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iele ältere Menschen mit relativ geringem Einkom- men scheuen den Weg zum Sozialamt, weil sie nicht als Bittsteller auftreten wollen oder Angst haben, dass ihre Kinder für den Unterhalt auf- kommen müssen. Das neue Grundsicherungsgesetz, das zum 1. Januar 2003 in Kraft tritt, soll dem vorbeugen.6,5 Millionen Bezieher von Renten bis zu 844 Euro pro Monat erhalten in den näch- sten Wochen Post von ihrer Rentenversicherung, um sie über gegebenenfalls zuste- hende Leistungen nach dem neuen Gesetz zu informieren.
Anspruchsberechtigt sein kön- nen aber auch Frauen und Männer, die zwar keine Ren- te, aber zurzeit noch Sozial- hilfe beziehen. Auch Perso- nen, die bisher – aus welchen Gründen auch immer – noch keine Sozialhilfe beantragt haben, obwohl sie bedürftig sind, haben Anrecht auf die Grundsicherung.
Die Grundsicherung ist ei- ne aus Steuermitteln finan- zierte soziale Leistung. Es müssen also keine Beiträge eingezahlt werden, um vom neuen Recht profitieren zu können. Sie wird auf Antrag an Personen überwiesen, die mindestens 65 Jahre alt oder dauernd erwerbsgemindert sind, dem Arbeitsmarkt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als drei Stunden täglich zur Verfügung ste- hen können. Beantragt wer- den kann die Leistung beim Rentenversicherungsträger oder bei den von Städten und Kreisen neu eingerichteten
„Grundsicherungsämtern“.
Da mit der Grundsiche- rung der Lebensunterhalt si- chergestellt werden soll, wird die Sozialleistung nur bei Be- dürftigkeit „in notwendiger Höhe“ genehmigt. Vor der Bewilligung wird das laufen- de Einkommen und das Ver- mögen des Antragstellers und gegebenenfalls das seines Partners geprüft. Kinder und Eltern eines Anspruchsbe- rechtigten, die unterhalts- pflichtig sind, werden nur herangezogen, wenn ihr steu- erliches Jahresgesamteinkom-
men mehr als 100 000 Euro beträgt. Zugunsten der An- spruchsberechtigten wird im Regelfall unterstellt, dass das Einkommen ihrer Angehöri-
gen diesen Satz nicht er- reicht. Das heißt: Normaler- weise muss die Höhe des Ein- kommens nicht im Detail nachgewiesen werden.
Die Höhe der Grundsiche- rung setzt sich zusammen aus 115 Prozent des für die So- zialhilfe maßgebenden „Re- gelsatzes“, den „angemesse- nen“ Kosten für Unterkunft und Heizung, der Übernah- me der Kranken- und Pflege- versicherungsbeiträge und – bei Schwerbehinderten – zu- sätzlich 20 Prozent des Regel- satzes, wenn in ihrem Ausweis das Merkzeichen „G“ (geh- behindert) steht. Die Diffe- renz zum Einkommen wird als Grundsicherung überwie- sen. Der Regelsatz ist regio- nal unterschiedlich und be- trägt im Durchschnitt 290 Eu- ro im Monat.
Beispiel: Einem Altersrent- ner mit einer monatlichen Net- torente von 350 Euro (nach Ab- zug von Kranken- und Pflege- versicherungsbeiträgen) steht ein Regelsatz von 290 Euro pro Monat zu. Für seine Woh-
nung zahlt er eine Warmmiete von 203 Euro. Dem Rentner stünde ein Gesamtbetrag von 536 Euro (115 Prozent des Re- gelsatzes plus Miete) zu. Nach
Abzug seiner Rente werden ihm monatlich 186 Euro als Grundsicherung überwiesen.
Die Grundsicherung wird jährlich neu festgestellt. Je- weils zum 1. Juli wird geprüft, ob noch „Bedarf“ besteht. Ge- zahlt wird vom Grundsiche- rungsamt am Wohnort des Be- rechtigten. Das Sozialamt bleibt außen vor. Wolfgang Büser
Lebensversicherung
Lügen mit kurzen Beinen
Verschweigt eine Frau beim Abschluss eines Lebensversi- cherungsvertrages mit einge- schlossener Berufsunfähig- keitsversicherung, dass sie an einer Hirnatrophie leidet, so kann das Versicherungsun- ternehmen geforderte Lei- stungen (hier: jährlich rund 15 700 Euro) wegen eingetre- tener Berufsunfähigkeit ver-
weigern und den Versiche- rungsvertrag rückwirkend auflösen (Oberlandesgericht Koblenz, Az.: 10 U 1039/01).
Gibt ein Mann beim Ab- schluss einer Kapitallebens- versicherung mit Berufsun- fähigkeitszusatz nicht an, dass bei ihm eine Leberzirrhose bereits vor Jahren diagnosti- ziert und eine längere Zeit behandelt worden ist, so kann die Versicherung den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Sie muss für den Mann nach einer Lebertrans- plantation keine Monatsren- te (hier gefordert: rund 450 Euro) zahlen. (Oberlandes- gericht Koblenz, Az.: 10 U
333/02) WB
Unfallversicherung
Leistungen sind kein Lohn
Erhält ein Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall für einen verbliebenen Körperschaden Leistungen aus einer Grup- penunfallversicherung des Ar- beitgebers, so stellen diese kei- nen steuerpflichtigen Arbeits- lohn dar. Das geht aus einer Entscheidung des Schleswig- Holsteinischen Finanzgerichts hervor (Az.: I 1339/97).
Im Streitfall hatte der Ar- beitgeber für seine Arbeitneh- mer eine Gruppenunfallversi- cherung abgeschlossen. Die Versicherung erstreckte sich auf Unfälle im beruflichen und privaten Bereich. Nach ei- nem Arbeitsunfall behielt ein Arbeitnehmer bleibende Un- fallschäden zurück. Die Versi- cherung zahlte daraufhin eine Invaliditätsleistung an den Arbeitgeber, der das Geld an den Arbeitnehmer weiterlei- tete. Das Finanzamt behandel- te diesen Betrag als steuer- pflichtigen Arbeitslohn. An- ders sah es das Finanzgericht.
Bei der Invaliditätsentschädi- gung handele es sich nicht um Lohnersatz, sondern um einen nicht steuerbaren Schadenser- satz für den erlittenen Ge- sundheitsschaden. SIS
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 67. Februar 2003 [71]
V E R S I C H E R U N G E N