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Archiv "Autos werden besser behandelt" (17.01.2003)

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P O L I T I K

A

A86 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 317. Januar 2003

er im Krankenhaus arbeitet, sollte zeitweilig einen Blick über den Zaun zu anderen Dienstleistungsbetrieben wagen. Ver- gleicht man eine Autowerkstatt mit ei- nem Klinikbetrieb, haben es Autos und deren Besitzer manchmal besser als Pa- tienten in der Klinik.

Meine Autowerkstatt-Besuche ma- chen dies verständlich in Analogie- schlüssen. Ich melde mich an der Re- zeption, kurz darauf empfängt mich der Meister/Oberarzt und fragt, was er für mich tun kann. Aus dem Hintergrund winkt mir im Vorbeigehen der Auto- werkstattbesitzer/Klinikchef zu. Auf ein Handzeichen käme er auf mich zu und würde mir weiterhelfen. Das brau- che ich nicht bei acht guten Mei- stern/Oberärzten. Diese machen zuerst ohne Ausnahme eine gute Anamnese („Wie ist das Geräusch/wo kommt es in etwa her?“), eine Verdachtsdiagnose wird geäußert und das Auto gemein- sam inspiziert/klinisch untersucht bei geöffneter Motorhaube oder auf der Hebebühne. Mit einer Stablampe be- komme ich punktuell gezeigt, wo das Problem liegen könnte.

Ich erhalte eine klare Zeitangabe, wann das Auto fertig sein wird und wer- de freundlich verabschiedet. Beim Ab- holen des Autos/Entlassungsgespräch teilt mir der Meister/Oberarzt kurz mit, was alles zu machen war. Das geschieht nicht durch Gesellen/Assistenzärzte.

Ich war anfangs ungläubig bei die- ser Behandlung. Ich wollte wissen, ob Kunden ohne Professorentitel genauso kundenorientiert behandelt werden.

Dem ist so.

In die Klinik zurückgekehrt, über- trage ich ohne Betriebsblindheit meine Werkstatterfahrungen auf Patienten im Krankenhausbetrieb – mit eher ge- genteiligem Ergebnis.

Mit dem morgendlichen Betreten der Klinik treffe ich auf zahlreiche wartende Frauen vor dem Schalter

„Stationsaufnahme“. Mein Hinweis an das Anmeldepersonal, einen zweiten Schalter zu eröffnen, wird für nicht machbar erklärt: Die PDL habe dies aus Personalgründen so angeordnet.

Warum muss sich ein Dutzend Patien- ten zwischen acht und neun Uhr zur stationären Aufnahme melden? War- um nicht Termine verteilen auf zwei bis drei Stunden? Patienten mit weiter An-

reise wären sehr froh über einen Mit- tagstermin.

Ich komme auf die Station und sehe im Aufenthalts- beziehungsweise War- teraum mehrere Frauen mit größeren Taschen oder Koffern. Sie warten auf die stationäre Aufnahme. Das ge- schieht „Stück für Stück“ durch sicher sehr freundliche PJ oder AiP. Sie erhe- ben die Anamnese mehr oder weniger ziel-orientiert. Das Konzept ist dabei

oft „learning by doing“ – sicher eine anspruchsvolle Herausforderung – aber keine einfache. Denn alle Patien- ten haben eine stationäre Facharztein- weisung.

Schließlich taucht der Assistenz- arzt/Geselle auf und ordnet Untersu- chungsmaßnahmen an, in der Regel kombiniert mit einer allgemeinen kör- perlichen Untersuchung. Die spezifi- sche Untersuchung obliegt dem Ober- arzt, da verständlicherweise zum Bei- spiel gynäkologische Untersuchungen nicht zweimal am Tag stattfinden soll- ten. Der Oberarzt steht im OP und wird am späten Nachmittag auf der Station erwartet. Die oberärztlich indizierten

diagnostischen Anordnungen werden erst am Folgetag machbar. Bis dahin vorgenommene laborchemische und bildgebende Untersuchungen werden teils vom Oberarzt/Meister auf Effi- zienz überprüft hinsichtlich schneller, ökonomischer Enddiagnose. Es ist im- merhin am ersten Tag einiges „gelau- fen“, und der 400-Euro-Tag war nicht umsonst.

Ob der Oberarzt aus Zeitdruck von Assistensärzten und PJ/AiP-Kollegen aus „zweiter Hand“ sämtliche Ana- mnese- und klinischen Untersuchungs- daten zeitsparend einholt oder ihnen ein Feedback über deren Nutzen gibt, wäre eine Studie wert.

Amüsant sind dazu Anmerkungen von Patienten, die konsiliarisch aus Nachbarkliniken vorgestellt werden.

Auf die Frage „Aus welcher Klinik kom- men Sie?“ (zum Gesprächseinstieg) die Antwort: „Von Jugend forscht.“

Der Patient will nach dem ersten Tag wissen, wer am zweiten Tag sein An- sprechpartner ist: PJ,AiP,Asssistenzarzt oder Oberarzt? Durch die neuen Ar- beitszeitregelungen und mehr Schicht- dienst wird es mehr ärztliche Fluktuati- on und damit innerhalb weniger Hospi- talisierungstage mehr Ansprechpartner für den einzelnen Patienten geben. Als Außenstehender hätte ich kaum Ver- trauen in dieses System. Auch im Krankenhaus wären einige Abläufe wie in der Kfz-Werkstatt überzeugender:

Oberarzt, Assistenzarzt, AiP.

Man muss erwarten, dass dieser um- gekehrte Kompetenzeinsatz – erster Kundenkontakt mit dem Berufsan- fänger eine teure und wenig ökonomi- sche Medizin verursachen kann. Durch DRG-Abrechung kann sich das ändern – in großen Kfz-Werkstätten erfolgt schon lange die Preisgestaltung analog zu DRG.

Zum Abschluss noch meine Beob- achtung in der Rezeption des Autohau- ses: Dort lese ich die Qualifikationsur- kunden für die Werkstatt, die jeweils maximal ein Jahr alt sind. Ich ließ mir die Checkliste geben, die zur erfolgrei- chen Zertifizierung erfüllt sein muss.

Dazu gehört zweimal im Jahr ein un- angemeldeter Kontrollbesuch durch die Zertifizierer. Mancher Klinikkol- lege würde dabei denken: „Davor möge man uns derzeit noch bewah- ren.“ Prof. Dr. med. J. Matthias Wenderlein

GLOSSE

Autos werden

besser behandelt

Foto:Globus-PressFoto:Peter Wirtz

W

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