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Hans Peter Aubauer: Kommentar zu Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 13/2009 "Nachhaltiges Wachstum?" (30.10.2009)

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Hans Peter Aubauer: Kommentar zu Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 13/2009

"Nachhaltiges Wachstum?" (30.10.2009)

Sehr geehrte Damen und Herrn,

für die Zusendung des Heftes „Wissenschaft & Umwelt INTERDISZIPLINÄR 13“ mit dem Titel „Nachhaltiges Wachstum?“ möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich bedanken, auch weil sie eine didaktisch perfekt aufbereitete und optisch vorbildlich dargestellte

Zusammenstellung kurzer Beiträge aller jener Ökonomen darstellt, die zu diesem Thema einen Namen haben. Dennoch verblasste die anfängliche Begeisterung bei der Lektüre der Texte immer mehr:

Nur sehr wenige Beiträge stellen sich dem Thema „Nachhaltiges Wachstum?“, d. h. der hochaktuellen Herausforderung, vor dem Hintergrund einer (allein schon durch das internationale 20-C-Ziel [1]) naturwissenschaftlich notwendigen sehr starken jährlichen Reduktion des Ressourcendurchsatzes[2] möglichst viel Wohlbefinden, Wohlstand und Sozialprodukt zu schaffen. In der Literatur finden sich längst Instrumentarien, um auch Reduktionen weit über 10%/a mit minimaler Beeinträchtigung des Sozialproduktes zu

verbinden, so etwa Daly etc. [3] [4], leider ohne irgendeine Berücksichtigung im Heft. Wieder zeigt sich, dass eine Wiederholung „altbewährter“ aber inzwischen (wegen der absoluten Notwendigkeit zu drastischer Ressourcendurchsatzreduktion) zu Ladenhütern gewordenen Argumenten der inhaltlich völlig erstarrten und realitätsfernen „Umweltökonomie“ durch Ökonomen, ohne Kooperation mit Umwelt-Naturwissenschaftlern die Diskussion nicht belebt, sondern vernebelt.

Zu den fünf Fragen:

1) Ist unbegrenztes Wachstum möglich und sinnvoll?

Naturwissenschaftlich ist ein unbegrenztes Wachstum des Ressourcendurchsatzes ganz sicherlich unmöglich, so dass sich die Sinnfrage nicht stellt. Ebenso wenig kann die

Ressourcenproduktivität unbegrenzt angehoben werden, wobei gegenwärtig mit Erfolg alles unternommen wird, um sie zu senken. Unbegrenztes Wirtschaftswachstum ist daher nicht möglich und kann daher weder sinnvoll noch sinnlos sein.

2) Kann qualitatives Wachstum „die Lösung“ sein?

Vermutlich wird es notwendig den Ressourcendurchsatz (etwa als „Ökologischer Fußabdruck“ gemessen) zumindest in den Industrieländern um weit mehr als 10%/a zu verringern. (Laut Meinshausen - siehe Abb. - könnten wir beispielsweise in

Reduktionsnotwendigkeiten der Treibhausgasemissionen von 22,6%/a schlittern, um das 20- C-Ziel zu erreichen). Möglichst große Steigerungen der Ressourcenproduktivität (die die Abnahme des Ressourcendurchsatzes überkompensieren und daher qualitatives Wachstum bringen) sollten mit aller Kraft angestrebt werden, unabhängig davon, ob dies gelingt oder nicht.

(2)

Notwendige jährliche Reduktionsraten zur Erreichung des Ziels der Halbierung der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Trendwende hin zu abnehmenden Weltemissionen. Je später die Emissionsspitze erreicht wird, desto höher müssen die jährlichen Reduktionsraten bei den Treibhausgasen (gerechnet in CO2 -Äquivalenten) sein.

Quelle: Nature, M. Meinshausen et al. (2009)

3) Welche Folgen hätte eine Wirtschaft ohne Wachstum?

Die Frage ist irreführend, weil sie den Zeitaspekt ignoriert. Jedes Wachstum, das (wie gegenwärtig) die natürliche Ressourcen-Basis eines zukünftigen Sozialproduktes (und erst recht Wohlbefindens) untergräbt, ist verantwortungslos. Dies bestätigt auch die Hoffnung gebende Vision einer „Steady-State-Economy“ von Daly, wie sie im Beitrag von B. Czech und H. E. Daly (Seiten 115 ff) beschrieben wird.

4) Kann die Gesellschaft auf Wachstum verzichten?

Die Gesellschaft wird da von der Natur ganz einfach nicht gefragt. Die Gesellschaft wird schlicht auf Wachstum verzichten müssen, vor allem wenn sie so weiter macht (siehe vorherige Antwort).

5) Gibt es gangbare Wege zur nachhaltigen Wirtschaft?

Die einzig vernünftige Frage! Sicherlich, etwa der im Beitrag von J. Grahl und R. Kümmel beschriebene (Seiten 195ff). Übrigens, eine nachhaltige und daher sehr ressourceneffiziente Wirtschaft wird nicht mit wenig Einsatz von Arbeit und Wissen auskommen.

Mit der untertänigsten Bitte um Verzeihung für den besonders in Österreich abscheulichen Tabubruch einer offenen Meinungsäußerung

und dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung Hans Peter Aubauer

(3)

Anmerkungen:

1 Eine Begrenzung des Anstiegs der Erdmitteltemperatur auf 20 C im Vergleich zur vorindustriellen Periode, beschlossen am „G-8 Gipfel“ in L’Aquila am 14. Juli 2009.

2 Entnahme der Ressourcen mit niedriger Entropie aus der Natur und ihre Rückgabe mit hoher Entropie an sie in der Form von Schadstoffen, Abfall und Abwärme.

3 Hermann E. Daly, Allocation, distribution, and scale: towards an economics that is efficient just, and sustainable, Ecological Economics 6 (1992), pp. 185–193

4 Hans P. Aubauer: “A just and efficient reduction of resource throughput to optimum” Ecological Economics 58 (2006) 637– 649

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