6. Nukleare Entsorgung
Kernenergie in Deutschland
- Anteil an Elektrizitätsversorgung in Deutschland > 30%, in EU 36%
- 17 im Betrieb befindliche Blöcke (2007)
- durch Kernenergie jährliche CO2 - Emissionen von bis zu 160 Mio. t vermieden
- Betrieb von Forschungsreaktoren
- z.Z. ein Forschungsreaktor Neubau (München-Garching)
- alle im Osten Deutschlands befindlichen russischen Reaktoren außer Betrieb, Vorbereitung/Durchführung des Abbaus
- Verzicht auf deutsche Wiederaufarbeitung (Wackersdorf)
- Rückbau von kerntechnischen Anlagen in Karlsruhe, Jülich und Rossendorf
- Rückbau der WA-Karlsruhe (Konzept „Grüne Wiese“)
- Abbau eines Kernkraftwerkes (KKW Niedereichbach) zur „Grünen Wiese“ bereits erfolgreich durchgeführt
⇓
regierungspolitischer Wille „Ausstieg aus Kernenergie“ (20-25 Jahre)
„Atommüll“
- abgebrannte Brennelemente der Reaktoren
- radioaktive Prozessabfälle (Glaskokillen), die bei der Wiederaufbereitung von Brennelementen entstehen - aktivierte, bzw. kontaminierte Bauteile von Reaktoren,
Kernanlagen und Produktionsanlagen für radioaktive Isotope - anfallende radioaktive Abfälle aus nuklearmedizinischer,
industrieller und forschungsseitiger Anwendung
- Prozessabfälle bei der Urangewinnung und Aufarbeitung
= Radioaktiver Abfall:
jegliche radioaktiv kontaminierte, bei Betrieb und Abbau von Kernanlagen und den Umgang mit radioaktiven Stoffen anfallenden Reststoffe, die nicht dekontaminierbar und
nicht wiederverwendbar sind.
Vielfalt der Abfälle (kontaminierte Kleidung und Geräte, Bauschutt,
Reinigungsmittel, Filter, Austauscherharze, Stahl- und Betonstrukturen)
Radioaktiver Abfall
(Charakteristik)- Toxizität ist im wesentlichen durch die von den radioaktiven Nukliden ausgesandte Strahlung (Art, Energie) bestimmt
- Radioaktivität nimmt nach physikalischer Gesetzmäßigkeit im
Laufe der Zeit ab, Halbwertszeit für endlagerrelevante Radionuklide von wenigen Jahren bis mehrere zehntausend Jahre
- Charakterisierung nach Radioaktivitätsinventar, Radiotoxizität Actinidengehalt und Wärmeentwicklung
⇒ hoch-, mittel- und schwachradioaktiv
- durch geeignete Konditionierung Überführung in zwischen- und endlagerfähige Form (Behandlung, Fixierung, Verpackung)
⇒ Abfallgebinde
- Abgabe, Zwischen- und Endlagerung geregelt
Beseitigung von radioaktiven und Nuklearabfällen
(Prinzipien)- Oberflächennahe Lagerung
- Lagerung untertätig in geologischen Formationen
* mit Option Rückholbarkeit
* keine Rückholbarkeit
- Transmutation langlebiger Nuklide - Transport in den Weltraum
- Meeresverkippung, Versenkung
- Freisetzung / Verteilung / Verdünnung
Jährlicher Anfall von festen Reaktorbetriebsabfällen und abgebrannten Brennelementen (vereinfachtes Schema)
Konzept zur Entsorgung von radioaktiven und Nuklearabfällen
(D)- Kurzzeitlagerung beim Verursacher
- Abgabe an Landessammelstelle (kein Kernmaterial) - Zwischenlagerung in zentralen Lagern
- Endlagerung in untertägigen geologischen Formationen (Salz ? Granit ? Tongestein ?)
Politisches Moratorium zur Endlagerproblematik!
Chemie des Kernbrennstoffzyklus I
- Uranerzbergbau
- Laugung
UO2 + H2 SO4 + 1/2O2 UO2 SO4 + H2 O
UO2 + 1/2O2 + Na2 CO3 + 2NaHCO3 Na4 UO2 (CO3 )3 + H2 O
(bei hohem Carbonatgehalt des Muttergesteins)
- Fällung
2UO2 (NO3 )2 + 6NH3 ·H2 O (NH4 )2 U2 O7 + 3H2 O + 4NH4 NO3 (ADU)
- Kalzination
H2
(NH4 )2 U2 O7 UO2
ΔT H2
U3 O8
Chemie des Kernbrennstoffzyklus II
- Anreicherung
UO2 + 4HF UF4 + 2H2 O Unat. 0,7% 235U UF4 + F2 UF6 UBE 3,0% 235U
- UO
2-Herstellung (AUC-Verfahren)
UF6 + 2H2 O UO2 F2 + 4HF
UO2 F2 + 6NH3 + 3CO2 + 3H2 O (NH4 )4 [UO2 (CO3 )3 ] + 2NH4 F ΔT H2
UO2
UO2 als Pellet
Reaktorbrennelement
Entsorgungskonzept für gebrauchte Brennelemente
Variante:
- Endlagerung nach Wiederaufarbeitung Wiedergewinnung des unverbrauchten
Kernbrennstoffes (Uran-235) und des neu gebildeten
Kernbrennstoffes (Plutonium-239), Endlagerung der
verfestigten hochradioaktiven Abfälle
Chemie des Kernbrennstoffzyklus III
Reaktorbrennelement nach Einsatz in Reaktor (Wiederaufarbeitung):
- Auflösung
UO2 + 8HNO3 3UO2 (NO3 )2 + 4H2 O + 2NO UO2 + 4HNO3 UO2 (NO3 )2 + 2H2 O + 2NO2
- Extraktion
UO2 (NO3 )2 aq + 2TBPorg ↔ UO2 (NO3 )2 ·2TBPorg Pu(NO3 )4 aq + 2TBPorg ↔ Pu(NO3 )4 ·2TBPorg
Reduktion
Pu4+/6+ Pu3+
U4+, elektrochemisch
- Mischoxidherstellung
2UO22+ + Pu4+ + 10NH3 ·H2 O → (NH4 )2 U2 O7 + Pu(OH)4 + 8NH4+ + 3H2 O UO2 / PuO2 -Mischoxid als Pellet
Reaktorbrennelement
Entsorgungskonzept
(Brennelemente)Wiederaufarbeitung
-Zwischenlagerung/Transport → Endlagerung
Direkte Endlagerung
PUREX-Verfahren:
Auflösen der Brennelemente - Abtrennung des unverbrauchten Urans und des gebildeten Plutoniums durch Extraktion von den gebildeten Spaltprodukten - Fixierung der Spaltprodukte in einer Glasmatrix
⇒ Glaskokillen
Weg der Brennelemente
(Variante D)Present German concept:
Direct disposal of complete fuel elements
Nuclear reprocessing
Separation of U, Pu (and minor actinides) Fuel element
Fuel elements: nuclear fuel + fission products
Final disposal Reactor
fuel element
Container for transport and intermediated storage
Vitrification
Fission products Fission products
Consequences ?
Entsorgungskonzept
(Brennelemente)- Zwischenlagerung/Transport → Endlagerung
Entsorgungskonzept
(Brennelemente)- Zwischenlagerung/Transport → Endlagerung
Castor
Cask for Storage and Transport of Radioactive material
Lager- und Transportbehälter für hochradioaktives Material (Kokillen mit verglasten Spaltprodukten und Nuklearmaterial (Brennelemente)
Castor für KKW-Brennelemente
- Gewicht 120 t (Spezialguss), Wandstärke 44 cm - Prüfungen:
Fallprüfung
- z. B. aus 9 m Höhe auf Beton-Stahl-Fundament aus 1 m auf einen Dorn
von 15 cm
Erhitzungsprüfung
- 0,5 h auf 800°C, Feuertest bei 1100°C, 90 min Wassereindringprüfung
- z. B. 8 h auf 15 m Tiefe, 30 min auf 200 m Tiefe Kollision
- Straßenfahrzeug, Lokomotive mit ca. 130 km/h, - Simulation Flugzeugabsturz,
- Beschuss mittels 1t schwerem Stahlprojektil mit Schallgeschwindigkeit Æ keine Radioaktivitätsfreisetzung
PUREX - Verfahren
(Plutonium-Uranium-Recovery by Extraction)
- viele Verfahren getestet, unterschiedlichste Extraktions- und Fällungsverfahren - Extraktionsmittel:
Tri-n-butylphosphat (TBP)
30%ige Lösung von TBP in Dodekan (C12 H26 ) / Kerosin
Salpetersaure Lösung der zu trennenden Kernbrennstoffe und Spaltprodukte Flußverhältnis Speiselösung / Extraktionslösung 1 : 3 bis 1 : 5
- Trennfaktoren bis 107 notwendig
- Mixer-Settler, Siebbodenkolonnen, gepulste Kolonnen, Zentrifugalextraktoren
- U/Pu Trennschritt Reduktion des Pu4+ / 6+ zu Pu3+
Verteilung von Actiniden (30 Vol% TBP in Kerosin / HNO
3)
Ziel der Endlagerung
- Verhinderung, dass aus dem Abfall stammende Radionuklide in die Biosphäre gelangen, bevor ihre Radioaktivität auf
unbedenkliche Konzentrationen abgeklungen ist.
(auch eingebrachte „konventionelle Stoffe mitbetrachten!)
Kriterien der Standorterkundung
- Geographie
- Regionalgeologische Verhältnisse - Tektonik
- Hydrogeologie
- Wirtsgesteineigenschaften - Seismizität
- Rohstoffvorkommen, Bergbau, Infrastruktur
Endlager- Mindestanforderungen
• Teufe mind.
300 m
• Endlager darf nicht tiefer als 1500 m liegen
• Durchlässigkeit im einschlusswirksamen Gebirgsbereich kleiner als 3 mm/a
• Einschlusswirksamer Bereich muss mind. 100 m mächtig sein
Quelle: Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte
Langzeitsicherheitsanalyse: Zutritt von wässriger Lösung
• Auch ohne Klüfte können
Schadstoffe diffusiv in das Wirtsgestein eindringen.
• Schließlich können radioaktive Stoffe über das
Grundwasser in die Biosphäre
gelangen
Endlager – Mehrfachbarrierensystem
Veränderung der Radiotoxizität mit der Zeit
Actinides - Radiotoxicity
Direct Final Storage of Fuel Elements
Barrier system:
- Technical Barrier - Geotechnical Barrier - Geological Barrier
- After 10.000 y actinides determine the radiotoxicity in a nuclear waste disposal
Actinides are source term for long-term safety analysis
Radiotoxicity(Sv/tSM)
Storage time / y
Fission products Actinides
Natural uranium
Fazit I
• Die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ist die sicherste Methode der Entsorgung hochradioaktiver Abfälle.
• Diese Methode muss in entsprechenden Projekten in Untertagelabors entwickelt, getestet und ausgereift werden.
• Je nach Wirtsgestein sind andere Konzepte möglich. Ein definitives Konzept gibt es aber noch nicht, da noch nicht über ein Wirtsgestein entschieden wurde.
Fazit II
- Sowohl die Brennelemente (direkte Endlagerung) als auch die Glaskokillen (nach Wiederaufarbeitung) werden in Castoren transportiert und sollen letztlich in ein Endlager verbracht werden.
- Deutschland besitzt noch kein Endlager für Nukleare Abfälle, deshalb werden bisher alle beladenen Castoren in
Zwischenlagern (zentral) oder an den Kernkraftwerksstandorten selbst zwischengelagert.
- Forderung an Politik, Wirtschaft und Wissenschaft:
Errichtung eines Endlagers!