MEDIZIN AKTUELL
Chronische
Polyarthritis-Gruppe
Holm Häntzschel
Klassische
chronische Polyarthritis
Synonyme der chronischen Po- lyarthritis (cP): Rheumatoide Arthri- tis (RA), progredient chronische Po- lyarthritis (pcP).
Diagnose: Prodromale Allge- mein- (Gewichtsabnahme, rasche Er- müdbarkeit, Appetitlosigkeit, depres- sive Stimmungslage, subfebrile Tem- peraturen) und Lokalsymptome (Parästhesien, Kälteempfindlichkeit, Hyperhidrosis, Morgensteifigkeit) können Wochen oder auch Monate bestehen, ehe klinisch manifeste Symptome der cP nachweisbar sind.
Krankheitsbeginn: 60 Prozent schleichend mit ständigen Polyar- thralgien, episodischer, später anhal- tender, meist symmetrischer Polyar- thritis der kleinen und mittleren Ge- lenke, 30 Prozent atypisch, mono- be- ziehungsweise oligoartikulär mit Asymmetrie und Beteiligung auch großer Gelenke, unter zehn Prozent akut mit Polyarthritis, Allgemeiner- scheinungen und Temperaturen (Ta- belle 1). Die Diagnose der cP ist zu- treffend, wenn mindestens vier der in Tabelle 1 genannten Kriterien beste- hen. Die Kriterien eins bis vier müs- sen mindestens sechs Wochen vor- handen sein. Die bisherigen Aus- schlußkriterien entfielen.
Befall von Gelenken, Sehnen und Bursae
Gelenkbefall: Schmerzen, Stei- figkeit, Bewegungseinschränkung, exsudative Schwellung und Hyper- thermie.
Gelenkschmerz: Ruhe-, Druck- und Bewegungsschmerz.
Gelenkbeweglichkeit: Initial durch Schmerzen und entzündliche, exsudative Schwellung, später durch proliferative Schwellung, Fibrose der Gelenkkapsel, Muskelatrophie und Verkürzung von Sehnen einge- schränkt, im Spätstadium wird sie
Die Frühdiagnose und Verlaufsbeurtei- lung der chronischen Polyarthritis (cP) haben den Befall von Gelenken, Seh- nenscheiden, Bursae auf der einen, ei- ne extraartikuläre Organmanifestation auf der anderen Seite zu berücksichti- gen. Extraartikuläre Besonderheiten weisen auf Sonderformen der cP in die- ser Krankheitsgruppe hin. Die komple- xe Therapie erfordert neben der Phar- maka-, physikalischen und operativen Therapie auch Maßnahmen zur Krank- heits- und Schmerzbewältigung. Die symptomatische medikamentöse The- rapie erfolgt mit Glukokortikoiden und nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Während der ersten beiden Krankheitsjahre treten bereits röntge- nologisch nachweisbare Knochenzer- störungen ein, weshalb diese Basis- therapie frühzeitig zum Einsatz kom- men muß.
durch fibröse oder knöcherne Anky- lose aufgehoben.
Prädilektionsstellen einer Teno- synovialitis: Beugesehnen der Finger, Sehnenscheide des M. extensor carpi ulnaris (erkennbar am Caput ulnae), die Sehnen im Karpaltunnelbereich sowie am inneren und äußeren Mal- leolus.
Klinische Untersuchungstechnik:
Durch Palpation mit zwei Fingern ge- lingt es, eine Ergußbildung (exsudati- ve Gelenkschwellung) oder eine Ver- dickung der Gelenkkapsel (prolifera- tive Gelenkschwellung) nachzuwei- Zentrum für Innere Medizin (Direktor: Prof. Dr.
med. habil. Holm Häntzschel), Medizinische Klinik IV, Universität Leipzig
sen und diese von der bindegewebi- gen oder knöchernen Auftreibung bei Arthrose abzugrenzen.
Charakteristische Gelenkbefun- de im Frühstadium: Spindelförmige Schwellung der PIP-Gelenke, bilate- rale, oft symmetrische Schwellung der MCP-Gelenke, besonders der Gelen- ke 2 und 3 (Abbildung 1).
Bei 50 Prozent der Patienten: er- ste klinische (und röntgenologische) Veränderungen im Bereich der MTP- Gelenke 2 bis 5. In der Frühphase ist häufig ein lateraler Kompressions- schmerz der MCP-Gelenke (Gaens- lensches Zeichen) sowie entspre- chend der MTP-Gelenke Druck nach- weisbar. Positiver Kneif- (Pinch-)Test bei Tenosynovitis der Fingerbeuge- sehnen: Schwellung der Grundpha- lanx und verstrichene Hautfältelung, so daß keine Hautfalte abgehoben werden kann.
Krankheitsverlauf: Einbezie- hung weiterer, fortschreitender Zer- störung betroffener Gelenke.
Handdeformität: Ulnardeviation der Finger im Bereich der MCP-Ge- lenke, Knopfloch- und Schwanenhals- deformität der Finger, Atrophie der Mm. interossei (Abbildung 2, 3, 4).
Verminderung der groben Kraft der Hand, Faustschlußdefizit.
Fußdeformität: Hallus valgus, Subluxation der Metatarsalköpfchen, Lateraldeviation der 2. bis 4. Zehe, Abduktion der 5. Zehe und Hammer- zehen bei progredienter cP. Die Kral- lenstellung der Zehen ist durch eine dorsale Subluxation der Basen der 2. bis 5. Zehengrundglieder bedingt (Abbildung 5).
Kniegelenk: Verdickung der Syn- ovialmembran und exsudative Schwel- lung (Gelenkerguß) treten besonders im Bereich der Bursae suprapatellaris (Abbildung 6a, b), eine Muskelatro- phie im Bereich des Vastus medialis in Erscheinung.
Eine Arthrozele oder Bakerzyste entsteht durch Ausdehnung des Er- gusses nach dorsal oder durch Ver- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April 1995 (59) A-1027
größerung von Bursae in der Knie- kehle. Durch Druckänderung oder Größenzunahme können erhebliche Beschwerden verursacht und infolge von Ruptur, Symptome einer Throm- bophlebitis am Unterschenkel vor- getäuscht werden. Durch Arthroso- nographie kann die Diagnose gesi- chert werden (Abbildung 7a, b).
Ellenbogengelenke: Arthritis ist durch federnde Streckhemmung so- wie eine Schwellung im Bereich des radialen und ulnaren Sulkus zu bei- den Seiten des Olekranon gekenn- zeichnet.
Schultergelenk: Schwellung ist seltener, durch eine exsudative Schwellung, häufiger durch eine Bur- sitis (Bursa subacromialis, Bursa sub- deldoidea) oder Tenosynovitis be- dingt. Druckschmerz: lokalisiert am Tuberkulum majus oder Processus coracoideus oder diffus.
Sprunggelenk: Zur Schwellung oder Verdickung im Bereich der Knöchelpartien bei Befall des oberen Sprunggelenkes kommt es durch Te- nosynovitis der vor dem Sprungge- lenk verlaufenden Strecksehnen des Fußes (die Einschnürung durch Liga- mentum carpi transversum ruft das sogenannte Sanduhrphänomen her- vor), sowie Tenosynovitis der Fuß- beuger im Bereich der Malleolen.
Hüftgelenk: Schmerzhafte Bewe- gungseinschränkung gilt als Frühsym- ptom. Ultraschall- und Röntgenun- tersuchungen können diagnostisch hilfreich sein.
Halswirbelsäule: Atlantookzipi- tale oder atlantoaxiale Dislokationen können neurologische Symptome verursachen.
Extraartikuläre
Organmanifestation (EAOM)
Eine systemische Manifestation führt oft zu Anorexie, Gewichtsab- nahme, schneller Ermüdbarkeit, Temperaturerhöhungen, Muskelatro- phie, Leukozytose und Lymphkno- tenschwellung.
Anders als beim systemischen Lupus erythematodes ist eine Nieren- beteiligung selten und gewöhnlich Folge einer sekundären Amyloidose.
Zahlreichen kutanen (Ulcus cruris) und viszeralen (beispielsweise Neuro- pathie) Läsionen liegt eine Vaskulitis
Tabelle 1: Revidierte diagnostische Kri- terien für die Klassifizierung der cP ( 1 )
~ Morgensteifigkeit von minde- stens einer Stunde Dauer bis zur maximal erreichbaren Besserung;
~ durch den Arzt diagnostizierte Weichteilschwellung (Arthritis) an mindestens drei Gelenken (PIP-, MCP-, Hand-, Ellenbogen-, Knie-, obere Sprung-, MTP-Gelenke);
~ Schwellung (Arthritis) der PIP-, MCP-oder Handwurzelgelenke;
- symmetrische Schwellung (Ar- thritis );
~ Rheumaknoten;
~ Rheumafaktor positiv;
~ typischer Röntgenbefund: min- destens gelenknahe Osteoporose oder Erosionen der Gelenke der Hand.
Abbildung 1: Schwellung von PIP-Gelenken II und 111 sowie MCP-Gelenk 111 bei cP
Abbildung 2: Ulnardeviation und Schwanenhalsde- formitöt, Schwellung der MCP-Gelenke, Atrophie der Mm. interossei bei cP
Abbildung 3: Knopflochdeformität, Tenosynovitis der Fingerbeuger, Hygrom am Handrücken bei cP A-1028 (60) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April1995
von Arteriolen und Venolen zugrun- de (Tabelle 2).
Subkutane und periostale Rheu- maknoten treten in etwa 20 Prozent der Fälle auf. Sie sind meist mit Rheu- mafaktornachweis verbunden, und zeigen mitunter eine schwere Form der Erkrankung an.
Prädilektionsstellen: Strecksei- ten der Extremitäten, besonders El- lenbogengelenk, die Bursa olecrani (Abbildung 8).
Chronische Polyarthritis im Alter
Intermittierende Symptome er- schweren die Frühdiagnose, beson- ders bei älteren Patienten mit nichtar- tikulärem Beginn. Wenn im Prodro- malstadium der Alters-cP eine schwe- re Myalgie dominiert, kann die Diffe- renzierung zur Polymyalgia rheumati- ca (PMR) initialschwierig sein.
Frühes Auftreten von periarti- kulären Rheumaknoten und Rheu- mafaktoren im Serum erleichtern die Frühdiagnose auch der Alters-cP und ihre Abgrenzung von Rheumafaktor- negativen Erkrankungen wie PMR, Polyarteriitis, tumorassoziierten Syn- dromen und endokrinologisch-meta- bolische Erkrankungen (wie "okkul- te" Hyperthyreose). Besonders kar- diopulmonale Begleitkrankheiten gelten als Risikofaktoren beispiels- weise für die Entstehung einer Ga- stropathie durch NSAR.
Felty-Syndrom
Als Sonderform mit der Trias:
Seropositive cP, Leukopenie und Splenomegalie. Weitere extraarti- kuläre Manifestationen sind Sjögren- Syndrom, Lymphadenopathie und Hepatomegalie. Das Krankheitsbild ist durch akuten Beginn oder septi- schen Krankheitsverlauf gekenn- zeichnet. Von klinischer Bedeutung ist die gehäufte Infektanfälligkeit.
Laborbefunde: Rheumafaktoren mit hohen Titern, Hypergammaglo- bulinämie, granulozytenspezifische ANA (GS-ANA) oder pANCA, zir- kulierende Immunkomplexe, Gam- makryoglobuline, Leukopenie und Anämie.
Tabelle 2: Hinweise auf eine mögliche Rheumatoide Vaskulitis oder systemi- sehe cP mit EAOM (2)
~ Rheumatismus nodosus (cP mit Rheumaknoten)
~ Polyneuropathie (sensorisch, sensomotorisch, motorisch)
~ Digitalarterienvaskulitis mit Ischämie/Gangrän (selten)
~ kutane Ulzeration (besonders Ulkus cruris)
~ weitere Hinweise auf eine EAOM (Serositis, fibrosierende Alveolitis, Hepatomegalie)
~ Rheumafaktoren-Titer = 1:1024
~ Komplementverbrauch (C3, C4, C3C)
~ Erhöhung von CrP und zirku- herenden Immunkomplexen (CIC)
Therapie: Prednisolon; bei Not- wendigkeit und Verträglichkeit in Kombination mit Immunsuppressiva (Methotrexat = MTX).
Adultes Still-Syndrom
Während Still das Krankheitsbild als Sonderform der juvenilen cP zu- ordnete, beschrieb Bywaters 1971 erstmalig sein Vorkommen im Er- wachsenenalter. Das Krankheitsbild beinhaltet hohes Fieber, Arthritis und lachsfarbenes Erythem von ma- kulopapulärem Charakter. Die Ar- thritis kann einen erosiven, destrukti- ven Verlauf aufweisen. Öfter sind mittlere und große Gelenke betrof- fen, seltener jedoch die kleinen Ge- lenke.
Laborbefunde: Sie zeigen eine ausgeprägte Leukozytose, wobei Rheumafaktoren in der Regel nicht nachweisbar sind. Ein ähnliches Exanthem bei sonst weitgehend ver- gleichbaren klinischen und paraklini- schen Befunden weist die Subsepsis allergica, der Morbus Wissler, auf. Es bestehen offensichtlich fließende Übergänge zum adulten Still-Syn- drom.
Therapie: Als Therapeutikum hat sich Prednisolon bewährt. Es
AKTUELL
Tabelle 3: Vorläufige Kriterien zur Klos- sifikation des Sjörgen-Syndroms (SS) (4)
1. Symptome des trockenen Auges oder Mundes
2. Dauer mindestens drei Monate 3. Objektive Augenbefunde, bei- spielsweise Schirmer-Test ( < 5 mm in 5 Minuten)
4. Biopsie der kleinen Speichel- drüsen -positiver histologischer Befund
5. Befall der Speicheldrüsen:
Szintigraphie, Sialographie, Speichelfluß (mindestens ein positiver Test)
6. Ak gegen Ro/SS-A oder LaiSS-B-AG
Tabelle 4: Verlaufstypen der chroni- sehen Polyarthritis
~ Remissionen, Stillstand oder nur geringe Progredienz (20 bis 30 Prozent)
~ progrediente Verlaufsform (> 60 Prozent): schleichend mit akuten Phasen, Teilremissionen oder rasch progredient
~ maligne Verlaufsformen ( < 10 Prozent): Hohe Entzündungsakti- vität, starke klinische und röntge- nologische Progredienz, systemi- sehe Manifestation mit EAOM, Rheumatoide Vaskulitis, anhal- tend hohe Werte für CrP, Rheu- mafaktoren und zum Teil positive ANF sowie erhöhte Mortalität
kann auch in Verbindung mit Immun- suppressiva verabreicht werden.
Sjögren-Syndrom (55)
Primäres Sjögren-Syndrom:
Kennzeichnend ist eine Keratocon- junctivitis sicca sowie Xerostomie und eventuell Pharyngotracheobronchitis sicca.
Sekundäres Sjögren-Syndrom:
Steht in Verbindung mit chronisch- A-1030 (62) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April1995
erosiver cP oder anderen Kollageno- sen. Die EAOM der cP unterscheidet sich wesentlich von extraglandulären Merkmalen des pnmaren Sieca- ader Sjögren-Syndroms (Raynaud, Lymphadenopathie, Splenomegalie, renale tubuläre Acidose, noduläre Vaskulitis, Leukopenie ).
Immundiagnostische Befunde:
Assoziation zu Anti-SS-A oder SS-A und SS-B (Tabelle 3).
Die Diagnose eines primären SS ist zutreffend, wenn mindestens vier der sechs Kriterien aus Tabelle 3 be- stehen.
Von einem sekundären SS spricht man jedoch, wenn Kriterium 1 und 2 erfüllt sind und zusätzlich noch zwei positive Befunde aus den Kriterien 3, 4 oder 5 vorliegen.
Therapie des sekundären SS: lo- kale Therapie (am Auge: künstliche Tränen), Prednisolon oral in Kom- bination mit Immunsuppressiva
Abbildung 4: Ulnardeviation, Schwanenhalsdefor- mitöt, Rheumaknoten und Atro~hie der Mm. interes- sei bei cP
(beispielsweise Azathioprin 1 bis 2 mg/kg).
Verlauf und Prognose der chronischen Polyarthritis
Verlauf und Prognose der cP können nicht mit Sicherheit vorherge- sagt werden. Der einzelne Patient ist durch seinen individuellen Krank- heitsverlauf gekennzeichnet (Tabelle 4).Nicht selten ist es erst nach drei bis fünf Jahren möglich, eine Zuordnung der individuellen Krankheit des Pati- enten in eine der genannten Gruppen vorzunehmen. Als prognostisch un- günstig können polyartikulärer Be- ginn, anhaltend hohe Entzündungs- aktivität, Hinweise auf Rheumatoide Vaskulitis oder EAOM angesehen weiden.
Remissionskriterien: Zur Doku- mentation von Erst- und Kontrollun- tersuchungen eignen sich Kriterien zur Beurteilung des Aktivitäts- und Funktionsgrades sowie des röntgeno- logischen Stadiums (Tabelle 5).
Eine totale Remission kann er- wartet werden, wenn fünf der in Ta- belle 5 genannten Kriterien für mehr als zwei Monate erfüllt sind.
Therapie der chronischen Polyarthritis
Die komplexe Therapie umfaßt neben der Pharmako-, der physikali- schen und operativen Therapie be- sonders auch ärztliche Maßnahmen zur Krankheits- und Schmerzbewälti- gung (Tabelle 6).
Der Therapieplan hat zum Ziel:
1. Verhinderung der Progredi- enz durch Basisantirheumatika.
2. Beeinflussung der akuten Gelenkentzündung durch Einsatz von Glukokortikoiden (Prednisolon), welche den Zeitraum bis zum Wir- kungseintritt der Basisantirheumati- ka überbrücken sollen.
3. Bei geringer Entzündungsak- tivität empfiehlt sich eine antiphlogi- stische Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), welche die Prednisolon-Therapie zum Teil oder ganz ersetzen kann.
4. Linderung der Gelenkschmer- zen durch Gabe von peripher und zentral wirkenden Analgetika.
Therapie mit Glukokortikoiden Prednisolon ist das Glukokorti-
Tabelle 5: Remissionskriterien der Rheumatoiden Arthritis für die cP (3)
~ Morgensteifigkeit (weniger als 15 Minuten),
~ keine Müdigkeit,
~ anamnestisch kein Gelenk- schmerz,
~ kein Druck-oder Bewegungs- schmerz,
~ keine Weichteilschwellung von Gelenken oder Sehnenscheiden,
~ BSR > 30 (Frauen), > 20 mm/h
(Männer)
Tabelle 6 : Medikamentöse Therapie
Symptomatisch
- nichtsteroidale Antirheumatika, - Glukokortikoide
Basistherapie - Chlorochin,
- Sulfasalazin, Goldsalze, - Azathioprin, MTX, Cyclophosphamid
Indikationen: cP bis zum Wir- kungseintritt der Basistherapie, cP und Progredienz (langfristig), Alters- cP (langfristig), soziale Indikation und NSAR-Gastropathie. Beginn mit Low-dose ( 4 mg) bei cP mit Akti- vitätsgrad 1, Steigerung in 1-mg-Stu- fen bis zum klinischen Wirkungsein- tritt; Reduktion der Dosis in 0,5-mg- Stufen.
... Lokale Therapie mit Glukokortikoiden
Kristallsuspensionen: Triamzino- lonhexacetonid (20 mg), Triamzino- lonacetonid ( 40 mg)
Dosis: entsprechend der Größe der Gelenke. Intervall nach intraarti-
Abbildung 5: Hailux valgus, Schwellung der MTP-Ge- lenke 11-IV, Abduktion der fünften Zehe und begin- nende Hammerzehe bei cP
koid der Wahl für die systemische Abbildung 6a, b: Arthrosenagraphie des Kniegelenkes: Recessus suprapatellaris mit Erguß Therapie.
... Prednisolon-Stoß
Betroffen sind Patienten mit aku- tem Schub oderinitialdeutlicher Ent- zündungsaktivität (Aktivitätsgrad 2 oder 3). Zu Beginn der Therapie soll- te mit 30 mg Prednisolon behandelt werden. Die Reduktion sollte allmäh- lich und in kleinen Schritten bis auf die Low-dose-Prednisolon-Dosis er- folgen (Tabelle 7).
Keine Kombination von Predni- solon mit NSAR: Die Kombination ist ungünstig, da NSAR ein Ulkus ver- ursachen und Kortison die Ulkushei-
Jung verhindern kann. Wenn notwen- dig, kann man Kortison morgens und NSAR abends verabreichen, jedoch keine Kombinationstherapie bei Pati- enten mit manifestem Ulkus, Ulkus- anamnese oder Magenbeschwerden durch NSAR. Bei letzteren ist eine Low-dose-Prednisolon-Therapie even- tuell mit Analgetika indiziert.
..,... Low-dose-Prednisolon- Therapie
Definition: Low-dose-Predniso- lon = kleinste im Einzelfall wirksame Dosis in der Langzeittherapie.
kulärer Injektion mindestens vier Wochen. Keine Verdünnung mit Lo- kalanästhetikum vornehmen, da sonst die Kinetik verändert wird. Nach in- traartikulärer Injektion sollten 24 Stunden Ruhe verordnet werden.
Basistherapie
Die Basistherapie ist in der Regel eine Langzeittherapie, bei welcher In- dikation und Kontraindikationen be- achtet sowie Nebenwirkungen mög- lichst frühzeitig erkannt werden müs- sen. Bei Ineffizienz sollte nach vier bis Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April1995 (63) A-1031
sechs Monaten eine Änderung der Basistherapie erfolgen.
Langzeit-Therapieerfolg: Dabei ist die klinische, funktionelle oder röntgenologische Progredienz ver- mindert. Während der ersten Krank- heitsjahre treten bereits 50 Prozent der röntgenologisch nachweisbaren Knochenzerstörungen ein, weshalb die Basistherapie frühzeitig zum Ein- satz kommen sollte. Die parenterale Goldtherapie kann (zusammen mit Sulfasalazin) in die sogenannte zweite Reihe der Basistherapie bei cP einge- ordnet werden. Die Behandlung mit Goldpräparaten setzt die gesicherte Diagnose einer cP, juvenilen chroni- schen Arthritis oder Arthritis psoria- tica voraus.
Dosierungsempfehlung von par- enteralem Gold: Gabe einschleichend
AKTUELL
Tabelle 7: Dosisabbau von Prednisolon bei chronischer Polyarthritis mit Akti- vitötsgrod 2 oder 3
Über30mg:
Reduktion um 10 mg nach weni- gen Tagen
Bis15mg:
Reduktion um 5 mg wöchentlich BislOmg:
Reduktion um 2,5 mg alle ein bis zwei Wochen
Bis6mg:
Reduktion um 1 mg alle zwei bis vier Wochen
Bis4mg:
Reduktion um 0,5 mg alle vier bis acht Wochen
Abbildung 70, b: Arthrosonogrophie des Kniegelenkes: Arthrozele (Boker-Zyste) in der Kniekehle mit Ruptur in der Wade
mit Testdosis, wöchentlicher, später monatlicher Injektion.
Kontrolluntersuchungen: Blut- bild, Urin, Kreatinin, TA und AP
Methotrexat (MTX)
Indikation: bei gesicherter cP mit aktivem, progredienten Krankheits- verlauf.
Dosierungsempfehlung: je nach Krankheitsaktivität 10 bis 15 mg oral oder parenteral einmal wöchentlich (Maximaldosis 20 mg).
KontraindikationenlInteraktio- nen: Eine intakte Nierenfunktion ist Voraussetzung für eine MTX-Thera- pie. Kontraindiziert ist MTX bei einer Kreatinin-Clearance von weniger als 60 ml pro Minute, sowie die Gabe von anderen Substanzen, die ebenfalls ei- ne Antifolatwirkung haben (bei- spielsweise Cotrimoxazol). Aufgrund der synergistischen Wirkung sind
Abbildung 8: Rheumaknoten bei cP on typischer SteI- le bei Rheumatismus nodosus
Störungen der Blutbildung möglich.
Nebenwirkungen: gastrointesti- nal (häufig) Stomatitis, Transamina- senerhöhung, Le_ukozytopenien (0 bis 3 Prozent) und interstitielle Pneumo- nitis (selten).
Kontrolluntersuchungen: In- spektion von Mundhöhle, Rachen, Blutbild, TA und Kreatinin. Aus- schluß einer Schwangerschaft, wirksa- me Empfängnisverhütung während und bis zu drei Monaten nach Beendi- A-1032 (64) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14,7. April 1995
gung der Therapie (gilt für Männer und Frauen). Neuauftretende pulmo- nale Komplikationen erfordern eine sorgfältige Abklärung.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl1995; 92: A-1027-1032 [Heft 14]
Literatur
1. Amell FC, Edworthy SM, Block DA: The American Rheumatism Association 1987 revised criteria for the classification of rheumatoid arthritis. Arthr Rheum 1988;
31:315-323
2. Häntzschel H, Seidel W: Extraartikuliire Organmanifestation. In: Häntzschel, Holm;
Otto, Werner; Nassonova, Valentina:
Rheumatoid-Arthritis - eine systemische Erkrankung. Leipzig, Berlin, Heidelberg:
Barth Veriagsgesellschaft mbH, 1992 3. Pinals RS, Masi AT, Larsen RA, The Sub-
committee for criteria of remission in rheu- matoid arthritis of the American Rheuma- lism Association diagnoslic and therapeulic criteria commiltee: Preliminary criteria for clinical remission in rheumatoid arthritis.
Arthr Rheum 1981; 24: 1308-1315 4. Vitali C, Bombardieri S, Moutsopoulos M
et a1: Preliminary criteria for the classificati- on of sjörgren's syndrome; results of a pro- spektive concerted action supporled by Ihe European Community. Arthr Rheum 1993;
36:340-347
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. habil.
Holm Häntzschel Medizinische Klinik IV Universität Leipzig
Härtelstraße 16-17, 04107 Leipzig
Diskussionsbeiträge
Zuschriften zu Beiträgen im me- dizinisch-wissenschaftlichen Teil - ausgenommen Editorials, Kongreß- berichte und Zeitschriftenreferate - können grundsätzlich in der Rubrik
"Diskussion" zusammen mit einem
dem Autor zustehenden Schlußwort veröffentlicht werden, wenn sie inner- halb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der Medizinisch-Wissenschaftlichen Re- daktion eingehen und bei einem Um- fang von höchstens zwei Schreibma- schienenseiten (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen) wissenschaftlich begrün- dete Ergänzungen, oder Entgegnun- gen enthalten.
Für Leserbriefe zu andere!:
Beiträgen gelten keine besonderen Regelungen (siehe regelmäßige Hin-
weise). DÄ/MWR