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Archiv "Altenhilfestrukturen der Zukunft: Große Bereitschaft zur freiwilligen Hilfe" (16.08.2002)

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urch den medizinischen Fortschritt nimmt die Lebenserwartung gera- de auch im Alter weiter zu. Die Zahl der Hochbetagten über 80 Jahre hat sich nach Angaben der Sachverständi- genkommission für den Vierten Altenbe- richt der Bundesregierung seit 1970 na- hezu verdoppelt. Berechnungen zufolge werden im Jahr 2020 in Deutschland 5,1 Millionen sehr alte Menschen leben. Da- mit steigt auch das Risiko, an Demenz zu erkranken: 1,5 Millionen Demenzkranke im Jahr 2030 nach einer Berechnung von Bickel. Zurzeit werden die

meisten Demenzkranken zu Hause von Angehörigen, in der Regel Frauen, gepflegt.

Dass die familiäre Pflege auch in der Zukunft funktioniert, wird oft bezweifelt. Die Grün- de liegen in der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen, sinkenden Geburtenraten und der Auflösung traditioneller Familienstrukturen.

In der professionellen Pfle- ge demenziell Erkrankter wur- den in den letzten Jahrzehn- ten viele Konzepte zur idea- len Betreuung, von anregen-

den Wohnformen über Musiktherapie bis zu sensorischen Anregungen, ent- wickelt.Auch wurde die gesetzliche Pfle- geversicherung eingeführt sowie ambu- lante, teilstationäre und stationäre Dien- ste verstärkt ausgebaut. Doch oft kön- nen therapeutische Angebote gar nicht umgesetzt werden, da zu wenig Personal unter großem Zeitdruck arbeiten muss.

Für die Zukunft prophezeien Experten aus ökonomischer Sicht eine Verschlech- terung der Situation, weil die sozialen Sicherungssysteme dem demographi- schen Wandel nicht gewachsen sind.

Dem will das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit dem Modellprogramm

„Altenhilfestrukturen der Zukunft“ be- gegnen. Seit Mai 2000 werden bundes- weit 20 Modellprojekte gefördert, von denen sich die meisten mit Demenzer- krankten befassen. Die Auswertung der Einzelprojekte ließ eine überraschend hohe Bereitschaft erkennen, sich ehren- amtlich und freiwillig in die Betreuung hilfsbedürftiger alter Menschen einzu- bringen. Ehrenamtliche Hilfe werde in

Zukunft als „dritte Säule“ – neben Angehörigenhilfe und professionellen Systemen – unverzichtbar bei der Be- treuung Demenzkranker sein. Darin waren sich die rund 180 Teilnehmer der Arbeitstagung „Ehrenamtlichkeit und Professionalität bei der Betreuung Demenzkranker“, die im Rahmen des BMFSFJ-Modellprogramms am 11. und 12. Juli in Bonn stattfand, einig.

„Bei der Mobilisierung zusätzlicher Betreuungs- und Selbsthilfepotenziale geht es nicht darum, billige Arbeits- kräfte zu mobilisieren“, betonte Rudolf

Herweck vom BMFSFJ. Geld spiele für die Motivation der Ehrenamtlichen kei- ne Rolle. Wichtig sei eine funktionie- rende Infrastruktur, das heißt, eine überschaubare Aufgabenzuteilung, eine klare zeitliche Begrenzung und auch ei- ne Aufwandsentschädigung. Bei der Qualifizierung von Ehrenamtlichen müsse deren Bildungsinteressen ent- sprochen werden. Denn viele würden die ehrenamtliche Tätigkeit in der Al- tenhilfe auch als Sprungbrett in einen Beruf nutzen. Ein persönlicher Nutzen statt Altruismus sei heute eher ein Mo- tiv für die Freiwilligkeit.

Dr. Susanne Zank, Fachbereich Er- ziehungswissenschaft und Psychologie an der Freien Universität Berlin, mach- te darauf aufmerksam, dass die Betreu- ung Demenzkranker „eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe ist“, für die nicht jeder geeignet sei. Denn die nötige Geduld, Ruhe und Kreati- vität könnten nur begrenzt in Schulun- gen gelehrt werden. Gefragt werden müsse auch nach der Motivation der freiwilligen Helfer. Zeige die Tätigkeit nicht die ersehnte Bestätigung oder den erhofften Erfolg, führe dies bei Men- schen mit „Helfersyndrom“ (definiert nach Schmidbauer, 1977) zu einer „rie- sigen Enttäuschung“. Diese werde sel- ten bewusst wahrgenommen, sondern äußere sich in subtiler Aggression dem Erkrankten gegenüber.

Dennoch: „Ohne ehrenamtliches En- gagement würde unser Versorgungssy- stem zusammenbrechen“, sagte Horst Laade, Deutsche Alzheimer Gesell- schaft, Berlin. Er wies darauf hin, dass besonders die Erfahrungen der An- gehörigen besser genutzt werden soll- ten: „Wir leisten uns eine Verschwen- dung von Ressourcen.“ Es gebe gute Modellansätze wie Schulungen und Fortbildungen, um die Kompetenz der Angehörigen zu stärken, doch zu weni- ge würden damit erreicht. Ehrenamt- lichkeit und professionelle Pflege stün- den sich nicht als Gegensätze gegen- über, sondern könnten sich ergänzen, betonte Laade.

Arbeitsgruppen aus Altenpflegern, Ehrenamtlichen, Angehörigen und wis- senschaftlichen Mitarbeitern trugen die Erfahrungen aus der bisherigen Praxis des Modellprogramms zusammen. Un- terstützungsleistungen für pflegende P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 33½½½½16. August 2002 AA2145

Altenhilfestrukturen der Zukunft

Große Bereitschaft zur freiwilligen Hilfe

Ehrenamtliche Hilfe wird als „dritte Säule“ in der Betreuung Demenzkranker unverzichtbar. Die Freiwilligen

müssen sinnvoll eingebunden und qualifiziert werden.

Die Betreuung Demenzkranker erfordert Geduld, Ruhe

und Kreativität. Foto: dpa

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Angehörige müssten bedarfsgenauer ausgerichtet und Informationen über Angebote besser zugänglich gemacht werden, forderte die Arbeitsgruppe

„Unterstützungsleistungen“. Ziel sei, psychische und physische Erschöpfung zu vermeiden. Notwendig sei ein Wech- sel von einer „Kommstruktur zur Bringstruktur“, damit pflegende An- gehörigen die Angebote auch nutzten.

Die Zusammenarbeit mit Ärzten emp- fanden die Teilnehmer der Arbeitsgrup- pe durchweg als „schwierig“.

Eine „Musikalisierung des Pflegeall- tags“ wünschte sich die Arbeitsgruppe, die sich mit der Betreuung und Therapie Demenzkranker beschäftigte. Musik- therapie solle verstärkt als Fachdisziplin eingerichtet werden, so ihr Resümee.

Das Modellprojekt „Abschiedsmusik“

am Musiktherapie-Institut Rendsburg habe gezeigt, wie Musiktherapie eine menschenwürdige letzte Lebensphase ermöglichen kann. Ehrenamtliche könn- ten besonders dabei helfen, die psycho- sozialen Bedürfnisse der Demenzkran- ken zu erfüllen.

Ein attraktives Milieu allein reiche nicht aus, um Qualität in der Pflege zu erreichen. Wichtig sei der personenzen- trierte Ansatz, betonte die Arbeitsgrup- pe „neue Wohn- und Betreuungsfor- men“. Sinnvoll seien überschaubare Gruppen mit Angeboten für unter- schiedliche Bedürfnisse. Ein Wandel hin zur besseren Pflege sei auch im tra- ditionellen Pflegeheim möglich, voraus- gesetzt, es gelingt, eingeschliffene sozia- le Strukturen zu verändern. Erfolge, das Personal zum Umdenken zu bewegen, hätten „Inhouse-Schulungen“ von Mul- tiplikatoren gezeigt. Angehörige und Ehrenamtliche könnten auch bei be- treuten Wohnformen aktiv eingebun- den werden, wichtig seien jedoch klare Aufgaben.

Das Modellprogramm „Altenhilfe- strukturen der Zukunft“ will einen Bei- trag zur Weiterentwicklung bestehen- der Versorgungsstrukturen leisten. Die 2005 erwarteten endgültigen Ergebnis- se sollen in das Altenhilfestrukturgesetz einfließen. Petra Bühring

Informationen beim Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutschlands gem. e.V. (WIAD), Godesberger Allee 54, 53175 Bonn, Telefon: 02 28/8 10 41 72, Fax: 02 28/8 10 41 55, E-Mail: altenhilfestrukturen@

wiad.de; Internet: www.altenhilfestrukturen.de

P O L I T I K

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A2146 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 33½½½½16. August 2002

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ie Vertragsärzte und Psychothera- peuten in Bayern erhalten ihr Ho- norar jetzt schneller. Während die Abrechnung – vom Einreichen der Un- terlagen bis zur Überweisung der Rest- zahlung – in Bayern in den vergangenen Jahren durchschnittlich 80 Arbeitstage in Anspruch nahm, konnte sie durch ei- ne neue Software für das erste Quartal 2002 auf 59 Arbeitstage verkürzt wer- den. Ziel ist es, mit einer deutlich ver- besserten Software 40 Arbeitstage zu erreichen.

„Wir haben viele Baustellen in der KV“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Dr. med.Axel Munte, bei einem Gespräch am 8. August in München.

„Eine der wichtigsten ist die Abrech- nung“, betonte er. Auf dem Wege zu ei- nem modernen Dienstleister habe die KVB damit bereits einen wichtigen Schritt zurückgelegt, aber noch stehe man erst am Anfang einer Organisa- tionsreform, die die KVB völlig neu definieren werde. Auch der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (KBV) wür- de eine solche Strukturreform gut tun, meint Munte, selbst Mitglied im Vor- stand der KBV. Die KVB bereitet sich damit auch auf einen Wettbewerb vor, falls die Politik der Körperschaft den Sicherstellungsauftrag entziehen sollte.

„Die Ärzte haben ihr Geld noch nie so früh erhalten“, lobte Franz Binder, Leiter des Kompetenzzentrums Ab- rechnung, den neuen Service. Sein näch- stes Ziel ist die Abrechnung im Quar- talsrahmen, das heißt, am 30. September soll bereits das abgeschlossene dritte Quartal fertig abgerechnet sein. Die Zahl der Mitarbeiter, die mit der Ab- rechnung befasst sind, konnte um 10,5 Prozent verringert werden, nicht durch Kündigungen, sondern durch kon- sequente Ausnutzung von Fluktuation und Umbesetzungen. Das führt zu Ein- sparungen in Höhe von 1,7 Millionen

Euro im Jahr 2002, in den Folgejahren von jährlich rund 2,5 Millionen Euro.

Die KVB hat auch ihren Internet- Auftritt neu gestaltet. Wichtigstes Kom- munikationsinstrument zwischen KVB und Mitgliedern ist das Extranet, zu dem nur die KVB-Mitglieder zugreifen können. Hier finden sie seit Juni eine bundesweit bislang einmalige Abrech- nungsfrühinformation, die ihnen etwa vier bis acht Wochen vor dem Honorar- bescheid bereits anzeigt, mit welchem Honorar sie für das laufende Quartal rechnen können. Nach Eingabe seiner Arztnummer kann der Teilnehmer sei- ne individuellen Praxisdaten am Moni- tor kontrollieren, sie als PDF-Datei ausdrucken oder als Tabelle für die weitere Analyse abspeichern. Wie Dr.

Gabriele Ulrich, Leiterin des Extranets, berichtete, haben sich im Juni die täg- lichen Seitenabrufe gegenüber den Vor- monaten vervierfacht. Im Schnitt gibt es täglich etwa 16 500 Zugriffe, wobei die Arzneimittelinformationen und die Ab- rechnungsfrühinformationen am häu- figsten gefragt sind.

Kostenfreier E-Mail-Service

Die KVB bietet allen bayerischen Ver- tragsärzten einen kostenfreien E-Mail- Dienst, den sie für ihre E-Mail-Kommu- nikation nutzen können. Zurzeit nimmt ein Drittel aller bayerischen Ver- tragsärzte – etwa 7 000 – am Extranet teil. Die Abrechnung bezeichnete Munte als eine Kernkompetenz der Kassenärztlichen Vereinigung. Deshalb sei es wichtig, hier anzusetzen und die Abläufe zu optimieren. Die KV Bayerns lädt die anderen Kassenärzt- lichen Vereinigungen ein, sich an ihrem Service zu beteiligen. „Das Rad muss nicht überall neu erfunden werden“, kommentierte der KVB-Vorsitzende das Angebot. Klaus Schmidt

Abrechnungs-Service

Honorar kommt schneller

Kassenärztliche Vereinigung Bayerns ist auf dem Weg

zum Dienstleister.

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