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Archiv "Psychopathologische Diagnose von Hirnschäden" (17.04.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KOMPENDIUM

Definition

Das organische Psychosyndrom ist die chronische, oft irreversible psy- chopathologische Symptomatik bei diffuser Schädigung der Hirnsub- stanz, die durch ganz unterschied- liche Noxen verursacht sein kann.

Synonyma

Hirnorganisches Psychosyndrom, psychoorganisches Syndrom, Kor- sakow-Syndrom, amnestisches Syndrom, kortikale Demenz, orga- nische Hirnleistungsschwäche.

Die meisten dieser Bezeichnungen sind unpräzise. Die Termini amne- stisches Syndrom und kortikale Demenz bezeichnen jeweils nur ei- nen Teil der Symptomatik, die Ge- dächtnisstörung beziehungsweise Denkstörung. Die Bezeichnung Korsakow-Syndrom wird uneinheit- lich verwendet, einerseits für das hier gemeinte organische Psycho- syndrom, andererseits für einen bestimmten hirnorganischen End- zustand (siehe unten). Der Begriff organische Hirnleistungsschwäche läßt nicht erkennen, daß es sich um eine psychische Symptomatik han-

*) Herrn Prof. Dr. Friedrich Mauz zum 75. Geburtstag gewidmet.

delt, und er wurde auch für die hauptsächlich vegetative, reversible Symptomatik nach Hirnerschütte- rung benutzt.

Ätiologie

Die Hirnschädigung, die dem orga- nischen Psychosyndrom zugrunde liegt, kann bedingt sein durch:

traumatische Einwirkung (insbe- sondere Hirnquetschung = Contu- sio cerebri), entzündliche Prozesse des Gehirns und seiner Häute, raumfordernde Prozesse (vor al- lem Tumoren), Gefäßerkrankungen, intrakranielle Blutungen (Trauma, Aneurysma), heredodegenerative Hirnerkrankungen (z. B. Picksche Atrophie), Altersprozesse wie seni- le Demenz und präsenile Demenz (Morbus Alzheimer) und schließlich durch allgemein-körperliche Krank- heiten, die das Hirngewebe mitbe- treffen, vor allem Stoffwechsel- krankheiten wie Diabetes oder B12 -

Avitaminose.

Morphologisches Substrat

Das morphologische Substrat des organischen Psychosyndroms ist eine Hirnatrophie, ein Untergang von Hirnzellen. Die Hirnatrophie ist

Das organische Psychosyn- drom gehört nicht zu einer bestimmten Krankheit, son- dern tritt bei allen Hirnschä- den, gleich welcher Genese,

auf. Es ist das häufigste Psy- chosyndrom bei organischer Hirnschädigung. Weit selte- ner sind andere Syndrome, wie hirnlokale Psychosyndro- me bei umschriebenen Hirn- schädigungen und sympto- matische Psychosen, die vor allem bei rascher Einwirkung der Noxe auftreten können.

Das organische Psychosyn- drom ist daher ein sehr häu- figes Krankheitsbild. Obwohl seine Kenntnis die Diagnose vieler Krankheitsprozesse er- möglicht, ist es erstaunlich wenig bekannt. Kein anderes psychiatrisches Syndrom wird so oft verkannt wie die- ses.

in vivo meist schwer festzustellen, am ehesten mit dem Pneumenze- phalogramm beweisbar (siehe un- ten). Zu oft wird die Bezeichnung

„hirnatrophischer Prozeß" benutzt;

denn in vielen, vielleicht den mei- sten Fällen, handelt es sich nicht um eine fortschreitende Hirnatro- phie, sondern um einen Residual- zustand nach Hirnschädigung. Un- ter diesen sind die Folgen früh- kindlicher Hirnschädigung am häu- figsten.

Symptomatik

Alle psychischen Bereiche können betroffen sein, am häufigsten: Ge- dächtnis, Denken, Antrieb, Psycho- motorik, affektive Reaktionen, Stimmung. Aber keines der folgen- den Symptome ist obligat.

Gedächtnis

Da Aufmerksamkeit und Auffas- sungsvermögen nachlassen und das Einprägen des Wahrgenomme-

Psychopathologische Diagnose von Hirnschäden

Das organische Psychosyndrom*)

Rainer Tölle

Aus der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universität Münster

Direktoren: Professor Dr. med. Günter Brune (Neurologie) und Professor Dr. med. Rainer Tölle (Psychiatrie)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 17. April 1975 1125

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Organisches Psychosyndrom

nen schwerer fällt, entsteht zu- nächst eine Merkschwäche für die jüngsten Eindrücke. Mancher Pa- tient klagt spontan hierüber. Auf Befragen ist dieses Symptom prak- tisch regelmäßig festzustellen.

Neue Zahlen und Namen werden besonders leicht vergessen. Bei stärkerer Hirnschädigung wird auch das Altgedächtnis beeinträch- tigt, zuerst erkennbar an der Zeit- gitterstörung: frühere Begebenhei- ten werden zwar richtig erinnert, aber zeitlich falsch eingeordnet.

Später leidet das Gedächtnis ins- gesamt.

Bei stärkerer Gedächtnisstörung kann eine Konfabulationsneigung eintreten: der Kranke versucht Ge- dächtnislücken auszufüllen und ge- rät dabei ins Fabulieren. Sehr schwere Merkstörungen führen zu Desorientiertheit: der Kranke findet sich räumlich und zeitlich nicht mehr zurecht, weil er Informatio- nen auch nicht über kürzeste Zeit speichern kann (siehe unten).

Denkstörungen

Wenn Wahrnehmung und Gedächt- nis gestört sind und eine Antriebs- störung (siehe unten) hinzutritt, ist allein hierdurch schon das Denken beeinträchtigt. Es wird langsam, schwerfällig, beschränkt sich mehr und mehr auf einzelne Inhalte, die häufig wiederholt werden (Perse- veration). Die Wendigkeit läßt nach, was im Gespräch leicht fest- zustellen ist. Mehr und mehr gehen der Überblick und die Fähigkeit verloren, das Wesentliche zu er- kennen und zu berichten. Der Pa- tient wird weitschweifig.

Organische Denkstörungen schwe- rer Art werden Demenz genannt:

Urteils-, Kritik- und Abstraktionsfä- higkeit sind minimal.

Antriebsstörungen

Der Antrieb erlahmt, es fehlt an Ei- geninitiative und Spontaneität. Frü- here Interessen werden nicht mehr wahrgenommen, der Lebensraum

wird enger. Schwere Antriebsstö- rungen nennt man Abulie. Seltener sind Enthemmungszustände mit Antriebsüberschuß und dranghaf- tem Verhalten. Sie treten meist nur im Anfang und nur vorübergehend auf. Häufiger ist das Symptom der Geschwätzigkeit (Logorrhoe), wo- bei das Gesagte ideenarm und ste- reotyp ist (Perseveration).

Psychomotorische Einengung

Mimik und Gestik sind verarmt: Hy- pomimie und Hypokinese. Die Hy- pomimie betrifft anfangs vor allem das Untergesicht, die Mundpartie;

die Augen können noch lebhaft er- scheinen. Reaktionszeiten werden länger, das Tempo verlangsamt sich. Die Sprache wird monoton, modulationsarm in Lautstärke und Klangfarbe. Der Gang ist matt, schwunglos, oft langsam und klein- schrittig. Vielfach gleicht diese psychomotorische Einengung ei- nem beginnenden Parkinson-Syn- drom.

Gestörte affektive Reaktionen

Der Patient bricht leicht in Tränen aus, auch bei geringfügigen Anläs- sen: einer traurigen Nachricht, die nicht einmal ihn selbst oder seine nähere Umgebung betrifft, auch bei plötzlichen freudigen Ereignissen und schon bei pathetisch-senti- mentalen Eindrücken wie gefühl- voller Musik am Radio. Er kann die Weinerlichkeit nicht unterdrücken, sie ist ihm peinlich. Diese Affektin- kontinenz kann sich auch in ande- rer Weise äußern: kleine Verärge- rungen führen zu Wutausbrüchen, die Erregung kann nicht be- herrscht werden.

Verstimmungen

Häufiger als die gehobene Stim- mung des hirnorganisch Kranken (Euphorie) ist die gesenkte Stim- mung. Der Patient ist depressiv, aber meist weder im Sinne der nor- malen Traurigkeit noch der melan- cholischen Gestimmtheit (wie bei

endogener Depression), sondern mehr mißmutig, lustlos, moros und auch gereizt.

Persönlichkeitsveränderung

Einleitend wurde zur Symptomatik gesagt: alle psychischen Funktio- nen können gestört sein. Hinzuzu- fügen ist: das organische Psycho- syndrom zeigt sich in einer Verän- derung der Gesamtpersönlichkeit.

Die feineren seelischen Regungen und Verhaltensweisen sind beein- trächtigt, auch Takt und Rücksicht- nahme. Charakteristische Eigen- schaften können akzentuiert sein und schließlich wie eine Karikatur wirken: der Ordentliche wird pe- dantisch, der Temperamentvolle wird explosiv, der Bedächtige wird abulisch, der Sparsame wird gei- zig, der Großzügige wird ver- schwenderisch usw. Sich selbst und seiner Krankheit gegenüber wird der Patient unkritisch. Er er- kennt seine Ausfälle nicht (Anoso- gnosie) oder er nimmt sie nicht ernst und bagatellisiert.

Frühsymptome

Am Anfang stehen Merkschwäche, Beeinträchtigung des konzentrier- ten Denkens, Verlangsamung, Um- ständlichkeit, Hypomimie und auch Ermüdbarkeit, zum Teil Schlafstö- rungen.

Verläufe

Bei progredient verlaufender Krankheit, bei Hirnarteriosklerose schreitet das organische Psycho- syndrom fort. Das Tempo ist unter- schiedlich. Nach einmaliger Hirn- schädigung, zum Beispiel Contusio cerebri, kann sich das organische Psychosyndrom mehr oder weniger zurückbilden; die Restsymptoma- tik ist stationär. Das gleiche gilt für Zustände nach entzündlichen Hirnprozessen, nach Hirntumor- operation und nach Stoffwechsel- störungen, die behoben werden können. Im günstigsten Fall ist das

1126 Heft 16 vom 17. April 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Organisches Psychosyndrom

organische Psychosyndrom voll re- versibel. Wenn aber Hirngewebe in einem nicht mehr kompensierbaren Umfang irreparabel geschädigt ist, bleiben psychische Störungen zu- rück.

Endzustände

Demenz

ist die schwerste Form des or- ganischen Psychosyndroms mit er- heblicher Beeinträchtigung des Denkens.

Korsakow-Syndrom

wurden ursprünglich die amnesti- schen Störungen (Gedächtnisstö- rungen) in Verbindung mit einer Polyneuropathie als Folge des chronischen Alkoholismus ge- nannt. Heute versteht man unter Korsakow-Syndrom: ausgeprägte Merkschwäche, Desorientiertheit und Konfabulationen (siehe oben).

Depravation

ist die stärkste Ausprägung der Persönlichkeitsveränderungen (sie- he oben).

Diagnostische Hilfen:

O Eine sorgfältige Anamnese mit detaillierten Fragen nach mögli- chen Hirnschädigungen führt oft auf den richtigen diagnostischen Weg.

e Fragen nach der Stellung des Kranken in seiner Umwelt, nach neu aufgetretenen Problemen las- sen oft erkennen, daß es im Zu- sammenhang mit dem organischen Psychosyndrom zu einer relativen Überlastung und zu Konflikten ge- kommen ist, da der Kranke den sonst gewohnten Anforderungen nicht mehr gewachsen ist.

O Testpsychologische Untersu- chungen, vor allem Arbeitsversu- che (Rechentests, Durchstreich- tests) und Benton-Test können oft die Diagnose des organischen Psychosyndroms verifizieren, sel- tener aber zur Diagnose führen,

wenn diese nicht aus der Beobach- tung und Befragung des Kranken erschlossen wurde.

0 Somatische Untersuchungen:

Abweichungen im neurologischen Befund können eine Hirnschädi- gung anzeigen, oft aber ist der neurologische Befund normal. In- ternistische und Laboruntersu- chungen können eine zugrunde lie- gende Krankheit aufdecken. In der Klinik stehen Elektroenzephalo-

gramm, Echoenzephalogramm, Pneumenzephalogramm, Liquor- untersuchung und zerebrale An- giographie zur Verfügung. Die Er- gebnisse dieser Untersuchungen sind aber, zumal bei leichteren und bei länger zurückliegenden Hirn- schädigungen, oft negativ.

Zusammenfassung zur Diagnose

Trotz dieser Hilfen ist die Diagnose des organischen Psychosyndroms in erster Linie eine klinisch-psy- chopathologische Diagnose; sie ergibt sich aus der Beobachtung von Ausdruck und Verhalten des Kranken sowie aus den von ihm vorgebrachten Beschwerden.

Es handelt sich also um eine Dia- gnose, die der Arzt mit seinen Sin- nesorganen, ohne technische Hilfs- mittel stellen kann, was zugleich leicht und schwer ist: schwer, weil der Arzt von diesem diagnosti- schen Vorgehen vielfach entwöhnt ist, leicht, weil der auch nur etwas geschulte Arzt das organische Psy- chosyndrom rasch erkennt und sel- ten irrt.

Schon bei der Befragung des Kran- ken und bei dessen ersten Sätzen können auffallen: verarmte Mimik und Gestik, wenig Modulation in der Sprache. langsames Reden und Auskleiden. Bei den üblichen Fragen zur Anamnese können Schwerbesinnlichkeit und Unsi- cherheit zeitlicher Angaben_ be- merkbar sein. Zwischenfragen kön- nen den Mangel an Wendigkeit und Tempo aufdecken. Erkundigungen

nach den Angehörigen lassen oft

eine Affektinkontinenz hervortre- ten. Eine Verstimmung geht aus dem Ausdruck, der Stimme und dem Inhalt des Gesagten hervor.

Differentialdiagnose

Der häufigste Fehler ist die Ver- kennung des organischen Psycho- syndroms, nicht die Verwechs- lung. Aber auch letzteres kommt vor. Dabei wird öfter fälschlich ein neurotisches oder psychopathi- sches Zustandsbild angenommen, statt der richtigen Diagnose orga- nisches Psychosyndrom. Der umge- kehrte Fehler ist seltener. Das gilt vor allem bei initialen und leichte- ren organischen Psychosyndro- men.

Die dystrophische Hirnschädi- gung von Rußland-Spätheimkeh-

rern ist oft verkannt worden, Be- schwerden und Versagen wurden allein auf Anpassungsschwierigkei- ten zurückgeführt. Bei beginnen- der Hirnarteriosklerose mit leichte- ren Persönlichkeitsstörungen wird nicht selten eine Konfliktreaktion oder auch eine psychopathische Persönlichkeit diagnostiziert. Auch bei verhaltensgestörten Kindern wird die nicht selten zugrunde lie- gende perinatale Hirnschädigung verkannt.

Andererseits kommt es vor, daß im fortgeschrittenen Stadium von neu- rotischen und psychotischen Ver- läufen fälschlich die Diagnose or- ganisches Psychosyndrom gestellt wird.

Leitsymptome für das organische Psychosyndrom sind dann vor al- lem Merkschwäche, Gedächtnis- und Denkstörungen, während auf- grund der Affektivität und Antriebs- veränderungen die Differentialdia- gnose schwieriger ist.

Besonders schwer ist ein organi- sches Psychosyndrom zu erken- nen, wenn gleichzeitig eine schwe- re Depression vorliegt. Die endgül- tige Beurteilung ist erst nach Ab- klingen der depressiven Verstim- mung möglich.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 17. April 1975 1127

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Organisches Psychosyndrom

Im Zweifelsfalle genügt es jedoch, wenn der untersuchende Arzt den Verdacht auf ein organisches Psy- chosyndrom stellt und die notwen- digen Maßnahmen veranlaßt.

Differentialdiagnostisch sind heute auch die Auswirkungen von Psy- chopharmaka, insbesondere von Neuroleptika zu bedenken. Sie füh- ren häufig zu Antriebs- und Affekti- vitätsveränderungen, die den ent- sprechenden Symptomen beim or- ganischen Psychosyndrom ähnlich sein können: Verarmung an Initiati- ve und Spontaneität, Verlangsa- mung, psychomotorische Einen- gung bis zu einem beginnenden Parkinson-Syndrom, depressive Verstimmungen. Es handelt sich dabei um reversible Störungen auf- grund einer Beeinflussung des Hirnstoffwechsels durch die Psy- chopharmaka. Jeder Patient muß heute nach dem Einnehmen von Psychopharmaka befragt werden, insbesondere wenn Verdacht auf ein organisches Psychosyndrom besteht.

Vom Schwachsinn, also dem ange- borenen (erblichen oder früh er- worbenen) Intelligenzmangel, kann das organische Psychosyndrom meist schon an Hand der Anamnese abgegrenzt werden. Darüber hinaus läßt die Symptomatik erkennen, daß bei Schwachsinnigen bereits die Entwicklung der Intelligenz seit der frühesten Kindheit, also das' Er- werben von Wissen und damit auch die Differenzierung der Per- sönlichkeit von vornherein gestört gewesen sind, während beim orga- nischen Psychosyndrom, auch wenn es den Grad der Demenz er- reicht hat, zum mindesten Reste der früheren Intelligenz, Teile des Wissens und Anzeichen einer hö- heren Differenzierung erhalten ge- blieben sind.

Maßnahmen in der Praxis

Die psychopathologische Diagno- se, meist schon in der Sprechstun:

de möglich, ist die erste und zu- gleich entscheidende Maßnahme.

Den ätiologischen Grundprozeß aufzudecken ist sehr viel schwe- rer; denn oft liegt er Jahre zurück, ist inzwischen abgeklungen und hat die organische Hirnschädigung hinterlassen. Auch nach Untersu- chung in der Fachklinik bleibt die Ätiologie oft unklar; bei organi- schen Psychosyndromen aufgrund einer Hirnatrophie im mittleren Le- bensalter in mehr als der Hälfte der Fälle.

Bei der Betreuung hirnorganisch Kranker kommen dem Arzt in der Praxis wichtige Aufgaben zu: ne- ben medikamentösen Behand- lungsversuchen vor allem Hilfen im sozialen Feld, nicht zuletzt hin- sichtlich der gerechten Beurteilung im Unfall- oder Invaliden-Renten- verfahren.

Literatur

Von Baeyer, E.: Zur Pathocharakterologie der organischen Persönlichkeitsverände- rungen, Nervenarzt 18 (1947) 21 — Bleuler, E., Bleuler, M.: Lehrbuch der Psychiatrie, 13. Auflage, Berlin/Heidelberg/New York:

Springer 1975 - Finke, J., Offenloch, K.:

Zentralnervensystem, organische Hirn- krankheiten und Pyritinol, Darmstadt, Merck 1973 - Schulte, W., Tölle, R.:

Psychiatrie, 2. Auflage. Berlin/Heidelberg/

New York, Springer 1973 - Walther-Büel, H., Spoerri, Th. (Hrsg.): Zur Psychiatrie hirnorganischer Störungen, Basel/New York, Karger 1965 - Wyrsch, J.: Zur Ge- schichte des psychoorganischen Syn- droms, Monatschr. f. Psychiat. 121 (1955) 307

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. R. Tölle

Psychiatrische und Nervenklinik der Westfälischen

Wilhelms-Universität 44 Münster

Roxeler Straße 131

FÜR SIE GELESEN

Lungenödem nach Infusionsurographie

Weil man annimmt, daß trotz der etwa fünfmal so hohen Kontrast- mitteldosis gegenüber dem her- kömmlichen Urogramm bei der In- fusionsurographie die Nebenreak- tionen nicht stärker sind, wird man- cherorts diese Methode an Stelle der konventionellen Urographie durchgeführt. Trotz der bekannten dosisbezogenen Gefährdung bei kardiovaskulären Erkrankungen mit Nierenschaden oder Stauungs- erscheinungen wird das Auftreten von Dekompensationszeichen bei stabilisierten Herz-Kreislauf-Patien- ten für unwahrscheinlich gehalten.

Nach Ansicht des Verfassers be- deutet die Infusionsurographie je- doch eine Gefährdung, besonders wenn Natriumsalz als Kontrastmit- tel verwendet wird, denn hierdurch kommt es mehr als beim Methyl- glukaminsalz zu einem plötzlichen Anstieg des Flüssigkeitsvolumens und osmotischen Drucks, der zur Hypervolämie führt. Patienten mit ischämischem Myokard können solche plötzliche Belastung nicht tolerieren. Bericht über einen 60jährigen Patienten mit gesicher- ter arteriosklerotischer Herzerkran- kung, der einer Bypass-Operation zugeführt werden sollte. Wegen Konkrementverdachts erfolgte eine Infusionsurographie mit schnellem Einlaufen von 300 Milliliter 25pro- zentiger Natriumdiatrizoatlösung.

Dabei kam es zu plötzlichem Vor- hofflimmern und Kammertachykar- die von 150/min. Durch intravenöse Cedilanidgabe traten prompt wie- der Sinusrhythmus und subjektive Besserung ein. Zwölf Stunden spä- ter kam es zu Blutdruckabfall, Schwäche, Erbrechen, Oligurie, Si- nustachykardie und unspezifischer RS-T-Senkung in den präkordialen EKG-Ableitungen. Die Thoraxüber- sichtsaufnahme zeigte ein schwe- res Lungenödem, dem der Patient zwölf Stunden später erlag. Pz Cameron, J. D.:

Pulmonary Edema Following Drip-Infusion Urography

Radiology 111 (1974) 89-90

X-Ray Department, Defiance Hospital, De- fiance, Ohio 43512

1128 Heft 16 vom 17. April 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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