offiziellen Datenerfassung des Verfassungsschutzes und der Polizei dar- stellten. Die Register seien nicht rein privat, sondern sie würden über ReachOut koordiniert und lieferten einen jährlichen Bericht ab, seien also in hauptamtlicher fachlicher Ebene einge- bunden. Aufgenommen würden nicht nur Fälle von Rechtsextremismus, sondern auch von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Der Sinn des Landesprogramms sei es, in der Pri- märprävention die Grundlagen der Demokratie zu erlernen. Damit sei eine Auftrennung in verschiedene Richtungen des Extremismus nicht sinnvoll. Auch die lokalen Bündnisse für Demokratie richteten sich gegen jegliche Form des undemokratischen Umgangs. Zusätzliche Strukturen gegen eine Form des Extremismus zu fördern, sei deshalb nicht sinnvoll.

Dass sich die AfD gegen Projekte und das Engagement von Bürgern, die sich für die Zivilge- sellschaft einsetzten, wende, sei bezeichnend. Dass Steinewerfen mit staatlichen Mitteln ge- fördert werde, weise sie entschieden zurück.

Niklas Schrader (LINKE) wendet sich gegen den Abgeordneten Wansner, der Kritik am CDU-Antrag nach dem alten Schwarz-Weiß-Muster als Sympathisieren mit linker Gewalt verunglimpfe.

Die Phänomenbereiche linksextreme und rechtsextreme Gewalt würden unterschiedlich be- handelt, da zwar bei beiden die Mittel inakzeptabel, die Ziele und die gesellschaftliche Ver- breitung und Akzeptanz jedoch sehr verschieden seien. Hinter Rechtsextremismus stünden Rassismus, Gentrifizierung, faschistische Ideologien etc., hinter Linksextremismus sei es we- niger eindeutig, da sich dort auch Menschen fänden, die für eine gerechtere Welt, Umvertei- lung, Flüchtlingshilfe usw. kämpften. Wenn sie teilweise das – nicht zu akzeptierende – Mit- tel Gewalt benutzten, bedeute das jedoch nicht, dass alle Ziele präventiv zu bekämpfen seien.

Deshalb müssten beide Extremismusphänomene unterschiedlich angegangen werden.

Das 1. Mai-Bündnis sei aus der Zivilgesellschaft gekommen und erst dann von staatlicher Seite unterstützt worden. Wenn sich eine solche Initiative gegen linke Gewalt bilde, könne geprüft werden, ob dies auch unterstützt werden solle. Ein solches Bündnis könne jedoch nicht vom Senat gegründet werden.

Die Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle in Berlin hätten gegenüber der staatlichen Datensammlung einen Erkenntnisgewinn, weshalb sie gefördert würden. Diese Förderung sei auch von der FDP während der Haushaltsberatung nicht in Frage gestellt worden. Wenn ein Register für linke Gewalttäter gefordert werde, müsse der zu er- wartende Erkenntnisgewinn plausibel gemacht werden.

Benedikt Lux (GRÜNE) teilt mit, dass der CDU-Antrag aus Sicht seiner Fraktion abzulehnen sei, da 60 Prozent der Maßnahmen bereits umgesetzt würden z. B. bei der Prävention oder das taktische Training der Polizei, 20 Prozent untauglich – eine Verordnung gegen Gefahrenab- wehr – und 20 Prozent politisch abzulehnen seien. Die Zahl linker Gewalttaten in Berlin sei zwar höher als die der anders motivierten politischen Gewalttaten sei, aber sie sei von 2016 auf 2017 tendenziell rückläufig. Die CDU werfe der Koalition vor, dass im Koalitionsvertrag kein Punkt gegen linke Gewalt zu finden sei, dabei sei dort festgehalten, dass die Koalition Gewalt jeglicher Couleur ablehne. Er protestiere dagegen, dass die CDU Ängste schüre und der Koalition unterstelle, nichts gegen linke Gewalt zu tun. Es treffe z. B. nicht zu, dass Linksextreme die Haupttäter bei Angriffen auf die Polizei seien.

(7)

- oe -

Die Forderung nach Nebenfolgenprüfung nach Straftaten nach §§ 113ff. StGB sei rechtsstaat- lich fragwürdig, da die Gewaltenteilung nicht beachtet werde. Die Beschleunigung der Straf- verfolgung könne man politisch nicht vorgeben. Der Antrag fordere Gesinnungsjustiz. Zudem sei die Ausrichtung des Antrags einseitig, da die CDU keine Aktionspläne gegen rechtsextre- me oder islamistische Gewalt beantragt habe, die in letzter Zeit die größere Bedrohung dar- stellten. Insgesamt ziele die CDU darauf ab, der Koalition zu unterstellen, dass sie auf dem linken Auge blind sei. Polizei und Verfassungsschutz allerdings seien im Kampf gegen linke Gewalt gut aufgestellt.

Stephan Lenz (CDU) bemerkt, dass er sich auf die den Verfassungsschutzausschuss betref- fenden Teile des Antrags beschränke. Es treffe zu, dass die Primärprävention für alle Phäno- menbereiche wichtig sei. Gemeinsam sei allen, dass sie die freiheitlich-demokratische Grund- ordnung ablehnten, für die Präventionsprogramme werben sollten. Gegen eine pauschale Ver- urteilung der Träger dieser Projekte wende er sich ausdrücklich. Die Träger wären jedoch mit ihrer Expertise auch in der Lage, Maßnahmen gegen verschieden motivierte Gewalt umzuset- zen, wobei Synergien entstünden. Die CDU sei nicht gegen Prävention gegen Rechtsextre- mismus oder islamistisch motivierte Gewalt. Hier bestehe Konsens. Allerdings existierten solche Projekte und Programme bereits. Seine Fraktion fordere aber, beim Phänomenbereich Linksextremismus ähnlich vorzugehen, soweit dies inhaltlich sinnvoll sei.

Auf die unterschiedlichen Zielrichtungen linker und rechter oder anderer Gewalt hinzuweisen, sei bei der Anwendung extremistischer Mittel unerheblich, da die Täter gleichermaßen Geg- ner unserer Gesellschaftsordnung seien. Kritik an gesellschaftlichen Zuständen sei in einer Demokratie ohne Gewalt zu äußern. Extremistische Gewalttäter müssten beobachtet werden, und wenn sie Straftaten begingen, müssten die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden. Seine Fraktion sei klar in ihrer Haltung gegen jegliche extremistische Gewalt; dies vermisse er bei der Linken. Die Diskussion über Andrej Holm, dessen Nähe zur linksextremistischen Szene zu kritisieren gewesen sei, sei hier aufschlussreich gewesen.

Das Bestreben, in einen zivilgesellschaftlichen Diskurs mit den Anwohnern in der Rigaer Straße zu treten, unterstütze seine Fraktion. Die Position der SPD-Fraktion gegen Linksext- remismus sei zu erkennen, eine eindeutige Haltung vermisse er bei der Linken.

Kurt Wansner (CDU) wendet ein, bezeichnend sei, dass Die Linke den Verfassungsschutz habe abschaffen und ihm bei Haushaltsberatungen Mittel habe streichen wollen. Die Linke sei nicht in der Lage, sich von der linksradikalen Gewalt völlig zu distanzieren. Die FDP dies erkannt und habe 2017 einen Antrag „Keinen parlamentarischen Rückhalt für linke Gewalt in dieser Stadt“ eingebracht. Der Verfassungsschutz müsse aufklären, wer die geistigen Hinter- männer hinter den Gewalttaten in der Rigaer Straße seien. Gewalt, gleich aus welcher Rich- tung, müsse von allen Parlamentariern entschieden und eindeutig bekämpft werden.

Holger Krestel (FDP) betont, dass er sich nicht gegen private Vereine z. B. mit Bildungsauf- trag ausgesprochen habe, sondern dafür, dass die Bekämpfung extremistischer Gewalt staatli- chen Organen obliegen solle. Er halte es auch für richtig, dass nur Vereine gefördert werden sollten, die sich uneingeschränkt zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennten.

Dies bedeute nicht, dass er AfD-Positionen vertrete. Die Linke hingegen teile die kritische Haltung dem Verfassungsschutz gegenüber mit der AfD.

(8)

- oe -

Katina Schubert (LINKE) stellt klar, dass Die Linke politische Gewalt entschieden ablehne.

Etwas anderes zu behaupten, sei haltlos und Unterstellung. Die Linke jedoch definiere Extre- mismus nicht als einen alle Phänomene erfassenden Begriff, da er dann nicht dazu tauge, passgenau Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die breite gesellschaftliche Bewegung gegen Gen- trifizierung unterstütze ihre Partei, nicht aber Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung.

Was Andrej Holm angehe, habe ihre Partei Fehler gemacht, weil sie die Stasi-Auseinander- setzung unterschätzt habe. – [Kurt Wansner (CDU): Gentrifzierer!] – Als Stadtsoziologe habe er Mechanismen der Gentrifizierung erforscht. „Gentrifizierung“ mit linksextremistischen Bestrebungen gleichzusetzen, sei falsch. Andrej Holm sei unterstellt worden, dass er Links- extremen nahestehe; er sei jedoch nicht verurteilt worden, habe auch keine Straftaten began- gen. Die Positionen, die die Linke in der Auseinandersetzung um Andrej Holm vertreten ha- be, gleichzusetzen mit einer Affinität der Linken zu Gewalt, weise sie zurück.

Fraglose müssten Straftaten durch die Strafverfolgungsbehörden des Staates verfolgt werden.

Die vorhandene zivilgesellschaftliche Infrastruktur wirke präventiv und auch unterstützend für Opfer von politischer Gewalt und sei deshalb auch finanziell zu fördern.

Die Linke sei wegen Erkenntnissen z. B. aus dem NSU-Skandal der Auffassung, dass der Verfassungsschutz auf Bundesebene und in einigen Ländern wenig zum Schutz der Verfas- sung beigetragen habe. Die Linke halte sich jedoch an den Koalitionsvertrag.

Stephan Lenz (CDU) erwidert, er unterstelle seiner Vorrednerin nicht, mit Gewalt zu sympa- thisieren. Die Linke könne jedoch nicht Extremismus anders definieren, als es die Rechtsord- nung verbindlich für alle tue. – Andrej Holm sei in Untersuchungshaft genommen worden.

Der Haftbefehl sei aufgehoben worden, weil man Andrej Holm keine Mitgliedschaft in einer militanten Gruppe habe nachweisen können. Der BGH habe jedoch in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2007 BGH StB 34/07 festgestellt, dass seine linksextremistische Einstellung hin- reichend belegt sei.

Der Ausschuss beschließt, dem federführenden Ausschuss InnSichO die Ablehnung des CDU-Antrags Drucksache 18/0411 zu empfehlen.

Punkt 2 der Tagesordnung

Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs

Erkenntnisse zu linksextremen Bestrebungen zum G-20-Gipfel

(auf Antrag der Fraktionen der SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen)

0022 VerfSch

Tom Schreiber (SPD) erkundigt sich, ob es neue Erkenntnisse zu dem Thema gebe.

Senator Andreas Geisel (SenInnDS) bemerkt, aus Berliner Sicht lägen keine neuen Erkennt- nisse vor. Der Untersuchungsausschuss in Hamburg laufe noch; Ergebnisse seien noch nicht bekannt.

Vorsitzender Florian Dörstelmann erklärt die Besprechung für abgeschlossen.

(9)

- oe -

Punkt 3 der Tagesordnung

Besondere Vorkommnisse

Senator Andreas Geisel (SenInnDS) teilt mit, dass der Senat keine aktuell nichts zu berich- ten habe.

Vorsitzender Florian Dörstelmann stellt fest, dass der Tagesordnungspunkt abgeschlossen sei.

Punkt 4 der Tagesordnung Verschiedenes Siehe Beschlussprotokoll.

* * * * *

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

November 2020 Berlin eine Inzidenz von 238,5 hatte und wir jetzt von 59,3 reden, dann sehen wir, welchen weiten Weg wir schon hinter uns gelassen haben und wie gut die

Im Anschluss an die Beratung, in deren Rahmen Frau Staatssekretärin Klebba (SenBildJugFam) und Herr Staatssekretär Matz (SenGPG) Stellung nehmen und Fragen der

Um 04:37 Uhr kam es auf der Baustelle für den Ausbau der BAB 100 im Bereich des Tunnels, im Nahbereich der Autobahnausfahrt Sonnenallee in der Höhe Hatun-Sürücü-Brücke, zum

Wenn sich alle Fraktionen einig seien, dass jeder ein Konto be- nötigte, sofern es im Einzelfall nicht in der Person begründbare Hinweise gäbe, die es dem Unternehmen

Welche Fälle sind dem Senat wann bekannt geworden, bei denen Anhänger*innen oder Mitglieder von Organisationen der „Ülkücü“-Bewegung in der Polizei Berlin, anderen

August 2020 sind dem Senat keine Strafanzeigen gegen Polizei- Dienstkräfte im Zusammenhang mit der Einsatzlage anlässlich der Räumung der Kiezkneipe Syndikat

Grüne: Bericht über Förderfälle Vergabe-ABM im Jahr 2004 und im laufenden Jahr 2005 – Planung von Vergabe-ABM für das laufende Jahr 2005 sowie für die Jahre 2006 und

Deswegen auch da die Frage: Muss man nicht auch mal in den Blick nehmen, dass dieser Rutschbahneffekt beendet wird und die Leute nicht immer noch – gut, jetzt gibt