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M 151/2000 JGK 18. Oktober 2000 45C

Motion

3129 Burger-Bono, Bern (FDP)

Weitere Unterschriften: 26 Eingereicht am: 14.06.2000

Erweiterung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr bei Gefährdung der Sicherheit anderer

Das geltende Strafverfahren des Kantons Bern setzt die Schwelle, ab wann der Angeschuldigte wegen Wiederholungsgefahr in Haft genommen werden darf, hoch an. Der geständige, nicht kolludierende und auch nicht fluchtgefährliche Täter kann erst dann in Haft genommen werden, wenn während dem bereits hängigen Verfahren ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen, nachdem er bereits mindestens einmal während demselben hängigen Verfahren ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat. Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr setzt also in der geltenden Fassung dringende Gründe zur Annahme einer wiederholten Tatbegehung sowie die tatsächliche Begehung derselben voraus. Diese Bestimmung ist insofern unbefriedigend, als bei einem als möglichen Wiederholungstäter eingestuften Angeschuldigten zugewartet werden muss, bis dieser während eines bereits laufenden Verfahrens erneut ein Verbrechen oder Vergehen begeht, damit er unter Berufung auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr in Haft genommen werden kann.

Der Regierungsrat wird deshalb ersucht, eine Gesetzesänderung des geltenden Artikel 176 Absatz 2 Buchstabe 3 StrV wie folgt vorzubereiten:

Artikel 176

1In der Regel bleibt die angeschuldigte Person in Freiheit.

2Sie kann in Untersuchungshaft versetzt werden, wenn sie eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt ist und zudem ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, sie werde

1. sich durch Flucht dem Strafverfahren oder einer zu erwartenden Sanktion entziehen oder

2. durch Beeinflussung von Personen oder durch Einwirkung auf Spuren oder Beweismittel die Abklärung des Sachverhaltes vereiteln oder gefährden oder

3. weitere Verbrechen oder Vergehen begehen,

a. und dadurch die Sicherheit anderer in schwerwiegender Weise gefährden:

b. wenn sie während der Dauer des Verfahrens dies bereits mindestens einmal getan hat.

Begründung:

Alle Haftgründe stehen im Spannungsverhältnis zum Grundrecht der persönlichen Freiheit, insbesondere auch deshalb, weil die Schuld des Täters erst nach Urteilsfällung bewiesen

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ist. Währenddem die Haftgründe der Kollusionsgefahr oder Fluchtgefahr der Verfahrenssicherung dienen, stellt der Haftgrund der Wiederholungsgefahr als Präventivhaft einen eigentlichen Fremdkörper im System des Haftsrechts dar und ist deshalb nur mit besonders grosser Zurückhaltung anzuwenden.

Insbesondere bei schweren Gewaltdelikten, und hier besonders in nahen Beziehungen wie Ehekonflikten usw., hat die geltende Bestimmung grosse Lücken. Häufig sind die Strafverfolgungsbehörden, Polizei, aber auch betreuende Personen wie Sozialdienste usw.

dazu verurteilt, auf ein neuerliches Delikt eines Täters zu warten, bis der Haftrichter eine Verhaftung aussprechen kann. In klar umrissenen Fällen könnte der neue Tatbestand nicht nur die gefährdeten Personen schützen, sondern auch den Täter vor seinen eigenen Handlungen bewahren. Voraussetzung dazu ist, dass Personen in schwerwiegender Weise gefährdet sind. Dies schliesst Delikte gegen das Vermögen ausdrücklich aus. Bei der Erweiterung dieses Haftgrundes geht es ausschliesslich darum, Gewaltverbrechen an Personen zu verhindern.

Das Gesetz des Kantons Bern ist neben der Strafprozessordnung des Kantons Zürich, welche immerhin bereits verübte zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen voraussetzt, die einzige Strafprozessordnung, welche für den Haftgrund des Wiederholungsgefahr ausnahmslos die Begehung eines neuen Verbrechens oder Vergehens während des bereits hängigen Verfahrens voraussetzt. Gemäss den Strafprozessordnungen der übrigen Kantone genügt meist - vereinfacht ausgedrückt - die manifeste Gefahr, dass der Beschuldigte, wenn er entlassen würde, weitere Delikte verübte, die in schwerwiegender Weise die öffentliche Sicherheit beeinträchtigen würden.

Insofern geht der vorgeschlagene Artikel weniger weit als vergleichbare Regeln in andern Kantonen, da er einzig auf die Gefährdung der Sicherheit von Personen ausgerichtet ist.

Dies rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der doch erheblichen Einschränkung der persönlichen Freiheit. Die vorgeschlagene Formulierung würde auch die EMRK nicht verletzen, da diese eine deutlich tiefere Schwelle zur Verhaftung vorschreibt. Artikel 25 Absatz 1 KV Bern geht nicht über die Garantie von Artikel 5 EMRK sowie Artikel 31 BV hinaus. Die vorgesehene Neuregelung widerspricht deshalb auch nicht der Verfassung des Kantons Bern oder der Bundesverfassung.

Antwort des Regierungsrates

Im Gegensatz zu andern kantonalen Regelungen liegt im bernischen Strafverfahren der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nicht schon dann vor, wenn ganz allgemein die Ge- fahr besteht, die angeschuldigte Person könnte weitere Verbrechen oder Vergehen be- gehen; vielmehr kommt eine Verhaftung erst dann in Frage, wenn die angeschuldigte Person während der Dauer des Verfahrens mindestens ein weiteres Verbrechen oder Vergehen verübt hat. Der Verhaftungsgrund bezieht sich somit vorwiegend auf Personen, die durch stets neues Delinquieren während des Verfahrens dessen Erledigung hinaus- zögern oder verunmöglichen. Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung aner- kannt, dass die Haft wegen Fortsetzungsgefahr gerade der Beschleunigung des Straf- verfahrens dient, indem verhindert wird, dass sich das Verfahren übermässig in die Länge zieht.

Die von der Motionärin vorgeschlagene Fassung von Artikel 176 Abs. 2 Ziffer 3 Straf- verfahren (StrV) geht weiter, wäre doch der Haftgrund der Wiederholungsgefahr auch dann gegeben, wenn ernsthafte Gründe zur Annahme bestehen, die angeschuldigte Per- son werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen und dadurch die Sicherheit ande- rer in schwer wiegender Weise gefährden. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist die Wahrung des Interesses an der Verhütung weiterer schwerer Delikte weder verfassungs- noch grundrechtswidrig. Bei der Annahme, dass die angeschuldigte Person weitere Verbrechen oder Vergehen begehen könnte, ist allerdings Zurückhaltung geboten.

Präventivhaft stellt einen schwer wiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit dar. Sie muss deshalb über eine hinreichende gesetzliche Grundlage verfügen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Schliesslich gilt bei der Prä-

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ventivhaft, dass sie nur utlima ratio sein kann. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von der Anordnung oder Fortdauer der Haft abgesehen werden und an ihrer Stelle eine Ersatzmassnahme angeordnet werden. Die von der Motionärin formu- lierte Erweiterung des Haftgrundes entspricht den vom Bundesgericht verlangten Voraus- setzungen. Damit kommen bloss Delikte in Frage, bei denen die Sicherheit anderer gefährdet wird. Sämtliche Vermögensdelikte scheiden aus. Da ferner die Gefährdung schwer wiegend sein muss, entfallen geringfügige Delikte ebenfalls als Haftgrund.

Gewalt im sozialen Nahraum, häusliche Gewaltdelikte sind oftmals Wiederholungstaten.

Der für solche Fälle wohl wichtigste Haftgrund, die Wiederholungsgefahr, ist nach Art. 176 Absatz 2 Strafverfahren erst dann gegeben, wenn seit Einreichung der Anzeige bereits eine Wiederholung stattgefunden hat. Die betroffene Person, in der Regel die Frau, muss also zuerst weitere Gewalt über sich ergehen lassen, bevor der Staat wirksam eingreifen kann.

Die von der Motionärin vorgeschlagene Formulierung von Artikel 176 Absatz 2 Ziffer 3 StrV ist allerdings relativ unbestimmt und lässt den Gerichten einen Auslegungsspielraum.

Um eine grössere Rechtssicherheit zu erreichen, müsste der Haftgrund der Wie- derholungsgefahr auf Fälle von qualifizierten Gewaltdelikten oder auf eine abschliessende Aufzählung von schweren Delikten beschränkt werden, wobei zu prüfen wäre, ob die Gefährdung der sexuellen Integrität ebenfalls in die abschliessende Aufzählung aufzunehmen wäre.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Antrag der Motionärin den Bestim- mungen der europäischen Menschenrechtskonvention entspricht und verfassungsmässig ist. Eine Erweiterung des Haftgrundes bei Wiederholungsgefahr im Sinne der Motion würde mit Sicherheit dazu beitragen, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Es kann noch erwähnt werden, dass die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion im Anschluss an die von ihr durchgeführten Evaluation der Justizreform ihrerseits eine Erweiterung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr im Sinne der Motion geplant hat. Eine entsprechende Vorlage soll dem grossen Rat voraussichtlich im Verlaufe des Jahres 2001 vorgelegt werden.

Antrag: Annahme der Motion.

An den Grossen Rat

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