• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "IV. Verkehrsmedizin: 1. Ausschuß und Ständige Konferenz „Verkehrsmedizin"" (27.06.1974)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "IV. Verkehrsmedizin: 1. Ausschuß und Ständige Konferenz „Verkehrsmedizin"" (27.06.1974)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

B. Aktuelle Fragen der Gesundheitspolitik

arbeitsministerium in einer Stel- lungnahme zum Ausdruck gebracht und wird ihre Auffassung im Ver- lauf des Gesetzgebungsverfahrens weiter vertreten. Dem ansonsten mit den Novellierungsabsichten verfolgten Ziel einer weiteren Verbesserung des Gesundheits- schutzes der berufstätigen Jugend steht sie selbstverständlich sehr positiv gegenüber.

Honorierung der Untersuchungen Wenig befriedigend ist immer noch die Honorierung der ärztlichen Un- tersuchungen nach diesem Gesetz.

Im April 1965 wurde aus Anlaß des Inkrafttretens der Gebührenord- nung für Ärzte vom 18. März 1965 der Pauschbetrag für die ärztlichen Untersuchungen auf 34 DM festge- setzt und drei Jahre später wegen Befreiung der Ärzte von der Um- satzsteuer auf 32,70 DM gekürzt.

Damit ist praktisch seit sieben Jah- ren das Honorar für diese ärztli- chen Leistungen auf der damals festgelegten Höhe eingefroren. Be- mühungen der Landesärztekam- mern, bei ihren zuständigen Lan- desbehörden eine Anpassung auch der Honorare für die Jugendar- beitsschutzuntersuchungen an die allgemeine Preisentwicklung zu er- reichen, wurden von der Ständigen Konferenz der Arbeitsminister der Länder im Juni 1971 zurückgewie- sen. Die Arbeitsminister verwiesen auf die Vorschriften des Jugendar- beitsschutzgesetzes, wonach die Länder die Honorare im Rahmen der geltenden Gebührenordnungen festzulegen hätten. Solange aber die Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 nicht verändert sei, könne man auch nicht an eine Anpassung der Honorare für die Jugendarbeitsschutzuntersuchung denken.

Dieser Auffassung kann nicht ge- folgt werden. Zwar sagt das Ju- gendarbeitsschutzgesetz zur Fest- legung von Pauschgebühren, sie müßten im Rahmen der geltenden Gebührenordnungen -liegen, doch ist nicht davon die Rede, daß die Berechnung sich nur an den Min- destsätzen der Gebührenordnun- gen orientieren dürfe. Auch die in

§3 Abs. 1 der Gebührenordnung für Ärzte enthaltene Bestimmung,

wonach Ärzte, wenn Bund und Länder zahlungspflichtig für das Arzthonorar sind, Anspruch auf die Mindestsätze der Gebührenord- nung haben, ist kein zwingendes Recht. Bund und Länder können vielmehr durchaus auch oberhalb der Mindestsätze liegende Honora- re zahlen, wie das in weiten Berei- chen bereits geschieht. Beispiel- haft sei verwiesen auf die Entgelte für die ärztliche Versorgung von

IV. Verkehrsmedizin

1. Ausschuß und

Ständige Konferenz

„Verkehrsmedizin"

In Erkenntnis der wachsenden Be- deutung der Verkehrsmedizin — bedingt durch die zunehmende Mo- torisierung und das Anwachsen des Straßenverkehrs — hat die Bundesärztekammer bereits zu Be- ginn der sechziger Jahre den Aus- schuß „Verkehrsmedizin" ins Le- ben gerufen. Der Ausschuß steht kontinuierlich seit 1963 unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Kreienberg.

Im August 1966 wurde der Aus- schuß „Verkehrsmedizin" durch eine Ständige Konferenz ergänzt.

Dadurch sollen die Kammern ver- stärkt an der verkehrsmedizini- schen Arbeit der Bundesärztekam- mer mitwirken können. Dem glei- chen Ziel dient das Hinzuziehen zahlreicher Fachleute aus Ministe- rien und interessierten Organisa- tionen.

Die Bedeutung der Verkehrsmedi- zin für die Gesundheitspflege all- gemein wie für die ärztliche Be- rufsausübung im besonderen wird dadurch unterstrichen, daß ihr auf fast jedem Ärztetag Entschlie- ßungen gewidmet werden, zum Thema der Eröffnungsveranstaltun- gen wurde sie sogar auf dem 69.

Deutschen Ärztetag in Essen ge- macht. In einer Entschließung die- ses Ärztetages wurde die Öffent- lichkeit hingewiesen auf die ge- sundheitliche Belastung durch das Verkehrsgeschehen, die mögliche Einschränkung der Verkehrstüch- tigkeit durch gewisse Arzneimittel, die Beurteilung der krankheitsbe-

Polizeibeamten, für Untersuchun- gen der Helfer des Luftschutzhilfs- dienstes sowie auf die Regelungen bei Bundeswehr und Bundesgrenz- schutz. Bundesärztekammer und Landesärztekammern bemühen sich deshalb weiterhin, daß auch auf dem Gebiet der Jugendarbeits- schutzuntersuchungen die ärztli- chen Honorare an die inflationäre Preisentwicklung angepaßt wer- den.

dingten Fahruntauglichkeit und die Handhabung von Sehtests, auf technische Fragen der Unfallverhü- tung, die Erste Hilfe und auf le- bensrettende Sofortmaßnahmen bei Verkehrsunfällen sowie auf feh- lende Park- und Verkehrsregelung.

Besonders wurden auch techni- sche Probleme wie die sogenannte

„innere Sicherheit" im Kraftfahr- zeug und die Entgiftung der Auto- abgase angesprochen.

2. Notfallrettung — Notfallmedizin

Die Durchführung verschiedenster Fortbildungsveranstaltungen in Fragen der Notfallrettung und der Notfallmedizin hat nicht nur das große Interesse der Ärzteschaft an diesem umfangreichen Fragenkom- plex verdeutlicht, sondern insbe- sondere auch gezeigt, daß eine programmierte Fortbildung in der Notfallmedizin anwendbar und von großer Bedeutung ist. Das Multiple- Choice-Verfahren ermöglicht die Anwendung im großen Rahmen. So ist festzustellen, daß verkehrsmedi- zinische Themen und Probleme der Notfallbehandlung nicht nur auf in- ternationalen Fortbildungskongres- sen, sondern insbesondere auch auf regionalen Veranstaltungen der Landesärztekammern schwer- punktmäßige Behandlung erfahren.

Bei Großveranstaltungen der Landesärztekammern sind vielfach nicht nur die referierenden und fortbildungswilligen Ärzte beteiligt, sondern auch die Hilfsorganisatio- nen wie das Rote Kreuz oder die Johanniter-Unfallhilfe als auch die

1950 Sondernummer 26a vom 19. 7.1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

B. IV. Verkehrsmedizin

Feuerwehr oder freiwillige Helfer der Hilfsorganisationen. Darüber hinaus sind auch technische Ein- richtungen zu besichtigen (Ret- tungswagen, Spezialfahrzeuge, Hubschrauber usw.).

Organisation der Notfallrettung Während in der Arbeit von Aus- schuß und Ständiger Konferenz

„Verkehrsmedizin" in den zurück- liegenden Jahren zunächst Einzel- fragen gelöst und punktuelle Ver- besserungen durchgesetzt werden mußten, kann aus der Arbeit im letzten Jahr mit Befriedigung fest- gestellt werden, daß öffentlich die Bedeutung des Unfallrettungswe- sens inzwischen soweit erkannt ist, daß nun die einheitliche Gestaltung des Notfallrettungssystems insge- samt angestrebt wird.

Die öffentliche wie ärztliche Kritik am Rettungswesen besteht im we- sentlichen aus der Kritik an fehlen- den finanziellen Mitteln. Die Bereit- schaft zu aktiver Mithilfe beim Aus- bau des Unfall-Rettungswesens auf ehrenamtlicher Grundlage ist nach wie vor groß. Das westdeutsche Rettungssystem beruht derzeit in einem wesentlichen Teil auf dem Einsatz vieler freiwilliger Helfer. An deren guten Willen wie an den Be- mühungen der vielen Hilfsorganisa- tionen, die das Rettungswesen so gut wie möglich zu gestalten versu- chen, wird man nicht zweifeln kön- nen. Doch ließe sich durch ein Mehr an Koordination beim Einsatz aller Beteiligten die Wirkung noch verstärken. Vor allem auch er- scheint eine weitere Abstimmung auf Bundesebene erforderlich.

Nachdem der Komplex der Notfall- rettung und -versorgung zur öffent- lichen Aufgabe erklärt wurde, und auch im Hinblick auf die Bemühun- gen der Bundesländer, in ihren Be- reichen durch die entsprechenden Landesgesetze den Rettungsdienst auf eine hinreichende organisatori- sche Grundlage zu stellen, ist zu vermuten und zu hoffen, daß diese Maßnahmen zu einer spürbaren Ef- fizienzsteigerung führen. Bei den Beratungen der Landesrettungsge- setze sollten deshalb die ärztlichen Organisationen ebenfalls gehört werden, um zu gewährleisten, daß

eine Koordination, z. B. mit den ärztlichen Bereitschaftsdiensten und ggf. mit den Krankenhausge- setzen beachtet wird. Denn, die Rettungskette ist so stark wie ihr schwächstes Glied!

Es haben sich in der letzten Zeit spezielle Gremien konstituiert, die das Rettungswesen mit seinen Pro- blemen zu ständigen Tagesord- nungspunkten erhoben haben. Be- reits 1970 wurde dem Bundestags- ausschuß für Verkehr und das Post- und Fernmeldewesen vom Bundesverkehrsministerium eine detaillierte Darstellung der heuti- gen Situation übergeben, die im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT ver- öffentlicht wurde und die auch in einem Bundestags-Hearing zur Notfallrettung vorlag.

Eine Bestandsaufnahme ist Aus- gangspunkt von Bestrebungen, die letztlich die optimale Versorgung des Notfallpatienten zum Ziele ha- ben. Die Bundesärztekammer be- grüßt daher auch die Gründung ei- ner Ständigen Konferenz „Ret- tungswesen" beim Bundesver- kehrsministerium. Diese Institution verfolgt den Gedanken, „daß alle am Rettungswesen beteiligten Spit- zenverbände zusammen mit den zuständigen Referenten der Bun- desministerien und der Bundeslän- der, periodisch die erforderlichen Maßnahmen beraten mit dem Ziel, das Gesamtkonzept der gemeinsa- men Bemühungen Zug um Zug in die Tat umzusetzen". Die Bundes- ärztekammer war im Berichtsjahr bei den Sitzungen dieser Konfe- renz vertreten. Neben der optima- len Notfallrettung möchte die Bun- desärztekammer u. a. der verkehrs- medizinischen Prävention breiten Spielraum gewidmet wissen.

Gesetz über den

Beruf des Rettungssanitäters Für ein wirkungsvolles Rettungs- wesen sind speziell ausgebildete Sanitäter unerläßlich. Über das Be- rufsbild solcher Rettungssanitäter oder Transportsanitäter wird schon seit längerem diskutiert. Das Mini- sterium für Jugend, Familie und Gesundheit hat sich im vorigen Jahr mit dem Entwurf für die Ge-

staltung eines Berufsbildes für die- sen neuen Beruf befaßt. Der Aus- schuß „Verkehrsmedizin" der Bun- desärztekammer hat sich nicht nur bei der Vorbereitung dieses Be- rufsbildes, sondern auch aktiv in die weitere Diskussion um den Be- ruf eingeschaltet. Problematisch erschien dabei besonders die not- wendige Abgrenzung der Hilfslei- stung des Rettungssanitäters von solchen Verrichtungen, die im In- teresse des Patienten nur durch Ärzte erbracht werden können und dürfen. Dabei wurden auch die rechtlichen Gegebenheiten sorgfäl- tig geprüft und empfohlen, das Be- rufsbild des Rettungssanitäters ähnlich dem der Krankenpflegeper- sonen, bzw. unter Zugrundelegung der in der Ausbildungsordnung für Krankenpflegepersonal festgeleg- ten Grundsätze, zu gestalten. Die Ausbildung des Rettungssanitäters soll nach den derzeitigen Vorstel- lungen eine theoretische und eine praktische Grundausbildung um- fassen. Daran anschließend ist eine Prüfung vorgesehen. Der theoreti- sche Teil der Ausbildung soll ein Jahr dauern und an besonderen Schulen absolviert werden, die praktische Ausbildung soll je sechs Monate an einer Krankenanstalt und auf einer Rettungswache erfol- gen.

Die Bundesärztekammer begrüßte die Vorlage des Gesetzentwurfs grundsätzlich. Mit dem Gesetz wird eine weitere Lücke im Rettungssy- stem geschlossen. Grundsätzlich bemängelt sie jedoch die nach dem Entwurf unzureichende Ein- stufung des Rettungssanitäters.

Nach ihrer Ansicht soll mit diesem Beruf eine Aufstiegsmöglichkeit für Angehörige der Krankenpflegebe- rufe geschaffen werden, vor allem für Krankenpfleger. Die bisher vor- gelegten Einstellungsvoraussetzun- gen und der Ausbildungsstoff müß- ten daher geändert werden.

Ungelöst ist auch nach Meinung der Bundesärztekammer das Pro- blem der Finanzierung der Ausbil- dung zum Rettungssanitäter, zumal bei den Hilfsorganisationen nicht einmal die Finanzierung der Aus- bildung der ehrenamtlichen Helfer, auf die sicherlich nicht verzichtet werden kann, gesichert ist.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1951

(3)

B. IV. Verkehrsmedizin

Obwohl insbesondere vom Deut- schen Roten Kreuz auf die be- schleunigte Verabschiedung des Gesetzentwurfs gedrungen wird, ist zu vermerken, daß die parlamenta- rischen Beratungen im Ansatz steckengeblieben sind.

Verbesserung der

technischen Voraussetzungen Seitens des Bundesverkehrsmini- steriums und auch von privaten Or- ganisationen ist an die Länder und an die Bundespost die Aufforde- rung herangetragen worden, die Notrufnummer 110 für die Bundes- republik einheitlich einzuführen.

Sollte dies gelingen, so würde eine wesentliche Lücke in der „Ret- tungskette", bei der das Meldesy- stem nur ein Glied umfaßt, ge- schlossen werden. Die Vorschläge gehen dahin, den derzeitigen Poli- zeiruf mit der Nummer 110 den Vorstellungen des Bundesverkehrs- ministeriums entsprechend in ei- nen allgemeinen Notruf umzuwan- deln. Damit würde eine ständig be- setzte Notrufstelle entstehen, die sowohl Feuerwehr als auch Notarzt und Krankentransport herbeirufen könnte. Auch die immer wiederhol- te Forderung, den Notruf von öffentlichen Münzfernsprechern münzfrei einzuführen, scheint vom Bundesverkehrsministerium posi- tiv beurteilt zu werden. Entschei- dendes Hemmnis für eine baldige und effiziente Einführung eines funktionstüchtigen Meldesystems scheinen allerdings die anfallenden Kosten zu sein.

Der Ausschuß „Verkehrsmedizin"

und die Ständige Konferenz weisen immer wieder darauf hin, daß die Rettungskette dort große Lücken aufweist, wo die Rettungssysteme und Rettungseinrichtungen nicht genügend Transparenz für den Un- fallhelfer oder den Unfallgeschä- digted aufweisen. So hatten sich Ausschuß und Ständige Konferenz an die zuständigen Organisationen gewandt mit der Anregung, die Notfalleinrichtung einer Kommune bereits auf großen Hinweistafeln dem Verkehrsteilnehmer am Orts- eingang kenntlich zu machen. Die Durchführung dieser Anregung stößt aber auf große organisatori- sche und finanzielle Schwierigkei-

ten, die nur in Zusammenarbeit mit den zuständigen Verkehrsorganisa- tionen und den Kommunen und sonstigen Einrichtungen gelöst werden können.

In diesem Zusammenhang ist auch die von den Hilfsorganisationen er- hobene Forderung nach einer zen- tralen Rettungsleitstelle zu unter- stützen. Durch die zentralisierte Er- fassung und Weitergabe des Ret- tungsrufs wird die Notfallrettung wesentlich beschleunigt und damit auch verbessert.

Arztparkplätze

und Notfallbehandlung

Nicht erst der 76. Deutsche Ärzte- tag 1973 in München stellte in einer Entschließung die wichtige Forde- rung heraus, die Sicherstellung der Notfallversorgung durch spezielle Arztparkplätze zu gewährleisten, sondern bereits auf dem 74. Deut- schen Ärztetag 1971 wurde an die Verantwortlichen appelliert, durch umgehende Änderung der Straßen- verkehrsordnung, die juristisch ein- deutige Möglichkeit einer Sonder- parkerlaubnis für Ärzte in Notfallsi- tuationen zu schaffen.

Zur Zeit liegt dem Deutschen Bun- destag ein Gesetzentwurf zur Än- derung des Straßenverkehrsgeset- zes vor, in dem die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen werden sollen, u. a. stark Gehbehinderten Parkplätze in der Nähe ihrer Woh- nung und ihrer Arbeitsstätte im öf- fentlichen Verkehrsraum zur Verfü- gung zu stellen sowie diplomati- schen Vertretungen Parkplätze im öffentlichen Verkehrsraum zu schaffen.

Die Bundesärztekammer verwies die federführenden und mitberaten- den Ausschüsse auf die schon seit Jahren andauernden Bemühungen, eine bundesgesetzliche Regelung zu schaffen, die sicherstellen soll, daß die ärztliche Versorgung der Patienten auch mit zunehmender Verkehrsdichte unter verstärkten Parkschwierigkeiten erfolgen kann.

In ihrer Stellungnahme an den Ver- kehrsausschuß des Deutschen Bundestages wurde betont, daß be- sonders in den letzten Jahren der sprunghaft angestiegene Verkehr

sich nicht nur auf die reibungslose Sicherstellung der ärztlichen Ver- sorgung in Notfällen auswirkt, ins- besondere werden durch verstärk- te Parkschwierigkeiten die Ärzte dabei aufgehalten, dringende Kran- kenbesuche oder eilbedürftige Ein- griffe im Krankenhaus vorzuneh- men. Ärzte, die zu Patienten geru- fen werden, können häufig ihr Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abstellen und sind zunehmend ge- zwungen, Halte- oder Parkverbote zu übertreten. Außerdem haben Ärzte, die in städtischen Ballungs- zentren wohnen, zunehmende Schwierigkeiten, einen Abstellplatz in der Nähe ihrer Praxis zu finden, so daß insbesondere bei Notrufen längere Anmarschwege zum Pkw unumgänglich sind und damit für den Patienten gefährliche Verzöge- rungen auftreten. Die Bundesärzte- kammer verwies darauf, daß die Bemühungen von Ländern und Kommunen, in Einzelfällen zu prak- tikablen Lösungen zu kommen, zwar durchaus anerkennenswert sind. Da jedoch bundeseinheitliche Vorschriften fehlen, liegen aber derartige Regelungen im Ermes- sensspielraum lokaler Behörden und sind häufig vom Wohlwollen eines einzelnen Beamten abhängig.

Der Hinweis, daß Halte- und Park- verbote bei Vorliegen eines über- gesetzlichen Notstandes nicht be- achtet werden müssen, kann des- halb nicht befriedigen. Diese Aus- nahmeregelung stellt nämlich auf seltene Einzelfälle ab. Verstöße ge- gen Halte- und Parkverbote in Not- fallsituationen kommen jedoch an- gesichts der Verkehrssituation im- mer häufiger vor. Die Bundesärzte- kammer schlug deshalb vor, den

§ 6 Absatz 1 des Straßenverkehrsge- setzes um eine weitere Ziffer zu er- gänzen: „Die Genehmigung von Ausnahmen vom Verbot des Hal- tens und Parkens für Ärzte sowie die Einrichtung von Arztparkplät- zen zur Sicherstellung der ärztli- chen Versorgung in Notfällen".

Eine solche Ergänzung des Stra- ßenverkehrsgesetzes kann die Grundlage für Rechtsverordnun- gen schaffen, mit denen der Bun- desminister für Verkehr eine bun- deseinheitliche, befriedigende Lö- sung vorschreibt und der bisher bestehenden Rechtsunsicherheit begegnet werden kann.

1952 Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(4)

B. IV. Verkehrsmedizin

Durch die nach der vorgeschlage- nen Gesetzesänderung zu erlas- sende Rechtsverordnung können die Straßenverkehrsbehörden ver- anlaßt werden, Ärzten, die häufig dringende Krankenbesuche auszu- führen haben, eine Ausnahmege- nehmigung von der Beachtung des Verbots des Haltens und Parkens zu erteilen. Die Ausnahmegenehmi- gung könnte mit der Auflage verse- hen werden, daß der Arzt von ihr nur im Bereich seiner Praxis Ge- brauch machen darf und auch nur dann, wenn er wegen der Gefähr- dung des Lebens oder der Gesund- heit eines Patienten um sofortige ärztliche Hilfe ersucht wurde und andere Verkehrsteilnehmer durch die Inanspruchnahme der Ausnah- megenehmigung voraussichtlich nicht gefährdet werden. Die Aus- nahmegenehmigung könnte außer- dem befristet und nur bei Fortbe- stehen der Voraussetzungen ver- längert werden.

Nach Auffassung der Bundesärzte- kammer könnten mit der durch die Gesetzesänderung zu erlassenden Rechtsverordnung die Straßenbe- hörden außerdem verpflichtet wer- den, Ärzten, die regelmäßig zu dringenden Krankenbesuchen ge- rufen werden und nachweisen, daß sie für ihr dazu benötigtes Kraft- fahrzeug trotz eigener Bemühun- gen in vertretbarer Nähe ihrer Pra- xis keine Abstellmöglichkeiten in Garagen, Parkhäusern oder Park- plätzen finden, Parkgenehmigung für besonders bestimmte und ge- kennzeichnete Arztparkplätze zu schaffen. Auch diese Genehmigung könnte befristet werden und nur bei Fortbestehen der Vorausset- zungen verlängert werden.

Bei Redaktionsschluß dieses Be- richts waren die Beratungen des Parlaments und in den mitbe- teiligten Fachausschüssen noch nicht beendet. Aus den Rückäuße- rungen auf die Stellungnahme der Bundesärztekammer ist aber zu schließen, daß Bereitschaft be- steht, dem Anliegen der Ärzteschaft Rechnung zu tragen.

Erste-Hilfe-Broschüren

Broschüren über „Erste ärztliche Hilfe" und „Sofortmaßnahmen am

Unfallort" sowie einheitliche Emp- fehlungen für die „Erste ärztliche Notfallhilfe" sind schon vor Jahren von Ausschuß und Ständiger Kon- ferenz „Verkehrsmedizin" in der Broschüre über „Erste ärztliche Hilfe am Unfallort" vorgelegt wor- den. Eine überarbeitete Neuauflage unter dem Titel „Erste ärztliche Hilfe bei Notfallpatienten" konnte im Jahre 1970, dank einer großzü- gigen Unterstützung des Bundes- verkehrsministeriums, breit an den ärztlichen Nachwuchs verteilt wer- den.

Im Berichtsjahr erfolgte eine Über- arbeitung dieses Leitfadens, wobei es sich als sinnvoll und praktisch erwies, die kurzgefaßte Form der Unterweisung beizubehalten. Die Anregung, das Konzept einer Not- fallbroschüre auch auf die sonsti- gen, wenn auch nicht so häufigen Notfallsituationen auszudehnen, muß in einem anderen, größeren Rahmen Realisierung erfahren. Im Zuge der verkehrsmedizinischen Arbeit im Berichtsjahr befaßten sich die Experten des Ausschusses auch gutachtlich mit Änderungen oder Neuauflagen von Broschüren der Hilfsorganisationen.

In diesem Zusammenhang muß auch auf Initiativen der Bundesärz- tekammer verwiesen werden, eine Normung des Mindestinhalts von Arztkoffern durchzusetzen.

Notfallausweis

Noch immer sind leider viel zu vie- le unterschiedliche „Notfallauswei- se", „Risikokarteien" o. ä. auf dem Markt. Letztlich zum Schaden ver- letzter Menschen, da durch die Vielzahl der Ausweise, die häufig nicht alle erforderlichen Angaben enthalten und deren Vielfalt verwir- rend wirkt, die notwendige, zuver- lässige und rasche Unterrichtung in Notfallsituationen behindert wird. Das veranlaßte den Ausschuß und die Ständige Konferenz „Ver- kehrsmedizin" seit der Konzeption des Notfallausweises der Bundes- ärztekammer, sich wiederholt und verstärkt mit diesem Problem zu befassen. Neue Überlegungen kön- nen sich aus dem vorgeschlagenen Einsatz von Personenkennkarten

und Personenkennzahlen ergeben, die von der Bundesregierung in Aussicht gestellt worden sind.

In diesem Zusammenhang sind auch die Bestrebungen des Bun- desministeriums für Jugend, Fami- lie und Gesundheit zu erwähnen, einen bundeseinheitlichen Notfall- ausweis zu schaffen. Dem Aus- schuß „Verkehrsmedizin" der Bun- desärztekammer wurde vom Bun- desgesundheitsministerium der Entwurf zur Stellungnahme zuge- leitet. Außer durch das Format — Personalausweisgröße — unter- scheidet sich der Notfallausweis des Ministeriums nicht wesentlich vom Notfallausweis der deutschen Ärzteschaft, der bekanntlich in ei- nem Gremium entstanden ist, dem erfahrene Verkehrsmediziner ange- hören.

3. Verkehrssicherheit und Arzneimittel

Das bereits 1964 von der Bundes- ärztekammer durch ihren Aus- schuß „Verkehrsmedizin" gestaltete Merkblatt über die „Einschränkung der Verkehrstauglichkeit durch Arzneimittel" enthält eine Zusam- menstellung von Arzneimittelgrup- pen, die eine die Verkehrstüchtig- keit beeinflussende Wirkung auf- weisen oder aber unter bestimmten Umständen, z. B. bei einer Kombi- nation von Arzneimitteln und Alko- hol, einschränkende Wirkung auf die Verkehrstüchtigkeit haben kön- nen.

In der Öffentlichkeit wurden nun Forderungen laut, nicht nur diese Arzneimittelgruppen bekanntzuge- ben, sondern eine genaue Stoffliste in Frage kommender Arzneimittel aufzustellen, in der die Handelsna- men von Arzneispezialitäten ge- nannt werden sollten. Außerdem wurden auch Vorschläge laut, die- se Arzneimittel durch Aufdrucke besonderer Symbole auf der Pak- kung zu kennzeichnen. Der Aus- schuß „Verkehrsmedizin" dagegen empfahl den Pharmafirmen, bei solchen Arzneimitteln, die die Ver- kehrstauglichkeit beeinträchtigen können, auf den Beipackzetteln deutliche Warnhinweise anzubrin-

DEUTSCHES ARZTEBLATT Sondernummer 26a vom 19. 7. 1974 1953

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Vilmar eine positive Bilanz nicht nur der drei Jahre deutscher Präsidentschaft, sondern überhaupt der Arbeiten des Ständigen Ausschusses seit seiner Gründung durch die

Der im Juni 1984 vom Bundes- minister für Arbeit und Sozial- ordnung vorgelegte Referenten- entwurf berücksichtigte zwar nicht den grundlegenden Ansatz des Thesenpapiers, daß die

In allen anderen Fällen, in denen ärztliche Entscheidung (Handeln oder auch „nur" Bera- tung und Verordnung) zu einer Be- einträchtigung der Fahrtauglichkeit geführt hat,

kunft werden Praxisrationalisie- rungsmaßnahmen nur in gerin- gem Umfang genannt: jeder siebte Arzt für Allgemeinmedizin/Prakti- scher Arzt und Internist und jeder

„Zur Arztgruppe der Chirurgen gehören die Fachärzte für Chirurgie, die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, die Fachärzte für Kinderchirurgie, die Fach- ärzte für

Als Ausweg sieht die FDP-Politike- rin — ähnlich wie die niederländi- sche Regierung heute — „eine Pflegeversicherung mit einer ho- hen Selbstbeteiligung, zum Bei- spiel

In fünf Fällen konnte gezeigt werden, dass nach Absetzen des NSAD der Lithium- spiegel zu seinem Ausgangswert zurück- kehrte, sodass die Behandlung mit der ur- sprünglichen

Bei individuellen Risikokonstellatio- nen (Alter, Multimorbidität, gastroin- testinalen Blutungen in der Anamnese), zusätzlicher Selbstmedikation mit NSAR, der Einnahme