strebt war wohl eher, die Ausgaben für die Beamten mit unbefristeten Verträgen langfristig zu reduzieren. Dass nahezu 80 Prozent der beim Land angestellten Universitätsärzte nur befristet ange- stellt sind, sei dem Wissenschaftsmini- ster so nicht bewusst gewesen, berichte- te Dr. Christian Benninger, MB-Vorsit- zender in Nordbaden, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt von dem Ge- spräch im Ministerium. Frankenberg habe zugesichert, diesen Punkt noch einmal zu prüfen.
Zunehmende Arbeitsverdichtung, aus- ufernde Dokumentationspflichten, im- mer weniger Zeit für die Aus- und Weiterbildung, Forschung nach Feier- abend, sinkende Einkommen – darüber klagten die Ärzte an den Universitäts- kliniken (und auch in anderen Kranken- häusern) bislang meist im Stillen. Dass jetzt in Stuttgart rund tausend Ärzte auf die Straße gingen, ist auch Ausdruck
eines neuen Selbstbewusstseins. Dieses resultiert aus den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt für Mediziner. Droh- te früher die Kündigung beziehungs- weise die Nichtverlängerung des Ar- beitsvertrages, wenn ein Arzt seine Unzufriedenheit äußerte, so haben die Klinikarbeitgeber mittlerweile enorme Probleme, frei werdende ärztliche Stel- len adäquat zu besetzen. Das verbessert die Verhandlungsposition der Arbeit- nehmer deutlich. „Baden-Württemberg wird nur der Anfang sein, um dem aus- ufernden Lohnraub zu begegnen“, kündigt die Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund bereits in ihrer Mit- gliederzeitschrift an. Jens Flintrop
P O L I T I K
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A2780 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4215. Oktober 2004
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uf die Weiterbeschäftigung von ehemaligen Ärzten im Praktikum als Assistenzärzte haben die meisten großen Klinikkonzerne – etwa Asklepios Kliniken GmbH, Helios Kliniken und die Rhön-Klinikum AG – zumeist mit konzerneigenen, flexiblen Vergütungsregelungen reagiert. Mit dem Hinweis darauf, dass der Bundes- angestelltentarifvertrag (BAT) ohne- dies seit langem erodiere und in der Krankenhauswirtschaft so gut wie keine flächendeckende und verbindli- che Funktion mehr habe, hat Asklepios Kliniken GmbH als nicht tarifgebun- dener Klinikkonzern abweichend von starren bundesweiten Vorgaben jeweils dem Standort der Klinik angepasste Vergütungsregelungen in Kraft gesetzt.Dadurch, so Dr. Tobias Kaltenbach, Geschäftsführer von Asklepios Kliniken GmbH, in einem Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt, sollten sowohl den Bedürfnissen der Klinik als auch den Wünschen des Stellenaspiranten Rechnung getragen werden. Asklepios habe mit solchen flexiblen, dezentralen Vergütungssystemen, die die Entschei- dungshoheit vor Ort belassen, bisher gute Erfahrungen gemacht. Der Kon- zern gewährt Vergütungen, die höher sind als die andernorts üblichen 3 000 Euro Bruttomonatsverdienst. Als „ab- solut marktgerecht“ bezeichnet As- klepios eine Vergütung in Höhe von rund 3 000 Euro monatlich, zuzüglich eines gestaffelten Bonus, der sich je nach Anzahl der Dienste und Einsatz- zeiten bemisst. Mit der Bonifizierung der Festvergütungen will man die als leistungsfeindlich bezeichneten Merk- male des BAT durch differenzierte, mehr leistungsbezogene Vergütungs- elemente überwinden.
Die meisten Klinikkonzerne verfol- gen die Devise von leistungs- und be- darfsgerechten Haustarifen – außer- halb der Rahmenbedingungen des BAT. Ein Vergütungssystem aus fixen und variablen Elementen müsse konsequent auf Vergütungskomponen- ten verzichten, die überwiegend oder ausschließlich am Sozialstatus des Be- schäftigten (etwa: Familienstand; Kin- derzahl) festmachen.
Asklepios rechtfertigt konzernspe- zifische Vergütungsregelungen und die Abkehr vom öffentlichen Tarifrecht auch damit, dass inzwischen zahlreiche Klinikarbeitgeber und die meisten Krankenhauskonzerne aus den BAT- gebundenen Tarifverbänden ausgetre- ten sind und auch so genannte Not- lagentarifverträge von ver.di akzeptiert wurden (mit einem um zehn Prozent niedrigeren Vergütungsniveau), um dadurch einem in einer finanziellen Krise steckenden Träger zu helfen.
Leiharbeitsfirma
Krankenhausmanager Kaltenbach recht- fertigt auch einen anderen Weg, den ein- zelne Krankenhauskonzerne, darunter auch Asklepios, inzwischen beschritten haben. So hat der Klinikkonzern einen Sonderweg über die Gründung einer so genannten konzerneigenen Personal- gestellungsfirma (Leiharbeitsfirma) be- schritten, um restriktive Bindungen und langjährige Besitzstandsregelungen als Ausfluss der BAT-bezogenen Vergütun- gen bei ehemaligen kommunalen Kran- kenhäusern oder Personalüberleitungen bei einer Privatisierung zu überwinden.
Neu eingestellte Assistenzärzte werden beispielsweise im konzerneigenen Kran- kenhaus am Standort Lich/Hessen bei der Konzerntochter angestellt und dann an das Krankenhaus zu einer fixen und variablen Stundenvergütung „ver- liehen“. Für solche Beschäftigungsver- hältnisse gelten die für Personalgestel- lungsfirmen geltenden gesetzlichen Vor- schriften und Tarifbedingungen. Nach Beendigungen von BAT-bezogenen Bindungen sollen dann, so die Absichten der Konzernleitung, alsbald zwischen dem Konzern und der Arbeitneh- merseite neu vereinbarte Vergütungs- systeme gelten. Dr. rer. pol. Harald Clade
Klinikkonzerne
Flexible
Vergütungen
Die meisten Unternehmen verfolgen die Devise von
leistungs- und bedarfsgerechten Haustarifen.
Zeigte Verständnis für den Ärger der Ärzte:
Wissenschaftsminister Peter Frankenberg