• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Depression und Demenz" (24.07.1992)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Depression und Demenz" (24.07.1992)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Depression und Demenz

Hubert Kuhs

A

uf den ersten Blick hat es den Anschein, als sei eine Unterscheidung zwischen Depression und Demenz für den Arzt stets leicht und pro- blemlos möglich. In der allgemein- ärztlichen und nervenärztlichen Pra- xis sieht man aber nicht selten Pa- tienten, die vor allem über Nieder- geschlagenheit, Initiativelosigkeit, Schlafstörungen und ähnliches kla- gen, sodann aber auch unter erhebli- chen Konzentrations- und Gedächt- nisstörungen leiden. Es macht den Kranken zu schaffen, daß sie im all- täglichen Leben nicht mehr zurecht- kommen, daß sie sich nichts mehr merken können. Es fällt ihnen schwer, einen Gedankengang zu En- de zu führen. Manche zweifeln an ih- rem Verstand. Auch begegnen dem Arzt immer wieder Patienten, bei de- nen umgekehrt Denk- und Gedächt- nisstörungen im Vordergrund ste- hen. Anhaltende Verstimmungen und Antriebsarmut lassen in derarti- gen Fällen neben einer Demenz auch an eine Depression denken.

Oft liegt es nahe, einen Zusam- menhang zwischen depressiven und psychoorganischen Symptomen zu vermuten: So ist der depressive Pa- tient vielfach mit zunehmendem Schweregrad seiner Erkrankung im- mer stärker in seiner kognitiven Lei- stungsfähigkeit eingeschränkt Um- gekehrt kann der demente Patient mit einer reaktiven Depression auf seine fortschreitenden intellektuel- len Beeinträchtigungen reagieren.

Oft hat die Depressivität organisches Gepräge und ist unmittelbarer Aus- druck des dementiellen Prozesses (sogenannte organische Depressi- on). Es ist auch zu bedenken, daß so- wohl

depressive als auch dementielle

Störungen häufig sind. Ein zufälliges Zusammentreffen zweier psychiatri- scher Erkrankungen wie der Melan-

Kognitive Beeinträchtigungen sind häufige Begleiterscheinungen de- pressiver Erkrankungen vor allem im höheren Lebensalter. Die Ab- grenzung zwischen Depression und Demenz ist meist anhand symptomatologischer Kriterien und aufgrund von Verlaufsbeob- achtungen möglich. Abschließen- de Ergebnisse über die langfristi- ge Prognose von Störungen mit ausgeprägter affektiver und psy- choorganischer Symptomatik lie- gen gegenwärtig noch nicht vor.

Der Nutzen einer antidepressiven Pharmakotherapie bei depressi- ven Patienten mit einem Demenz- Syndrom ist dagegen unbestritten.

cholie (endogene Depression) und der Demenz vom Alzheimer-Typ ist durchaus nicht selten.

Erwartungsgemäß sind die er- wähnten Symptomüberschneidungen bei älteren Patienten besonders häu- fig. Eine sichere Abgrenzung von depressiven und dementiellen Stö- rungen wird in dieser Altersgruppe zusätzlich durch folgende Besonder- heiten erschwert: Zum einen treten an die Stelle einer typisch depressi- ven Symptomatik uncharakteristi- sche Beschwerden wie zum Beispiel Unruhe, Ängstlichkeit und allge- meine Erschöpfung. Zum anderen nimmt bekanntlich die Dauer der depressiven Phasen im Alter zu. Die nicht seltenen chronischen Krank- heitsverläufe lassen dann zusätzlich Psychiatrische Klinik (Direktor: Prof.

Dr. med. Rainer Tölle) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

den Verdacht auf eine beginnen- de dementielle Erkrankung aufkom- men.

Wie schwierig es im Einzelfall sein kann, Depression und Demenz voneinander abzugrenzen, wurde be- reits von Griesinger (3) vor mehr als hundert Jahren betont. Er vertrat die Auffassung, die geistige Tätigkeit sei in der Melancholie lediglich gebun- den. Mit anderen Worten: Die vom Patienten beklagten und beobacht- baren psychoorganischen Beein- trächtigungen sind als unmittelbare Folge der depressiven Befindlich- keits- und Verhaltensstörungen auf- zufassen und klingen nach Besserung der Depression wieder ab. Griesin- ger fährt fort, bei der Demenz liege dagegen eine „psychische Leerheit"

und „dauerhafte Herabsetzung der geistigen Tätigkeit" vor.

Wernicke prägte für das Auftre- ten psychoorganischer Symptomatik im Rahmen einer depressiven Grunderkrankung den Begriff de- pressive „Pseudodemenz". Diese Be- zeichnung bürgerte sich zwar rasch ein, gab jedoch zu verschiedenen Mißverständnissen Anlaß (im einzel- nen siehe 10) und sollte daher nicht mehr verwendet werden. Stattdessen wird heute der Terminus „Demenz- Syndrom bei Depression" (2) bevor- zugt. Demenz ist hier in Anlehnung an neuere psychiatrische Klassifika- tionssysteme in einem weiteren Sin- ne zu verstehen als bisher. Es bleibt ausdrücklich offen, ob die intellektu- ellen und Gedächtnisstörungen irre- versibel sind oder nicht. Auch ist der Nachweis spezifisch organischer Faktoren/Ursachen für die Feststel- lung einer Demenz nicht erforder- lich. In diesem Sinne ist das De- menz-Syndrom bei Depression ei- ne grundsätzlich rückbildungsfähige kognitive Störung bei depressiver Grunderkrankung in Abwesenheit Dt. Ärztebl. 89, Heft 30, 24. Juli 1992 (41) A1-2545

(2)

einer faßbaren zerebralen Schädi- gung. Bei dieser beschreibenden Vorgehensweise wird die Frage nach der nosologischen Stellung des De- menz-Syndroms bei Depression (ei- genständige Krankheit, Ausdruck ei- ner depressiven oder Vorläufer einer dementiellen Krankheit) bewußt ausgeklammert (siehe Prognose).

Abgrenzung zwischen Depression und Demenz Wie erwähnt, kann die Abgren- zung von Depression und Demenz anhand der Beschwerden des Patien- ten und der beobachtbaren Sympto- matik zunächst schwerfallen. Den- noch lassen sich einige einfach zu er- fassende klinische Unterscheidungs- merkmale angeben (9): So sprechen unter anderem subjektive Klagen der Betroffenen über ihre Gedächtnis- störungen, häufige „weiß nicht"-Ant- worten sowie eine ausgeprägte Va- riabilität der Leistungen bei Aufga- ben von vergleichbarem Schwere- grad für das Vorliegen eines De- menz-Syndroms bei Depression. Ei- ne nächtliche Zunahme etwaiger psychoorganischer Symptome ist für primär depressiv Kranke untypisch.

Auch läßt ihr beobachtbares Verhal- ten auf weniger schwerwiegende in- tellektuelle und mnestische Defizite schließen als dies bei primär demen- ten Patienten der Fall ist. Dies be- trifft insbesondere die Orientierung im Alltag, welche bei depressiver Grunderkrankung meist erhalten ist.

Dementsprechend stehen nach An- gaben von Angehörigen oder ande- ren Bezugspersonen intellektuelle Beeinträchtigungen gegenüber den depressiven Beschwerden im Hinter- grund. Neben dem klinischen Er- scheinungsbild gibt der bisherige Krankheitsverlauf weiteren Auf- schluß. Zugunsten einer depressiven Grunderkrankung lassen sich ver- werten: Depressive Erkrankung in der Vorgeschichte sowie akuter bis subakuter Beginn mit rascher Ent- wicklung der vollausgebildeten Krankheit. Vom ersten Auftreten der Symptomatik bis zum Aufsuchen ärztlicher Hilfe vergeht wesentlich kürzere Zeit als bei Patienten mit dementiellen Abbauprozessen.

Der klinische Befund, ergänzt durch fremdanamnestische Angaben und Informationen zur Krankheits- vorgeschichte, leistet einen wesent- lich Beitrag zur Abgrenzung depres- siver von dementiellen Beschwerde- bildern. Dies wird auch durch neue- re Studien bestätigt. Zum Beispiel untersuchten Kurz und Mitarbeiter (6) depressive Kranke und Patienten mit beginnender Alzheimerscher Er- krankung, bei denen die kognitiven Leistungseinbußen etwa gleich- schwer ausgeprägt waren; die Auto- ren konnten anhand einer Skala mit zehn einfach zu erhebenden Sympto- men und Verlaufsmerkmalen in mehr als 90 Prozent der Fälle eine korrekte diagnostische Zuordnung vornehmen.

Testpsychologische Untersu- chungsverfahren sind nach dem ge- genwärtigen Wissensstand zur Un- terscheidung depressiver und be- ginnender dementieller Störungen nicht besser geeignet als eine sorg- fältige klinische Befunderhebung.

Einfache Schätzskalen tragen we- gen des beträchtlichen Uberlap- pungsbereiches der Testerergebnis- se wenig zur Differentialdiagnose bei. Eine korrekte diagnostische Zuordnung ist daher im konkreten Einzelfall nicht sicher möglich.

Aufwendigere Untersuchungsver- fahren sind an spezielle Erfahrun- gen und Kenntnisse von seiten der Untersucher gebunden. Sie verbes- sern die diagnostische Trennschär- fe aber nur geringfügig.

Die gleichen Einschränkungen gelten gegenüber bildgebenden Un- tersuchungsverfahren, insbesondere gegenüber der kraniellen Compu- tertomographie (CCT). Hier stellte man fest, daß bei klinisch einwand- frei nachgewiesener Demenz Atro- phiezeichen im CCT fehlen kön- nen. Umgekehrt werden bei Ge- sunden gelegentlich erhebliche CCT-Auffälligkeiten beschrieben.

Die CCT-Veränderungen sind bei Patienten mit eindeutiger Demenz nur im gruppenstatistischen Ver- gleich ausgeprägter als bei Patien- ten mit Demenz-Syndrom bei De- pression, bei letzteren wiederum deutlicher als bei Depressiven ohne kognitive Beeinträchtigungen (7).

Im Einzelfall leistet das CCT aber

leider zur Abgrenzung zwischen Depression und Demenz keinen entscheidenden Beitrag.

Prognose

Eine abschließende Aussage über die Prognose des Demenz-Syn- droms bei Depression ist noch nicht möglich. Es stellen sich unter ande- rem folgende Fragen: Ist die psy- choorganische Symptomatik stets Ausdruck einer depressiven Grund- erkrankung? Können psychoorgani- sche Symptome bei depressiven Pa- tienten ein erster Hinweis auf eine sich später manifestierende Demenz sein? Unterscheiden sich depressive Patienten mit und ohne kognitive Beeinträchtigungen hinsichtlich ih- rer langfristigen Prognose voneinan- der? Falls dies der Fall sein sollte, läßt sich bei Vorliegen eines De- menz-Syndroms bei Depression die Prognose im Einzelfall voraussagen?

Wie häufig liegt eine Kombination zweier unabhängiger depressiver und dementieller Störungen vor?

Dies kann nur anhand von aus- gedehnten Verlaufsuntersuchungen beantwortet werden. Die methodi- schen Schwierigkeiten derartiger Studien betreffen in erster Linie die Auswahl geeigneter Patienten. Man- gels eindeutiger und allgemeinver- bindlicher Kriterien für das De- menz-Syndrom bei Depression wur- den in die bisher durchgeführten Un- tersuchungen überwiegend Patien- ten einbezogen, die sowohl die Krite- rien einer Depression als auch die ei- ner Demenz erfüllen. Die Ergebnis- se unterscheiden sich aber auch je nach Alter der Patienten und Kat- amnesezeitraum beträchtlich vonein- ander. Manche Autoren bejahen ei- ne vollständige Rückbildung des De- menzsyndroms im Rahmen depres- siver Erkrankungen in der überwie- genden Mehrzahl der Fälle (zum Beispiel 7, 8), andere fanden dage- gen nicht selten einen Ausgang in ei- nen fortschreitenden dementiellen Prozeß (zum Beispiel 1, 5). Weitere wichtige Aufschlüsse sind von pro- spektiven Studien zu erwarten. Be- sonders interessant dürfte es sein, den Krankheitsverlauf depressiver und dementer Patienten mit ver- A1-2546 (42) Dt. Ärztebi. 89, Heft 30, 24. Juli 1992

(3)

gleichbarer Ausprägung affektiver und psychoorganischer Symptomatik zu verfolgen.

Therapie

Die langfristige Prognose von Störungen im Überlappungsbereich von Depression und Demenz bedarf noch weiterer Klärung. Aus thera- peutischer Sicht ist aber unzweifel- haft, daß Patienten mit depressiver Grunderkrankung auch bei beträcht- licher Ausprägung kognitiver Beein- trächtigungen günstig auf antide- pressive Pharmakotherapie anspre- chen. Es ist immer wieder beein- druckend, wie sich depressive Denk- und Konzentrationsstörungen eben- so rasch und vollständig zurückbil- den wie die übrige depressive Sym- ptomatik.

Man möge sich des weiteren ver- anschaulichen, welche schwerwie- genden und weitreichenden Folgen es haben kann, wenn die notwendige und allein wirksame antidepressive Behandlung unterlassen oder zu spät begonnen oder halbherzig durchge- führt wird. Es ist auch ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Suizid- rate bei den hier infrage kommenden älteren depressiven Patienten beson- ders hoch ist. Eine depressive Er- krankung muß in jedem Fall sorgfäl- tig ausgeschlossen werden, auch wenn die Symptomatik des Patienten zunächst mehr an eine beginnende Demenz denken läßt. Immerhin wird bei etwa zehn Prozent der Patienten, die mit dem Verdacht auf eine de- mentielle Erkrankung in stationäre psychiatrische Behandlung kommen, bei eingehender Untersuchung eine depressive Grunderkrankung festge- stellt (Literatur bei 6). Diesen Pa- tienten darf unter keinen Umstän- den eine antidepressive Pharmako- therapie vorenthalten werden.

Ein Versuch mit einer anti- depressiven Medikation erscheint ebenfalls gerechtfertigt, wenn eine depressive Grunderkrankung nicht oder mit überwiegender Wahr- scheinlichkeit nicht vorliegt. Auch eine depressive Symptomatik im Rahmen einer eindeutig dementiel- len Erkrankung kann durch Anti- depressiva günstig beeinflußt wer-

den. Ebenso ist eine Verbesserung des Vigilanzniveaus bei dementiellen Störungen oft durchaus erwünscht.

Bei dieser Indikation sollte im allge- meinen ein antriebssteigerndes An- tidepressivum verwendet werden (Übersicht bei 4).

Gegenüber dem unbestrittenen Nutzen der Antidepressiva sind de- ren mögliche Risiken und uner- wünschte Nebenwirkungen meist ge- ringfügig. Schwerwiegende Kompli- kationen sind bei Beachtung der Kontraindikationen, sorgfältiger Auswahl geeigneter Präparate und Berücksichtigung der Dosisempfeh- lungen vermeidbar. Bei hirnorga- nisch beeinträchtigten Patienten ist wegen der anticholinergen Eigen- schaften insbesondere der trizykli- schen Antidepressiva das Risiko zen- tralnervöser Komplikationen zu be- rücksichtigen (Delir, Verwirrtheits- zustände, zerebrale Krampfanfälle).

Es soll auch nicht unerwähnt blei- ben, daß manche Forscher die Mei- nung vertreten, anticholinerg wirksa- me Substanzen, also auch Antide- pressiva, könnten möglicherweise bei langfristiger Einnahme dementielle Abbauprozesse begünstigen. Diese Annahme ist bis heute nicht bewie- sen, aber auch nicht eindeutig wider- legt. Nach dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens wäre es jedenfalls nicht vertretbar, die sehr wirksame antidepressive Behandlung zu unter- lassen.

Andere bekannte Kontraindika- tionen (Prostatahypertrophie, Eng- winkelglaukom, schwere Obstipa- tion/Subileus) lassen sich ebenfalls auf die anticholinergen Eigenschaf- ten der Antidepressiva zurückfüh- ren. Aus praktisch-klinischer Sicht ist folgendes Vorgehen empfehlens- wert:

• Die Dosierung des Antidepressi- vums sollte langsam gesteigert wer- den.

• Hohe Einzel- oder Tagesdosen sind zu vermeiden

• Gegebenenfalls sollte auf ein we- niger anticholinerg wirksames Prä- parat (etwa auf ein nicht trizykli- sches Antidepressivum) ausgewichen werden.

• Auf eine zusätzliche Medikation mit einer anticholinerg wirksamen Substanz (zum Beispiel bestimmte Antiparkinsonmittel) ist zu verzich- ten.

Die vielfach hervorgehobenen kardiovaskulären Nebenwirkungen stellen in seltenen Fällen (höhergra- dige AV-Blockierungen, Schenkel- block, schwere orthostatische Hypo- tonie) eine (relative) Kontraindikati- on für trizyklische Antidepressiva dar.

Zusätzlich zur antidepressiven Pharmakotherapie ist der kurzfristi- ge Einsatz von Tranquilizern oder niederpotenten Neuroleptika bei Angst- und Unruhezuständen durch- aus sinnvoll. Körperliche Erkrankun- gen, die bei depressiven Patienten die Manifestation kognitiver Störun- gen begünstigen können, müssen ausgeschlossen und gegebenenfalls behandelt werden (zum Beispiel Diabetes mellitus, Hypertonus).

Auch bei fehlendem Nachweis zere- brovaskulärer Komplikationen kön- nen durchblutungsfördernde Maß- nahmen sinnvoll sein. Führende und stützende Psychotherapie, Einbezie- hung von Angehörigen in die Thera- pie, Aktivitäts- oder Milieugestal- tung tragen ebenfalls zum Behand- lungserfolg bei.

Bildet sich die depressive und psychoorganische Symptomatik un- ter dieser Therapie nicht innerhalb von drei bis vier Wochen zurück, so ist — wie in der Depressionsbehand- lung üblich — ein Versuch mit einem anderen Antidepressivum angezeigt.

Bei längerdauernder Symptompersi- stenz, insbesondere bei Zunahme der kognitiven Beeinträchtigungen trotz gleichbleibender oder rückläu- figer depressiver Beschwerden ist die Diagnose erneut zu überprüfen.

Abschließend ist festzustellen:

Depression und Demenz sind zwar grundsätzlich verschiedene psychia- trische Störungen. Bei näherer Be- trachtung ergibt sich aber, daß es so- wohl einen beträchtlichen Überlap- pungsbereich im klinischen Erschei- nungsbild als auch zahlreiche, zum Teil noch nicht im einzelnen bekann- te Wechselbeziehungen zwischen vorwiegend depressiven und vorwie- gend psychoorganischen Erkrankun- A1-2548 (44) Dt. Ärztebl. 89, Heft 30, 24. Juli 1992

(4)

gen gibt. Für den praktisch tätigen Arzt kommt es darauf an, die Be- handlungsmöglichkeiten der betrof- fenen Patienten rechtzeitig zu erken- nen und die therapeutischen Chan- cen adäquat zu nutzen.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1-2545-2549 [Heft 30]

Literatur

1. Bulbena, A.; Berrios, G. E. (1986): Pseudo- dementia: Facts and Figures. Br. J. Psychia- try 148 (1986) 87-94

2. Folstein, M. F.; McHugh, P. R.: Dementia Syndrome of Depression. In: Katzman R.;

Terry R. D.; Bick K. L. (Hrsg.): Alzheimer's Disease: Senile Dementia and Related Dis-

orders. Aging, Vol 7. Raven Press, New York (1978)

3. Griesinger, W.: Die Pathologie und Thera- pie der psychischen Krankheiten. Wreden, Braunschweig (1867)

4. Kanowski, S.: Somatotherapie. In: Kisker, K. P.; Lauter, H.; Mayer, J.-E.; Müller, C.;

Strömgren, E.: Psychiatrie der Gegenwart, 3. Auflage, Band 8: Alterspsychiatrie. Sprin- ger, Berlin—Heidelberg—New York (1989) 5. Kral, V. A.: Depressive Pseudodemenz und

senile Demenz vom Alzheimer-Typ, eine Pi- lotstudie. Nervenarzt 53 (1982) 284-286 6. Kurz, A.; Haupt, M.; Romero, B.; Zimmer,

R.; Lauter, H.; von Einsiede], H.: Kognitive Störungen bei Depression oder beginnende Alzheimersche Krankheit 9 Ein Beitrag zur Differentialdiagnose. Zeitschr. f. Geronto- psychologie und -psychiatrie 4 (1991) 35-40 7. Pearlson, G.D.; Rabins, P. V.; Kim, W. S.;

Speedie, L. J.; Moberg, P. J.; Burnse, A.;

Bascom, M. J.: Structural Brain Cl' Changes and Cognitive Deficits in Elderly Depressi-

ves with and without Reversible Dementia (Pseudodementia). Psychological Medicine 19 (1989) 573-584

8. Rabins, P. V.; Mercant, A.; Nestadt, G.: Cri- teria for Diagnosing Reversible Dementia Caused Depression: Validation by 2-year Follow-up. Br. J. Psychiatry 144 (1984) 488-492

9. Wells, C. E.: Pseudodementia. Am. J. Psy- chiatry 136 (1979) 895-900

10. Zimmer, R.; Lauter, H.: Zum Problem der depressiven Pseudodemenz. Z. Gerontolo- gie 17 (1984) 109-112

Anschrift für den Verfasser:

PD Dr. med. Hubert Kuhs Klinik für Psychiatrie der Westfälischen Wilhelms-Universität Albert-Schweitzer-Straße 11 W-4400 Münster

Hochkalorische

parenterale Ernährung über peripheren

Venenkatheter möglich?

In einer Studie aus England wurde bei 50 Patienten der Einfluß zweier Venenkatheter auf das Auf- treten einer Thrombophlebitis un- tersucht. 27 Patienten erhielten in standardisierter aseptischer Technik einen dünnlumigen Silikonkatheter (23 G, 15 cm), 23 Patienten einen kurzen Teflonkatheter (20 G, 3,2 cm). Über fünf Tage wurden täglich 2,5 Liter einer normalerweise zur zentralvenösen Ernährung üblichen hochkalorischen, hyperosmolaren und kaliumreichen Infusionslösung verabreicht.

Die Suche nach Partnern von HIV-Inftzierten

in North Carolina

Die Autoren vergleichen zwei Methoden zur Auffindung von Sexu- alpartnern HIV-infizierter Personen oder von Drogenabhängen, die mit ihnen dieselben Injektionsnadeln be- nutzt hatten (Fixer-Partner). Die Methode I bestand darin, daß die Partner durch den Infizierten selbst

Bei allen Patienten mit einem Teflonkatheter war es während der fünf Tage zu einer Thrombophlebitis gekommen, dagegen nur bei zwei Pa- tienten (sieben Prozent) mit Silikon- kathetern.

Die Autoren folgern, daß weni- ger die Infusionslösung selbst, als vielmehr die Katheterart Einfluß auf das Auftreten einer Thrombophlebi- tis hat, und daß über periphere dünnlumige Silikonkatheter eine ad- äquate parenterale Ernährung ohne erhöhtes Risiko einer Thrombophle- bitis möglich ist. acc

Madan, M., D. Alexander, M. McMahon:

Influence of catheter type an occurence of thrombophlebitis during peripheral intra- venous nutrition. Lancet 339 (1992) 101-103.

Mr. M. McMahon, Nutritional Support Service, Dep. of Surgery, General Infirma- ry, Leeds LS1 3EX, England.

gesucht und informiert wurden. Bei der Methode II wurden die Partner durch die Gesundheitsbehörde oder in deren Auftrag ausfindig gemacht.

Insgesamt waren 74 Infizierte an der Studie beteiligt, die in zwei Gruppen eingeteilt wurden. Aller- dings waren diese 74 Personen nur ein kleiner Teil der im Untersu- chungszeitraum festgestellten HIV- Positiven: von 534 Testpositiven ka- men 247 (46 Prozent) nach dem Test gar nicht mehr zur Beratung wieder, 117 (22 Prozent) waren zur Teilnah-

FÜR SIE REFERIERT

me nicht geeignet, acht ließen sich anderswo weiter beraten. Es blieben 162, von denen mehr als die Hälfte, nämlich 88, eine Teilnahme ablehn- ten. Von den Teilnehmern waren 69 Prozent männlich, 87 Prozent waren Schwarze, 76 Prozent der Männer waren homo- oder bisexuell.

In der Gruppe nach Methode II wurden von 157 Partnern 78 (60 Pro- zent) auch tatsächlich gefunden, in der anderen Gruppe, in der die Infi- zierten selbst für die Suche verant- wortlich waren, von 153 Partnern nur zehn (7 Prozent). Bei den durch die Berater gefundenen Partnern waren sich 94 Prozent nicht bewußt, daß sie einer Infektionsgefahr ausgesetzt wa- ren. 23 Prozent der festgestellten Partner erwiesen sich als HIV-positiv.

Die Autoren folgern, daß die Su- che nach Partnern durch die Infizier- ten selbst ziemlich ineffektiv ist, ob- wohl das Gesetz in North Carolina dies vorschreibt. ing

Landis, S. E. et al.: Results of randomized trial of partner notification in cases of HIV-infection in North Carolina. N. Engl.

J. Med. 326 (1992) 101-106.

Dr. Suzanne E. Landis, Mountain Area Health Education Center, 501 Biltmore Ave., Asheville, NC 28801, USA.

Dt. Ärztebl. 89, Heft 30, 24. Juli 1992 (45) A1-2549

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Außerdem haben Patien- ten, die an einer Demenz mit Lewy-Körpern erkrankt sind, insgesamt langsamere EEG-Grundrhythmen ver- glichen mit EEGs von Patienten, die unter einer

Während dementielle Erkrankungen in- folge der gesellschaftlichen Altersverteilung rapide zu- nehmen und Angehörige so- wie Pflegedienste vor erhebli- che Probleme stellen, wird die

Die nichtmedikamentöse Ressourcen erhaltende MAKS-Therapie für Menschen mit degenerativer Demenz bewirkt eine Stabilisierung der alltagspraktischen und kognitiven Fähigkeiten und

Die Auswertung der Studienergeb- nisse nach einer mittleren Nachbeob- achtungszeit von 24,7 Monaten ergab je- doch keinen eindeutigen therapeuti- schen Vorteil: 979 Patienten in

Anwendungsgebiete: Hefepilzinfektionen der Scheide und des äußeren Genitalbereichs (meist durch Candida albicans). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Clotrimazol oder einen

Von den Befragten ohne Dysphagie gaben über zwei Drittel an, bei ovalen Tabletten auch mit einer Größe von 13 Milli- metern Länge keine Probleme zu haben.. Diejenigen mit

V ier Jahre lang haben 28 Fach- gesellschaften und Berufsver- bände sowie zwei Patientenorgani- sationen unter Leitung der Abtei- lung Psychiatrie und Psychotherapie

Die aktuelle „Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation“ ist ein Muss für jeden, der sich für die kon- zeptionelle Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation in Be-