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Archiv "Der plötzliche Kindstod (SIDS): Schlußwort" (10.09.1987)

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Pharyngo-Tracheitis in verrauchten Räumen angetroffen, einmal auch einen toten Säugling vorgefunden.

Es muß angenommen werden, daß Säuglinge durch Nikotin- und Rauchvergiftung schwerste Schäden davontragen können. Auch als To- desursache muß man eine solche dis- kutieren.

Dr. med . Theodor Breuninger 7032 Sindelfingen

Schlußwort

Die Erfahrungen von Herrn Professor Dr. Güttich, daß der plötzliche Kindstod auch in Familien auftritt, die der „gehobenen" Ge- sellschaftsklasse zugehören, sind si- cher unstreitig. Andererseits zeigte sich bei den eigenen untersuchten Kindstodfällen, daß Kinder aus Fa- milien mit niedrigem sozio-ökono- mischem Standard unverhältnismä- ßig häufiger zur Untersuchung ge- langten. Ob dies unter anderem auch dadurch bedingt ist, daß sich Ärzte bei der Leichenschau in sol- chen Fällen wegen des ungünstigen Milieus kritischer einstellen, einen natürlichen Tod zu bescheinigen, läßt sich aus der allgemeinen Todes- ursachenstatistik nicht eruieren.

Daß bei autoptischen Untersu- chungen keine eindeutige Todesur- sache bei SIDS-Kindern gefunden wird, hängt von folgenden Kriterien ab:

a) vom jeweiligen Umfang der mor- phologischen Diagnostik,

b) von der bekannten Problematik, daß Todesursachen nicht immer nur rein morphologisch definiert, son- dern im Sinne einer funktionellen Pathomorphologie gedeutet werden sollten,

c) gerade im Säuglingsalter gelten andere pathophysiologische Bewer- tungskriterien als etwa im Erwachse- nenalter.

Aus diesen Kriterien können subjektiv bedingte unterschiedliche Wertmaßstäbe resultieren.

Man kann plötzliche Kindsto- desfälle nicht mit jenen Reflextodes- fälle -1 vergleichen, die im Rahmen diagnostischer und/oder operativer

Maßnahmen im Bereich des Kehl- kopfes akut sterben. Bei letzteren muß man vermuten, daß mechanisch gesetzte Vagusirritationen einen re- flektorischen Herzstillstand auslö- sen, vergleichbar mit den sogenann- ten Bolustodesfällen. Die autopti- schen Befunde bei SIDS-Fällen wie interstitielles und alveoläres Lun- genödem, Hirnödem, subseröse Hä- morrhagien, Parenchymveränderun- gen der Leber sowie frühe Schock- zeichen sprechen gegen einen sehr kurzfristigen reflexartigen Sterbe- vorgang.

Ein Vergleich der Infektions- beziehungsweise Ente ropathiefre- quenz zwischen SIDS-Fällen und le- benden altersgleichen Kindern kann sicher interessante Parallelen auf- decken. Es erscheint mir zweifel- haft, ob man daraus prinzipiell ablei- ten kann, daß respiratorische Infek- te oder Enteropathien für den plötz- lichen Kindstod keinerlei Bedeutung haben. Jeder ärztlich Tätige weiß, wie unterschiedlich intensiv die Symptomatologie und die pathophy- siologischen Auswirkungen einer Erkrankung unter Berücksichtigung der jeweiligen Disposition sein kön- nen; das gilt sowohl für Erwachsene, insbesondere aber für das frühe Säuglingsalter. Gerade bei virusbe- dingten oder bakteriell ausgelösten Infekten kennt man die Abhängig- keit der krankheitswertigen Folgen vom Erregertyp beziehungsweise ei- ner adäquaten oder nicht adäquaten zellulär gebundenen beziehungswei- se humoralen immunologischen Re- aktionsform, man denke diesbezüg- lich nur beispielhaft an das Water- house-Friderichsen-Syndrom oder die Epiglottitis phlegmonosa acutis- sima. Wie begrenzt erscheinen kli- nisch-diagnostische Möglichkeiten, um einen solchen foudroyanten Ver- lauf vorauszusehen!

Unser Gesundheitssystem ver- ursacht hohe Kosten unter anderem für sogenannte Vorsorgeuntersu- chungen im Rahmen der Krebsfrüh- erkennung. Mir erscheint das Argu- ment von Herrn Professor Güttich nicht genügend stichhaltig, eine vor- geschlagene Präventivstrategie nur unter Kostengesichtspunkten für in- effizient zu halten, wenn die Chance besteht, die Frequenz plötzlicher

Säuglingstodesfälle zu reduzieren.

Die von ihm vertretene Meinung reflektiert die Einstellung der letz- ten Jahrzehnte, SIDS-Fälle wegen ihrer Unvorhersehbarkeit und bis- lang nicht optimal aufgeklärten Ätiologie beziehungsweise Pathoge- nese schicksalhaft hinzunehmen.

Daß Präventivkonzepte erfolgreich sein können, läßt sich durch entspre- chende Erfahrungen in England be- legen.

Herr Dr. Breuninger und Herr Dr. Baur seien hingewiesen auf sehr umfangreiche Eigenuntersuchungen bezüglich etwaiger Zusammenhänge zwischen schädigenden Umweltein- flüssen und plötzlichem Kindstod, über die in Kürze in der Zeitschrift Wissenschaft und Umwelt berichtet wird. Seit der Jahrhundertwende ist bekannt, daß Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege bei ungünstiger Witterung und in Regio- nen mit erhöhter Luftverunreini- gung gehäuft auftreten. Die von Hoppenbrouwers et al. (1981) vor- gestellten Untersuchungen sind un- ter wissenschaftlichen umwelthygie- nischen Kriterien nicht aussagefähig genug, da unter anderem der An- stieg der SIDS-Frequenz sieben Wo- chen nach hohen Belastungen zur Grundlage einer retrospektiven Deutung gemacht wird.

Leider stehen bislang keine ge- eigneten Analysemethoden zur Ver- fügung, um bei SIDS-Fällen post- mortal eine präfinale Inhalation sub- toxischer NO 2- und SO 2-haltiger Atemluftkonzentrationen nachzu- weisen. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Hygiene und Arbeitsme- dizin der RWTH-Aachen (Vorstand Prof. Dr. H. Einbrodt) wurden in den letzten zwei Jahren 54 autop- tisch von uns untersuchte SIDS-Fäl- le und zwei altersgleiche Kontrollfäl- le einer umfangreichen chemisch-to- xikologischen Untersuchung unter systematisierten Bedingungen unter- zogen. Es wurden die Konzentratio- nen von Arsen, Blei, Kadmium, Quecksilber und Pentachlorphenol in Gehirn, Lunge, Leber, Muskel und Rippe bestimmt, ferner im Blut der Kohlenmonoxyd-Hämoglobin- gehalt. Außerdem erstreckte sich die Untersuchung der Organe auf andere Noxen, zum Beispiel Medi- Dt. Ärztebl. 84, Heft 37, 10. September 1987 (51) A-2389

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Disseminierte

Gonokokkeninfektionen werden häufig übersehen

kamente. Diese Analysen wurden durch eine von uns seit vielen Jahren praktizierte intensive morphologi- sche und mikrobiologische Diagno- stik ergänzt, es können daher nur die wesentlichen Ergebnisse refe- riert werden.

Trotz variierender, teils stark streuender Meßwerte lagen sowohl die gemessenen Extremwerte als auch die arithmetischen Mittelwerte und die Medianwerte bezüglich der toxischen Metalle Arsen, Blei, Kad- mium, Quecksilber wie auch für Pentachlorphenol und COHb und auch für andere organische Noxen im sicher subtoxischen Bereich.

Zwischen SIDS-Fällen aus länd- lichem oder städtischem Milieu konnten keine auffälligen Unter- schiede für die nachgewiesenen Schadstoffe festgestellt werden. Die morphologische Diagnostik ergab bei 47 von 54 SIDS-Fällen den Nach- weis teils herdförmiger, teils diffuser Entzündungsprozesse in den oberen und/oder unteren Atemwegen. Be- sonders wurde wegen der Diskus- sion bezüglich des Krupp-Syndroms auf eine Laryngitis geachtet. Diese konnte bei 17 SIDS-Fällen in herd- förmiger Ausprägung, meist in Kombination mit Infekten des obe- ren beziehungsweise unteren re- spiratorischen Systems nachgewie- sen werden. Es ergaben sich ferner keine Korrelationen zwischen je- weils nachgewiesenen ausgedehnten respiratorischen Infekten und höhe- ren Metall-, PCP- oder COHb-Kon- zentrationen.

Bei SIDS-Fällen lassen sich so- mit bislang keine sicheren Zusam- menhänge zu den postmortal nach- gewiesenen toxisch wirksamen Schadstoffgruppen erkennen. Man könnte sich vorstellen, daß durch Bestimmungen eines aktuellen Luft- schadstoffgehaltes oder meteorolo- gischer Daten zur Zeit eines SIDS- Falles weitere Erkenntnisse zu ge- winnen sind.

Prof. Dr. med. Helmut Althoff Vorstand der Abteilung

Rechtsmedizin der RWTH Aachen Neuklinikum Pauwelsstraße

5100 Aachen

Zu dem Beitrag

von Dr. med. Michael Florack und Professor Dr. med.

Gerd Plewig in Heft 44/1986, Seiten 3023 bis 3026

Orale Gonorrhö

Die Lektüre der Arbeit der Kol- legen Florack und Plewig veranlaßt zu folgenden Ergänzungen:

Die orale Manifestation der Go- norrhö zeigt an der Schleimhaut sehr ähnliche Bilder, wie sie an der äuße- ren Haut gefunden werden. Bei der oralen Gonorrhö treten die Efflores- zenzen im gesamten Schleimhautbe-

Abbildung 1: Gingivale Schleimhautläsion bei Gonorrhö

reich auf, wobei man häufig sponta- ne Remissionen der Schleimhauter- scheinungen beobachten kann. Nach mitunter längerer Latenzzeit kann es zu Rezidiven an anderen Stellen im Mund-Rachenbereich kommen (Ab- bildung 1, Abbildung 2 [auf der fol- genden Seite]). Beim Patienten liegt kein sehr ausgeprägtes Krankheits- gefühl vor. Rezidivierende Fieber- schübe oder Arthralgien, wie sie bei der disseminierten Gonokokken- infektion vorkommen, haben wir nicht beobachtet.

Die Schleimhautveränderungen können Gingivitiden nachahmen, so daß eine Diagnose allein aufgrund der Morphologie der Schleimhaut- veränderungen nicht möglich ist.

Die Problematik der Diagnostik, auf die in dem Artikel ausführlich hinge- wiesen wird, läßt sich nur unterstrei- chen: Keine Routineserologie und kein Routineabstrich können weiter- helfen, wenn nicht gezielt die Frage nach einer Infektion mit Neisseria gonorrhoea an das untersuchende Labor gestellt wird. Allein subtile Probenentnahmen und rascher Transport können die erfolgreiche Anzüchtung der Gonokokken auf dem Spezialmedium ermöglichen.

Als Screening-Methode hat sich die Komplement-Bindungs-Reak- tion auf Gonokokkenantigene als hilfreich erwiesen. Ein erhöhter Ti- tel kann allerdings nur insofern ver- wertet werden, als er eine' weitere sorgfältige Diagnostik nach sich zie- hen muß.

Dr. med. Dr. med. dent.

Joachim Lachner

Prof. Dr. med. Dr. med. dent.

Herbert Niederdellmann

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Regensburg Universitätsstraße 31 8400 Regensburg A-2390 (52) Dt. Ärztebl. 84, Heft 37, 10. September 1987

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