DEUTSCHES ARZTEBLATT
Kriegsverhütung
Mitteln der Notfallmedizin immer geklappt, kann nicht von Überlegungen weiterer Verbesserungen auch organisatorischer Art entbinden. Reizwort bleibt in der Diskussion „Kata- strophenmedizin", weil die Kollegen in Tübingen in dem Wort eine „Militarisie- rung des öffentlichen Le- bens" empfinden. Ver- stärkt wird die innere Ab- wehrhaltung durch die Angst vor der Möglichkeit, daß eine so organisierte Medizin auch in einem be- grenzten kriegerischen Konflikt eingesetzt werden könnte. Hier beginnt die Verweigerung in dem Sin- ne: Wehret den Anfängen!
Die zweite Trennung be- wirkt das Wort Triage. Hier scheint es aber wirklich nur das Wort zu sein. Denn als Kollege Vilmar versuch- te klarzumachen, warum man ohne Sichtung nicht optimal helfen können wird, war die fast entrüste- te Antwort: Das lernt man doch in der Notfallmedizin!
Beide Seiten wollen also sachlich das gleiche, sind aber durch das Wort an- scheinend unüberbrück- bar getrennt. So könnte ein phantasievoller Wort- schöpfer den Prüfstein der Aufrichtigkeit der Diskus- sion liefern.
Alle Verantwortlichen, be- sonders aber jene, die so wortgewaltig zur Vernei- nung aufrufen, sollten aber dies ernsthaft bedenken:
Das Fußvolk, die Tausende Kongreßteilnehmer, sehen die Nähe der Standpunkte nicht. Sie fühlen sich als Partei, die die besseren moralischen Standpunkte vertritt. Daher reagierte man eher unwirsch, aber gewiß nicht neugierig auf das, was die Vertreter der
„etablierten" Ärzteschaft zu sagen hatten. Die Über- zeugung, die besseren Ar- gumente zu vertreten, macht in praxi Übungen in organisierter Notfallmedi- zin (oder friedlicher Kata- strophenmedizin) auf frei-
williger Basis fast unmög- lich, weil man im Glauben, etwas sehr Gutes zu tun, die Teilnahme verweigert.
Gebraucht wird sehr viel Geduld, Überzeugungsar- beit und Entkrampfung, die man nur miteinander erreichen kann. Und das sollte auch erreichbar sein, da ja alle beteuern, den Kranken in jeder Notlage bestens helfen zu wollen.
Nur: Es sollte niemand glauben, daß darin ver- steckt eine Zusicherung für wirkungsvolle Hilfe auch in einem Kriegsfalle liegt.
Dr. Klaus Gaedtke Albert-Braun-Straße 14f 7500 Karlsruhe-Oberreut
In gewohnter Weise
Der Kommentar („Fortbil- dung ohne Zwang" in Heft 15) aus Ihrem Kreis zur Problematik der Katastro- phenmedizin verschweigt in leider gewohnter Weise wesentliche Aspekte, die von den verschiedenen Ärzteinitiativen gegen den Atomkrieg vorgebracht werden. Auf die einzelnen Punkte brauchen wir si- cher nicht gesondert hin- weisen, da die Einseitig- keit des Kommentars be- absichtigt ist. Weite Teile der Ärzteschaft, so auch wir, können sich mit Ihrem DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT nicht mehr identifizieren.
Da es nicht möglich ist, Ih- re Streitschrift abzubestel- len, bleibt uns als vorläufi- ge kleine Lösung lediglich, ab sofort den Bezug der Ausgabe C zu verlangen.
Dr. Rolf Zielinski Landshuter Straße 9 8058 Erding
(und sechs weitere Unter- zeichner aus dem Raum Erding)
Anmerkung der Redaktion:
Niemand wird zum Bezug des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES gezwungen. Die Ausgabe C unterscheidet sich im redak- tionellen Inhalt in nichts von der Ausgabe A oder B.
Warum?
Es kann davon ausgegan- gen werden, daß Ihnen be- kannt ist, warum Ärzte die Fortbildung in atomarer Katastrophenmedizin ab- lehnen (DÄ Heft 43/1982).
Ausdrücklich wird von den Ärzte-Initiativen gegen den Atomkrieg die Fortbildung in ziviler Katastrophenme- dizin u. Notfallmedizin gut- geheißen. Ihr Artikel sug- geriert aber bewußt das Gegenteil und stellt somit eine neue Meinungsmani- pulation dar!
Dr. med. Peter Nitschke Galgenbergstraße 51 7400 Tübingen
Schlußfolgerungen
Unsere Rüstungspolitik geht vom Prinzip der ato- maren Abschreckung aus.
Manches spricht dafür, daß diese Abschreckung wirk- sam ist. In diesem Fall ist eine vorsorgliche medizi- nische Vorbereitung über- flüssig. Maßnahmen, die auf die Zeit nach dem Aus- bruch eines Atomkrieges ausgerichtet sind, sind ebenfalls überflüssig, weil dann — wie der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Vilmar richtig vermerkt
— keine ärztliche Hilfe mehr möglich ist.
Dr. med. Peter Meier-Siem Eppendorfer Baum 21 2000 Hamburg 20
Aufrechtes Menschsein
Während beim Ärzte- und Krankenhausmitarbeiter- kongreß „gegen den Atom- krieg" ein Klasse- und Massenbeispiel sensualen Denkens geboten wird, bei dem einem sensitiven und kognitiven Menschen und Kollegen ob der vorgeführ- ten Abkehr vom christ- lichen Pragmatismus und vom Hippokratischen Eid
leichte Schauer über den Rücken laufen, sind die Zeitungen voll von dem, was uns Ärzte eigentlich auf die Barrikaden treiben sollte: Dreijähriger (von der Genfer Konvention 1925 unter Strafe gestell- ter!) „erfolgreicher" Gas- krieg der Russen gegen Zi- vilbevölkerung und Frei- heitskämpfer im besetzten Afghanistan. Gelber Regen und Nervengase, wie schon Jahre früher in Laos und Kambodscha! Der Un- terschied zwischen den Pestiziden der Amerikaner zur Entlaubung des Ho-Chi- minh-Pfades und speziel- len Giftgasen zur Vernich- tung von Menschen wird uns Medizinern ja wohl einsichtig sein!
Nicht nur den betroffenen Menschen, nicht nur den Gefolterten in aller Welt, nicht nur denen (uns be- treffend) zum Beispiel, die unschuldig auf den kalten Betonböden von DDR- Zuchthäusern oder an Heizungen gekettet sich physische und psychische Schäden holten, nicht nur den psychiatrischen Ge- fangenen in der Sowjet- union, deren Menschen- würde in kalten KGB-Wan- nen versank, ist das Wis- sen um die Bedeutung der Realität, der augenblick- lichen Wahrheit, die uns al- le einmal einholen kann, ein Bedürfnis — nein, auch wir Ärzte, die wir in unse- ren Ländern nicht unter dem Schrecken der unmit- telbaren Bedrohung des Leibes stehen, haben nicht das Recht, uns medien- wirksam (und medienge- stützt!) in letztlich men- schenfeindlichen Phraseo- logien der Zyniker und So- phisten darzustellen! Zwar ist es uns gelungen, vor- wärts zu kommen durch die Verurteilung der sowje- tischen Psychiatrie und de- ren „freiwilligen" Rückzug aus der internationalen Or- ganisation (quasi der zwei- te Selbstreinigungsprozeß seit der Verurteilung der NS-Ärzte in Nürnberg!),
1978 (10) Heft 25/26 vom 25. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A
Anlage zur Arztrechnung
die wichtigsten Leistungsnummern, je nach Fachgruppe 120 bis 180 Stück, der GOÄ '83, 2 Seiten DIN A 4 250 Stück = DM 30,—
500 Stück = DM 42,—
1000 Stück = DM 63,—
2000 Stück = DM 118,—
porto- und versandfrei ausschl. MwSt.
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aber viele haben noch nicht verstanden, daß Arzt- sein nicht nur politisches, sondern auch aufrechtes Menschsein bedeutet!
Dr. med. Helmut Hoyme Barbarossastraße 34 4050 Mönchengladbach 1
Zu dem Artikel von Dr. Herta Burman („Die dringliche Kriegschirurgie") in Heft 12/1984. Einige Zuschriften dazu sind bereits in Heft 18/1984 erschienen, darunter auch der Brief eines Anony- mus, der sich als Dr. Schu- mann ausgab.
Schweigende Mehrheit?
Bildet schon der Artikel von Kollegin Burman einen argen Angriff gegen alle wehrdienstverweigernden Ärzte mittels fadenscheini- ger Argumente und unge- nauer, zum Teil unvollstän- diger Darstellung von Tat- sachen (was gerade Frau Burman den wehrdienst- verweigernden Kollegen vorwirft), so ist wohl der Leserbrief des Herrn Kolle- gen (?) (alias?) Schumann an Frechheit kaum zu überbieten. Sollte der Zu- satz der Redaktion in Heft 18/84 zu erwähntem Leser- brief den Tatsachen ent- sprechen, so ist es der glatte Hohn, wenn Herr Schumann die Wehr- dienstverweigerer mit „be- rufsunerfahrenen System- verbesserern" und „so- wjetfreundlichen Unter- wanderern" gleichstellt und sich selbst wohl zu den erfahrenen Ärzten mit
„aufrechter" und „klarer"
Haltung zählt. Wo bleibt da die Aufrichtigkeit, wenn je- mand nicht die Courage besitzt, sich zu seiner Mei- nung zu bekennen; an- scheinend sind die Ansich- ten des Kollegen Schu- mann nach seiner eigenen Einschätzung so verwerf- lich, abartig und böse, daß er Angst haben muß, sei-
nen wahren Namen zu nennen. Sicher ist ein der- artiger Beitrag nicht er- wünscht in einer ehrlichen und ernsthaften Diskus- sion, wie sie vom Kollegen Wenning vorgeschlagen wird, und man sollte klu- gerweise gar nicht darauf reagieren, wäre nicht zu befürchten, daß sich hinter diesem Leserbrief die Mei- nung einer schweigenden Mehrheit der Bevölkerung verbirgt, mit der sich aus- einanderzusetzen jeder gewissenhafte und infor- mierte Bürger gehalten sein muß.
Stefan Könsgen Arzt
Fr.-Jenner-Straße 10 3400 Göttingen
Kopf aus dem Sand!
Leistungsgerechte Kno- chenchirurgie, zum Bei- spiel operative Versorgung einer offenen Trümmer- fraktur, benötigt ebenso lange Zeit wie Bauchchir- urgie. Warum also dem Bauchverletzten nicht hel- fen? Er braucht Hilfe am meisten. Können Sie mir erklären, aus welchem Grund Extremitätenverlet- zungen lebensgefährlich sind, falls nicht ein großes Gefäß getroffen ist? Sie schrieben von Gesamtzahl der Gefährdeten und Ge- samtzahl der Überleben- den. Zu späte Versorgung der Extremitäten-Verlet- zung führt zu Infektion und hat vermeidbare Ampu- tation im Gefolge. Unter Zeitdruck durchgeführte Bauchoperationen, nur solche kommen im Krieg in Betracht, haben bei nicht sorgfältig verschlos- senen Bauchorganen selbstverständlich eine hö- here lnzidenz an Peritoniti- den als in Friedenszeiten.
Aber eine unversorgte Bauchverletzung führt in nahezu 100 Prozent zu Pe- ritonitis. Kleine Verletzun- gen können durch das
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