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Archiv "Gastrointestinale Lymphome" (23.04.1999)

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A-1064

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(48) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 16, 23. April 1999 eit der Etablierung des

MALT-Konzeptes Ende der 80er Jahre werden die primär gastrointestinalen Lymphome als ei- genständige Erscheinungsform be- trachtet. Intensive Aktivitäten in der Grundlagenforschung und mehrere große klinische Studien haben in kur- zer Zeit zu einem enormen Wissens- zuwachs geführt. Beispielhaft sei auf die Helicobacter-pylori-Infektion hingewiesen, deren entscheidende Rolle in der Entstehung und der Pro- gression der gastralen MALT-Lym- phome anhand epidemiologischer, hi- stomorphologischer und experimen- teller Daten in überzeugender Weise deutlich wurde. Gleichzeitig tauchten aber auch neue Fragen auf, wie bei- spielsweise die anhaltende Diskussi- on über die adäquate Therapie dieser Lymphome zeigt. Etablierte Stan- dards vorzustellen und neue Konzep- te zu diskutieren war das Anliegen ei- nes internationalen Symposiums, das im März 1998 von der Medizinischen Poliklinik (Direktor Prof. Dr. K.

Wilms) und dem Pathologischen In- stitut (Direktor Prof. Dr. H. K. Mül- ler-Hermelink) der Universität Würz- burg sowie der II. Medizinischen Kli- nik des Klinikums Aschaffenburg (CA Prof. Dr. W. Fischbach) gemein- sam ausgerichtet wurde.

Epidemiologie

Die Inzidenz der MALT-Lym- phome variiert in den verschiedenen Regionen der Welt erheblich. Van Krieken, Leiden, sieht mögliche Er- klärungen hierfür in der nicht ein- heitlichen Definition primärer Ma- genlymphome, einer unvollständigen Registrierung und der unterschiedli- chen Aufnahme von Lymphomen aus der Vor-MALT-Klassifikations-Ära in die Statistiken. Immerhin verläuft die Inzidenz der gastralen Lympho- me offensichtlich streng parallel zu derjenigen aller Non-Hodgkin-Lym- phome. Trotz der überzeugenden

Evidenz für die pathogenetische Be- deutung der Helicobacter-pylori-In- fektion lasse sich eine vergleichbare Parallelität zwischen der Häufigkeit der Helicobacter-pylori-Infektion und der MALT-Lymphome nicht aufzei- gen.

Pathologie, Pathogenese und Molekularbiologie

Zelluläre Differenzierung, defi- niert durch zytomorphologische Cha- rakteristika und immunologischen Phänotyp der Tumorzellen, und topo- graphische Lokalisation stellen die beiden wesentlichen Klassifikations- prinzipien maligner Non-Hodgkin- Lymphome dar. Nach Müller-Herme- link,Würzburg, lassen sich daraus kli- nisch-pathologisch definierte Entitä- ten ableiten, die Eingang in die 1994 vorgeschlagene REAL-Klassifikati- on gefunden haben. Die primären Magenlymphome des MALT finden sich darin als extranoduläre Mar- ginalzonen-B-Zell-Lymphome.

Die Infektion der Magen- schleimhaut mit Helicobacter pylori stellt eine „präkanzeröse“ Konditi- on für die Entstehung eines MALT- Lymphoms dar, indem sie die Akqui- sition eines mit der Mukosa assoziier- ten lymphatischen Gewebes (MALT) induziert. In der ätiopathogeneti- schen Bedeutung gibt es offen- sichtlich Unterschiede zwischen ein- zelnen Helicobacter-pylori-Stämmen.

Auf serologischer Basis konnte Eck, Würzburg, bei 90 Prozent der Pati- enten mit niedrig oder hoch malig- nen MALT-Lymphomen Cag A+

Helicobacter pylori nachweisen. Der histologische Keimnachweis war niedriger (78 Prozent). Dies könnte unter anderem auf tumorbedingte Veränderungen des gastralen Mikro- milieus mit konsekutivem Verlust des Helicobacter pylori zurückzu- führen sein. Hierfür spricht auch in- direkt die Tatsache, daß von ver- schiedenen Autoren höhere Infekti-

onsraten bei den niedrig malignen Lymphomen, insbesondere in frühen Stadien, im Vergleich zu den fortge- schrittenen hoch malignen Lympho- men beschrieben wurden.

Auf die tumorbiologischen Be- sonderheiten der MALT-Lymphome wies Greiner, Würzburg, hin. Es steht außer Zweifel, daß die initiale Phase der Lymphoproliferation durch Helicobacter pylori induziert ist. Sie ist gekennzeichnet durch eine poly- oder oligoklonale Proliferation von B-Zellen, die durch Elimination des Wachstumsstimulus rückgängig gemacht werden kann. Unterbleibt eine Helicobacter-pylori-Eradikati- on, so ist die weitere Lymphoment- wicklung von dem Übergang des an- tigengesteuerten T-Zell-abhängigen Wachstums in eine autonome Proli- feration geprägt. In diesem Stadium spricht das Lymphom demzufolge auf eine Helicobacter-pylori-Eradi- kation nicht mehr an. Diesen Ent- wicklungsprozeß als wesentliche Grundlage für die Therapieentschei- dung richtig einzuschätzen, stellt ei- ne besondere Herausforderung für die endoskopisch-bioptische Dia- gnose dar. De Jong,Amsterdam, hat daher histologische Kriterien defi- niert, die ein verläßliches Tumorgra- ding an Hand von Biopsien ermög- licht. Sie unterscheidet vier Grup- pen: niedrig malignes Lymphom vom MALT-Typ; niedrig malignes Lym- phom mit einer geringen hoch malig- nen Komponente, definiert als Bla- stenanteil von 1 bis 10 Prozent; hoch malignes Lymphom mit niedrig mali- gnen Anteilen; hoch malignes Lym- phom. Diese Differenzierung erwies sich in der beschriebenen Reihenfol- ge als prognostisch bedeutsam im Hinblick auf krankheitsspezifisches Überleben und krankheitsfreies In- tervall, wobei sich die beiden letztge- nannten Gruppen nicht unterschie- den. Die vorgestellte Graduierung kann zukünftig als Entscheidungshil- fe für die Therapiewahl herangezo- gen werden, muß aber in größeren KONGRESSBERICHT

Gastrointestinale Lymphome

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Studien noch prospektiv evaluiert werden. Foss,Berlin, führte aus, wie immunhistochemische und moleku- lare Techniken Lymphomentitäten charakterisierten und zur internatio- nalen Vereinheitlichung der Lym- phomklassifikation beitrugen. Er be- schrieb das pathohistologische Bild der primär intestinalen Lymphome auf der Basis der REAL-Klassifika- tion und wies darauf hin, daß unter- schiedliches klinisches Verhalten die Bedeutung der Lymphomtypisie- rung unterstreichen.

Experimentelle Studien

Die Arbeitsgruppe um Lee,Syd- ney, hat in den letzten Jahren Maus- modelle mit Magenlymphomen ent- wickelt. Lee stellte sie vor und disku- tierte die Implikationen dieser tier- experimentellen Studien für patho- genetische und therapeutische Über- legungen. Verschiedene Helicobac- ter-Spezies (H. felis, H. heilmannii, H. pylori) kolonisieren den Mäuse- magen und rufen eine lebenslange Infektion hervor. Niedrig maligne Magenlymphome des MALT kön- nen sich in der Folge der Infektion mit allen Helicobacter-Spezies ent- wickeln. Sie unterscheiden sich mor- phologisch nicht von der Erkran- kung des Menschen. Auch eine Pro- gression zu hoch malignen Lympho- men wird beobachtet. Diese Tiermo- delle ermöglichen exemplarische Stu- dien zur Pathogenese und Therapie der Lymphome, sind darüber hinaus aber auch für andere durch Antigene hervorgerufene Tumoren geeignet.

Neubauer, Dresden, präsentier- te molekularbiologische Befunde bei MALT-Lymphomen. Aus klinischer Sicht besonders interessant ist die Tatsache, daß trotz anhaltender en- doskopischer und histologischer Lymphomfreiheit nach Helicobac- ter-pylori-Eradikation bei der Mehr- zahl der Patienten monoklonale B- Zellen persistieren. Die biologische Bedeutung dieser Beobachtung ist derzeit völlig unklar. Immerhin weist sie indirekt darauf hin, daß es gegen- wärtig verfrüht ist, die Regression niedrig maligner MALT-Lymphome nach Keimeradikation als Heilung zu betrachten.

Diagnostik und Nachsorge

Hält man sich den histologischen Malignitätsgrad (niedrig versus hoch maligne) und das Stadium als progno- stische Faktoren und therapeutische Determinanten vor Augen, kommt der endoskopisch-bioptischen Dia- gnostik und dem klinischen Staging einschließlich endoskopischem Ultra- schall eine besondere Bedeutung zu.

Wilhelm, Würzburg, wies auf die dies- bezüglichen Erfahrungen in der Deutsch-Österreichischen Multicen- terstudie I hin und strich besonders heraus, daß bezogen auf den Gold- standard des pathohistologischen Sta- diums die diagnostische Genauigkeit der klinischen Methoden bei einer Unsicherheit/Fehleinschätzung in 20 bis 30 Prozent verbesserungswürdig ist. Umfang und Intensität der Nach- sorge von gastrointestinalen Lympho- men werden nach Heise,Berlin, vom histologischen Malignitätsgrad, Stadi- um und vor allem von dem kurati- ven Anspruch der vorausgegangenen Therapie bestimmt. Sie umfaßt das Erkennen eines Rezidivs ebenso wie die Aufdeckung spezifischer postthe- rapeutischer Folgezustände. Die pro- gnostische Aussage molekularer Mar- ker gilt es zukünftig noch zu belegen.

Das Prinzip der Positronen- Emissions-Tomographie (PET) ba- siert auf der erhöhten Aufnahme und Metabolisierung von Glukose in ma- lignen Zellen. Reske,Ulm, stellte die überzeugenden Ergebnisse der PET im Primärstaging von Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen vor. Die Erfahrungen bei gastrointestinalen Lymphomen sind noch sehr begrenzt, lassen jedoch ebenfalls eine hohe Sensitivität der Methode erwarten.

Aus klinischer Sicht ist insbesondere ein Beitrag der PET zur Differenzie- rung von vitalem Lymphom- und Narbengewebe bei residuellen Auf- fälligkeiten nach Therapie zu erhof- fen.

Helicobacter-pylori- Vakzine

Die große Verbreitung der Heli- cobacter-pylori-Infektion und ihre pathogenetische Bedeutung für zahl- reiche Erkrankungen des oberen Ga-

strointestinaltraktes (Ulkuskrank- heit, MALT-Lymphom, Magenkarzi- nom) machen eine Immunisierung wünschenswert. Corthésy-Theulaz, Lausanne, schilderte den gegenwärti- gen Stand der Entwicklung einer Vakzine. Sie wies insbesondere auf die noch zu überwindenden Proble- me hin: Identifikation eines geeigne- ten Adjuvans für eine ausreichende mukosale Immunantwort ohne ga- strointestinale Toxizität als Voraus- setzung für eine effektive Prävention und Behandlung der Infektion sowie Definition des optimalen Applika- tionsweges (nasal, oral, rektal).

Therapie

Der zweite Tag der Veranstal- tung war ganz der Therapie gewid- met. Hierzu präsentierten Experten aus Europa, Kanada und Japan ihre Erfahrungen der vergangenen Jahre.

In den Niederlanden wird seit den frühen achtziger Jahren eine nicht operative, konservative Strate- gie verfolgt. Boot, Amsterdam, wies auf die exzellenten Ergebnisse mit der Strahlentherapie bei niedrig ma- lignen Lymphomen im Stadtium I hin. Die Zehn-Jahres-Überlebensra- ten lagen bei über 90 Prozent. Heute wird eine Helicobacter-pylori-Era- dikationsbehandlung vorangestellt und unter dreimonatigen endosko- pisch-bioptischen Kontrollen bis zu 18 Monaten zugewartet. Erst dann wird bei Lymphompersistenz der Pa- tient als Therapieversager definiert und einer Bestrahlung zugeführt.

Bei lokalisierten Lymphomen hoher Malignität hatte man in Amsterdam bislang eine Bestrahlung in Form ei- nes abdominellen Bades (20 Gy) mit lokaler Aufsättigung auf 40 Gy durchgeführt. In jüngster Zeit geht man nun differenzierter vor. Bei feh- lender Serosapenetration hält man eine Involved-field-Bestrahlung für ausreichend. Im Falle ausgedehnter oder die Serosa infiltrierender Lym- phome kombiniert man eine primäre CHOP-Chemotherapie mit einer lo- kalen Bestrahlung.

Im Princess Margaret Hospital, Toronto, hat man von 1967 bis 1996 149 Patienten mit primären Magen- lymphomen betreut. Bei 127 von ih- A-1065

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Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 16, 23. April 1999 (49) KONGRESSBERICHT

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nen war die Operation Bestandteil des Therapiekonzeptes, lediglich 22 Patienten wurden ausschließlich konservativ behandelt. Die Fünf- und Zehn-Jahres-Überlebensraten betrugen 74 Prozent beziehungswei- se 62 Prozent. In der letzten Dekade konnte man bei 45 Patienten die Therapieergebnisse weiter verbes- sern: Gesamt-Fünf-Jahres-Überle- bensrate 86 Prozent. Gospadarowicz wies darauf hin, daß vor allem die postoperative niedrig dosierte (25 Gy) Strahlentherapie zu diesen gut- en Resultaten beigetragen habe.

Zukünftig gelte es der Reduktion der Therapietoxizitäten besondere Aufmerksamkeiten zu widmen.

Basierend auf einer retrospekti- ven Analyse von 74 Patienten der

Jahre 1963 bis 1986 formulierte das National Cancer Center Hospital, Tokyo, 1987 eine therapeutische Leitlinie und initiierte eine prospek- tive Studie. Danach erfolgten in den Stadien EI und EII eine tota- le Gastrektomie mit systematischer Lymphadenektomie und, im Fall ei- ner R1/2-Resektion oder eines histo- logisch verifizierten Lymphknoten- befalls, eine postoperative Chemo- therapie (CHOP oder CHOP modifi- ziert). Bei 50 entsprechend diesem Konzept behandelten Patienten wur- de eine Gesamt-Fünf-Jahres-Über- lebensrate von 80,5 Prozent erreicht.

Bei den kurativ operierten Patienten lag sie bei 90,3 Prozent. Die opera- tionsbedingte Mortalität betrug null Prozent. Sano wies auch auf die be- sondere Situation in Japan hin. Be- dingt durch die hohe Inzidenz von Magenkarzinomen und die etablier- ten endoskopischen Screeningpro- gramme entdecke man auch häufig asymptomatische Magenlymphome in frühen Stadien.

Ruskoné-Fourmestraux, Paris, berichtete über die Ergebnisse einer prospektiven Studie an 91 Patien- ten mit primären gastrointestinalen Lymphomen. Das Kollektiv umfaßte drei Therapiegruppen:

« 28 Patienten mit niedrig ma- lignen Lymphomen, die mit COP- Chemotherapie behandelt wurden;

¬ 24 Patienten mit hoch malig- nen Lymphomen, die nach R0-Re- sektion eine Chemotherapie mit Do- xorubicin, Teniposid, Cyclophospha- mid und Prednisolon erhielten;

­ 39 Patienten mit hoch malig- nen Lymphomen, die nach partieller oder nicht erfolgter Tumorresektion mit M-BACOP chemotherapiert wur- den. Basierend auf einer mittleren Be- obachtungsdauer von 48 Monaten be- trugen die Fünf-Jahres-Überlebensra- ten 81 Prozent bei «, 100 Prozent bei

¬und 56 Prozent bei ­. In einer Mul- tivarianzanalyse erwiesen sich als un- abhängige Faktoren für eine gute Pro-

gnose: Alter unter 65 Jahre, Lokalisa- tion im Magen (versus intestinal), Sta- dium I sowie radikale und sogar parti- elle Resektion.

Zwei Beiträge beschäftigten sich explizit mit der Helicobacter-pylori- Eradikation bei niedrig malignen MALT-Lymphomen des Stadiums EI. Die von Savio,Brescia, vorgetra- genen italienischen Erfahrungen zei- gen ein initiales Ansprechen des Lymphoms bei 71 von 76 Patienten.

Diese Lymphomregression trat in der Mehrzahl der Fälle (61/71) rasch ein, bei einigen Patienten wurde sie jedoch erst nach 12 bis 24 Monaten beobachtet. Sechs Patienten rezidi- vierten innerhalb eines Zeitraumes von ein bis vier Jahren nach Helico- bacter-pylori-Eradikation und kom- pletter Lymphomregression. Bemer- kenswert ist ferner, daß bei etwa der Hälfte der Patienten mit anhaltender Remission die initiale B-Zell-Mono- klonalität persistierte. Dies ent- spricht auch den in Dresden gemach- ten Erfahrungen. Nach Thiede be- hielten 49 Prozent der Patienten nach histologisch kompletter Remis- sion ihre Monoklonalität. Die klini- schen Daten waren ebenfalls sehr ähnlich: Von 84 Patienten erreichten 68 (81 Prozent) eine komplette und 7 (8 Prozent) eine partielle Remission nach Eradikation. 9 Patienten (11 Prozent) sprachen nicht an. Bei ei- nem Teil dieser Therapieversager (vier von sechs nachfolgend Operier- ten) wurden im weiteren Verlauf hoch maligne Anteile aufgezeigt.

Die beiden weltweit größten prospektiven Studien stammen aus Deutschland. Die von Koch, Mün- ster, geleitete multizentrische Thera- piebeobachtungsstudie umfaßt 352 Patienten mit gastralen und intesti- nalen Lymphomen. 122 Patienten mit Magenlymphomen waren einer Auswertung hinsichtlich des thera- peutischen Ansprechens zugänglich.

Die initiale Wahl der Therapie – Operation oder konservative Thera- pie – lag im Ermessen der jeweils primär behandelnden Institution vor Ort. Als wesentliches Ergebnis die- ser Studie bleibt die Gleichwertig- keit von operativ und konservativ behandelten Patienten festzuhalten.

Fischbach, Aschaffenburg, berichte- te über die Ergebnisse der prospekti- A-1066

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KONGRESSBERICHT

Abbildung: Endoskopisches Bild eines Magenlymphoms.

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Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 16, 23. April 1999 (51) ven Deutsch-Österreichischen Mul-

ticenterstudie, in der 266 Patienten mit primärem Magenlymphom nach Histologie und Stadium stratifiziert behandelt wurden. Eine komplette Regression niedrig maligner Lym- phome des Stadiums EI wurde bei 30 von 36 Patienten nach Helicobacter- pylori-Eradikation beobachtet. The- rapieversager, Helicobacter-pylori- negative Patienten, Rezidive nach Keimeradikation und Patienten im Stadium EII wurden operiert. Im Fall eines pathohistologischen Stadi- ums EII, eines Stadiums EI2 mit Ri- sikofaktoren (Tumor größer als 5 cm, multifokales Wachstum, Serosa- infiltration) oder einer R1/2-Resek- tion folgte eine postoperative Strah- lentherapie in Form eines abdomi- nellen Bades (30 Gy) mit lokaler Aufsättigung (10 bis 16 Gy). Patien- ten mit hoch malignen Lymphomen erhielten grundsätzlich eine post- operative Chemotherapie mit sechs Zyklen nach CHOP. Mit diesem The- rapiekonzept behandelte Patienten wiesen in 96 Prozent eine komplette Remission auf. Basierend auf einer medianen Beobachtungszeit von 529 Tagen ließ sich ein statistisch signifi- kanter Unterschied der Überlebens- kurven zugunsten der R0-resezier- ten im Vergleich zu den R1/2-rese- zierten Patienten sichern.

In der abschließenden Podiums- diskussion erörterten alle Referen- ten des Tages die offenen Fragen, die es in zukünftigen Studien zu klären gilt:

1 Wie lange kann nach Helico- bacter-pylori-Eradikation zugewartet werden, ehe von einem Therapiever- sagen bei ausbleibender oder unvoll- ständiger Lymphomrückbildung aus- zugehen ist? Die angegebenen Zeit- spannen variierten zwischen sechs und 24 Monaten, die Mehrheit favori- sierte zwölf Monate. Dies gilt unter der Voraussetzung endoskopisch-bi- optischer und, wenn möglich, endoso- nographischer Kontrollen in dreimo- natigen Abständen. Auch wurde all- gemein betont, daß die Helicobacter- pylori-Eradikation bei niedrig malig- nen MALT-Lymphomen eine weiter- hin zu evaluierende Therapieform darstellt, die nur in klinischen Studien erfolgen sollte.

1 Die biologische Bedeutung einer persistierenden Monoklonalität bei histologisch kompletter Lym- phomregression ist derzeit unklar.

Deshalb sind auch in dieser Situation sorgfältige und engmaschige Kontrol- len erforderlich. Skeptisch äußerten sich alle Experten im Hinblick auf ei- ne definitive Heilung des Lymphoms.

1 Der Stellenwert einer Heli- cobacter-pylori-Eradikation bei hoch

malignen Lymphomen ist völlig of- fen. Gegenwärtig besitzt diese The- rapieoption rein experimentellen Charakter.

1 Angesichts der hervorragen- den Ergebnisse mit operativen und konservativen Therapiestrategien stellt sich die Aufgabe einer mögli- chen Therapiereduktion zur Präven- tion von Früh- und Spättoxizitäten der verschiedenen Modalitäten.

1 Lebensqualität und thera- peutische Effizienz weisen auf die wichtigste und drängendste Frage hin. Stellt die Operation eine auch zukünftig aufrecht zu erhaltende Be- handlungsmodalität dar, oder kann sie zugunsten der Organerhaltung durch eine kombinierte Radioche- motherapie ersetzt werden? Eine be- friedigende Antwort soll durch eine prospektive randomisierte Studie gefunden werden, zu der sich mehre- re europäische Kollegen zusammen- schlossen (die Rekrutierung in Deutschland läuft seit 1998).

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Wolfgang Fischbach Medizinische Klinik II

Klinikum Aschaffenburg

Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg Am Hasenkopf

63739 Aschaffenburg KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT

Prionenerkrankungen führen vor der Neuroinvasion zur Akkumu- lation von abnormalen Isoformen zellulären Prion-Proteins (PrPSc) in lymphatischem Gewebe.

Somit erscheint es möglich, daß man durch Biopsien von lympho- retikulärem Gewebe eine Frühdia- gnose von Prionenerkrankungen stellen kann. Insbesondere ist die variante Creutzfeld-Jakob-Erkran- kung (vCJD) nur schwer von ande- ren psychiatrischen Erkrankungen abzugrenzen, bislang war eine ein- deutige Diagnosestellung nur durch eine neuropathologische Untersu- chung möglich. In der englischen Studie wurde untersucht, ob durch

eine Tonsillenbiopsie der Verdacht einer Erkrankung bestätigt werden konnte.

Lympho-retikuläres Gewebe (Tonsillen, Milz, Lymphknoten) wur- den bei Autopsien von Patienten mit Prionenerkrankungen, anderen neu- rologischen Erkrankungen und bei aus anderer Ursache verstorbenen Kontrollen entnommen und mit Hil- fe der Immunhistochemie und We- stern-Blot-Analyse auf das Vorliegen von PrPScuntersucht.

Bei allen Patienten mit neuropa- thologisch nachgewiesener varianter CJD waren auch die lymphoreti- kulären Biopsien positiv, nicht je- doch bei Patienten mit sporadischer

Creutzfeld-Jakob-Erkrankung, an- deren neurologischen Erkrankungen oder Kontrollpatienten. Darüber hinaus fanden sich positive Tonsillen- biopsien bei acht Patienten, die im weiteren Verlauf eine variante CJD entwickelten.

Die Autoren schließen aus die- sen Ergebnissen, daß bei Patien- ten mit Verdacht auf Vorliegen ei- ner varianten CJD zunächst eine Tonsillenbiopsie erfolgen sollte, be- vor die ungleich invasivere und auf- wendigere Hirnbiopsie vorgenom-

men wird. acc

Hill AF et al.: Investigation of variant Creutzfeld-Jakob disease and other hu- man prion diseases with tonsil biopsy samples. Lancet 1999; 353: 183–89.

Prof. J Collinge, Dep of Neurogenetics, Imperial College School of Medicine at St Mary’s Hospital, London W2 1PG, England.

Frühzeitige Diagnose einer varianten

Creutzfeld-Jakob-Erkrankung

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