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Donnerstag (Vormittag), 20. März 2014 Polizei- und Militärdirektion 40 2013.1194 Interpellation 249-2013 Sancar (Bern, Grüne) Auf welche gesetzliche Grundlage stützt sich der Internetpranger der Kantonspolizei?

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Sitzungstitel7 2013.1194 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Donnerstag (Vormittag), 20. März 2014

Polizei- und Militärdirektion

40 2013.1194 Interpellation 249-2013 Sancar (Bern, Grüne)

Auf welche gesetzliche Grundlage stützt sich der Internetpranger der Kantonspolizei?

Parlamentarischer Vorstoss. Antwort des Regierungsrates

Vorstoss-Nr.: 249-2013 Vorstossart: Interpellation Richtlinienmotion:

Geschäftsnummer: 2013.1194 Eingereicht am: 05.09.2013 Fraktionsvorstoss: Nein Kommissionsvorstoss: Nein

Eingereicht von: Sancar (Bern, Grüne) (Sprecher/in)

Weitere Unterschriften: 0 Dringlichkeit verlangt: Nein

Dringlichkeit gewährt:

RRB-Nr.: 93/2014 vom 17. März 201429.01.2014 Direktion: Polizei- und Militärdirektion

Klassifizierung: Nicht klassifiziert

Auf welche gesetzliche Grundlage stützt sich der Internetpranger der Kantonspolizei?

Nach den Ausschreitungen anlässlich der Veranstaltung «Tanz dich frei» im Mai 2013 riefen der Gemeinderat der Stadt Bern und die Kantonspolizei dazu auf, privates Bild- und Videomaterial den Behörden zur Verfügung zu stellen. Was mit den Bildern geschehen würde, war zu diesem Zeitpunkt unklar.

Anschliessend, zwischen dem 17. Juni und dem 12. Juli 2013 veröffentlichte die Kantonspolizei Bern Fotos von verschiedenen Personen auf ihrer Homepage. Es sollen Fotos von Randalierern der Tanz-dich-frei-Veranstaltung vom 25. Mai gewesen sein. Die Kantonspolizei bat die Bevölke- rung um Hinweise zur Identifikation der abgebildeten Personen und verteidigte den Internet- Pranger gegenüber der Öffentlichkeit als unverzichtbares Mittel der Strafverfolgung. Auch wenn der Interpellant selbstverständlich damit einverstanden ist, dass Sachbeschädigungen strafrecht- lich verfolgt werden, scheint der Einsatz eines Internet-Prangers fragwürdig. Datenschutzbeauf- tragte aus der ganzen Schweiz kritisierten dieses Vorgehen und sagten richtigerweise, dass da- für die gesetzliche Grundlage fehlt

Internet-Pranger sind fragwürdig, weil sie eine weltweite, faktisch nicht zurückzunehmende Verbreitung von Personendaten bedeuten. Die Verdächtigung und soziale Abstrafung von Un- schuldigen wird in Kauf genommen. Damit wird das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsver- mutung klar verletzt. Die Folgen für die Betroffenen können gravierend sein, ob schuldig oder unschuldig.

Die Behauptung, die ins Internet gestellten Bilder würden umgehend wieder entfernt, wenn zum Beispiel der Fahndungserfolg eintritt oder irrtümlich die falschen Personen gesucht worden sind, ist nicht nur naiv, sie ist auch eine Augenwischerei.

Ich bitte den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

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Kanton Bern

Letzte Bearbeitung: 16.10.2013 / Version: 22 / Dok.-Nr.: 78195 / Geschäftsnummer: 2013.1194??Seite 2 von 3 Nicht klassifiziert

1. Auf welche gesetzlichen Grundlagen stützten sich die kantonalen Behörden bei den oben er- wähnten Internetprangern?

2. Wie viele Bilder hat die Police Bern auf Internet gestellt? Wie viele kamen aus der Bevölke- rung? Waren die Personen, die Bildmaterial einschickten/hochluden darüber informiert, dass die Bilder öffentlich gemacht werden?

3. Wie hat sich die Kantonsbehörde abgesichert, dass diese Bilder effektiv die Randalierer dar- stellten?

4. Wieso wurden die Fotos direkt vollständig veröffentlich, statt ein zweistufiges Verfahren zu machen wie z. B. in Zürich?

5. Wie viele Verdächtige haben die Berner Behörden auf diese Weise identifizieren können und wie viele davon effektiv auch ausfindig gemacht? Wie viele davon erhielten einen Strafbefehl?

6. Gab es auf dem Internetpranger auch unschuldige Teilnehmende und wie viele? Wie gehen die Behörden in solchen Fällen vor? Welche Möglichkeiten hat eine unschuldige Person, ge- gen diese Vorverurteilung vorzugehen?

7. Wie viel Ressourcen braucht die Polizei zusätzlich, um diese Information überhaupt zu verar- beiten? Auf Kosten welcher anderen Dienstleistungen wird dies gemacht?

8. Ist der Regierungsrat bereit, künftig dieses Instrument nur äusserst rigoros anzuwenden resp.

nur dann, wenn tatsächlich und erwiesenermassen alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und nur in Fällen, wo es um schwerste Gefährdung von Leib und Leben geht und nur wenn ein richterlicher Beschluss dazu vorliegt?

Antwort des Regierungsrats

Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass Personendaten gemäss den Datenschutzrichtlinien zu schützen sind. Bei der Internetfahndung wie derjenigen der Kantonspolizei Bern zur Strafverfol- gung im Rahmen der Veranstaltung «Tanz dich frei» müssen deshalb zahlreiche Vorüberlegun- gen angestellt werden. Die Strafverfolgungsbehörden im Kanton Bern sind sich der Problematik der Veröffentlichung von Bildern im Internet durchaus bewusst. Deshalb wird dieses Instrument nur in Ausnahmesituationen eingesetzt. Die Veröffentlichung der Bilder im Zusammenhang mit der Veranstaltung «Tanz dich frei» erfolgte im Auftrag und in Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Die Aussage des Interpellanten, dass die Behörden über die Verwendung des privaten Bild- und Videomaterials nicht informierten, weist der Regierungsrat entschieden zurück. Beim Zeugenauf- ruf vom 27. Mai 2013 (einsehbar unter www.police.be.ch) ging klar hervor, dass das eingereichte Bildmaterial im Rahmen der Strafverfolgung verwertet wird.

Die Ahndung von begangenen Straftaten (gerichtspolizeiliche Tätigkeit) ist die Hauptaufgabe der Strafverfolgungsbehörden. Die dafür notwendigen Mittel, so auch der Einbezug der Öffentlichkeit, werden in der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) abschliessend definiert. Aufgrund der Wichtigkeit dieser Aufgabe sieht die StPO eigene Daten- schutzbestimmungen vor. Dies hat zur Folge, dass die einschlägigen kantonalen Datenschutz- gesetze in diesem Bereich keine Anwendung finden. Zudem ist es nicht Sinn und Zweck des Datenschutzes, mutmassliche Täter der Strafverfolgung durch die dafür zuständigen Behörden zu entziehen.

Zu Frage 1

Im Rahmen der Gerichtspolizei sind die Massnahmen, welche zur Aufklärung von begangenen Delikten ergriffen werden können, durch die StPO abschliessend definiert. So wird der Beizug der Öffentlichkeit in Art. 74 StPO vorgesehen und geregelt.

Zu Frage 2

Wie in den Medienmitteilungen der Kantonspolizei Bern sowie den Medien zu entnehmen ist, wurden insgesamt 93 Bilder veröffentlicht, welche 49 Personen zeigen. Die Öffentlichkeit wurde von Beginn an über die Verwendung des Bild- und Videomaterials orientiert.

Mit der Verfügung zur Anordnung der Internetfahndung wurde der Wahrung der Unschuldsver- mutung und der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sowie der Frage der Verhältnismässigkeit

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Kanton Bern

Letzte Bearbeitung: 16.10.2013 / Version: 22 / Dok.-Nr.: 78195 / Geschäftsnummer: 2013.1194??Seite 3 von 3 Nicht klassifiziert

die gebotene Beachtung geschenkt.

Zu Frage 3, 4 und 6

Gemäss dem Auftrag, unbekannte Täter zu ermitteln, wurde nur Bild- und Videomaterial veröf- fentlicht, welches Personen bei der effektiven Begehung von Straftaten zeigen, bzw. bei welchen die effektive Begehung von Straftaten durch die Gesamtheit der Bildnachweise belegt ist.

Die Art und Weise der Veröffentlichung wird jeweils im Einzelfall durch die Staatsanwaltschaft festgelegt. Vorliegend wurde die Veröffentlichung der Bilder frühzeitig über die Medien in Aus- sicht gestellt. Damit ergab sich die Möglichkeit, dass sich betroffene Personen bei der Kantons- polizei Bern melden und dadurch eine Publikation generell verhindern konnten. Jede betroffene Person konnte folglich frühzeitig gegen eine Publikation «ihrer» Bilder vorgehen.

Zu Frage 5

Durch die Internetfahndung allein konnten zwölf mutmassliche Täter identifiziert werden. Dies wurde bereits in der Medienmitteilung der Kantonspolizei Bern und der Staatsanwaltschaft Bern- Mittelland vom 11. Juli 2013 kommuniziert. Ob und wie diese Personen durch die Justiz zur Re- chenschaft gezogen werden, ist Sache eines laufenden Verfahrens. Zum jetzigen Zeitpunkt sind deshalb keine Detailangaben möglich.

Zu Frage 7

Der Aufwand der Ermittlungstätigkeit im Rahmen der Veranstaltung «Tanz dich frei» wurde nicht separat erfasst. Er ist Bestandteil der ordentlichen Ermittlungstätigkeiten.

Zu Frage 8

Wie bereits erwähnt, muss eine Fahndung über das Internet durch die Staatsanwaltschaft ange- ordnet werden. Aufgrund der Gewaltentrennung hat der Regierungsrat nicht die Kompetenz, um Vorgaben und Rahmenbedingungen zu Internetfahndungen zu erlassen.

Präsident. Der Interpellant ist von der Antwort des Regierungsrats nicht befriedigt und gibt eine Erklärung ab.

Hasim Sancar, Bern (Grüne). Ich finde die Antwort des Regierungsrats nicht befriedigend. Sie ist unprofessionell und mangelhaft. In seiner Antwort geht der Regierungsrat weder auf die Empfehlungen der Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz noch auf die Kritik des Datenschutzbeauftragten am Internetpranger und an der Veröffentlichung von Fotos im Internet ein.

Und das ist ja wirklich erstaunlich. Denn gerade diese in zahlreichen Medien zitierte Kritik des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten trifft ziemlich genau auf das Vorgehen des Regierungsrats in dieser Sache zu. Dieser weiss nichts besseres als einfach wegzuschauen und auszublenden, anstatt sich gewissenhaft damit zu beschäftigen und dem Grossrat entsprechend Rede und Antwort zu stehen. Er versucht sein Vorgehen betreffend Internetpranger noch zu rechtfertigen, anstatt Korrekturen vorzunehmen und sich um Verbesserungsmöglichkeiten für eine zukunftsgerichtete Strategie zu bemühen. Dieses Vorgehen können wir nicht akzeptieren, denn letztlich werden damit auch die Grundrechte verletzt.

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