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Archiv "Vorratsdatenspeicherung in der bisherigen Form war unzulässig" (19.03.2010)

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A 518 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 11

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19. März 2010 Quer übers Gelände zum Chefarzt.

Warten. Eintreten. Unterschrift.

Weiter zur zentralen Ausgabestelle.

Warten. Medikament nicht auf Vor- rat. Handynummer mitgeteilt. Zu- rück zum Zimmer. Warten. Handy klingelt. Medikament da. Endlich.

Die schwierigste Aufgabe ist die Suche nach Blutspendern. Denn wer regelmäßig Blut braucht, muss sich in der Türkei selbst kümmern. Der Blutgruppe meines Opas, A Rhesus negativ, gehören nur etwa fünf Pro- zent der türkischen Bevölkerung an.

Die einzige Hilfe des Krankenhauses ist eine Blutspenderliste. Tag für Tag gilt es, auf eigene Faust neue Spen- der für Thrombozyten zu finden.

Wenn die Spender zum Krankenhaus kommen, bleiben wir ständig bei ih- nen. Wir erklären die Prozedur, bie-

ten Getränke oder Mahlzeiten an;

bestehen darauf, wenigstens das Fahrgeld zu erstatten. Wenn die Spender Geld verlangen, zahlen wir, aber das kommt selten vor. Die Kon- serve mit den gespendeten Throm- bozyten drückt man uns später in einer Plastiktüte in die Hand.

Manchmal, wenn das Blut länger im Kühlschrank gelegen hat, muss es aufgewärmt werden. Auch dafür braucht man die Angehörigen. Wir schieben uns die Blutkonserve unter die Achsel und warten, bis sie Kör- pertemperatur angenommen hat.

Patient sein in Istanbul geht aber auch anders. Eines Tages ruft mich meine Freundin Aysun an: Verdacht auf Fehlgeburt. Ich begleite sie ins Cerrahi-Krankenhaus im angesagten Stadtteil Nişantaşi. Sich hier behan- deln zu lassen, ist kostspielig: Für eine Ultraschalluntersuchung, eine zehnminütige Beratung, das Medi- kament und eine halbe Stunde War- tezeit wird Aysun am Ende umge- rechnet 180 Euro aus eigener Tasche zahlen. Dafür werden die Sinne ent- schädigt: Die Eingangshalle ist in dezentem Beige gehalten, der Boden ist gefliest und spiegelblank, von der Decke sorgen Hunderte kleine Lämpchen für glitzerndes Licht. Die Frauen an der Anmeldetheke sind perfekt gestylt, sogar die Patienten

scheinen schöner, schlanker, schi- cker. Mit einem der modernen Auf- züge fahren wir in die vierte Etage.

Klaviermusik, hier und da wartet ein Patient geduldig auf einem gepols- terten Sessel. Der Gynäkologe ist freundlich, aber distanziert. Er ver- schreibt Progesteron. Er kennt die Erwartungshaltung der türkischen Patienten: ein Arztbesuch ohne Re- zept ist wie ein Erntetag auf dem Feld, an dem die Körbe leer bleiben.

Unterschiedlicher könnten die beiden Krankenhäuser kaum sein, doch eines haben sie gemeinsam:

Alle Eingänge sind von bewaffne- ten Wachmännern gesäumt. Die in Nişantaşi nehmen ihre Aufgabe freilich ernster. Hier gibt es mehr zu verlieren: nicht mehr Menschenle- ben, aber einen Ruf und viel Geld.

In Cerrahpaşa steht an einem Abend eine Frau vor unserer Tür.

Sie winkt meiner Oma flüchtig zu:

„Ich gehe jetzt. Wir gehen alle.“

Mehrere Frauen stehen im Kreis und schluchzen. Einige Männer gu- cken ernst der Trage hinterher, die samt Schläuchen und Sauerstofffla- schen zur Intensivstation gescho- ben wird. Einbindung von Angehö- rigen hin oder her – auch in der Tür- kei sterben viele Patienten umgeben von Schläuchen und Maschinen. ■

Nora Sevbihiv Sinemillioglu

Die Vorschriften des Telekommunikationsge- setzes (TKG) und der Strafprozessordnung (StPO), die eine vorsorgliche Speicherung von Telekommunikationsdaten für sechs Monate sowie die Verwendung dieser Daten regeln, verstoßen gegen Artikel 10 Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.

Die angegriffenen Vorschriften waren seit 1.

Januar 2008 in Kraft. Dagegen hatten zahlreiche Personen und Institutionen Verfassungsbeschwer- de eingelegt. Das BVerfG führt in seiner Urteilsbe- gründung aus, dass die Speicherung von Daten ohne Anlass (wie vor allem in § 113 a TKG) zur qualifizierten Verwendung im Rahmen der Straf- verfolgung, der Gefahrenabwehr und der Aufga- ben der Nachrichtendienste mit dem Grundgesetz

nicht schlechthin unvereinbar ist. Der Gesetzgeber kann mit einer solchen Regelung legitime Zwecke verfolgen, weshalb eine solche Speicherung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ge- eignet und erforderlich sein kann.

Allerdings unterliegt eine solche Datenspei- cherung wegen des möglichen Gefühls der Bürger, ständig überwacht zu werden, sowohl im Hinblick auf die Begründung als auch hin- sichtlich ihrer Ausgestaltung, vor allem den vorgesehenen Verwendungszwecken, beson- ders strengen Anforderungen. Die diffuse Be- drohlichkeit, die die Datenspeicherung entfal- ten kann, muss durch wirksame Transparenz- regelungen aufgefangen werden.

Dazu zählt, den Grundsatz der Offenheit der Erhebung und Nutzung von personenbezogenen

Daten anzuwenden. Das heißt: Die rechtlichen und faktischen Grundlagen entsprechender Aus- kunftsbegehren sind aktenkundig zu machen.

Ein Richtervorbehalt muss demgegenüber für solche Auskünfte nicht vorgesehen werden.

Zudem hat der Gesetzgeber Benachrichti- gungspflichten vorzusehen, sofern dadurch der Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird bezie- hungsweise überwiegende Interessen dem nicht entgegenstehen. Dem Bund obliegt es darüber hinaus auch sicherzustellen, dass eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende, hinreichend präzise Begren- zung der Datenverwendungszwecke fixiert wird. Dem entsprachen die aufgehobenen ge- setzlichen Regelungen nicht. (Bundesverfas- sungsgericht, Urteil vom 2. März 2010, Az.:

1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08).

RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Vorratsdatenspeicherung in der bisherigen Form war unzulässig

Große Hilfsbereit- schaft: Die pflegen- den Angehörigen

treffen sich zum Small Talk und helfen sich gegen-

seitig aus.

Fotos: Nora Sevbihiv Sinemillioglu

S T A T U S

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