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Archiv "Kontaminierte Medizinprodukte: Unzählige Fehlerquellen möglich" (14.11.2014)

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A 2014 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 46

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14. November 2014

KONTAMINIERTE MEDIZINPRODUKTE

Unzählige Fehlerquellen möglich

Die Vorwürfe mangelhafter Hygiene gegen das Mannheimer Universitätsklinikum werfen eine alte Frage auf: Warum gibt es keine einheitliche Berufsausbildung, die zur Aufbereitung komplexer und OP-relevanter Medizinprodukte qualifiziert?

S

eit Jahren gibt es immer wie- der Meldungen über Fälle hy- gienisch unzureichend aufbereiteter Medizinprodukte. Dabei kam es zu spektakulären Schließungen von zentralen Sterilgutversorgungsabtei- lungen (ZSVA) in Krankenhäusern und externen Aufbereitungseinhei- ten. Staatsanwaltliche Ermittlungen, Rücktritt von Verantwortlichen und Strafmaßnahmen generieren kurz- zeitige Skandale. In diese Reihe scheint sich nun auch das Universi- tätsklinikum Mannheim zu stellen.

Dort hat es nach einem Bericht von Spiegel Online (22. Oktober) immer wieder Beschwerden des Personals im CIRS (Critical Inci- dent Reporting System) gegeben – einem Qualitätsmanagement-Tool der Klinik für anonyme Beschwer- den und Verbesserungsvorschläge.

Beanstandet wurde schlecht gerei- nigtes und nicht benutzbares Opera- tionsbesteck. Zudem sei im CIRS auf Knochensplitter und eine tote Fliege im sterilisierten OP-Sieb hingewiesen worden.

Letztlich hat die Staatsanwalt- schaft Mannheim nach einer anony- men Anzeige die Ermittlungen im Oktober aufgenommen. Bei einer Durchsuchung seien unter anderem

Reinigungsprotokolle sowie Ope - rationsbesteck beschlagnahmt wor- den. „Wir ermitteln wegen des Ver- stoßes gegen das Medizinprodukte- gesetz. Außerdem gehen wir zwei Anzeigen wegen fahrlässiger Kör- perverletzung nach“, sagte Ober- staatsanwalt Andreas Grossmann im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.

Doch damit nicht genug. Es gibt zudem die Anschuldigung der Sa- botage. In die Verpackungen der sterilen Siebe seien mutwillig Lö- cher hineingestochen worden. „Da- her wird in einem gesonderten Ver- fahren wegen Sachbeschädigung ermittelt“, erklärte Grossmann.

Klinikleitung will selbst zur Aufklärung beitragen

Nach einer Pressemeldung des Uni- versitätsklinikums werden zurzeit nur noch „Notfälle und besonders dringliche Eingriffe“ durchgeführt.

Mit einer Expertenkommission un- ter der Leitung von Prof. Dr. Oli- ver Kölbl, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Regensburg, will die Klinikleitung selbst zur Aufklärung beitragen. „Auftrag der mehrköpfigen Kommission ist es, im Detail aufzuklären, wie es zu

den Beanstandungen des Regie- rungspräsidiums Karlsruhe kom- men konnte und welche Verände- rungen in der Organisation und in den Prozessen notwendig sind.“

Der Ständige Ausschuss des Auf- sichtsrates habe dazu einen umfas- senden Fragenkatalog an die Kom- mission formuliert.

Grundsätzlich ist die Aufberei- tung von Medizinprodukten – also auch von Operationsbesteck – vom Gesetzgeber in der Medizinproduk- te-Betreiberverordnung geregelt.

Wie diese praktisch umgesetzt wer- den soll, beschreibt die gemeinsa- me Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infek- tionsprävention (KRINKO) am Ro- bert Koch-Institut (RKI) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). In der Empfehlung werden die Inhalte benannt, die das Personal einer ZSVA in Ausbildung erlernen muss.

Zum Beispiel wird verlangt, dass den Mitarbeitern „Sachkenntnis“

unter anderem in Instrumentenkun- de sowie in Hygiene und Mikrobio- logie vermittelt wird.

Doch Sachkenntnis ist ein dehn- barer Begriff. „Der ist einfach sehr oberflächlich“, findet Maik Foto: picture alliance

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 46

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14. November 2014 A 2015 Roitsch, Vorstandsvorsitzender der

deutschen Gesellschaft für Steril- gutversorgung (DGSV). „Eine der maßgeblichen Ursachen für Hy - gienemängel ist die fehlende Be- rufsausbildung der Mitarbeiter in diesem Tätigkeitsfeld. Bis heute dürfen ungelernte Personen die hochkomplexe Arbeit an OP-Instru- menten ausführen“, erklärte er dem Deutschen Ärzteblatt. Empfohlene Fachkundelehrgänge könnten außer- dem umgangen werden.

Bei der Reinigung von Operati- onsbesteck gibt es viele mögliche Fehlerquellen, auf die zu achten ist.

Noch im OP werden die kontami- nierten Instrumente von den saube- ren getrennt und in ein Entsor- gungssieb gelegt. „Bereits hier be- ginnt häufig die Fehlerkette – zum Beispiel, wenn komplexe Instru- mente nicht sachgemäß zerlegt werden“, erklärt Roitsch. Eine ent- sprechende Einweisung durch die Herstellerfirma muss nur dem OP- Personal, nicht aber den Reini- gungskräften gegeben werden.

Bleiben kontaminierte Instru- mente außerdem mehrere Stunden unbearbeitet, können Verkrustun- gen entstehen, die das Reinigen erschweren. Standzeiten von zwei bis maximal vier Stunden sollen laut Roitsch nicht überschritten werden. Bei räumlich vom Kran- kenhaus getrennten Aufbereitern können jedoch teilweise zehn Stunden vergehen.

Rückstände müssen später aufwendig gereinigt werden

Nach einer visuellen Kontrolle kommen die Medizinprodukte in ein Reinigungs- und Desinfektions- gerät. „Das kann man sich wie einen großen Geschirrspüler vor- stellen“, beschreibt Roitsch die Maschine. Sie habe aber ähnliche Schwachstellen wie die Haushalts- geräte: Werden die Instrumente zu dicht gelegt oder gibt es zu viele überladene Siebe, können Rück- stände bleiben, die nachträglich aufwendig entfernt werden müssen.

Laut der Medizinprodukte-Be- treiberverordnung muss die Aufbe- reitung auf Basis der Herstelleran- gaben in validierten Prozessen er- folgen. Dazu gehört unter anderem

die Waschtemperatur und Reini- gungsdauer. Am Universitätsklini- kum Mannheim wurden die Rei - nigungs- und Desinfektionsgeräte zwar gewartet, aber einzelnen fehl- te eine ausreichende Validierung, woraufhin sie vorläufig außer Be- trieb genommen wurden.

Nach der maschinellen Reini- gung findet eine weitere Sichtung der Instrumente statt. „Gerade diese visuelle Kontrolle müsste durch geschultes Personal vorgenommen werden, das die Schwachstellen

kennt“, sagt Roitsch. Als nächstes geht es zur Verpackung. Dazu wer- den die Medizinprodukte in Sieben nach einem vorgegebenen Muster – dargestellt in Listen oder auf Fotos – zusammengestellt werden.

Nur bei diesem Schritt besteht laut Roitsch die Möglichkeit, dass ein Insekt über die Klimaanlage oder Schleusen in ein Sieb gelangt.

Aber: „Knochensplitter oder eine Fliege im verpackten OP-Sieb, das darf selbst bei schlecht oder zu we- nig geschultem Personal nicht pas- sieren“, betont er.

Anschließend werden die Siebe zu einzelnen Chargen zusammen- gefasst, verpackt, etikettiert und (in der Regel) fünf Minuten bei 134 Grad Celsius und einem Druck von zwei Bar dampfsterilisiert. Danach ist eine letzte visuelle Kontrolle un- ter anderem auf Feuchtigkeit und Beschädigung erforderlich.

Aus der Ärzteschaft im Mann- heimer Universitätsklinikum heißt es, dass der zunehmende Kosten- druck einer der Hauptgründe für die

aufgetretenen Hygienemängel sei.

„Das System war zu sehr darauf ausgerichtet, sich an die Finanzie- rungsvorgaben zu halten. Dabei wurde letztendlich versäumt, auf medizinische Notwendigkeiten ein- zugehen“, erklärte ein Arzt (Name ist der Redaktion bekannt). „Die Entscheidungen wurden alle darauf ausgerichtet, dass alle Bereiche mit dem Budget zurechtkamen.“ Mann- heim stehe damit allerdings nicht alleine da. Bei sorgfältiger Prüfung würden ähnliche Missstände wohl

auch bei anderen Kliniken zutage treten, mutmaßt der Mediziner.

Nach Ansicht von Roitsch wird nicht nur an der Ausbildung ge- spart, sondern auch an der Zahl der Mitarbeiter. Außerdem werde für die Aufbereitung immer wieder Personal aus dem Reinigungsge- werbe eingesetzt, denen man einen niedrigeren Tarif zahle.

Nach Anfrage beim Bundesmi- nisterium für Gesundheit (BMG) wird derzeit geprüft, „ob und gege- benenfalls welche Möglichkeiten für eine Regelung der Ausbildung von Sterilisationsassistenten beste- hen.“ Ab Oktober 2015 wird darü- ber hinaus erstmals eine vorge- schriebene Ausbildung für Personal verlangt, das mit der Aufbereitung von Medizinprodukten mit beson- ders hohen Anforderungen an die Aufbereitung („Kritisch C“ wie zum Beispiel ERCP-Katheter) betraut ist.

Für die Aufbereitung anderer Medi- zinprodukte wird jedoch weiterhin die bestehende Regelung gelten.

Dustin Grunert

Sachgerechtes Vorbereiten (z. B.

Vorbehandeln, Sammeln, Vorreini- gen und gegebenenfalls Zerlegen) der angewendeten Medizinprodukte und deren zügigen Transport zum Ort der Aufbereitung,

Reinigung, ggf. Zwischenspülung, Desinfektion, Spülung und Trock- nung,

Prüfung auf Sauberkeit und Unver- sehrtheit (z. B. Korrosion, Material- beschaffenheit) und Entscheidung,

ob eine erneute Aufbereitung bei zahlenmäßiger Begrenzung erfor- derlich ist.

Pflege und Instandsetzung,

Funktionsprüfung und je nach Er- fordernis

Kennzeichnung

Verpacken

Sterilisation.

Die Aufbereitung endet mit der doku- mentierten Freigabe des Medizinpro- duktes zur Anwendung

EINZELSCHRITTE DER AUFBEREITUNG

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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