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in Fenster mit einem massiven Holzrahmen gewährt dem Betrachter einen Blick auf die Welt einer Jugendlichen. Abdrücke ih- rer Handflächen auf dem Fensterglas fordern ihn auf, näher heranzutreten und sich an ihre Stelle zu begeben.Lässt sich der Betrachter darauf ein, entsteht ein Ge- fühl des Unbehagens. Drei symbolhafte Kugeln, zwei größere in gedeckten Farben und eine kleine schwarze, be- wegen sich direkt auf ihn zu und bedrohen ihn. Er stellt sich die Frage, was da auf ihn zukommt und wie es zu be- werten ist. Steht dem Reflex, sich von der Scheibe weg- zudrücken, um mögliches Unheil abzuwehren, die Fas- zination des unberechenba- ren Schicksals gegenüber?
Oder soll der kleinen schwar-
zen Kugel durch Abwehr der großen farbigen „Geschwi- ster“ eine Chance gegeben werden?
Das Bild der 17-jährigen Anja mit dem Verdacht ei- ner beginnenden Borderline- Störung entstand während
eines sechswöchigen Aufent- haltes in der Klinik für Kin- der- und Jugendpsychiatrie.
Nach langer Erkrankungsge- schichte wurde sie mit aku- ten Angstsymptomen und de- pressiver Verstimmung auf- genommen. Jetzt hatte sie
sich emotional stabilisiert und sollte in einem Heim untergebracht werden. Dies bedeutete eine starke Ver- änderung in ihrem Leben, da die Patientin von ihren El- tern trotz ihrer Rolle als
„Aschenputtel“ unter ihren Drillingsschwestern wegen ihrer psychischen Probleme besonders umsorgt wurde.
In der Psychiatrie fühlte sich die Patientin manchmal „ge- fangen“ und erwartete un- geduldig den Tag des Um- zuges in die Einrichtung.
Aber sie fürchtete sich auch vor dem Verlassen dieses Schutzraumes und vor den neuen Anforderungen. Ge- tragen von der Hoffnung, ei- nes Tages vielleicht sym- ptomfrei leben zu können, konnte sie schließlich den entscheidenden Schritt voll- ziehen. Martina Anlauf V A R I A
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 7⏐⏐17. Februar 2006 AA423
Kinder-Psyche
Gefühl des Gefangenseins
Foto:Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,Marburg
W
We ew we ellssb bu urrg g: Heilkunde im Mittelalter
Saal und Garten der Wewelsburg wer- den vom 9. April bis 30. Juli zum Schauplatz einer Präsentation rund um die Themen Gesundheit und Well- ness. Die Ausstellung führt „zwei Per- len alter Heilkunde zusammen: das An- holter Kräuterbuch von 1470 und die Jesuitenapotheke Büren“. Die Hand- schrift des Kräuterbuches aus der Fürstlich Salm-Salmschen Bibliothek der Wasserburg Anholt am Niederrhein zählt, so das Kreismuseum Wewelsburg, zu den bedeutendsten medizinischen Werken des Mittelalters. In einem ei- gens für die Ausstellung angelegten Kräutergarten gedeihen rund 80 duf- tende Kräuter in Hochbeeten. In vier Beeten haben Schüler des Gregor- Mendel-Berufskollegs den „Wurzgar- ten“ des Jesuitenkollegs Büren rekon- struiert.
Informationen: www.wewelsburg.de. EB
FFo otto og grra affiie en n:: Psychiatrie in Afrika
Fotografien von Leonore Mau, die in den 70er- und 80er-Jahren vor allem in Benin und im Senegal entstanden, sind bis 23. April in der Ausstellung
„Psychiatrie in Afrika – fotografische Erkundungen“ im Kunsthaus Kannen, Münster, zu sehen. Sie gehören zu dem mit Hubert Fichte gemeinsam konzi- pierten Buch „Psyche“, das im März 2005 bei S. Fischer erschienen ist. Die- sen „fotografischen Erkundungen“
sind Bilder gegenübergestellt, die un- ter dem Motto „Psychiatrie weltweit“
für die Sondernummer „Madness“
2001/2002 der italienischen Zeitschrift Colors entstanden.
Informationen: www.kunsthaus-
kannen.de. Kli
A
Au usssstte ellllu un ng g:: „Eine Schicht tiefer“
Auch eine eingelegte Plazenta kann Kunst sein. Diese Ansicht vertritt der Künstler Micha Brendel, und mit ei- ner Ausstellungstour, die im Berliner Medizinhistorischen Museum gestartet ist, will er den Beweis antreten. Er zeigt
„ungewöhnliche Objekte aus vorwie- gend organischen Materialien. In Kon- frontation mit den medizinischen Ob- jekten der ständigen Sammlung hinter- fragen Brendels Arbeiten unser mo- dernes Verhältnis zum Körper.“ Unter dem Aspekt der Trauer und des Todes werden Brendels Arbeiten im An- schluss im Museum für Sepulkralkultur in Kassel zu sehen sein. Im Phyleti- schen Museum in Jena sollen sie Fra- gen nach dem Fortgang der Evolution und der Zukunft der Menschheit auf- werfen. In Berlin wird die Ausstellung noch bis 31. März gezeigt.
Informationen: www.bmm. charite.de.EB