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Gottesdienst aus der Dorfkirche Schönow bei Bernau bei Berlin am Sonntag Invocavit (1.Sonntag der Passionszeit), 21. Februar 2021

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Gottesdienst aus der Dorfkirche Schönow bei Bernau bei Berlin am Sonntag Invocavit (1.Sonntag der Passionszeit), 21. Februar 2021

Orgelmusik

Begrüßung, Sterbe-Abkündigung Charlotte und Herbert Beier, Gebet

Lied EG 376 „So nimm denn meine Hände“

1. So nimm denn meine Hände und führe mich

bis an mein selig Ende und ewiglich.

Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt;

wo Du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

2. In Dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz;

lass ruhn zu Deinen Füßen Dein armes Kind;

es will die Augen schließen und glauben blind.

3. Wenn ich auch gleich nichts fühle von Deiner Macht,

Du führst mich doch zum Ziele, auch durch die Nacht.

So nimm denn meine Hände und führe mich

bis an mein selig Ende und ewiglich.

Psalm 91 (EG 736)

Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt

und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem HERRn:

Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.

Denn Er errettet Dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest.

Er wird Dich mit Seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst Du haben

unter Seinen Flügeln.

Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass Du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht,

vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht,

vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

Denn der HERR ist Deine Zuversicht, der Höchste ist Deine Zuflucht.

Es wird Dir kein Übel begegnen,

und keine Plage wird sich Deinem Hause nahen.

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Denn Er hat Seinen Engeln befohlen,

dass sie Dich behüten auf allen Deinen Wegen, dass sie Dich auf den Händen tragen

und Du Deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

Über Löwen und Ottern wirst Du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten.

»Er liebt Mich, darum will Ich Ihn erretten;

Er kennt Meinen Namen, darum will Ich Ihn schützen.

Er ruft Mich an, darum will Ich ihn erhören;

Ich bin bei ihm in der Not,

Ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen.

Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen Mein Heil.«

Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,

wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Wir erkennen uns vor Gott:

Barmherziger Gott:

Deinen Engeln hast Du befohlen, Deine Mauern hast Du befestigt, Deine Flügel hast Du ausgebreitet, wir stehen unter Deinem Schutz.

Warum schlagen wir Deine Hilfe aus?

Warum ist uns Deine Stimme so fremd?

Warum erkennen wir Deinen Engel nicht?

Warum drehen wir uns um uns selbst?

Wir rufen zu Dir:

Kyrie eleison – Herr, erbarme Dich!

Christe eleison – Christe, erbarme Dich!

Kyrie eleison – Herr, erbarm Dich über uns!

So lesen wir es im Prophetenbuch Jeremia

im 29. Kapitel. „Ich weiß wohl, was Ich für Gedanken über Euch habe, spricht der HERR, nämlich

Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass Ich Euch gebe das Ende, auf das Ihr wartet.

Lasst uns beten:

Gott der Barmherzigkeit,

wir sind arm und machtlos vor Dir.

Darum bitten wir Dich: Wache in uns und um uns, beschütze uns vor allem Unheil,

bewahre unseren Geist vor argen Gedanken.

Das bitten wir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Bruder und Herrn, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Brieflesung aus dem Neuen Testament für den Sonntag Invocavit aus dem Hebräerbrief Kapitel 4, Verse 14-16

Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel

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durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen

Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns freimütig hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden und so Hilfe erfahren zur rechten Zeit.

Lied EG 91, 1-5 „Herr, stärke mich, Dein Leiden zu bedenken“

1) Herr, stärke mich, Dein Leiden zu bedenken, mich in das Meer der Liebe zu versenken, die Dich bewog, von aller Schuld des Bösen uns zu erlösen.

2) Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden,

an unsrer Statt gemartert und zerschlagen, die Sünde tragen:

3) welch wundervoll hochheiliges Geschäfte!

Sinn ich ihm nach, so zagen meine Kräfte, mein Herz erbebt; ich seh und ich empfinde den Fluch der Sünde.

4) Gott ist gerecht, ein Rächer alles Bösen;

Gott ist die Lieb und lässt die Welt erlösen.

Dies kann mein Geist mit Schrecken und Entzücken am Kreuz erblicken.

5) Seh ich Dein Kreuz den Klugen dieser Erden ein Ärgernis und eine Torheit werden:

so sei’s doch mir, trotz allen frechen Spottes, die Weisheit Gottes.

Evangelium für den Sonntag Invocavit bei Matthäus im 4. Kapitel, Verse 1-11.

Ehr sei Dir, o Herre

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.

Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln für dich Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit

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und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel.

Und siehe, da traten Engel herzu und dienten ihm.

Lob sei Dir, o Christe!

Gemeinde singt: Lob sei Dir, o Christe

Lied EG 362, 1-3 „Ein feste Burg ist unser Gott“

1) Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.

Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.

Der alt böse Feind,

mit Ernst er's jetzt meint;

groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.

2) Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;

es streit für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.

Fragst Du, wer der ist?

Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth,

und ist kein andrer Gott;

das Feld muss Er behalten.

3) Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen,

so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen.

Der Fürst dieser Welt, wie saur er sich stellt, tut er uns doch nichts;

das macht, er ist gericht:

ein Wörtlein kann ihn fällen.

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

„Dazu ist gekommen der Sohn Gottes, dass Er die Bollwerke des Teufels zerstöre“ – so heißt es in unserem Wochenspruch für die heute beginnende Woche. Die Bollwerke des Teufels werden von Jesus zerstört…der Teufel, das ist keine Märchenfigur,

sondern in der Bibel, im Neuen Testament, da heißt er

„Diabolos“ in der griechischen Originalfassung, das heißt wörtlich „Durcheinanderbringer“.

Und im Evangelium haben wir vorhin gehört, wie Jesus in der Wüste ist und da dem „Versucher“

begegnet, der Ihn in der Tat versucht, durcheinander zu bringen. „Bist Du Gottes Sohn, so kannst Du doch aus diesen Steinen Brot machen“.

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„Bist Du Gottes Sohn, so stürze Dich herunter von diesem Turm, denn es heißt doch im Psalm 91: Er hat Seinen Engeln befohlen, dass sie Dich behüten auf allen Deinen Wegen…“ Und dann die dritte

Versuchung, der Versucher, der

Durcheinanderbringer, der Teufel sagt zu Jesus: „Alle Reiche der Welt sollen Dir gehören, wenn Du

niederfällst und mich anbetest“. Und da antwortet Jesus ihm zum dritten und letzten Mal mit einem Wort aus dem Alten Testament: „Du sollst Gott allein

anbeten und Ihm dienen“.

Es gibt die großartige Schwarz-weiß-Verfilmung des Matthäusevangeliums durch den italienischen

Regisseur Pier Paolo Pasolini von 1964. In seinem Film „Das erste Evangelium – Matthäus“ wird eben wirklich nur die Bibel, das Matthäus-Evangelium

verfilmt, die Schauspieler sprechen nur Worte aus der Bibel, nichts wird interpretiert. Das unterscheidet Pasolinis Film von allen anderen Jesus-Verfilmungen.

Und bei dieser Szene aus unserem heutigen Evangelium lässt der Regisseur Pasolini diesen Versucher, den Teufel nicht als Märchenfigur

auftreten, sondern ganz menschlich als einen Mann, der in der Wüste auf einmal vor Jesus steht und genauso plötzlich dann auch wieder verschwindet, als es hier heißt: „Da verließ Ihn der Teufel“.

Unser Evangelium für den ersten Sonntag in der Passionszeit sagt: Jesus ist also durch die

allergrößten Versuchungen gegangen, damit wir bei Ihm im Glauben Hilfe bekommen, wo wir vor schweren Entscheidungen stehen oder Versuchungen uns auf Irrwege und Abwege bringen wollen.

Und ganz ähnlich hieß es auch noch im Zusammen- hang mit der Kreuzigung von Jesus: „Bist Du Gottes Sohn, dann steig doch herab vom Kreuz!“

Etwas, das sich nur im Glauben erschließt – Jesus ist Gottes Sohn, es soll hier anhand eines Experiments

„bewiesen“ werden, aber darauf lässt sich Gott nicht ein. In jedem Falle stimmt das, was wir vorhin in der Brieflesung aus dem Neuen Testament gehört haben aus dem Hebräerbrief: „Wir haben in Jesus eben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mitleiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir.“

Unser Bibelwort zur Predigt für diesen Sonntag aus dem Johannes-Evangelium schildert uns eine Episode aus der Passionsgeschichte, bei Johannes im 13.

Kapitel.Sie spielt am Gründonnerstag, an dem Abend vor dem Karfreitag. Jesus ist das letzte Mal mit den 12 Jüngern zusammen. Johannes ist das einzige der vier Evangelien, in denen nicht das letzte Abendmahl gefeiert wird, sondern hier vor Jesu Abschieds-

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Reden, sie erstrecken sich über mehrere Kapitel im Johannesevangelium, da wäscht Jesus Seinen Jüngern die Füße. Eigentlich ein Sklavendienst, wenn man zu Gast irgendwo in Palästina war, man legte seine Sandalen ab und der Gastgeber sorgte dafür, dass Staub und Dreck von den Füßen der Gäste abgewaschen wurde, dann erst setzte man sich zu Tisch. Jesus macht darin deutlich:

Er ist unser aller Diener.

„Der Menschensohn“, so sagt es Jesus an anderer Stelle „ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“

Hören wir nun auf unser heutiges Bibelwort am 1. Sonntag der Passionszeit bei Johannes im 13. Kapitel, die Verse 21-30.

Jesus wurde erregt im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete. Es war aber einer unter seinen Jüngern, der zu Tische lag an der Brust Jesu, den hatte Jesus lieb. Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete. Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist's? Jesus

antwortete: Der ist's, dem ich den Bissen

eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot. Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald! Niemand am Tisch aber wusste,

wozu er ihm das sagte. Denn einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm:

Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!,

oder dass er den Armen etwas geben sollte.

Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.

(Gebet) „HERR, tue meine Lippen auf, dass mein Mund Deinen Ruhm verkündige.“ Amen.

Liebe Schwestern und Brüder,

unser Bibelwort rückt einen der 12 Jünger hier ins Zentrum: Judas, der Jesus denen ausliefern wird, die Ihn verhaften und am nächsten Tag kreuzigen werden.

Jedes Mal, wenn wir im Gottesdienst miteinander Abendmahl feiern, hören wir am Anfang der

Einsetzungs-Worte: „Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, in der Er verraten wurde, da nahm Er das Brot, dankte, gab es Seinen Jüngern und sprach:

Nehmt und esst…“ Wir werden also daran erinnert:

Jesus wurde verraten, Judas verriet den Aufenthaltsort seines Herrn und Meisters, den Garten Gethsemane,

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in den Jesus sich zum Beten zurückziehen würde am Abend. Dort würden sie Ihn finden, dort könnten sie Ihn festnehmen.

Für das Johannes-Evangelium ist die Sachlage völlig klar. Judas ist der Verräter, in den der Satan gefahren war – so heißt es hier. Jesus weiß, wer von den 12 Jüngern Ihn verraten wird, Er gibt ja auch Judas von dem Brot ab, Er schließt Judas ja eben gerade nicht von der Tischgemeinschaft aus.

Die anderen bekommen den Inhalt von dem Gespräch mit Judas nicht mit zunächst. Judas ist ja der mit dem Geldbeutel, sie denken, er solle noch etwas einkaufen für diesen Abend.

Und dann diese Worte „Es war Nacht.“

Unser Bibelwort wurde für diesen 1. Sonntag der Passionszeit, von wo an wir auf den Karfreitag in der Kirche zugehen, bewusst ausgewählt, damit wir näher über Judas als eine zentrale Person in der Passions- Geschichte nachdenken können.

War er der schlechte Mensch, der auf eigenen Vorteil bedacht war, vielleicht auch noch geldgierig?

Denn er bekam ja 30 Silberlinge für seinen Verrat.

Der Verräter, der sich dann nach der Verhaftung Jesu einen Strick nimmt und sich aufhängt.

Einer, der schlimm endet.

Die frühe Kirchengeschichte glaubte in der Figur des Judas das Judentum insgesamt sehen zu müssen, das Jesus feindlich gegenübersteht. Ein Jesus, der nicht mehr als Jude verstanden wird, sondern als Gegenüber zum Judentum interpretiert wird?

Da wird der Bibel große Gewalt angetan, und in der Konsequenz dieser geistlichen Verwirrung und

Verirrung haben im letzten Jahrhundert die Deutschen Christen im Nationalsozialismus Jesus als Arier

versucht darzustellen.

Wie oft hat man in der Kirchengeschichte bei antijüdischen Ausschreitungen gerufen: „Ihr habt unseren Heiland gekreuzigt!“?

Ich behandle mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden der 8. Klasse gerade das Thema

„Antisemitismus“ und in diesem Zusammenhang natürlich auch die verhängnisvolle Linie in der Kirchengeschichte, die wir als „Antijudaismus“

bezeichnen. Da taucht dieser Vorwurf, die Juden seien Christusmörder, immer wieder auf, aber es wird

deutlich, dass hier die Bibel nicht richtig verstanden wurde. Denn zum einen hatten ausschließlich die Römer, die Besatzungsmacht in Palästina, das Recht, Menschen zum Tode zu verurteilen, und zum anderen wird in der Bibel deutlich, was Jesus am Anfang der Passionsgeschichte sagt: „Siehe, wir gehen hinauf

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nach Jerusalem, und dort wird der Menschensohn getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.“

Die Bibel sagt uns also: Der Weg von Jesus ans Kreuz, er ist von Anfang an vorgezeichnet, nicht ein Betriebsunfall der Weltgeschichte. „Ihr habt unseren Heiland gekreuzigt“ – wo dieser Ruf jüdischen

Menschen entgegengehalten wurde, da wurde der Weg Gottes ans Kreuz nicht verstanden.

Petrus, der Anführer der 12 Jünger, er versuchte noch, Jesus von diesem Weg nach Jerusalem abzuhalten, lesen wir in den Evangelien im Neuen Testament, aber da sagt Jesus ihm sogar: „Weg mit Dir, Satan!

Denn Du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“ Auch hier geht die Bibel davon aus, wie auch bei Judas in unserem Bibelwort zur Predigt, der Satan sei in ihn gefahren – hier Judas, da Petrus.

Vielleicht aber ist das alles mit Judas auch ganz anders gewesen. Der katholische Psychotherapeut und Theologe Eugen Drewermann schreibt in seinem Buch zum Johannes-Evangelium: „Denken lässt sich deshalb, dass der ganze Konflikt zwischen den

Rechtgläubigen in Israel und dem Manne aus

Nazareth quer durch das Herz des Judas ging und er zwischen beiden Seiten stand, indem er es mit beiden Seiten halten wollte: Er liebte seinen Herrn und hoffte, ihn zu retten, wenn man ihn nur zwingen könnte,

mit dem Hohepriester Kaiphas endlich zu reden und umgekehrt, er glaubte auch an die Integrität des Hohen Priesters; wenn man Kaiphas nur nötigen könnte, nach dem Buchstaben des Gesetzes Jesus anzuhören, so würde er unweigerlich erkennen, dass er keinen Schuldigen, sondern einen Gottesmann vor sich habe. In einem solchen Widerstreit der Gefühle wäre es in der Tat ein Akt der Liebe des Judas zu seinem Herrn gewesen, die würdelose Flucht Jesu vor der drohenden Verhaftung zu beenden und ein

gemeinsames Gespräch zwischen den beiden Lagern herbeizuzwingen. Beide Parteien weigerten sich

offenbar, miteinander zu reden: Jesus, weil er anscheinend nicht mehr daran glaubte, in den Gesetzeslehrern und Hohen Priestern aufrichtige

Männer Gottes statt „Heuchler“ zu finden, und Kaiphas nicht, weil er es als gar nicht nötig empfand, die

Schuld Jesu noch festzustellen – sie war in seinen Augen längst erwiesen, nur ein Widerruf hätte in

dieser Situation Jesus noch retten können, doch dazu würde er nie bereit sein. So mag es eine verzweifelte, eine paradoxe Hoffnung des Judas gebildet haben, durch die Auslieferung Jesu an den Hohen Rat Jesus retten zu können.“ Soweit Eugen Drewermann in seinem Buch: „Das Johannes-Evangelium - Bilder einer neuen Welt“ von 2003.

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Möglicherweise war das auch die Interpretation von einem französischen Steinmetz aus dem 12. Jahrhundert, anzusehen in der Kirche im französischen Dorf Vézeley in Burgund.

Zu sehen ist in diesen zwei Darstellungen aus Stein gemeißelt: Da ist auf der einen Seite Judas, der sich aufgehängt hat, der seinen Verrat bitter bereut hat, der das Geld nicht haben wollte. Dann auf der

anderen Seite der auferstandene Jesus mit dem toten Judas auf den Schultern.

Da ist Jesus, bei diesem französischen Bildhauer, ganz der gute Hirte, ohne Einschränkung.

Da, wo Menschen sich verirrt haben, wird Jesus zum guten Hirten, Er sucht das Verlorene und bringt es nach Hause. Jesus, der am Kreuz gebetet hat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Am Ende ist Judas also nicht auf seinen Irrtum

festgelegt, sondern Jesus bringt ihn nach Hause. Ins Leben. Zu sehen in der Kirche in Vézeley in Burgund.

Kein Mensch also ist festgelegt auf die Dunkelheit des Herzens, wie tief sie auch sein mag.

Es heißt am Ende von unserem Bibelwort: „Und es war Nacht“. Nacht ist es im Herzen von Judas, Nacht ist es in seiner Seele.

Dunkel ist es auch in uns, wo wir nicht das Licht des Glaubens spüren. Darum haben wir in diesem

Gottesdienst vorhin unser erstes Wochenlied

gesungen aus der Reformations-Zeit: „Ein feste Burg ist unser Gott“.

Darum singen wir nachher auch noch das andere Wochenlied „Ach, bleib mit Deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ“ – und wir beten auch heute wieder im Vaterunser nachher „Und führe uns nicht in

Versuchung“.

Liebe Schwestern und Brüder,

um Versuchungen geht es ja im Evangelium für diesen Sonntag und um die, der Judas erlegen ist in unserem Bibelwort aus dem Johannes-Evangelium.

Und sage niemand, das sei doch für uns kein Thema.

Bei Judas und seiner Wirkungsgeschichte sehen wir, wie schnell es geht, dass Menschen abgeschrieben werden, endgültig abgeschrieben werden.

Wir sprechen dann davon, bei diesem oder bei jener, da sei Hopfen und Malz verloren.

Wenn wir so reden, wenn wir aufhören, Menschen Veränderungen zum Guten zuzutrauen, dann hat der Teufel, der Durcheinanderbringer, einen echten

Punktsieg errungen.

Nun aber heißt es in unserem neuen Wochenspruch im 1. Johannesbrief: „Dazu ist gekommen der Sohn Gottes, dass Er die Bollwerke des Teufels zerstöre“.

Ja, es ist manchmal schwer, an Menschen

festzuhalten, deren Herz uns verdunkelt erscheint, die auf uns wirken, als seien sie vor sich selber auf der Flucht; es ist manchmal schwer, an eine Ehe weiter zu

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glauben, die in schwere Fahrwasser geraten ist, an Beziehungen weiter zu glauben, an eine gemeinsame Zukunft. Ich weiß da, wovon ich rede.

Aber in allem, was schwer ist, sorgt Gott selber dafür, dass wir nicht irre daran werden, dass wir Kraft

bekommen, Ausdauer und auch Fantasie, damit menschliche Beziehungen gelingen oder auch ganz neu beginnen können, denn durch alle

Schwierigkeiten hindurch hilft uns Jesus, der selber durch alle vorstellbaren Versuchungen hindurch gegangen ist, der selbst Judas nicht aufgegeben hat, der auch uns nicht aufgibt.

Denn „dazu ist gekommen der Sohn Gottes, dass Er die Bollwerke des Teufels zerstöre.“ Amen.

Orgelmusik

Glaubensbekenntnis

Abkündigungen; Kollekte für das Hospiz

„Drachenkopf“ in Eberswalde, Spenden unter www.hospiz-drachenkopf.de/spenden-hos- hauptmenue

und unter www.ekbo.de/spenden

Lied EG 347 „Ach, bleib mit Deiner Gnade“

1) Ach bleib mit Deiner Gnade bei uns, Herr Jesu Christ,

dass uns hinfort nicht schade des bösen Feindes List.

2) Ach bleib mit Deinem Worte bei uns, Erlöser wert,

dass uns sei hier und dorte Dein Güt und Heil beschert.

3) Ach bleib mit Deinem Glanze bei uns, Du wertes Licht;

Dein Wahrheit uns umschanze, damit wir irren nicht.

4) Ach bleib mit Deinem Segen bei uns, Du reicher Herr;

Dein Gnad und alls Vermögen in uns reichlich vermehr.

5) Ach bleib mit Deinem Schutze bei uns, Du starker Held,

dass uns der Feind nicht trutze noch fäll die böse Welt.

6) Ach bleib mit Deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott;

Beständigkeit verleihe, hilf uns aus aller Not.

Fürbitte

Wir danken Dir, Gott, für das Leben, das Du uns geschenkt hast,

für all das Schöne, das wir erfahren,

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und für die Kraft, mit der Du uns hilfst, damit wir Schweres überwinden können.

Wir fragen nach dem Sinn unseres Lebens,

wir suchen nach Wegen, die wir beschreiten können und streben nach Zielen, die wir erreichen wollen.

Aber wir wissen: Viele Wege führen in die Irre und viele Ziele liegen in endloser Ferne.

Aber wir wissen auch, wie verlockend es ist, ihnen zu folgen – trotz aller Erkenntnis und gegen alle Vernunft.

Deshalb bitten wir Dich um Vorsicht für alle, die von Abenteuerlust getrieben werden.

Schütze sie vor Risiken, die nicht kontrollierbar sind.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Besonnenheit für alle, die ständig neue Herausforderungen suchen.

Gib, dass sie sich nicht übernehmen.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Selbstbeherrschung für alle, die nur ihr eigenes Wohl im Sinn haben.

Richte ihre Blicke auf die Menschen, die um sie sind.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Weitsicht für alle,

die wichtige Entscheidungen zu treffen haben.

Lass sie nicht nur das Notwendige für den Augenblick bedenken, sondern auch die Folgen ihres Handelns.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Verstand für alle, die über Macht und Einfluss verfügen.

Bewahre sie vor Hochmut und Überheblichkeit.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Gott, wir bitten Dich um Standhaftigkeit für uns alle, die wir auf Schritt und Tritt den vielen Versuchungen im Alltag ausgesetzt sind.

Schütze Du uns vor verhängnisvollen Fehlern.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Gib uns den Mut, Nein zu sagen

zu allem, was uns Unglück bringen könnte und stärke uns in unserem Vertrauen, Ja zu sagen zu Dir und dem Weg, auf dem Du uns sicher führst und voller Liebe begleitest,

alle Tage bis ans Ende der Welt.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir verbinden unsere Stimmen in dem Gebet, das Jesus uns zu beten beigebracht hat:

Vaterunser…

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Lied SJ 17 „In einer fernen Zeit“

1. In einer fernen Zeit gehst Du nach Golgatha, erduldest Einsamkeit,

sagst selbst zum Sterben ja.

2. Du weißt, was Leiden ist,

Du weißt, was Schmerzen sind, der Du mein Bruder bist,

ein Mensch und Gottes Kind.

3. Verlassen ganz und gar von Menschen und von Gott, bringst Du Dein Leben dar und stirbst den Kreuzestod.

4. Stirbst draußen vor dem Tor, stirbst mitten in der Welt.

Im Leiden lebst Du vor, was wirklich trägt und hält.

5. Erstehe neu in mir.

Erstehe jeden Tag.

Erhalte mich bei Dir,

was immer kommen mag.

Amen, Amen, Amen.

Segen

Amen, Amen, Amen

Orgelmusik: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (J. S. Bach)

Referenzen

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