A 2444 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 49|
4. Dezember 2009DEPRESSION UND DEMENZ
Leitlinien veröffentlicht
Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde wurden die S3-Leitlinien zur unipolaren Depression und Demenz vorgestellt.
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ier Jahre lang haben 28 Fach- gesellschaften und Berufsver- bände sowie zwei Patientenorgani- sationen unter Leitung der Abtei- lung Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg und des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) an dem Projekt gearbeitet: Nun stell- te der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psy- chotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Dr. med. Frank Schnei- der, die S3-Leitlinie zur unipolaren Depression auf dem diesjährigen Jahreskongress der Gesellschaft in Berlin vor. „Die neuen S3-Leitlini- en sind ein Meilenstein in der Er- kennung und Behandlung von De- pressionen“, verkündete der Präsi- dent nicht ganz ohne Stolz.Und dieser ist nicht ganz unbe- gründet: Die Leitlinie beruht auf 1 232 Publikationen, deren metho- dische Güte diskutiert und bewer- tet wurde. Zudem gibt sie 107 Empfehlungen und Statements zu den Themen Prävention und Scree-
ning, Diagnostik, Psycho- und Pharmakotherapie, Komorbidität und Suizidalität. Auch Fragen der Versorgungskoordination werden behandelt. Dazu zählten zum Bei- spiel Einweisungskriterien, Naht- stellen, Rehabilitation und Quali- tätsmanagement. „Durch die enge Kooperation konnten evidenzba- sierte Grundlagen und Praxisanfor- derungen optimal verbunden wer- den“, sagte Prof. Dr. med. Günter Ollenschläger von der ÄZQ.
Nur die Hälfte der
Depressionen wird erkannt
Das Projekt ist die erste Leitlinie, die gleichzeitig als S3-Leitlinie und als Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) entstand. Das NVL-Programm wird von der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) getra- gen. Experten geben Empfehlungen, die vor allem die fachübergreifende Versorgung von Patienten im deut-schen Gesundheitssystem verbes- sern soll, so die Autoren. Bisher werde nur etwa die Hälfte der De- pressionen durch Hausärzte er- kannt, diese Erkennungsrate wolle man durch gezielte Schulungen verbessern, erläuterte Prof. Dr. med.
Mathias Berger von der DGPPN.
„Allerdings sind jetzt alle gefor- dert, diese Leitlinie umzusetzen.
Die massiven strukturellen Versor- gungsprobleme wird man dadurch aber wohl nicht lösen können“, er- klärte Berger.
Man sehe die S3-Leitlinie als ein Projekt der Zukunft und wolle diese nachhaltig implementieren. Aus diesem Grund sollen neben einer ausführlichen Langfassung auch ei- ne Kurzversion, ein Leitlinienreport und Praxishilfen erscheinen.
Darüber hinaus wurde eine S3-Leitlinie Demenz vorgestellt.
Diese Leitlinie schreibt erstmals detailliert und fachübergreifend Standards der wissenschaftlichen und klinischen Fachgesellschaften fest. Auf der Basis der von 28 Fachgesellschaften, Berufsverbän- den und Patientenvereinigungen verfassten Leitlinie soll im nächs- ten Schritt eine Versorgungsleitli- nie Demenz entstehen. Thematisch umfasst die Leitlinie die Diagnos- tik und Therapie aller Demenzty- pen sowie Empfehlungen zu Dia- gnose und Management der leich- ten kognitiven Störung bis zur Prävention von Demenzen. Ein be- sonderer Schwerpunkt liegt im Vergleich zu anderen Leitlinien auf der Behandlung von psychischen und Verhaltenssymptomen sowie auf den psychosozialen Interven- tionen und nicht pharmakologi- schen Therapieverfahren. ■ Sunna Gieseke
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Die Leitlinien im Netz: Demenz: www.dgn.org, Depression: www.dgppn.de Der Präsident der
DGPPN, Prof.
Dr. med. Frank Schneider, lobte in seiner Eröffnungs- rede auf dem Kon- gress der DGPPN die neuen Leitlinien zur Behandlung von Depressionen und Demenz.
Foto: DGPPN