Nackschriß zu. Brugsch' ägyplisehen Sludien. 799
Wörter könnten wohl richtig gelesen seyo; aber das Ganze so
hinzunebmeo , wie es hier gehoten wird, kann ich mich nicht
entschliessen, und glaube, dass zur völligen Lösung des Räth-
sels, die daun auch die übrigen Inschriften mit einschliessen
muss , einige Factoren gehören , die erst noch zu fioden sind.
Vielleicht ist der Verfasser selbst so glücklich, die allen Anfor¬
derungen genügende Lösung zu Staude zu bringen.
Mein Bericht ist etwas lang geworden theils weil er fast
nndertbalb Jahre mit einer überreichen litterariscben Fruchtbar¬
keit umspannt, theils auch weil ich diesmal mehr als sonst nuf
Inhnlt, Veranlassung und Werth der Bücher eingegangen bin
und von meinen gesammelten Beobachtungen und Bemerkungen
nicbt 80 viel unbenutzt liegen gelassen habe. Zu dem letzteren
Verfahren wurde ich durch den Wunsch mehrerer hesonders fern
wohnender Fachgenossen veranlasst, uud ich wünscbe nun meiner¬
seits, dass ich es so auch Anderen recht gemacht babc.
Kachschrift zu Brugsch' ägyptischen Studien S. 677 if.
Nachdem ich bereits deo letzten Correcturbogen meines Auf¬
satzes „die Metternich-Stele" nach Leipzig zurückgesendet hatte,
kommt mir so eben die sechste Nummer des Bulletin archeolo¬
gique zum Atheoaeum fran^ais zu Gesiebt, in welchem sich ein
zum Theil mit dem von mir besprochenen Gegenstande zusammen¬
hängender Aufsatz des Hrn. Chabas ( De quelques textes biero¬
glypbiques relatifs aux esprits possesseurs ) mit Anmerkungen
dazu von Hrn. de Rouge befindet. Die Anrufung an die Sonnen¬
katze, voo der ich ohen gleichfalls eine vorläuOge Cebersetzung
theilweise gegeben hatte, lautet nach Hrn. de Rouge.- Chapitre
de l'invocation de In chntte. 0 soleil, viens ä ta fille; un scor¬
pion I'a piquee dans sa route. Qu'un de ses cris parvienne jus¬
qu'au cid, qu'il soit entendu dans tes chemins ! Le venin a penetre
dans ses membres , il circnle dans toutes ses chairs ; eile a suc£
sa plaie (?) mais le venin est en eile. Viens dans ta puissance
et ta colere (?) qu'il disporaisse devant toi , cor il est entre dans
tons les membres de cette chatte. — Ma fille, mo gloire! me
voici sur toi; je vais detruire le venin qui est dans lo substance
de cette chatte. Da meine Cebersetzung in mnncben Stücken von
der vorliegenden meines verehrten Freundes nbweicht, so sebe ich
micb verpflichtet etwaige Irrungen in der meinigen danach zu
verbessern, andrerseits aber meine Abweichungen durch Beweise
zu rechtfertigen. Die Stelle psb'u-nes srq m h'r übersetzt
Hr. de Rouge.- un scorpion I'a piquee dans sa route, ich: sie ist
Bd. X. 52
800 yachschrifl zm Brugsch' ägyptischen Sludien.
in Scbreciten gesetzt vom Scorpion Die Schwierigkeit
liegt in dem Verhum psh'u, welches Hr. Chahas und Hr. de Rouge
durch mordre , piquer comme un reptile wiedergeben. Ich gebe
diese Cebersetzung zu , kann dann aber nicht das koptische Ver¬
bum Ae.nci mordere zur Erklärung hinzuziehen, sondern halte
das Verbum n[U£^c lacerare als die jüngste Bildung der älteren
Formen pehsu oder pubs im Hierogl. und pbs im Demotischen.
Die von mir unübersetzte und durcb Punkte markirte Stelle mhr
uau sbhu.us phu.f r hr.t stm n hr.tuk kann icb nicht in
gleicher Weise wie Hr. de Rouge verstehen. Die Hauptschwie¬
rigkeit liegt in dem Worte uau, welches der gelehrte Akade¬
miker in der Bedeutung als eins, k. oyt., auffasst. Davor warnt
aber ausdrücklich das folgende allgemeine Determinativ für Wör¬
ter, denen der Begriif des Schlechten, Schädlichen zu Grunde
liegt. Man hat es wohl bier mit derselben Wurzel zu thun, welche
dem k. oyti. blasphemia, entspricht und den davon abgeleiteten
Formen. Ob das Wort sbhu cri bedeutet, muss ich dahin ge¬
stellt lassen, docb liegt es nahe au das k. co£^i, coo^e, c«.£^ui
corripere, redarguere, increpare, auch curam gerere, erinnert zu
werden. Hiernach wäre die Stelle anstatt qu'un de ses cris par¬
vienne jusqu'au eiel so zu deuten : das Schelten ihrer Klagen
es ist zum Himmel gekommen, so dass das Subject im Verbum
phu.f nicht auf den Scorpion, sondern auf uau zu beziehen
wäre. Auf meinem Abdrucke der Metternich-Stele sind die Zei¬
chen, welche Hr. de Rouge durcb entendre überträgt, undeutlich
und ich habe an Stntt des Ohres stm die beiden Beine zu er¬
kennen geglaubt, daher übersetzt: um zu betreten. Sollte sich,
wie des nachfolgenden m wegen wahrscheinlich ist, die Lesung
des Hrn. de Rouge bewähren, so wäre die Stelle obne Scbwierig¬
keit so aufzufassen: es (uau) ist gehört auf deinen Wegen. Die
sonderbnre Gruppe, von der ich oben gesprochen hahe und sie
als Schmulz. Fleck, dann auch Sünde verstanden, deutet Hr. de
Rouge als le venin du reptile et metaphoriquement la corruption
et l'aiguillon de la mort. Auch icb habe anfangs an einen äbn¬
licben Sinu gedacht, fand ober und finde immer noch Schwierig¬
keiten, sie in mehreren anderen Beispielen so zu verstehen. Hier
können nur weitere Untersuchungen nuf die Grundbedeutung der
Zeichen führen. Auf eine scbwer zu verstehende Bedeutung der
Gruppe will ich hier vorläufig aufmerksam mncben. In dem me¬
dicinischen Papyrus in Berlin werden S. 15 fl. sebr merkwürdige
Beschreibungen gewisser Organe des menschlichen Körpers ge¬
geben, die durch unsere fragliche Gruppe ausgedrückt sind. So
heisst es gleicb in der ersten Linie nu ap.f gr ... XXXII, au.f
athu n-snu nfr hit.f nt-snu-tau nfn a.uf nb. t „es bat
sein Kopf 32-? - er leitet durch sie den Athem nach dem Herzen,
damit sie geben den Athem ollen seinen Gliedern." Wer wollte
glauheo, dass bier dieselbe Gruppe Gift bedeute? Offenbar muss
Nachschrift za Urugsch' ägyptischen Sludien. SO l
man geleitet durch dieses Beispiel ao röhrenförmige Organe, Ner¬
ven oder dem ähnliches denken. Den Schluss meiuer üebersetzung
giebt Hr. de Rouge in gleicher VVeise, nur etwas freier und zu¬
geschnittener. Zu erinnern ist nur, dass mak nicht la plaie
sondern das ganz gewöiinlicbe Zeitwort ist, welches so oft iu
der Verbindung mak kem „der Schützer, Vertheidiger Aegyp¬
tens" in den Titeln der Könige, hesonders auf den Obelisken,
erscheint. Wörtlich heisst der ganze Satz rats ru.s r.s — sie
legt ihren Mund auf sich — mak ta m liu.us — ubwehrend
den Schmutz (das Gift?) voo ibren Gliedern. Daher meine Ueber¬
tragung: mit ihrem Munde schützt sie ihre Glieder. Die ganze
Stelle würde demnach mit Bezug uuf die eben uusgesprochenen
Bemerkungen so luuten:
1. Ach du Sooneogott! komm doch zu deiner Tuchter, deun
es hat sie gestochen
2. der Scorpion auf dem Wege, dos Schelten ihrer Klugen,
es ist zum Himmel gekommeo , es ist gehört uuf deinen
Wegen, der Scbmutz (Gift?)
3. ist auf ihre Glieder gekommen und bedeckt ihren Körper,
mit ihrem Munde schützt sie
4. ihre Glieder —.
Nuchträglich nocb die Bemerkung, duss die Abhundlung des
Hrn. Chubus mit den Bemerkungen vom Uro. de Rouge, wie oben
angedeutet, erst erschienen ist, nucbdem bereits meine Abhand¬
lung über die Metternich-Stele der Redaetion unserer Zeitschrift zugeschickt war.
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Notizen , Correspondenzen und Vermischtes.
Schreiben des Hrn. Dr. J. Oppert an Prof. Brociihaus.
In einem Schreiben, welches Sie die Güte hatten in der Zeitscbrift (Bd. X, S. 288 CT.) abdrnclicn za lassen, habe ich mich über das der Ent¬
ziETerung der Keilschriften zu Grunde liegende Prinzip ausgesprochen. Seit dieser Zeit habe icb den Gegenstand in einem Berichte an den französischen Unterrichtsminister, Hrn. Fortoul, näber entwickelt, und Sie finden diese Arbeit in den Archives des Missions Scientifiques vom 13. Mai 1856. Docb vielleicht ist diese Arbeit den deutschen Gelebrten weniger zugänglich , und so will leb kurz einiges hier andeuten.
Durch die Entdeckung der Ursache der Mehrlautigkeit der assyriscben Cbaractere glanbe ich den legitimen Grund des Misstrauens gegen die Ent- ziiferungen überhaupt, das Rawlinson's etwas willkürliches Verfahren zum Tbeil entschuldigte, vollkommen entfernt zu haben. Das vom englischen Gelehrten aufgestellte Factum bestebt, und ist durch Hunderte von Beispielen zu belegen. Hr. Brandis, der nur die Rawlinson'scben Arbeiten berück¬
sichtigte, ohne die Assyrischen Inscbriften selbsl zu kennen, bat diese Mehr¬
lautigkeit binwegläugnen wollen , die jedoch die geringste Kenntnissnahme der verschiedenen Exemplare derselben Inschrift, wie die assyrischen Sylla¬
barien , gerade zu aufdringen. So z. B. bat das Zeichen tTf} die Beden¬
tung kal, lap, rip, dan und tan, denn es wechselt gleich häufig mit ka al im Namen Kaldi, Kalha (Calah),
la ap In Lahnau (Libanon), Labtur, mulabbir,
rl ip in musahrib, , bekriegend, 'irib Abend '),
da an in dan nut D^S'l potestas, mud a nnin l'*!^, potens.
ta an in ibirtan „die Ufer", ristan IHTÖS der erste (Sohn) Ausserdem findet sich das Zeichen als Monogramm eiues noch unbekann¬
ten Baumaterials , und vertritt das assyrische Wort Man wird mir
einwenden, das sei sehr verwickelt, dunkel und unpraktisch. Der Ansicht bin ich auch. Das Faclum kann ich indess nicht ändern , und habe die Erklä¬
rang gefunden.
Die wie ich nachweisen werde, aus Hieroglyphen aus rein technischen Gründen umgestaltete anarische Keilschrift dient fünf Völkern und fünf Spra¬
chen mindestens, denn von diesen haben wir Documente, diese sind:
1) In der Phrase z. B. : ^3>y] «IDHIÖ i'i» in* Nttijpaj r\t»v5 IC der König, welcher vom Aufgang' der Sonne bis zum Niedergang (der Sonne herrscht.