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Archiv "Qualitätsmanagement im Krankenhaus: Integraler Bestandteil der Führungsstrategie" (19.09.2014)

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A 1558 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 38

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19. September 2014

PRO &

KONTRA Qualitätsmanagement im Krankenhaus

B

ald wird die Zeit kommen, wo auch unsere Schüler und Kollegen sich nicht mit allgemeinen Bemerkungen über diese oder jene Erfolge zufrieden geben, sondern jeden Arzt für einen Scharlatan halten, der nicht im Stande ist, sei- ne Leistungen in Zahlen auszudrü- cken.“ Theodor Billroth, 1860 (1) Es besteht kein Zweifel: Das Bemü- hen um Qualität in der Medizin ist keine „Erfindung“ des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Vielmehr ist die regelmäßige Überprüfung und Be- wertung der eigenen Qualität inte- graler Bestandteil der ärztlichen Berufsausübung mit expliziter Ver- bindlichkeit für jede Fachdisziplin und jede Berufsgruppe. Auch sind die diesbezüglichen Werkzeuge, Methoden und Erfahrungen nicht alle neu. Im Gegenteil – die Ärzte- schaft kann hierbei auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. So ist die klinische Obduktion das äl- teste Instrument der Qualitätssiche- rung, das heute aus vielerlei Grün- den viel zu selten genutzt wird.

Qualitätssicherung findet statt in Morbiditäts- und Mortalitätskonfe- renzen, bei Peer-Review-Verfahren, bei der Erfassung und Bewertung von Komplikationen oder in struk- turierten Fallkonferenzen. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass be- rufserfahrene Ärzte auf diese be- währten Traditionen in ihrem beruf-

lichen Alltag und die zum Teil nicht mehr überschaubaren Kon- troll- und Messanforderungen von unterschiedlichster Seite ausdrück- lich hinweisen. Dies kommt auch in dem Kontra-Beitrag des Kollegen Costa stellvertretend für die Mei- nung nicht weniger Ärztinnen und Ärzte zum Ausdruck. Hier soll nun ein wenig „Licht ins Dunkel“ beim Thema Qualitätsmanagement (QM) gebracht werden und es dort veran- kert werden, wo es tatsächlich um die qualitativ hochwertige Patien- tenversorgung geht.

Spätestens mit Beginn der 1990er Jahre ist eine neue Ära im Gesund- heitswesen zu beobachten, das sich veränderten und anspruchsvollen Herausforderungen ausgesetzt sieht, die durchaus vergleichbar mit Ent- wicklungen in der Industrie sind.

Der Wettbewerb, der gesetzgeberi- sche Auftrag und die Anforderungen der Gesellschaft oder der Patienten und ihrer Angehörigen fordern zum einen die Auseinandersetzung mit der Auswirkung dieser Kräfte auf das Gesundheitswesen und zum an- deren eine neue und kritische Refle- xion über den Qualitätsbegiff. So scheint QM nunmehr als ein neuer Motor „beworben“ zu werden, der die vielfältigen Probleme bezie- hungsweise Herausforderungen im Gesundheitswesen lösen und bewäl- tigen kann. Ein guter Motor benötigt jedoch eine auf ihn abgestimmte Ka-

rosserie! Auch diese Erkenntnis ist nicht neu. Qualitätsexperten, wie Deming, Juran, Feigenbaum, Ishika- wa und Crosby fordern bereits seit Langem umfassende Qualitätskon- zepte (2), bei denen Maßnahmen und Aktivitäten sich eben nicht nur auf die operative Ebene beschrän- ken, sondern um eine strategische Dimension im Sinne eines über - greifenden Managementansatzes er- gänzt werden. Der Veränderungs- druck, dem Krankenhäuser in Deutschland spätestens seit der Ein- führung eines pauschalierten Ent- geltsystems ausgesetzt sind, über- steigt die bisher gewohnten Anpas- sungserfordernisse um ein Vielfa- ches. Deshalb lassen sich die Fülle und Komplexität der vom Manage- ment zu bewältigenden Aufgaben in der Kürze der Zeit und ohne eine abgestimmte Schrittfolge von zum Teil tief greifenden Veränderungs- maßnahmen nicht mehr realisieren.

QM wird so notwendigerweise zur klaren und eindeutigen Führungs- aufgabe und zum integralen Be- standteil der Führungsstrategie und -verantwortung.

Wenn dies nicht erkannt und konsequent umgesetzt wird, hat QM keine Chance und wird keinen wesentlichen Beitrag außer Mes- sen und Kontrollieren liefern kön- nen. Der hiermit verbundene Do- kumentationsaufwand verkommt zum Selbstzweck, wenn keine Konsequenzen im Sinne der Ver- besserung für die Gesundheitsein- richtungen abgeleitet werden. Die von Costa geäußerte Kritik bezieht sich genau auf diesen Umstand der zahllosen Dokumentationen von Kennzahlen, Zufriedenheitsmess- werten, Struktur-, Prozess- und Er- gebnisparametern et cetera, die in zahllosen Ordnern oder Dateien ein ungenutztes Dasein fristen. Die konsequente Einbeziehung von QM in die Führungsstrategie ist somit eine conditio sine qua non, auch hinsichtlich der notwendigen

PRO

Integraler Bestandteil der Führungsstrategie

Qualitätsmanagement – unbequem und unermüdlich;

oder vom Mut, Alltägliches infrage zu stellen!

Prof. Dr. med. habil. Otto Bach, Vorsitzender Sächsische Akademie für Fort- und Weiterbildung, Sächsische Landesärztekammer

Foto: SLAEK

PD Dr. med. habil.

Maria Eberlein-Gonska, Leiterin Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement, Universitätsklinikum

Carl Gustav Carus

Foto: IQM

T H E M E N D E R Z E I T

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Deutsches Ärzteblatt

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Heft 38

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19. September 2014 A 1559 Kompetenz und Befugnis des Qua-

litätsmanagers, in verbindlichem Ton harte Auflagen durchsetzen zu können (3).

Eine echte Verzerrung erfährt das Thema Qualitätsmanagement ge- nau dann, wenn derlei Dokumen - tationen nur zum Zweck einer Zer- tifizierung durchgeführt werden, die primär Marketing- und Wettbe- werbsinteressen verfolgt und nicht die qualitativ hochwertige Patien- tenversorgung in den Mittelpunkt stellt. An solchen Verfahren sind im Übrigen auch zahlreiche medizini- sche Fachgesellschaften beteiligt, die das Zertifizierungsfeld als lu- krativen Nebenerwerb betreiben.

Insofern besteht eine berechtigte

Kritik gegenüber einer Zertifizie- rungswelle ohne Sinn und Verstand.

Denn gerade die aus dem Kon- kurrenz- und Wettbewerbsdenken entstandenen zahlreichen Aktivitä- ten und Maßnahmen zur Erlösstei- gerung und -optimierung sind letzt- lich Folge eines vom Gesetzgeber selbst zu verantwortenden Finan- zierungsdrucks im Gesundheitswe- sen. QM zeigt im Sinne seines urei- genen Auftrags an dieser Stelle eher auf, dass die Grenzen des Leist- und Machbaren erreicht sind, und schlägt Lösungen zur Bewältigung dieser Probleme vor.

Das Schlagwort lautet an dieser Stelle „Prozessoptimierung“. Hier- bei geht es nicht um „industrielle, sozusagen qualitätsgesicherte Ab- läufe“, wie Costa sie beschreibt, sondern um eine strukturierte Analy- se von Alltagsprozessen im Hinblick auf eine bessere Patientenversor- gung, bestenfalls auch bessere Mit- arbeiterzufriedenheit. Häufig han- delt es sich zumeist um die „Artistik

dazwischen“, um das, was gern als „Schnittstellenproblematik“ be- zeichnet wird. Hierbei spielen lang gehegte Traditionen („das haben wir schon immer so gemacht“) und hierarchische Strukturen eine große Rolle. QM übernimmt hierbei die Rolle des unbequemen und uner- müdlichen Betrachters, der Proble- me klar benennt und eine interkolle- giale lösungsorientierte Kommuni- kation zu befördern sucht. Dabei steht der Heilungserfolg für den Pa- tienten an erster Stelle, zugleich sind für den Qualitätsmanager aber auch gut strukturierte, das heißt abge- stimmte Abläufe (zum Beispiel beim Aufnahmeprozedere, Aufnahme- und Entlassgespräch, innerbetriebli-

chen Transport et cetera) und insbe- sondere eine verständliche Informa- tion sowie freundliche Kommunika- tion wichtig. Dies betrifft nicht nur die ärztliche Leistung, sondern not- wendig ist auch die Einbeziehung der anderen Berufsgruppen, was die Komplexität des Systems und die anspruchsvolle Arbeit von QM wi- derspiegelt.

Bewusst abschließend wird das Thema „Wissenschaftlichkeit und Evaluation“ im Kontext von QM aufgegriffen. Dieses wichtige An- liegen ist in den frühen Jahren der Etablierung von QM eindeutig vernachlässigt worden; im Zusam- menhang mit der Versorgungsfor- schung hat es an Bedeutung ge- wonnen. Führende Vertreter me - dizinischer Fakultäten haben es lange versäumt, QM als ein Fach- gebiet mit wissenschaftlichem An- spruch anzuerkennen. Erst in den letzten Jahren haben solche The- men auch in Promotionen und Ha- bilitationen Berücksichtigung ge-

funden. Immer wieder kritisch hin- terfragt wird die tatsächliche Evi- denz von Maßnahmen des Quali- tätsmanagements, vor allem im Hinblick auf die Ergebnisqualität.

Das Anliegen ist berechtigt, wird jedoch allzu leichtfertig als „Tot- schlagargument“ gegen jegliche Verbesserungsbemühungen miss- braucht. Mehrere fundierte Arbei- ten belegen mittlerweile den auch in diesem Forschungsbereich er- forderlichen methodischen Auf- wand und die damit verbundene notwendige Fachkompetenz (4–6).

An dieser Stelle hat QM eindeu- tig Entwicklungspotenzial, das so- wohl von denjenigen aufgegriffen werden muss, die es betreiben, als auch von denjenigen, die hierfür in der Selbstverwaltung und in der Politik die Verantwortung tragen.

Für die Gesundheitsberufe kann QM eine große Hilfe im täglichen Bemühen um eine hochwertige Pa- tientenversorgung sein. Grundvor- aussetzung ist die Anerkennung der Leistung der Mitarbeiter jeglicher Berufsgruppe und Fachdisziplin, ih- re Einbeziehung in Maßnahmen zur Verbesserung mit der damit verbun- denen Qualifikation und ihre konse- quente Beteiligung an der Gestal- tung ihrer eigenen Arbeitsabläufe.

Hierzu bedarf es der ausdrückli- chen Unterstützung der Leitung auf den verschiedensten Verantwortungs- ebenen als Ausdruck eines integrier- ten Managementansatzes.

Wir haben in unseren Funktionen als Leiter und als langjährig tätige QM-Verantwortliche eines Univer- sitätsklinikums gemeinsam dieses QM-Konzept gelebt und uns durch- aus auch vom einfachen Menschen- verstand im Kästnerschen Sinne leiten lassen: Es gibt nichts Gutes,

außer man tut es.

Für die Gesundheitsberufe kann Qualitätsmanage- ment eine große Hilfe beim täglichen Bemühen um eine hochwertige Patientenversorgung sein.

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit3814 oder über QR-Code

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