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Das Projekt einer muhammedanischen Encyklopädie.
Bericht von A. Socin,
erstattet in der Sitzung der D.H.G. an der Philologenversammlung in Dresden.
Unter den ,Procfes-verbaux" des elften, im September 1897
zu Paris abgehaltenen intemationalen Orientalistenkongresses findet
sich als Heft Nr. 11 ein Bericht I. Goldzihers über das Projekt
einer muhammedanischen Encyklopädie. Dieses Unternehmen wurde
zuerst durch die Initiative Prof. Robertson Smiths im Jahre 1892
angeregt; dann wurde es am Kongress in Genf im Jahre 1894
wieder aufgenommen , und es wurde damals Goldziher ein Mandat
erteilt, die Sache in die Hand zu nehmen. Nun berichtete dieser
Gelehrte, was während dieser letzten drei Jahre, besonders unter
Beihilfe de Goejes geschehen ist. Mit Recht wurden zuerst Mit¬
arbeiter für die grosse Aufgabe gesucht; denn eine der wesent¬
lichsten Vorfragen besteht darin, ob sich heutzutage Arabisten in
genügender Zahl finden , welche in den einzelnen Fächem , um die
es sich handelt, wissenschaftlich so beschlagen sind, dass sie in den
von ihnen zu liefernden Artikeln den Stand unserer jetzigen Kennt¬
nisse in zuverlässiger Weise, teilweise auch für Nichtfachmänner,
darzustellen vermögen. Nattirlich wird das Suchen nach solchen
Gelehrten in umfangreichem Masse wieder aufgenommen werden
müssen, wenn erst einmal die , Cadres" der Arbeit — wozu auch
schon ein Anfang gemacht wurde — festgestellt sind.
Eine weitere Arbeit bestand darin, dass innerhalb dieser Cadres bereits auch Stichwörter, wenigstens probeweise, ausgewählt wurden.
Nachdem durch Vermittlung de Goejes die künftige Herausgabe
des grossen Werkes bei der Verlagsfirma E. J. Brill in Leiden ins
Auge gefasst war, stellte diese Firma einen in ihrem Dienste be¬
schäftigten Arabisten, Herra Dr. Paul Herzsohn an; von ihm liegt
mm schon eine gedmckte Probe von solchen Stichwörtern aus dem
Gebiete der Geschichte imd Geographie, Sage u. s. w. als Manuskript
gedmckt vor, und zwar unter dem Titel: Erste Sammlimg von
Stichwörtern für eine Encyklopädie des Islam. Mit orientierenden
Bemerkungen. Leiden, E. J. Brill 1897, IV, 64 SS. 80. In eine
Diskussion der Prinzipien, nach welchen weitergearbeitet werden
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678 Socin, Das Projekt einer muhammedan. Encyklopädie.
soll, haben wir uns hier nicht einzulassen. Jedenfalls sind die¬
jenigen Orientalisten, welche sich für das üntemehmen interessieren,
der Firma Brill zu Dank verpflichtet, dass sie es auf diese Weise
wesentlich gefördert hat.
Da nun aber schon allein die Vorarbeiten Zeit und Geld kosten,
andemteUs aber auch unleugbar, wenn etwas Gutes zu Stande
kommen soll, relativ hohe Honorare bezahlt werden sollten, ist der
Verleger auf ünterstützung von selten gelehrter Gesellschaften vmd
Regierungen angewiesen, üm alle diese weitergehenden Pläne und
weiter zu thuenden Schritte zu fördem, sowie um im allgemeinen
die ganze Ausführung des Planes im Auge zu behalten, wurde in
Paris von der Section de l'Islam ein permanentes Comitö gewählt.
Dasselbe besteht aus den Herren: Barbier de Meynard-Paris; Browne-
Cambridge; Goldziher-Budapest; de Goeje-Leiden ; Karabacek-Wien ;
Graf C. von Landberg - Tutzing ; Baron von Rosen-St. Petersburg;
Socin-Leipzig ; Stoppelaer-Firma Brill-Leiden.
Wir wünschen nun dem Comite von Herzen, dass es die viel¬
fachen, besonders auch finanziellen Schwierigkeiten, welche der Aus-
fühiHmg des üntemehmens noch entgegenstehen, zu überwinden im
Stande sein möge.
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Zur syrischen Lexikographie.
Von J. K. Zenner.
Uen syrischen Namen derFledermaus )jo^v3 leitet Brun
in seinem Dictionarium von jl.v3 und dem arabischen ^^^o Wurm
ab. Warum soll die Fledermaus „Wurmvogel" heissen? Wie
kommen die Syrer dazu, den „Wurm", der zur Komposition hier
benötigt wird, aus Arabien zu beziehen, da ihnen die eigene Sprache
fünf gut syrische Wörter zur Verfügung stellt? Wie erklärt sich,
diese Etymologie vorausgesetzt, das Nun in dem abgeleiteten Adjektiv )fi«A,..',o>? Letzteres Wort setzt voraus ein |j»o»*.iS = Ohren¬
vogel. In jeder illustrierten Naturgeschichte ist wohl die eine oder andere bildliche Darstellung zu finden, die keinen Zweifel aufkommen
lässt, dass diese Bezeichnung der Fledermaus ungemein zutreffend
ist. Auch die Naturwissenschaft kann nicht umhin bei der ganzen
Familie der VespertiUonina den Ohren grosse Aufmerksamkeit zu¬
zuwenden (Leunis, Synopsis der Thierkunde I, § 115). Sachlich
wäre also die neue Etymologie durchaus zutreffend ; sprachlich scheint allerdings eine Schwierigkeit vorhanden. „Der Stat. constr. kann nie vor dem j des Genitivs stehn" (Nöldeke, Syr. Gr. § 205 B). Viel¬
leicht dürfte dieses „nie" etwas zu mildem sein. Schon Duval
(Traitö de gram. syr. p. 339) schreibt: Par un melange des diverses
constractions I'etat construit se rencontre, mais ir^ rarement,
devant le dälath du genitif: ot^ol^>^ jj^JCOib].; ■'- «T* la vaisselle de sa tahle Josuö le Styl. 69, 15; <-i?.On'*Vj^ «LöoT les jours de ma jeunesse.
Auch der erste Bestandteil der Brun'schen Etymologie bedarf
einer Verbesserung; er ist zutreffend insoweit Wurzel und Be¬
deutung in Betracht kommen; aber die zu Grunde liegende Form
ist nicht wohl , sondem ]-'■•,&>, das zunächst als Abstr. und Collectiv. von w>.v3 aufzufassen ist. (Vgl. ^ju,l Kriechen = Gewürm, Brun und Brockelmann: „reptile", jjQO zunächst „Heuschrecken''