DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Kalender, Kalender
kalender auf das Jahr 1455", we- niger ein Kalender, als vielmehr eine nach Monaten unterteilte Mahnschrift anläßlich der türki- schen Eroberungszüge im 15.
Jahrhundert. Das folgende Jahr, 1456, brachte den „Aderlaß- und Lexierkalender", der mit unent- behrlichen ärztlichen Regeln wegweisend wirkte für den Typ des Ratgeber-Kalenders der fol- genden Jahrhunderte. Ein aus- gesprochener Dauerbrenner un- ter den Oldies ist „Der hinkende Bote", der seit 1640 bis zum heutigen Tag nicht totzukriegen ist, Mitte letzten Jahrhunderts gar die halbe Million an Auflage überstieg.
Dali, Dali über alles
Auch in unseren achtziger Jah- ren gibt es Geschmacksrichtun- gen, in die das Beliebtheitspen- del immer wieder ausschlägt.
Nach dem schönsten Bildkalen- der der Bereiche Kunst und Gra- fik, Landschaften und Städte, Blumen und Pflanzen, Tiere, Sport und Hobby, Kinder und Jugend, Humor und Religion wird bei der regelmäßigen Um- frage auf der Frankfurter Buch- messe unterschieden. Bestimm- te Titel tauchen dabei jedes Jahr von neuem auf: Im Bereich Reli- gion die „Leuchtenden Tage"
sowie die „Impulse" vom Foto- kunstverlag Groh, bei den Tie- ren der „Mustang" von te Neues und im Bereich Humor — un- schwer zu erraten — Mordillo.
Die seriöse Grafik oder Fotogra- fie hat mit David Hamiltons Jungmädchen-Bildern und mit immer wieder neu aufgelegten Dali-Bildsammlungen ihre ewi- gen Empfehlungen. Als Motiv ohne bestimmten Künstler ha- ben sich die „Tiffany-Fenster"
eingenistet, vom Hannesschlä- ger Verlag konzipiert als über- große Dias, die sich besonders als Dekoration für Lichtquellen entfalten.
Bei Umfragen dieser Art ist nun eine für den Markt durchaus er-
hebliche Schicht nicht beteiligt
— die Kinder. Ernst Conrad, Vor- sitzender der AG Bildkalender- Verlage, weiß zu berichten, daß vor Jahren die „Biene Maja"
Verkaufsspitzen erreichte. Auch im kalenderkulturell eher noch unterentwickelten Amerika hat der fette Kater „Garfield" erst seit kürzerem Christie Brinkley, die Dame mit den bestbezahlten Kurven der Welt, zu fürchten.
Spärlich bewachsene Lichtun- gen im deutschen Kalenderdik- kicht stellen illustrierte 365-Ta- ge-Abreißkalender dar. Hier hat zweifellos der Zweitausendeins- Versand mit seinen Kinder- und Filmkalendern die Nase vorn.
Rar gemacht haben sich eben- falls Kalender vom Typ des „Ci- sianus ze dutsche", der dritte bekannte Kalender überhaupt, der wegen seiner sorgfältigen Auflistung von Heiligen- und Feiertagen beim Volk lange Zeit extrem beliebt war; vergleichba- re Sorgfalt legen heute höch- stens noch Kalender mit dem Er- scheinungsort Ost-Berlin oder Karl-Marx-Stadt an den Tag, wo die Geburtstage von Honecker und Stoph oder aber die Tage der Werktätigen der Wasserwirt- schaft, des Verkehrswesens, der Land- und Forstwirtschaft usw., usw. in den Kombinaten beina- he täglich ernsthaften Grund ge- ben, die Korken auf das Wohl des Fortschritts knallen zu las- sen.
Interessant wird es nicht zuletzt, wenn sich das Sub-Medium Ka- lender dem Sub-Medium Post- karte widmet, wie es bei einem sozialistisch gefärbten Kalender westlicher Machart, „Postkarten der Arbeiterbewegung 1900 bis 1923" von der Edition Plambeck, geschehen ist.
Ein Kalender mit Kalendertiteln aus den vergangenen Jahrzehn- ten wäre da durchaus noch eine realistische Idee, die nur darauf wartet, möglichst bald aufgegrif- fen zu werden. Christian Köhl
Für den Terminkalender
Werner Drewes in München
—Die Galerie Ralph Jentsch in München, Possartstraße 12, zeigt noch bis zum 22. Dezem- ber anläßlich des 85. Geburtsta- ges von Werner Drewes eine Ausstellung seiner Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Graphiken. Zur Würdigung des graphischen Schaffens des Bau- hauskünstlers erscheint außer- dem im Verlag Kunstgalerie Ess- dingen ein Werkkatalog der Druckgraphik (1919-1984) des Künstlers, der Meisterschüler von Kadindsky war und in Ameri- ka zu den Pionieren der abstrak- ten Kunst zählt. RJ
Ludwig Meidner in Darmstadt
—Erst im Zuge einer Aufarbeitung des Expressionismus wurde Lud- wig Meidner auch einem breite- ren Publikum bekannt. Anläßlich der 100. Wiederkehr seines Ge- burtstages zeigt die Saalbau-Ga- lerie, Adelungstraße 16, in Darm- stadt Ölbilder, Zeichnungen und Druck-Grafik des Künstlers bis 22. Dezember 1984. Während über Meidners Beitrag zum Ex- pressionismus heute Einigkeit besteht, wird das Spätwerk un- terschiedlich beurteilt. HK
Pablo Picasso in Bern — Das Kunstmuseum in Bern, Hodler- straße 8-12, zeigt bis zum 17.
Februar 1985 die Ausstellung
„Der junge Picasso". Vorgestellt werden frühe Werke von Pablo Picasso und eine Reihe von Bil- dern aus der „Blauen Periode".
Zum erstenmal besteht die Mög- lichkeit, den künstlerischen Werdegang des jungen Picasso in einer umfassenden Übersicht an den Orginalen nachzuvollzie- hen. Zu der Ausstellung im Ber- ner Kunstmuseum ist ein um- fangreicher Katalog erschienen.
Öffnungszeiten: Dienstag, 10 bis 21 Uhr, Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. KB Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 50 vom 12. Dezember 1984 (65) 3757