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Archiv "Psychoanalyse: Von Vorurteilen unbelastet" (16.06.2006)

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Arzneimittel

Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Arznei- mittelausgaben: Geteilte Verantwor- tung“ von Heike Korzilius in Heft 18/2006:

Zulasten der Forschung

Als niedergelassener Allge- meinarzt darf ich Sie dahinge- hend informieren, dass bereits 70 Prozent meiner Verordnun- gen im Generikabereich lie- gen, d. h. jedes Mal mit einem

„Aut idem“ gekennzeichnet sind. 18,7 Prozent meiner Ver- ordnungen sind Reimporte (somit preisgünstige Verord- nungen), 9,9 Prozent Analog- präparate und nur 9,0 Prozent Spezialpräparate. Bei den Spe- zialpräparaten handelt es sich um Innovationen, die dringend erforderlich sind, um proble- matische Krankheitsbilder therapeutisch zu versorgen.

Diese Sparleistungen sind of- fensichtlich von Politikern noch nicht registriert worden.

Auch mit einer Bonus-Malus- Regelung sind aus meiner Sicht keine wesentlichen Einsparun- gen mehr möglich . . . Anmer- ken möchte ich noch, dass bei einer so sparsamen Verord- nung von Originalpräparaten die Forschung in Deutschland unterbleiben wird. Die Aus- wirkungen brauche ich Ihnen nicht näher zu erläutern.

Dr. med. Gerhard Richter, Breiteweg 9, 88410 Bad Wurzach

Der Kritik nicht gefolgt

Frau Korzilius weist kritisch auf das Dilemma hin, dass die Ärzte für eine wirtschaftliche Arzneimittelverordnung ver- antwortlich gemacht werden, obwohl sie keinen Einfluss auf die Arzneimittelpreise haben.

Es wird Ulrich Weigeldt zitiert, der sich für eine Teilung der Verantwortung zwischen Ärz- ten und Apothekern ausge- sprochen hat. Aber die konse- quente Anwendung des „Aut idem“ kommt an ihre Grenze, wenn die Regierung selber das bisherige Instrument zur Preis- senkung, nämlich die Festbe- tragsregelung, zahnlos macht.

Dies ist durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaft- lichkeit in der Arzneimittelver- sorgung geschehen, dessen zentraler Punkt die Neurege- lung der Festbetragsgruppen ist. Der Vorsitzende des Ge- meinsamen Bundesausschus- ses (G-BA), Dr. Hess, hat die neuen Kriterien zur Einord- nung von Präparaten in die Festbetragsgruppen kritisch als ein politisches Zugeständnis bewertet. Danach soll nämlich in Zukunft nicht mehr wirk- stoff-, sondern indikationsbe- zogen vorgegangen werden. In anderen Worten: Ein unter Pa- tentschutz stehendes Präparat gilt auch dann noch als innova- tiv (und nicht als festbetrags- gruppenpflichtiges Analog- präparat), wenn der Nutzen nur einer einzelnen Patienten- gruppe zugute kommt, sie mag auch extrem klein sein. Die Bundesärztekammer und Arz- neimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft haben sich vor Verabschiedung des Geset- zes hierzu kritisch geäußert.

Ihrer Kritik ist nicht gefolgt worden. Schade, denn das bei Analogpräparaten eingesparte Geld könnte der großen Zahl von Patienten zugute kom- men, die tatsächlich einer echt innovativen, teuren Therapie bedürftig sind.

Prof. Dr. med. Bruno Müller- Oerlinghausen,Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Jebensstraße 3, 10623 Berlin

Psychoanalyse

Zu dem Beitrag „Wissenschaft und Lebenskunst“ von Prof. Dr. Michael B.

Buchholz, Dipl.-Psych., in Heft 14/2006:

Der erste gute Artikel

Nach jahrzehntelangem Un- sinn zum Thema S. Freud/Psy- choanalyse im z. B. Stern oder Spiegel der erste gute Artikel, den ich lese. Insbesondere durch die Würdigung des Stils und der Schriften von Freud zeichnet sich der Autor als kompetent aus. In langer eige- ner Praxis habe ich die rah- menharte Bedeutung des Stils auch als Schleusen öffnendes therapeutisches Agens kennen gelernt.

Dipl.-Psych. Michael Lumpp, In de Wisch 14, 28857 Syke

Kein Vorbild für Ärzte und Forscher

Neue Wissenschaft und bessere Lebenskunst habe Freud uns gebracht? Ein Stück Hofbe- richt ist, was Michael Buchholz bietet. „Was richtig war, war nicht neu, und was neu war, war nicht richtig“ haben die kundigen Psychologen schon zu Lebzeiten Freuds kommen- tiert. Die Neurobiologie habe Freud bestätigt? Im Gegenteil, sie zeigt auf ihre Weise den Un- terschied zwischen einer in- stinktgeleiteten Ratte und ei- nem Menschen mit seinem rie- sigen Frontalhirn zum kreati- ven Denken und vernünftigen Wollen. Die Überschätzung der frühen Kindheit ist wider- legt (z. B. von Cécile Ernst), aber gerade auf diesem Irrtum beruht das ganze Verfahren Freuds. Mit Recht ist deshalb der Freudismus in den letzten Jahrzehnten als Therapie im- mer unwichtiger geworden.

Dass er überhaupt so mächtig werden konnte, verdankte er dem Bankrott der amerikani- schen Psychologie unter dem Behaviorismus, der sich im Ge- hege der Begriffe Reiz, Reakti- on und Anpassung bewegte, und dem Sieg der amerikani- schen Psychologie auch in Eu- ropa nach 1945. Bis 1965 war

alles, was mit besonnenem Wil- len zusammenhing, aus der psychologischen Literatur ver- schwunden. Erst nach der neu- rophysiologischen Entdeckung des Bereitschaftspotenzials wagten die Psychologen wie- der, über humanen Willen nachzudenken. Zugleich aber feierte der Freudsche Hedonis- mus als Weltanschauung 1968 einen absurden Triumph in der Kulturrevolution, an deren Fol- gen wir noch immer leiden.

Freud hatte sich schon in den Neunzigerjahren des 19. Jahr- hunderts infolge seines Kokai- nismus von der Wissenschaft verabschiedet und war Propa- gandist des Hedonismus ge- worden; er gründete dazu ein Propagandakomitee. Das

„Realitätsprinzip“ stand nun im Dienste des „Lustprinzips“.

Die Frankfurter Schule unter Horkheimer und Adorno machte aus dem Marxismus den hedonistischen Freudo- marxismus. Mit Faschismus hat Kritik an Freud nichts zu tun;

Karen Horney, Karl Jaspers, Viktor E. Frankl und Hans Jür- gen Eysenck waren Antifaschi- sten. Ein Vorbild für Forscher ist Freud nicht, erst recht nicht für Ärzte. Allenfalls ein Schrift- steller, aber einer, der oft nur die halbe Wahrheit sagte.

Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. Hans Helmut Kornhuber,Forstweg 13, 89143 Blaubeuren

Von Vorurteilen unbelastet

Freuds seiner Zeit vorausei- lenden Erkenntnisse waren auch möglich, weil er von ge- sellschaftlich bestimmenden, d. h. religiösen und philosophi- schen Vorurteilen über die Psyche oder Seele unbelastet war, Vorurteilen, die bis heute aufrechterhalten werden, wor- aus sich die unversöhnliche Feindschaft der traditionellen Psychiatrie gegen den Begrün- der der Psychoanalyse er- klären lässt, deren Erkenntnis- wert übrigens laut Freuds Re- sümee ihren therapeutischen weit hinter sich lässt. Wer von seinen zeitgenössischen Kolle- gen hätte schon in seinen No- tizen Gedanken hinterlassen

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006 AA1667

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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wie diese: „Räumlichkeit mag die Projektion der Ausdeh- nung des psychischen Appa- rats sein. Keine andere Ablei- tung wahrscheinlich. Anstatt Kants a priori Bedingungen des psychischen Apparats. Psy- che ist ausgedehnt, weiß nichts davon.“ Und wie viele verfüg- ten über die Kraft des Urteils, mit der Freud 1938 „dem deut- schen Volke den Rückfall in vorgeschichtliche Barbarei“

ankündigte?

Dr. med. Norbert Willerding, Burgblick 16, 97688 Bad Kissingen

Verdrängung der Realität

. . . Der Artikel von Prof.

Buchholz preist etwas an, was die Psychoanalyse zuallerletzt ist: eine Lebenskunst. Viel- leicht stimmt das für satte Ver- einsmitglieder, aber nicht für jene Psychiater, die als ver- leumdete und angefeindete Einzelkämpfer, aber aus Überzeugung, eine psychoana- lytische Psychiatrie zum Woh- le ihrer Patienten als Spezia- lität anbieten können. Es ist seit Freud in der Psychoanaly- se eine neurotische Tradition, alles zu verdrängen oder be- wusst zu ignorieren, was das System gefährden könnte. Ich erinnere daran, dass Freud sei- nen berühmten Vorgänger, Carl Gustav Carus, nach dem die Medizinische Akademie der Dresdener Universität be- nannt ist und dessen lesens- werte „Psyche“ von 1846 in diesem Jahr ihren 160. Ge- burtstag feiert, nirgends in sei- nen Schriften erwähnt und dass es ihm alle seine Anhän- ger bis heute, soweit ich das Schrifttum kenne, nachma- chen. C. G. Jung war da eine Ausnahme. Die „Lebens- kunst“ als eine Essenz der Psychoanalyse hinzustellen und eigene Offenbarungen sowie Klatsch und Tratsch über andere, mit Veröffentli- chungen von Randfiguren der Psychoanalyse garniert, als den frischen Wind in der Psy- choanalyse zu vermarkten, ist unglaubwürdig . . . Der psy- chologische Artikel im DÄ mag ehrlich gemeint sein, wie die Psychoanalyse es immer

sein sollte, aber er verdrängt die Realität, den unverändert weiterschwelenden Konflikt zwischen Psychiatrie und Psy- choanalyse. In der Rückschau auf die letzten 25 Jahre Psy- choanalyse gibt der 150. Ge- burtstag Freuds Anlass zu kri- tischer Bilanz. Das Gelobte Land der Psychiatrie ist für Moses und seinen Josua noch lange nicht erreicht (Brief Freuds an Jung v. 17. 1. 1909, zitiert aus „Selbstdarstellun- gen“, Fischer Taschenbuch, S.

29). Haben etwa die Anwen- dungen der Psychoanalyse, vor allem im Bereich der Psychia- trie, während dieser Zeit mehr Geltung bekommen? Ich glau- be nicht. Wo sind die Ideen und die Begeisterung der da- maligen Lehrstuhlinhaber ge- blieben, die die Psychoanalyse auf die Lehrstühle in die Uni- versitäten gebracht haben?

Liest man ihre lesenswerten Veröffentlichungen heute überhaupt noch, oder übt man sich auch hier im Verdrängen?

Wie ist es möglich, dass man seelisch Leidende heute im- mer noch zum „Neurologen“

schickt – wie vor 150 Jahren – und nicht direkt zum Speziali- sten überweist? . . .

Dr. med. Winfried Eul,Westwall 189, 47798 Krefeld

Heroin

Zu dem Beitrag „Heroingestützte Be- handlung: Weg von der Straße“ von Petra Bühring in Heft 14/2006:

Blinder Aktionismus?

Die Behandlung von Drogen- kranken ist eine uralte Krux in der Psychiatrie. Man lese nur die Dokumentation über das Debakel, in welches Sigmund Freud mit der Kokainbehand- lung seines morphinabhängi- gen Freundes geraten ist. Bei S. Fischer sind seine Kokain- Schriften veröffentlicht. Jetzt also die neueste Drehung in dieser Endlosschraube und die Anpreisung der Behandlung Heroinabhängiger mit Heroin.

Die Frage darf erlaubt sein, ob man sich am homöopathischen Simileprinzip orientiert oder ob es doch wieder nur blinder

Aktionismus ist. Wenn ich die Auflistung der Kosten sehe, werde ich nur wütend, weil ich noch die Apothekenpreise der Betäubungsmittel aus den 70er- bis 80er-Jahren in Erinnerung habe, wirkliche Spottpreise im Vergleich zu heute. Und die Herstellung von L-Polamidon ist sicher nicht komplizierter geworden als vor 30 Jahren.

Diazethylmorphin lässt sich be- kanntlich mit dem Kosmos-

Chemiekasten aus Morphinba- se und Eisessig aufkochen.

Aber Drogenhändler, ob legale oder illegale, haben ihre eigene Ethik und deshalb bekommt Diamorphin den Mondpreis, der ihm von den Politikern zu- gestanden wird. Gehen wir da- von aus, es handelt sich nur um Aktionismus. Dieser hat noch nie weitergeholfen. Diesen Eindruck muss für einen lang- jährigen Drogenbeauftragten der Ärztekammer Westfalen- Lippe die Mitteilung hinterlas- sen, dass die Drogenbeauftrag- ten jetzt die Heroinvergabe an Süchtige zulassen wollen. Es gibt keine vernünftigen Argu- mente, den Teufel mit dem Teu- fel austreiben zu wollen, nach- dem das Austreiben mit dem Beelzebub schon für die Ge- sundheit der Drogenabhängi- gen nichts gebracht hat: Ob sie nun Heroin aus dem Schwarz- markt nehmen, Methadon schlucken oder sich Heroin aus staatlichen Beständen spritzen lassen, sie bleiben abhängig und suchtkrank. Dies ist das

zentrale gesundheitliche Pro- blem. Die Entlastung für die Justizverwaltung und die staat- lichen Sicherheitsorgane steht auf einem anderen Blatt. Diese werden aber nicht entlastet, in- dem Methadon durch Heroin ersetzt wird. Das Hauptargu- ment gegen Heroinvergabe ist die schlechte Kontrolle des Beigebrauchs. Dieses Problem besteht auch bei den still- schweigend übergangenen an- deren Substitutionsmethoden einschließlich Subutex und Codein. Wenn Methadon ver- ordnet wird, kann mühelos die illegale Einnahme von Heroin kontrolliert werden. Dies ist nicht mehr möglich, wenn der Suchtersatzstoff mit dem ille- galen Stoff identisch ist. Und Heroin dem Süchtigen vom Arzt spritzen lassen? Horribi- le! Für mich ist unverständlich, warum selbst Suchtexperten unter Politikern nicht mehr in Erinnerung haben, dass Heroin als „Heilmittel“ zur Behand- lung der morphinabhängigen Soldaten im 1870er-Krieg ent- wickelt und auf den Markt ge- bracht wurde. Was damals falsch war und sich im wahr- sten Sinne des Wortes als Rohrkrepierer herausgestellt hat, kann im 21. Jahrhundert nicht viel richtiger sein . . . Der Drogenpolitik wird langfristig nichts übrig bleiben, als sich von sozial-romantischen Vor- stellungen aus dem Ende des letzten Jahrhunderts zu verab- schieden . . .

Dr. med. Hans Baiker, Lange Straße 55, 32756 Detmold

Entkräftung des Kostenarguments

. . . Betrachtet man die Ergeb- nisse der Heroin-Studie quali- tativ und hintergründig, so kann das Fazit nur positiv aus- fallen. Die Tatsache, dass den (bedacht ausgewählten) Pati- enten diese Behandlung prak- tisch ausnahmslos ein „norma- les“ Leben ermöglicht(e?), wodurch sie wieder ein nützli- ches Mitglied der Gesellschaft werden können, steht außer Frage, weshalb ich nicht näher darauf eingehen möchte. Da jetzt das weitere, politische A

A1668 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 24⏐⏐16. Juni 2006

B R I E F E

Eine Spritze mit Diamorphin wird aufgezogen.

Foto:picture-alliance

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