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Archiv "Diagnostik der Cholangiopathien: Besseres Verständnis ermöglicht neue Therapiestrategien" (07.11.2003)

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C

hronisch biliäre Erkrankungen (Cholangiopathien) weisen eine er- hebliche Morbidität und Mortalität auf. Ein Drittel der Patienten, die zur Transplantation vorgestellt werden, lei- den an Endstadien chronisch biliärer Zirrhosen. Cholangiopathien sind Er- krankungen, die an jeder Stelle des biliären Systems zwischen dem Hering- schen Kanal und der Ampulla Vateri auftreten. Sie sind charakterisiert durch pathophysiologische Veränderungen an den Gallengangsepithelien (Cholan- giozyten). Letztere sind polarisiert wachsende Epithelzellen, die das Lumen der intra- und extrahepatischen Gallen- wege auskleiden. Sie tragen erheblich zur Produktion und Modifikation der Galleflüssigkeit bei. In den letzten Jahren ist das Wissen über diese Zellen enorm gewachsen, und verschiedene Mechanismen, die zur Zellschädigung und damit zu chronisch biliären Erkran- kungen mit Verlust der Gallenwege (vanishing bile ducts) führen, konnten identifiziert werden (1, 6, 7, 31, 35).

Systematik der Cholangiopathien

Hereditäre oder entwicklungsbedingte Erkrankungen sind die biliäre Atresie, zystische Fibrose, progressive familiäre intrahepatische Cholestase, alpha-1- Antitrypsinmangel sowie das Alagille Syndrom. Unter den immunologischen Erkrankungen versteht man die primär biliäre Zirrhose, primär sklerosierende Cholangitis, chronische Graft-versus- host-Erkrankung (GVHD), Lebertrans- plantatabstoßung, Sarkoidose, autoim- mune Cholangitis. Eine weitere Gruppe

sind die infektiösen Ursachen, wie zum Beispiel bakteriell aszendierende Cho- langitis, Zytomegalievirus, Hepatitis-C- Virus, HIV, Retrovirus Typ 3, Krypto- sporidien, Protozoen, Parasiten und Pilze. Auch toxische Ursache, wie Para- quat, Chlorpromazine, Floxuridin nach intraarterieller Infusion, Formalde- hyd/20 Prozent hypertone Kochsalz- lösung injiziert in Echinoccocus-Zysten und Antibiotika können Grund einer Cholangiopathie sein. Ferner können intrarterielle Infusion oder Embolisa- tion, chronische Transplantatabstoßung, hochgradige Stenose (vor allem im Ana- stomosenbereich) der Arteria hepatica nach Transplantation Ursache für eine ischämische Cholangiopathie sein.

Eine weitere Gruppe der Cholangio- pathien sind die durch Neoplasien verursachten. Dazu gehören Histiocyto- sis X, Morbus Hodgkin und das cholan- giozelluläre Karzinom. Als unklassifi- zierte Cholangiopathien bezeichnet man die idiopathische Duktopenie des Erwachsenen sowie die Cholangiopa- thie bei Verbrennungen.

Physiologie

Die Untersuchungen der letzten Jahre haben auf verschiedenen Ebenen pa- thophysiologische Mechanismen identi- fiziert, die zu den verschiedenen chole- statischen Erkrankungen führen. Auf struktureller Ebene gelang die Identifi- zierung und Lokalisierung von mögli- chen hepatischen Stammzellen. Sie sind bei der Regeneration nach Nekrosen besonders wichtig. Im Heringschen Kanal wurden proliferierende hepati- sche humane Stammzellen nachgewie- sen, die ein spezielles zeit- und ortsab- hängiges Muster der Adhäsionsmo- lekülexpression aufweisen (38). Diese ist bedeutsam für die Differenzierung zur adulten Zelle (Hepatozyt, Cholan- giozyt) (37). Verschiedene Schädigun-

Diagnostik der

Cholangiopathien

Besseres Verständnis ermöglicht neue Therapiestrategien.

Zusammenfassung

Chronisch biliäre Erkrankungen (Cholangio- pathien) weisen eine erhebliche Morbidität und Mortalität auf. Cholangiopathien treten an jeder Stelle des biliären Systems auf. Patho- physiologisch sind sie charakterisiert durch Veränderungen der Gallengangepithelien (Cholangiozyten), einer polarisiert wachsen- den Epithelzellschicht der extra- und intrahe- patischen Gallenwege. Das Wissen um struk- turelle Veränderungen und Unterschiede, um maligne Transformation, Proliferation und Zelltod dieser Zellen hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Zudem sind die Trans- portmechanismen dieser Zellen sehr gut ver- standen und deren Beteiligung an der duk- tulären Gallebildung ist von zunehmendem In- teresse. Aus diesen grundlegenden physiolo- gischen Untersuchungen konnten Rückschlüs- se auf hereditäre oder entwicklungsbedingte Erkrankungen, auf immunologische und infek- tiöse Erkrankungen gewonnen werden. Das bessere Verständnis der cholangiozellulären Pathophysiologie wird zukünftig zu neuen Therapiestrategien führen.

Schlüsselwörter: cholestatische Lebererkran- kung, zystische Fibrose, Cholangiozyt, Galle- bildung, biliäre Zirrhose

Summary

Cholangiopathies: A better Understand- ing Offers New Therapeutic Options Morbidity and mortality from chronic biliary diseases (cholangiopathies) are high. Cholan- giopathies occur at any side of the biliary tree.

Biliary epithelial cells (cholangiocytes) which line the intra- and extrahepatic biliary tree are involved in different pathological conditions.

The knowledge about anatomical changes, proliferation, malignant transformation and apoptosis in these cells has increased over the last years. Transport mechanism across the biliary epithelial cells are now better under- stood and the involvement of these cells in ductular bile formation has become clear. From basic physiological investigations conclusions to different diseases (hereditary, immunologi- cal, infectious) could be made. This will lead to new therapeutic approaches in the near future.

Key words: cholestatic liver disease, cystic fibrosis, cholangiocyte, bile formation, biliary cirrhosis

1Medizinische Klinik Schwerpunkt Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten(Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. med. Chri- stoph Elsing), Sankt Elisabeth Krankenhaus, Dorsten

2Medizinische Klinik, Abteilung für Gastroenterologie (Direktor: Prof. Dr. med. Wolfgang Stremmel), Universität Heidelberg

Christoph Elsing1 Thorsten Schlenker2 Wolfgang Stremmel2

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gen der Leber führen zunächst zu einer Gallengangsproliferation. Durch drei- dimensionale Rekonstruktionen des Gallebaumes ließen sich unterschiedli- che Muster der Proliferation in Abhän- gigkeit vom benutzten Schädigungsme- chanismus nachweisen. So findet man deutliche Unterschiede in der Prolifera- tion nach Gallengangsligatur,α-Naph- thylinisothiocyanat(ANIT)-Fütterung und bei der polyzystischen Leber- erkrankung (22). Dies deutet auf eine Hetereogenität der Cholangiozyten hin, die sich auch auf ultrastruktureller Ebene nachweisen lässt (3). So konnte ein großer Zellkern (mit vermehrter DNA/RNA-Synthese) und relativ kleinem Zytoplasmasaum in kleinen Cholangiozyten nachgewiesen werden.

Große Cholangiozyten zeichnen sich eher durch einen kleinen Kern und vermehrtem Zytoplasma (vermehrte RNA-Translation) aus. Kleine Cholan- giozyten scheinen daher eher Vorläufer- zellen zu sein, die auf bestimmte Stimuli mit DNA/RNA-Synthese reagieren, um dann zu differenzierten Zellen mit ver- mehrter Proteinproduktion zu werden.

Das Konzept der intrahepatischen Heterogenität der Cholangiozyten (16) ist klinisch relevant, da cholestatische Lebererkrankungen (Cholangiopathi- en) sich zunächst an Gallenwegen bestimmter Größe in der Leber manife- stieren. Als Beispiele gelten die primär biliäre Zirrhose (PBC), die die inter- lobulären Gallenwege betrifft, die medikamenteninduzierte Duktopenie, die sich an den kleinsten Gallenwegen (Cholangiolen) abspielt und die primär sklerosierende Cholangitis, die das gesamte Gallengangepithel betreffen kann. Isolierte Cholangiozyten aus unterschiedlichen Arealen des Galle- baumes zeigen auch tatsächlich Unter- schiede im Proliferationsverhalten, in ihrer Antwort auf apoptotische Reize und in ihrem Sekretions- und Absorpti- onsverhalten (19) (Tabelle).

Beide Endothelzellen der Leber, He- patozyten und Cholangiozyten, können Ziele einer malignen Transformation sein, und damit hepatozelluläre- oder Gallengangkarzinome bilden (33).

Obwohl die exakte molekulare Patho- genese der Entstehung cholangiozel- lulärer Karzinome noch nicht vollstän- dig aufgeklärt ist, mehren sich Hinweise,

dass Änderungen im Metabolismus be- stimmter Wachstumsfaktoren eine Rol- le spielen. So kommt es zu einer Überexpression der Tyrosinkinasen- gekoppelten Wachtsumsfaktorrezep- toren cErbB-2/c-Neu und c-Met. Zu- sätzlich findet eine autokrine Expressi- on des Hepatozytenwachstumsfaktors (HGF) statt, der selbst Ligand für c-Met ist und die Proliferation noch weiter sti- muliert (40). Dies konnte sowohl in tier- experimentellen Untersuchungen als auch in humanen Systemen nachgewie- sen werden.

Die primär sklerosierende Cholangi- tis geht mit einem erhöhten Risiko cholangiozellulärer Karzinome einher.

Ein möglicher pathophysiologischer Weg ist über eine Induktion von iNOS (induzierbarer NO-Synthetase) bei chronischen Entzündungen zu vermu- ten. Die Induktion von iNOS führt zu einer vermehrten NO-Synthese mit konsekutiver oxidativer Schädigung der DNA. Tatsächlich konnten in Cholan- giozyten von PSC-Patienten vermehrt iNOS und gleichzeitig 8-oxodeoxy- Guanin, die häufigste oxidative Läsion der DNA, nachgewiesen werden. Die oxidativen DNA-Läsionen führen zu Basendeletionen und Verschiebungen und damit letztlich zu Punktmutationen in verschiedenen Genen (15, 17, 20). Bei Patienten mit PSC und cholangio- zellulärem Karzinom konnten weiterhin Punktmutationen in der Promotor- region zweier Tumorsuppressorgene nachgewiesen werden. Diese Muta- tionen waren krankheitsspezifisch, also nur bei Patienten mit PSC nachweisbar sowie bei Patienten mit gleichzeitig vorliegendem cholangiozellulären Kar- zinom. Bei Patienten mit einer primär biliären Zirrhose wurde diese Mutation

in den Gallengangepithelien nicht ge- funden (36). Möglicherweise lässt sich also durch eine Hemmung der NO-Syn- these oder der Gabe von Radikalfän- gern das Risiko für gastrointestinale Tu- moren bei chronischen Entzündungen reduzieren. NO und iNOS spielen bei der Apoptose der Gallengangepithelien ebenfalls eine wichtige Rolle. NO vermag die cholangiozelluläre Apop- tose durch eine Hemmung der entspre- chenden mitochondrialen Signalketten- prozessierung zu unterbrechen. Dies wäre ein Hinweis für die Kanzero- genität von NO in diesen Zellen.

Während chronischer entzündlicher Prozesse wird das intrahepatische Gallengangepithel verschiedenen Ent- zündungsmediatoren ausgesetzt (LPS, bakterielle Endotoxine) (25). Auch dies führt zu einer cholangiozellulären Proli- feration, und letztlich ist auch eine maligne Transformation nicht aus- geschlossen. Entzündungsmediatoren wie IL-6 sind potente Mitogene für Cholangiozyten und werden von diesen auch nach LPS-Exposition autokrin sezerniert (25). Grafik 1 fasst einen möglichen Weg der Karzinogenese in Gallengangepithelien zusammen.

In den letzten Jahren wurden verstärkte Anstrengungen in der Er- forschung der molekularen Mechanis- men des transepithelialen Transportes über das Gallengangepithel gemacht.

Hintergrund ist, dass Gallengangepithe- lien aktiv an der Bildung der Galle beteiligt sind. Diese duktuläre Galle modifiziert die kanalikuläre Galle des Hepatozyten. Die duktuläre Gallebil- dung unterliegt einer Vielzahl von Kon- trollmechanismen, die Hormone, Pep- tide, Gallensäuren, Nukleotide und cholinerge Nerven beinhalten (11). Man

´ Tabelle ´

Sekretorische und proliferative Heterogenität der Cholangiozyten

Kleine Gallenwege Große Gallenwege

Sind nicht an der hormonregulierten Beteiligen sich an der duktalen hormon- duktalen Gallebildung beteiligt regulierten Sekretion (Sekretin)

Reagieren nicht auf eine Gallengangs- Reagieren auf Gallengangsligatur mit Pro-

ligatur liferation

Sind resistent gegenüber einer CCL4-indu- Fähig zur Apoptose mit Verlust der Sekretions-

zierten Schädigung fähigkeit

Kompensieren für einen Verlust der Funktion in den großen Gallenwegen

(3)

vermutet, dass Störungen der duk- tulären Gallebildung zu cholestatischen Lebererkrankungen führen. Als Bei- spiel dient hier die zystische Fibrose. Bei dieser Erkrankung kommt es aufgrund eines genetischen Defektes im c-AMP-abhängigen Chloridkanal der apikalen Cholangiozytenmembran zu einer Cholestase mit konsekutiver Leberschädigung bis hin zur Zirrhose.

Für die zystische Fibrose ist die Beob- achtung von Bedeutung, dass die duk- tuläre Chloridsekretion, ein treibender Mechanismus der duktulären Galle- bildung, auch durch Ca2+ abhängige Chloridkanäle simuliert werden kann (32). Demnach wären alternative Wege der Chloridstimulation, unabhängig vom klassischen Sekretinweg, denkbar.

Sekretin stimuliert die Chloridsekretion über Erhöhung des zellulären c-AMP und konsekutiver Aktivierung c-AMP- abhängiger Chloridkanäle. Zusätzlich denkbar wäre also auch eine Stimula- tion der Chloridsekretion über Zu- nahme der zellulären Ca2+-Spiegel. Die Wichtigkeit des Ca2+-Signaltransduk- tionsweges wird durch Untersuchungen unterstützt, die zeigen, dass Gallengang- epithelien ihre gap-junction vermittelte interzelluläre Kommunikation über den

Ca2+-Signaltransduktionsweg koordinieren (4). Agonisten, die zur Erhöhung intrazellu- lärer Calciumspiegel beitra- gen, könnten also eine zusätz- liche Modulation der duk- tulären Sekretion bewirken.

Erhöhungen der intrazellu- lären Calciumspiegel werden durch Gallensäuren, puriner- ge Stimulation (extrazelluläre Nukleoide) und durch musca- rinerge Agonisten (Carba- chol) vermittelt (8).

Gallengangepithelien tra- gen erheblich zur Alkalisie- rung der Galle bei. Dazu ex- primieren sie eine Reihe von Transportern an ihren apika- len und basolateralen Mem- branen (Grafik 2), darunter auch den ubiquitären Na+-, H+- Austauscher, der eine wichtige Rolle bei der Sekretin-in- duzierten Cholerese spielt und auch bei der Volumenregula- tion der Gallengangsepthelien beteiligt ist (14). Neben gastrointestina- len Hormonen (Sekretin, VIP, Bombe- sin, Somatostatin, Gastrin) scheinen auch extrazelluläre Nukleotide wie ATP und dessen Abbauprodukte eine regula- torische Rolle zu spielen.ATP und seine Abbauprodukte bis hin zum Adenosin konnte in der Galle selbst nachgewiesen werden. Entsprechend fanden sich auch Nukleotidrezeptoren an der apikalen Cholangiozytenmembran. Hier könnte die Grundlage für eine autokrine oder parakrine Regulation der Sekretion lie- gen. ATP wird entweder von den Hepa- tozyten (parakrin) oder den Cholangio- zyten (autokrin) sezerniert und führt über Bindung an apikale purinerge Re- zeptoren zu Ca2+-abhängigen intrazel- lulären Sekretionsreizen (9).

Gallengangepithelien sind hohen Konzentrationen von Gallensäuren ausgesetzt. Dabei entfalten Gallensäu- ren biologische Wirkungen. Sie modifi- zieren die sekretorische Antwort und die Proliferationskapazität der Cholan- giozyten durch ihre Aufnahme in die Epithelien über einen natriumabhäng- igen Gallensäurentransporter. Tauro- cholsäure und Taurolithocholsäure führen in vitro zu einer Stimulation der DNA-Synthese und zu einer verstärk-

ten Sekretionsantwort der Cholangio- zyten auf Sekretin. Die genaue Regu- lation des Gallensäurentransporters, auch unter cholestatischen Bedingun- gen, ist bisher nicht bekannt. Er könnte jedoch eine wichtige Rolle bei der duk- tulären Sekretion und cholangio- zellulären Proliferation spielen (2, 10, 18). Neben Elektrolyten, Aminosäuren, Zuckern und Gallensäuren transpor- tieren Cholangiozyten auch aktiv Wasser über speziell hierfür ausgebil- dete Proteine (Aquaporine), die hor- monabhängig (Sekretin) in die apikale Membran der Cholangiozyten inseriert werden (23).

Pathobiologie der biliären Epithelien

Die Entwicklungsanomalien des bi- liären Systems bilden ein Kontinuum mit verschiedenen Graden der Ausprä- gung und in Abhängigkeit vom gene- tischen Hintergrund (autosomal domi- nant oder rezessiv): von Meyenberg- sche Komplexe (Hamartome); polyzy- stische Nieren-/Leber-Erkrankungen mit ihren unterschiedlichen Manifesta- tionen, zum Beispiel die kongenitale hepatische Fibrose und das Caroli-Syn- drom. Das Alagille-Syndrom (arterio- hepatische Dysplasie) zeigt eine schwe- re, nahezu vollständige Verminderung der terminalen Gallengänge. Angebo- rene Defekte in der mesenchymalen epithelialen Interaktion sind für die embryonale Fehlentwicklung des Gal- lebaumes verantwortlich, wie jüngere molekulare Untersuchungen haben zeigen können. Mutationen im Jagged- 1-Gen finden sich beim Alagille- Syndrom. Polyzystin-1-Mutationen füh- ren zur autosmal dominanten polyzy- stischen Nierenerkrankung und Muta- tionen in der Phosphomannose-Iso- merase zur kongenitalen hepatischen Fibrose (21, 26, 29).

Populationsvergleichende Untersu- chungen ergeben, dass bei der Ent- stehung der primär biliären Zirrhose Umwelteinflüsse eine nicht unerhebli- che Rolle spielen (28). Zudem wurde bei PBC-Patienten ein Defekt im Xenobiotika-Metabolsimus als krank- heitsinitierender Schritt vermutet (39).

Das Hauptautoepitop, dass sowohl im Grafik 1

Modell der Cholangiozyten-Karzinogenese bei chro- nisch entzündlichen Prozessen wie der primär sklerosie- renden Cholangitis. Die chronische Inflammation führt zum Anstieg von Entzündungsmediatoren wie IL-6.

Diese induzieren die NO-Synthetase der Cholangiozyten mit der Folge einer vermehrten Nitric-Oxid-Produktion.

NO führt über verschiedene Mechanismen zur Karzino- genese, unter anderem auch durch eine Hemmung verschiedener Tumorsuppressorgene.

(4)

Serum als auch von Lymphozyten betroffener Patienten erkannt wird (antimitochondriale Antikörper), liegt in der inneren lipophilen Domäne des E2-Komplexes der Pyruvat-Dehydro- genase. Diese lipophilen Domänen können durch Xenobiotika-Metabo- lismus modifiziert werden, und so kann deren immunologisches Potenzial erhöht werden (39). Dies würde eine Erklärung für die genannte Beob- achtung der Umwelteinflüsse bei der Krankheitsentstehung geben.

Ähnlich wie bei der PBC betrifft die GVHD (Graft-versus-host-Erkran- kung) nach allogener hämatopoe- tischer Stammzelltransplantation die kleinen Gallenwege. Es resultiert auch hier eine cholestatische Leberer- krankung. In einem für diese Krank- heit entwickelten Mausmodell konnte eine Fas-Rezeptor-Expression auf Gallengangepithelien nachgewiesen werden. Die Cholangiopathie wird in diesem Modell durch eine Fas-asso- ziierte Apoptose induziert und kann

durch Fas-Fc-Fusionsproteine ge- hemmt werden (13).

Cholangiozyten sind sowohl Haupt- ziele immunologischer Prozesse, können aber auch Effektoren sein und sich als antigenpräsentierende Zellen darstel- len. Sie exprimieren nach Zytokinexpo- sition konsekutiv Adhäsionsmoleküle wie ICAM 1, LFA-3 und CD 40. Die Ex- pression dieser Adhäsionsmoleküle lässt vermuten, dass Cholangiozyten mit um- gebenden Lymphozyten interagieren, die LFA-1, CD2 und CD40L exprimie- ren. Cholangiozyten sind aber auch in der Lage MHC-Klasse-I- und -II-Anti- gene an ihrer Oberfläche auszubilden.

Dies legt auch hier eine Interaktion mit umgebenden Lymphozyten nahe, ent- weder als Ziele zytotoxischer Lympho- zyten oder als antigenpräsentierende Zellen. Die zusätzlich von Cholangio- zyten produzierten Zytokine wirken entweder autokrin oder haben parakri- ne Effekte, zum Beispiel auf Fibrosezel- len (Fibroblasten) (30) (Grafik 3).

Eine Brücke zwischen grundlegen- den physiologischen Mechanismen und humanen Erkrankungen bilden Beob- achtungen, nach welchen Entzündungs- mediatoren und Zytokine eine Vermin- derung der Sekretionsfähigkeit der Cholangiozyten bewirken (34). So konn- te bei Patienten mit primär biliärer Zir- rhose durch die PET-Technologie eine vermehrte Bikarbonatsekretion unter Therapie mit Ursodeoxycholsäure nach- gewiesen werden (27). Preliminäre Stu- dien haben auch zeigen können, dass Cholangiozyten von Patienten mit PBC eine verminderte Expression eines api- kalen Chloridbikarbonataustauschers aufweisen und hier eine mögliche pa- thophysiologische Erklärung für die beobachtete Cholestase vorliegt (24).

Infektionen der Gallenwege sind ein weltweit gesehenes wichtiges Problem und können auch ein ätiologischer Fak- tor in der Krebsentstehung sein. Neben Bakterien und Viren (Hepatitis C) (12) spielen auch Protozoen (Cryptosporidi- en) eine Rolle. Cryptosporidium par- vum ist für die Aids-Cholangiopathie verantwortlich. Der Mechanismus der Epithelschädigung wurde an einer nicht malignen biliären Epithelzelllinie aufge- klärt. Demnach kommt es nach zellulä- rer Aufnahme von Cryptosporidien zu einer Aktivierung von NF-␬B. Dies führt Grafik 3

Immunbiologie des biliären Epithels. Cholangiozyten sind nicht nur Ziele, sondern auch Akteure verschiedener Immunphänomene (modifiziert nach Reynoso-Paz et al., Hepatology 1999).

Transporter, Rezeptoren, Kanäle und ihre Wirkungen in Cholangiozyten. Gallengangepithelien modifizieren aktiv die von den Hepatozyten sezernierte duktuläre Galle. Dazu unterliegen sie einer nervalen und humoralen Kontrolle und weisen eine Batterie von Ionentransportern und Kanälen auf, die zu einer Alkalisierung der Galle führen.

Grafik 2

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in den betroffenen Zellen zu einer apoptotischen Resistenz und zur Exkre- tion von IL-8, einem starken Entzün- dungsmediator, der für die entstehende entzündliche Reaktion mitverantwort- lich ist. Zudem kommt es zur vermehr- ten Sekretion von löslichen Fas-Ligan- den, die Apoptose in benachbarten Zel- len auslösen (5).

Die Rolle der Gallengangepithelien bei der Entstehung der Erkrankungen des Gallesystems wird klarer. Gallen- gangepithelien sind aktiv an den Krank- heitsmechanismen beteiligt. Entweder genetisch determiniert, induziert durch extrahepatische Ursachen oder durch Entzündungsmediatoren, kann das bi- liäre Epithel reagieren. Mögliche Me- chanismen sind lytischer oder apoptoti- scher Zelltod, Mitosenaktivierung, oder Produktion von Mediatoren, die sowohl autokrin (mit biliären Epithelzellen selbst) als auch parakrin (mit nicht pa- renchymalen Zellen, Fibroblasten oder Entzündungszellen) agieren. Eine redu- zierte Elektrolyt- und Flüssigkeitssekre- tion ist die Folge, die das biliäre Epithel noch anfälliger für verschiedene Noxen macht. Der kontinuierliche Ablauf von Entzündung, Fibrose und Cholestase hat eine Schlüsselrolle in der Entwicklung und Progression verschiedener cholesta- tischer Erkrankungen. Das bessere Ver- ständnis der cholangiozellulären Patho- physiologie wird zur Entwicklung neuer gentechnischer Therapiestrategien oder pharmakologischer Angriffspunkte füh- ren, die selektiv Gallengangepithelien beeinflussen können und damit effekti- ve und sichere therapeutische Möglich- keiten in der nahen Zukunft eröffnen können.

Manuskript eingereicht: 14. 5. 2003, angenommen:

10. 7. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2955–2959 [Heft 45]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4503 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Elsing Innere Medizin/Gastroenterologie Sankt Elisabeth Krankenhaus Dorsten Pfarrer-Wilhelm-Schmitz Straße 1 46282 Dorsten

E-Mail: c.elsing@krankenhaus-dorsten.de

Sozialmedizin Alkoholismus

Plakat aus den 1920er-Jahren

Gesundheitliche Aufklärung. Die sozialökonomischen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg führten vermehrt zu Infektionskrankheiten (Syphilis, Tuberkulose), Alkoholismus und anderen Suchtkrankheiten, wogegen die Behörden mit Aufklärungskampagnen ankämpften („hygienische Volksbelehrung“). Aus: Schott H: Chronik der Medizin. Dortmund: Harenberg Verlag 1993; 417. Mit freundlicher Genehmigung des Harenberg Verlags, Dort-

mund. H. Schott

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