Ähnlich der Frage einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung, die bis ' vor wenigen Jahren noch stark vernachlässigt wurde, rückt jetzt auch das
Thema Jodbedarf in den Fokus der Medizin. Lange Zeit wurde das Spurenelement fast ausschließlich mit Erkrankungen der Schilddrüse in
Zusammenhang gebracht, doch Fakt ist: Jede einzelne unserer Körperzellen ist auf eine ausreichende Jodversorgung angewiesen!
Insbesondere für die Prävention von Brustkrebs, aber auch für die Therapie von gutartigen Brust- und Eierstock-Erkrankungen sowie bei
chronischer Nebennierenschwäche gewinnt das Spurenelement zunehmend an Bedeutung.
NATURHEILKUNDE
Jodtherapie
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er Begriff „Jod" ist abgeleitet vom griechischen Wort iodes, was „veilchenfar
big" oder auch „violett" bedeutet. Bis heute verbinden die meisten Menschen Jod mit der Schilddrüse und ihren unterschiedlichen Erkrankungsbildern. Doch Jod hat eine viel größere Bedeutung im Organismus: So ist das Spurenelement nicht nur an der Bildung von Schilddrüsen- und Geschlechtshormonen beteiligt, sondern schützt uns darüber hinaus auch vor freien Radikalen, unterstützt die Aus
scheidung von Schwermetallen, verhindert ein ungebremstes Zellwachstum und hat einen hohen Einfluss auf den Energiehaushalt unse
rer gesamten Körperzellen. Und: Nicht nur unsere Schilddrüse kann, wie lange Zeit ange
nommen, in erheblichem Maße Jod speichern - auch Brust, Eierstöcke und Nebennieren zählen zu den Jodspeicherorganen und sind auf eine regelmäßige Jodzufuhr angewiesen.
Seine Entdeckung hat das Jod ursprünglich einem Zufall zu verdanken: Als sich der fran
zösische Kaiser Napoleon im Jahr 1811 im Krieg mit Russland befand, wurde dringend neue Waffenmunition benötigt. Wichtiger Bestandteil des damaligen Schießpulvers war Salpeter. Letzteres erforderte eine große Menge an Kaliumcarbonat, welches aus Holzasche
Hat Jod als Erster umfassend studiert: der französische Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac
gewonnen wurde. Allerdings war das Holz durch den Krieg so knapp geworden, dass man schon bald damit begann, die Asche getrockneter Algen zu verwenden. So kam es, dass Salpetersieder Bernard Courtois eines Tages beim Experimentieren mit Seetang auf
steigende violette Dämpfe bemerkte. Diese setzten sich an den Wänden seines Kupfer
kessels als Kristalle ab. Courtois zog daraufhin den Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac zurate, der die Substanz 1813 als neues Element mit dem Namen „Jod" identifizierte.
■
LUGOL'SCHE LÖSUNG: HEIL-REZEPTUR MIT LANGER TRADITION
Wissenschaftler in ganz Europa setzten sich in der Folgezeit verstärkt mit dem Spurenele
ment auseinander und konnten es fast überall in geringen Mengen nachweisen - in Böden und Gestein, insbesondere aber in Meeresal
gen, Meeresfrüchten, Schwämmen und See
fischen. 1896 gelang dem deutschen Chemiker Eugen Baumann schließlich der Nachweis von Jod in der Schilddrüse. Wenig später wurde entdeckt, dass Jod der Hauptbaustoff für un
sere Schilddrüsenhormone ist.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Jod dann zu einem der am häufigsten einge
setzten Heil- und Hausmittel überhaupt - vor allem aufgrund seiner antiseptischen (keim
abwehrenden) Eigenschaften. Die Lugol’sche Lösung, eine Lösung von Jod und Kaliumjo
did in Wasser, trat ihren Siegeszug an. Mit ihr wurden so unterschiedliche Leiden wie Haut
erkrankungen, Venen- und Gelenkentzün
dungen, Tuberkulose, Syphilis und Influenza behandelt. Doch auch Meeresschwämme, Algen und jodhaltige Heilquellen kamen seit der Antike, also lange vor der Entdeckung des Elements, für die verschiedensten Beschwer
debilder zum Einsatz.
KLEINES ELEMENT MIT GROSSER WIRKUNG
Heute ist klar: Jede (!) unserer gut 70 Billio
nen Körperzellen ist auf eine ausreichende Jodzufuhr angewiesen. Da Jod an der Syn
these von Schilddrüsen- und Geschlechtshor
monen sowie von Stresshormonen und Neu
rotransmittern beteiligt ist, wirkt es darüber hinaus indirekt auf den gesamten Körper ein. Heilwirkungen durch Jodgaben haben sich u. a. bei fibrozystischer Mastopathie (einer gutartigen Brusterkrankung mit Kno
ten-, Zysten- und Narbenbildung), beim poly
zystischen Ovarialsyndrom sowie bei Pros
tatahyperplasie und Nebennierenschwäche gezeigt. Jod hat zudem präventive und hei
lende Effekte bei den meisten Formen von
24 NATUR & HEILEN 10/2019
Nicht nur unsere Schilddrüse, auch unsere Brustdrüsen
zellen speichern Jod
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und -Vergrößerungen.
Unabhängig von seiner hormonellen Bedeu
tung ist das Spurenelement auch essenziell für unser Gehirn. Hier schützt es vor allem die Nervenzellen vor Schädigungen durch freie Sauerstoffradikale (antioxidativer Effekt) und ist für die Hirnreifung von Fötus und Neuge
borenem entscheidend. Außerdem stärkt Jod unser Immunsystem und hilft dem Körper bei der Abwehr von Viren, Pilzen, Bakterien und Parasiten.
JOD IN DER KREBSFORSCHUNG
Bekannt ist die hohe Konzentration von Jod in der Schilddrüse, kaum bekannt ist jedoch der hohe Bedarf unserer Brustdrüsen an Jod.
Was bereits Studien aus dem Jahr 1967 be
legten, rückt nun auch verstärkt in den Fokus der Medizin - insbesondere der Krebsfor
schung: So erhöht ein Jodmangel das Risiko für Brust-, Eierstock- und Gebärmutterkrebs.
2001 konnte erstmals die Rolle von Jodlipiden (auch Jodlaktone genannt) für die Erhaltung der Brustgesundheit genauer beschrieben werden. Dabei handelt es sich um Verbindun
gen aus molekularem Jod und ungesättigten Fettsäuren, die wie eine Art natürlicher Zell
schutz funktionieren. Jodlipide wirken nicht nur einem ungehinderten Zellwachstum ent
gegen, sondern lösen auch an bereits erkrank
ten Zellen den natürlichen Zelltod aus, die sogenannte Apoptose. 2005 folgten erste Ex- perten-Empfehlungen, Jod in die Brustkrebs
therapie einzubeziehen. Zwischenzeitlich
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NATURHEILKUNDE Jodtherapie
bietet etwa die in Heidelberg ansässige Gesell
schaft für biologische Krebsabwehr Frauen mit Brustkrebs eine spezielle Jodberatung an.
Auch Initiativen wie das Programm OCEAN WOMAN von der Ärztin und Thalasso Exper- tin Dr. med. Bettina Hees aus Hamburg bezie
hen jodhaltige maritime Wirkstoffe in die Prävention und Therapie von Erkrankungen mit ein - insbesondere bei Frauen ab 45 Jah
ren. In entsprechenden Kursen wird den Teil
nehmerinnen gezeigt, wie eine Ernährung u. a. mit Meeresalgen die Gefahr einer Brust
krebserkrankung senken kann.
JODREICHE LEBENSMITTEL - NATÜRLICH VERSORGT
Weil es ein essenzielles Spurenelement ist - ähnlich wie etwa Zink, Mangan oder Selen - kann der Körper Jod nicht selbst herstellen, weshalb es mit der täglichen Nahrung zuge
führt werden muss. Doch leider ist das Spuren
element lediglich in drei Nahrungsgruppen in nennenswertem Umfang enthalten: An erster Stelle stehen dabei essbare Algen wie Dulse, Wakame oder Ulva. An zweiter Stelle folgen Meeresfrüchte wie Miesmuscheln und auf Platz drei Meeresfische wie Stockfisch oder Scholle.
Über einen eher mittleren Gehalt an Jod ver
fügen tierische Lebensmittel wie Käse, Rind
fleisch oder Eier - und hier vor allem Produkte aus konventioneller Landwirtschaft. So ver
wenden viele konventionell arbeitende Bauern mit Jod angereichertes Tierfutter, während Biobauern meist auf die Jodanreicherung ver
zichten. Ebenso ist ein mittlerer Jodgehalt in Karotten, Brokkoli, Spinat, Grünkohl, Rettich, Lattich, Radieschen, Erdbeeren und Rhabar
ber sowie in frischen Gemüsesäften zu finden.
JODBEDARF NEU BETRACHTEN
Jahrelang wurde es empfohlen, Speisesalz und Lebensmittel mit Kaliumjodid anzurei
chern, um dem Jodmangel der hiesigen Bevöl
kerung zu begegnen. Zunächst schien sich dadurch die Jodversorgung zu stabilisieren;
seit 2004 allerdings bezeugen Untersuchungen an Schulkindern sowie Beobachtungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine erneute Verschlechterung der Jodver
sorgung in der Bevölkerung. Laut DGE liegt der tägliche Bedarf an Jod (für Erwachsene) bei circa 200 pg (Mikrogramm) pro Tag. Doch offenbar lässt sich diese Menge nicht allein durch die Verwendung von Jodsalz decken.
Selbst beim Würzen aller Speisen über einen vollen Tag hinweg käme man aktuellen Über
prüfungen zufolge gerade einmal auf eine ma
ximale Menge von 120 pg. Im Übrigen sollte bei der Verwendung von Jodsalz darauf ge
achtet werden, Speisen möglichst erst nach
Leisten einen relevanten Beitrag zur Jodversorgung von Küstenbewohnern: Miesmuscheln
dem Kochen zu salzen, da starke Hitze den Kaliumjodid-Anteil reduzieren kann.
Auch unraffiniertes Meersalz kann den Jodbe
darf leider nicht decken. Zwar enthält es wert
volle Spurenelemente wie Calcium, Magnesium und Kalium, der Jodanteil ist jedoch kaum hö
her als in herkömmlichem Steinsalz.
Um die von der DGE empfohlene Tagesmenge an Jod zu erhalten, kommt man also nicht umhin, seine Mahlzeiten mit Seefisch, Meeres
früchten und Meeresgemüse zu ergänzen.
Japanerinnen beispielsweise nehmen Jod in Milligramm- statt Mikrogramm-Mengen zu sich - teilweise mehr als 10 mg pro Tag,
Algen sind in puncto Jod die absoluten Spit
zenreiter, variie
ren jedoch stark im Jodgehalt
bedingt durch den hohen und regelmäßigen Konsum von Fisch, Algen und Meeresfrüch
ten. Wenngleich die Einflüsse einer modernen Lebensweise auch vor Ländern wie Japan und Korea nicht haltmachen, sind dies statistisch gesehen immer noch die Völker mit der nied
rigsten Krebsrate für viele Tumorarten.
OFFIZIELLE JODEMPFEHLUNGEN - ZU NIEDRIG ANGESETZT
Heute werden die von der DGE ausgesproche
nen Jodempfehlungen von vielen Naturheil- kundlern als deutlich zu niedrig kritisiert. Diese beziehen sich lediglich auf den Jodbedarf der Schilddrüse, vernachlässigen jedoch den Be
darf des restlichen Körpers. Außerdem wird unser Jodhaushalt zusätzlich durch unsere Ernährung, den Lebensstil, bestimmte Lebens
phasen und Umweltfaktoren beeinflusst.
Schwangere, Stillende und Sportler haben prinzipiell einen erhöhten Jodbedarf. Auch Kinder in den ersten Lebensjahren brauchen viel Jod - aufgrund des starken Wachstums
ihres zentralen Nervensystems. Ab der Puber
tät, wenn die Eierstockfunktion einsetzt, steigt der Jodbedarf eines Mädchens noch einmal an - und geht deutlich über den eines gleich
altrigen Jungen hinaus. Rauchen oder be
stimmte Medikamente erhöhen ebenfalls die benötigte Tagesmenge.
Darüber hinaus konkurrieren einige chemische Verwandte des Spurenelements wie etwa Bromide (in manchen Beruhigungs-, Schmerz- und Narkosemitteln enthalten), Fluorid (u. a.
in Zahnpasta, als Zusatz in einigen Speisesal
zen) oder Chlor (beispielsweise in Trinkwasser oder Bädern) mit Jod um den Einlass in un
sere Körperzellen. Eine sogenannte Östrogen
dominanz, wie sie beispielsweise durch die Einnahme der Anti-Baby-Pille, eine Hormon
ersatztherapie oder Progesteronmangel hervor
gerufen werden kann, verschlechtert ebenfalls die Jodaufnahme in die Zellen.
INDIVIDUELLER JODBEDARF
Eine Frage, mit der sich Ärzte und Therapeu
ten künftig deutlich stärker auseinandersetzen müssen, ist der individuelle Jodbedarf. Noch immer wird der Jodspiegel von ärztlicher Seite aus nur selten überprüft, vielfach fehlt es an Erfahrungen in der Diagnostik. Selbst bei Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion wird häufig keine Joduntersuchung durchge
führt. Stattdessen werden einfach die fehlen
den Schilddrüsenhormone verschrieben, meist L-Thyroxin. Hierdurch wird der Schilddrüse aber ein Großteil ihrer Arbeit abgenommen und das eigentliche Problem - der Jodman
gel - nicht behoben. Zwar gibt es Fälle, in denen die Gabe von Schilddrüsenhormonen lebenswichtig ist, etwa bei einer angeborenen Schilddrüsenfehlfunktion, doch bei einer
„einfachen" Unterfunktion sollte zunächst versucht werden, diese durch eine jodreiche Kost zu beheben.
Um einen Jodmangel im Labor festzustellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Wäh
rend der gängige Urin-Jodtest den ungefähren Bedarf der Schilddrüse offenbart, zeigt der Sättigungstest (nach Brownstein und Abraham)
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NATURHEILKUNDE Jodtherapie
den Gesamtbedarf der Körperzellen an. Da dem Patienten hierbei jedoch sehr hohe Jod
dosen verabreicht werden, darf der Test nicht bei Schilddrüsenüberfunktion (inkl. Morbus Basedow), heißen Knoten oder Nierenerkran
kungen angewendet werden. Auch für Patien
ten mit Hashimoto-Thyreoiditis ist er nur bedingt geeignet. In Schwangerschaft und Still
zeit darf er überhaupt nicht durchgeführt wer
den. Stattdessen kann aber die Muttermilch getestet werden, um zu sehen, ob eine Stil
lende sich und ihr Kind ausreichend mit Jod versorgen kann.
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Thema Jod sind die benötigten Cofaktoren - Nähr
stoffe, die für einen reibungslosen Jodstoff
wechsel entscheidend sind. Hierzu zählen:
• Magnesium
• B-Vitamine (Bz, B3)
• Vitamin C
• Selen
• Zink
• Eisen (Ferritin)
• Vitamin D
• Coenzym Q10
• Vitamin A
• Omega-3-Fettsäuren (vor allem DHA und EPA) Behebt man einen Jodmangel lediglich durch die Gabe von Jodtabletten, kann es sein, dass das Jod aufgrund der fehlenden Cofaktoren gar nicht erst ins Innere der Zellen gelangt. Die Cofakoren sollten daher unbedingt mitanaly
siert und gegebenenfalls ergänzt werden.
JODTHERAPIE: ALTE HEILMITTEL ODER NEUE JODTHERAPEUTIKA?
Menschen mit einem schwereren Jodmangel, die Jod als Nahrungsergänzungs- oder Arznei
mittel einnehmen möchten, sollten dies aus
schließlich in Begleitung eines erfahrenen Arztes bzw. Heilpraktikers tunl
Folgende Präparate stehen im Rahmen einer Jodtherapie zur Verfügung:
• Algenpräparate, die als Kapseln, Tabletten, Flocken, Pulver oder Tee angeboten werden.
Besonders häufig kommen Seetang (Kelp) und Blasentang zum Einsatz.
• Kombinationspräparate aus Algen und Astaxanthin (ein natürlich vorkommender Farbstoff) sind vor allem für Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis gut geeignet, um die Schilddrüse langsam wieder an Jod zu gewöhnen.
• Jodtabletten als Monopräparate, die aus
schließlich elementares Jod enthalten, werden in erster Linie zur Therapie von Bruster
krankungen verschrieben.
Wie zeigt sich ein Jodmangel?
Da insbesondere die beiden jodhaltigen Schild
drüsenhormone Thyroxin (T4) undTriiodthyronin (TB) eine Vielzahl lebenswichtiger Körperfunktio
nen beeinflussen - u. a. die Regulation der Körper
temperatur, den Energiestoffwechsel sowie den Stoffwechsel von Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten äußert sich ein Jodmangel auf vielfältige Weise. Hinzu kommen Jodmangel-Symptome weiterer Organe.
Typisch sind die folgenden Beschwerden:
• Müdigkeit und Antriebslosigkeit
• starke Kälteempfindlichkeit (auch im Sommer)
• trockene Augen, trockene Haut
• Wundheilungsstörungen
• starke Narbenbildung
• Konzentrations-, Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen
• Haarausfall (vor allem Ausfall der Augenbrauen)
• Infektanfälligkeit
• Unfruchtbarkeit
• Brustzysten, Eierstockzysten
• unklare Gewichtszunahme
Darüber hinaus führt ein Jodmangel zur Entste
hung sogenannter Wachstumsfaktoren, die unmittelbar auf die Schilddrüsenzellen einwirken.
Dies kann in Folge eine Schilddrüsenvergröße
rung (Kropf, Struma) bewirken.
• Auch heute noch kommt die Lugol’sche Lösung in der Jodtherapie zum Einsatz. Die streng riechende, rötlich braune Lösung ist in verschiedenen Stärken (x, 2 und 5 %) er
hältlich und wird äußerlich vor allem als Antiseptikum verwendet, beispielsweise zur Desinfektion von Wunden und im OP-Be- reich. Aber auch Herpesbläschen, Fuß- und Nagelpilz, Hühneraugen, Warzen, wulstige Narben, Akne und sogar Brustzysten können äußerlich mit der Lösung eingerieben wer
den. Wichtig ist, sie niemals unverdünnt auf Haut und Schleimhäute aufzutragen, da dies zu starken Reizungen führen kann. Am besten vermischt man sie mit einer kleinen Menge Traubenkern-, Jojoba- oder Kokosnussöl. Da die Lösung intensiv färbt, sollte ein entspre
chender Wäscheschutz verwendet werden.
• Bei einem starkein Jodmangel ist „lodoral“
ein magenschonendes Präparat, das die Lugol'sche Lösung hoch dosiert in Tabletten
form enthält (rezeptpflichtig!). Insbesondere in den USA wird „lodoral" auch im Rahmen der Jod-Hochdosistherapie angewandt - ein Verfahren, das in Deutschland erst langsam Fuß fasst. Dabei wird Jod im Milligramm
statt Mikrogrammbereich eingesetzt - unter
anderem bei Brusterkrankungen, Erkrankun
gen der Eierstöcke, Prostata-Erkrankungen, Unfruchtbarkeit, Fibromyalgie, Migräne, In
fektanfälligkeit und Multipler Sklerose.
• Kaliumjodid-Tabletten (150 mcg), die zur Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion und -Vergrößerung eingesetzt werden, eig
nen sich nicht, um einen starken Jodmangel auszugleichen. Nicht zu verwechseln sind sie mit Kaliumjodid-Tabletten, die für den Fall eines nuklearen Unfalls vorgesehen sind.
Letztere enthalten bis zu 130 mg Jod, um die Schilddrüse mit Jod zu sättigen und so vor den Folgen radioaktiven Jods zu schützen.
• Auch das Schüßler-Salz Nr. 15 („Kalium jodatum") in der D6-Potenz kann zwar gut zur Regulation von Schilddrüsenstörungen verwendet werden, ist aber ebenfalls nicht ausreichend, um einen handfesten Jodman
gel auszugleichen.
Während der Jodeinnahme kann es anfäng
lich zu vorübergehenden Nebenwirkungen, kommen - vor allem durch die Entgiftungs
funktion von Jod. Hierzu zählen Müdigkeit, Kopfschmerzen, leichte Hautausschläge und ein unangenehmer Körpergeruch. Viele Jod
therapeuten empfehlen in diesem Fall einen
Jodierung mit Jodsalz: fragwürdig
Nach wir vor wird in Deutschland ein Teil des Speise
salzes mit Kaliumjodid angereichert, um einem Jod
mangel in der Bevölkerung vorzubeugen. So waren bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Kröpfe und Kre
tinismus (ein angeborenes Jodmangelsyndrom mit schweren geistigen und körperlichen Beeinträchti
gungen) weitverbreitet. Selbst heute leidet in Deutschland noch jeder zweite Erwachsene über 45 Jahren an einer jodmangelbedingten Schilddrüsen
veränderung („Papillon'-Studie der Deutschen Gesell
schaft für Endokrinologie, 2002).
Ob jodiertes Speisesalz hier tatsächlich eine sinnvolle Lösung ist, ist dennoch mehr als fraglich. So ist raffi
niertes jodiertes Salz nahezu wertlos, da alle
sonstigen Mineralstoffe - außer Natrium - entfernt wurden und es zudem chemisch gebleicht und„riesel- fähig" gemacht wurde. Was viele Menschen außer
dem verärgert, ist die mangelnde Wahlfreiheit und dadurch empfundene„Zwangsjodierung". Wer bei
spielsweise an einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder„heißen" Knoten leidet (stoff
wechselaktive Knoten, die vermehrt Schilddrüsenhor
mone produzieren), sollte Jod prinzipiell meiden - ein Riesenproblem vor allem in Restaurants und Versor
gungseinrichtungen, wo Unklarheit darüber besteht, ob„normales" Salz oder Jodsalz verwendet wurde.
Auch an der Käsetheke oder beim Bäcker ist eine Kennzeichnung leider nicht erforderlich.
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NATURHEILKUNDE Jodtherapie
Einnahmestopp von 48 Stunden und die zu
sätzliche Verwendung von Meersalz.
Achtung: Jodtinkturen, die als Desinfektions
mittel verwendet werden, sind nicht mit der Lugol'schen Lösung zu verwechseln. Sie sind innerlich eingenommen giftig!
JOD - AUCH BEI HASHIMOTO
Die Hashimoto-Thyreoiditis, auch Autoim- mun-Thyreoiditis genannt, ist eine chronische Entzündung der Schilddrüse, die nach dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881- 1934) benannt wurde. Hierbei richten sich die eigenen Immunzellen gegen das Gewebe der Schilddrüse. Dies mündet langfristig in einer Unterfunktion, da die Schilddrüse die erforderliche Menge an Schilddrüsenhormo
nen nicht mehr selbstständig produzieren kann.
Jod in üblicher Dosierung scheint jedoch , nicht - wie lange Zeit angenommen - ein
Auslöser für die Autoimmun-Erkrankung zu sein. Vielmehr werden eine genetische Dispo
sition, Selenmangel, chronisch-entzündliche Darmstörungen (insbesondere Leaky-Gut), ein Vitamin-D-Mangel, chronische Infektionen (z. B. mit Epstein-Barr, Parovirus B19), eine Glutenunverträglichkeit oder Stoffwechsel
störungen wie Pyrrolurie* diskutiert.
Während man früher Hashimoto-Betroffenen dazu geraten hat, Jod in jeglicher Form zu meiden, gilt dieser Ratschlag mittlerweile als überholt. Zwar reagieren Betroffene auf Jod empfindlicher als Menschen ohne Schild
drüsenentzündung, doch brauchen auch ihre Körperzellen eine ausreichende Jodversor
gung. Viele Naturheilkundler empfehlen da
her - unter Begleitung eines (Jod-)erfahrenen Arztes oder Heilpraktikers - zunächst die Ursachenfahndung für die Hashimoto-Thyre
oiditis (etwa entzündliche Darmstörungen, Vitamin-D-Mangel oder chronische Infektio
nen) und eine entsprechende Behandlung.
Anschließend sollte das Jod langsam wieder in die Ernährung eingeschlichen werden.
Lange Zeit fristete das Jod ein Schattendasein im Rahmen der klassischen Schulmedizin,
doch heute interessieren sich glücklicher
weise wieder mehr Naturheilkundler für das beachtliche Heilpotenzial des Spurenele
ments, das unsere Hormone und unseren ge
samten Stoffwechsel reguliert - und die Belastungsfähigkeit des Organismus auf allen Ebenen verbessern kann.
Mirja Krönung
* Siehe auch NATUR & HEILEN 9/2017„Pyrrolurie - die oft verkannte Stoffwechselstörung"
Ein ausführliches Interview mit Heilpraktikerin und Jod-Expertin Kyra Kau ff mann zum Thema Jod finden Sie auch unter www.naturundheilen.de/artikel/
2019/jod-interview
Über die Autorin
Mirja Krönung ist Heilpraktikerin und Coach mit eigener Praxis in Baden-Württemberg.
Zu ihren Kompetenz feldern zählen u. a. HeHCoaching (psychosomatische Zusammenhänge und Seelen- Arbeit), natürliche Frauenheilkunde, Migräne, Allergien und Unverträglichkeiten.
> Literatur
• Kyra Kauffmann, Sascha Kauffmann und Anno HoffmannJod - Das Standardwerk zum vergess
enen Heilmittel - aktualisiert und mit 60 jodreichen Rezepten. Riva Verlag, 2019.
• Lynne Farrow: Die Jod-Krise. Wie das neue Wissen überein uraltes Heilmittel Ihr Leben retten kann.
Mobiwell Verlag, 2018.
> Bezugsquellen
• Algen, Meeresgemüse:
www.arche-naturkueche.de www.natuerlichlangleben.de
• Therapeutische Jodprodukte:
www.pandalis.de
www.natuerlichlangleben.de