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Sie müssen die Gäste zum Alkoholkonsum animieren, was gesetzlich verboten ist und werden in der Folge häufig selber alkoholabhängig

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M 159/2004 VOL 22. Dezember 2004 43C

Motion

3911 Schnyder Zysset, Bern (SP)

Weitere Unterschriften: 47 Eingereicht am: 15.06.2004

Nachtlokale im Kanton Bern: Besserer Schutz der Tänzerinnen

In den Nachtlokalen im Kanton Bern arbeiten viele ausländische Frauen. Meistens kommen sie aus armen Ländern mit einer hohen Arbeitslosigkeit und werden von perfiden, modernen „Menschenhändlern“ mit Aussicht auf gute Verdienstmöglichkeiten, oft auch unter Vorspiegelung unwahrer Tatsachen betreffend der zu verrichtenden Tätigkeiten, in die Schweiz gelockt. Hier werden sie an Nachtclubs vermittelt und müssen als Tänzerinnen und Animatorinnen zum Alkoholkonsum eine Arbeit verrichten, die sie so nicht gewählt hatten. Theoretisch sind die Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag abschliessend geregelt.

In der Praxis werden die Bestimmungen des Vertrages häufig nicht respektiert. Viele Cabaret-Tänzerinnen werden vom Arbeitgeber übervorteilt und erleiden Übergriffe und Gewalt am Arbeitsplatz. Beispielsweise werden ihnen Zimmer zu überrissenen Mieten zugeteilt, sie werden gezwungen Hausordnungen mit absurden Bussensystemen zu unterschreiben, es werden ihnen Krankenkassen- und andere Sozialversicherungsbeiträge vom Lohn abgezogen, welche anschliessend veruntreut werden. Viele Frauen werden direkt oder indirekt in die Prostitution gezwungen, da sie eingegangene Schulden nicht anders begleichen können. Sie müssen die Gäste zum Alkoholkonsum animieren, was gesetzlich verboten ist und werden in der Folge häufig selber alkoholabhängig. Das Gastgewerbegesetz kennt in Art. 29 Abs. 2 ein sogenanntes „Animierverbot“. In der Praxis zeigt sich, dass das Animieren der Gäste zum Alkoholkonsum in den Nachtclubs einerseits nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt, andererseits Zuwiderhandlungen gegen dieses Animierverbot offensichtlich strafrechtlich nicht geahndet werden können. Leider sind die gesetzlichen Grundlagen damit ungenügend. Da die Frauen jeweils nur kurze Zeit im gleichen Cabaret beschäftigt sind, können sie sich nicht organisieren, nicht zur Wehr setzen und Missstände nicht aufdecken. Das Nichtbezahlen der Versicherungsbeiträge zum Beispiel bleibt damit oft unentdeckt und ungeahndet. Die fehlende Kontrolle kann Strukturen organisierter Kriminalität in den Nachtclubs begünstigen.

Wenn die Nachtclubbetriebe mit den Cabaret -Tänzerinnen beibehalten werden sollen, dann sollen wenigstens die Vorschriften so ergänzt werden, dass grobe Missbräuche geahndet werden können und die involvierten Frauen in die Lage versetzt werden, ihre fundamentalen Rechte wahrnehmen zu können.

Der Regierungsrat wird daher aufgefordert:

1. Das Gastgewerbegesetz, namentlich Artikel 29 Abs. 2 so zu ändern, dass das Animierverbot durchgesetzt werden kann.

2. Im Gastgewerbegesetz vermehrte Kontrollen über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften vorzusehen, insbesondere betreffend des widerrechtlichen Zwangs zum

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Alkoholkonsum und zur Prostitution, der Einhaltung des Arbeitsvertrages, der ortsüblichen Zimmermietpreise, der Hygiene in den Zimmern sowie als Sanktion den Entzug der Betriebsbewilligung bei der Verletzung dieser Pflichten einzuführen.

3. Die Erteilung der Betriebsbewilligung für Nachtlokale mit Auftritt von Tänzerinnen zwingend von den nachstehenden Bedingungen abhängig zu machen:

a) Einhaltung des Arbeitsvertrages gemäss Punkt 2

b) Zulassung von Beraterinnen aus den Bereichen Gesundheits- und Aidsprävention sowie Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für Tänzerinnen

Antwort des Regierungsrates

Der Regierungsrat kann die Schilderung in der Motion nicht in allen Punkten teilen. Ver- schiedene, griffige Massnahmen sind seit längerer Zeit umgesetzt, um Probleme so weit als möglich zu vermeiden. So muss das Visum im Herkunftsland persönlich abgeholt werden und in den Arbeitsverträgen werden Nettolöhne vorgeschrieben und kontrolliert, so dass der Verdienst beispielsweise nicht mit überhöhten Mieten geschmälert werden kann.

Es trifft nicht zu, dass Kontrollen fehlen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten sind die Behörden sehr wohl aktiv. Kontrollen sind aber aufwändig. In der Stadt Bern war beispielsweise für 15 Kontrollen ein Personalaufwand von 360 Arbeitsstunden nötig, der aufgrund der Eigenhei- ten der Branche ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit geleistet werden musste. Die Kon- trollbehörden arbeiten auch mit den verschiedenen Organisationen aus den Bereichen Gesundheits- und Aidsprävention sowie der Beratungsstelle für Tänzerinnen zusammen.

Die Kontrolle der Arbeitsbedingungen von Tänzerinnen ist nicht die einzige Aufgabe dieser Stellen. Wesentlich mehr Kontrollen könnten deshalb nur mit zusätzlichen Ressourcen bewältigt werden.

Die in der Motion geschilderten Probleme lassen sich zudem nicht alleine mit Kontrollen lösen. Sie bestehen vor allem auch deshalb, weil die Beteiligten nicht bereit sind, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Zur Animation angehaltene oder sogar gezwungene Tänzerinnen müssten zu Zeugenaussagen bereit sein, dass sie gegen ihren Willen zum Alkoholkonsum gezwungen worden sind. Schriftlich wird eine Verpflichtung zum Alkoholkonsum schon lange nicht mehr festgehalten, weil die Arbeitsverträge von den Behörden überprüft werden.

Auch die animierten Kunden könnten Strafanzeige einreichen. Die Praxis zeigt aber, dass die meisten Kunden der entsprechenden Betriebe diese Angebote suchen und deshalb durch den Staat nicht geschützt werden müssen. Kein verbotenes Animieren liegt vor, wenn die entsprechenden Angebote ohne weiteres abgelehnt werden können.

Hinzuweisen ist sodann auf die neuen Weisungen für Cabaret-Betreiber, welche das Bun- desamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) im Dezember 2003 erlas- sen hat und die im Kanton Bern nun umgesetzt werden. Die Fremdenpolizei der Stadt Bern hat bereits weitere Verschärfungen eingeführt. Auf diese Arbeiten kann auch im übrigen Kanton zurückgegriffen werden. Dies zeigt, dass die Behörden in diesem Bereich nicht untätig sind.

Zu den einzelnen Punkten der Motion kann folgendermassen Stellung genommen werden:

1. Artikel 29 Absatz 2 des Gastgewerbegesetzes vom 11. November 1993 (GGG; BSG 935.11) ist genügend klar formuliert. Strafrechtlich geahndet werden kann ein Verstoss gegen das Animierverbot zudem gestützt auf Artikel 49 Absatz 1 GGG. Eine Gesetzes-

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änderung könnte die genannten Beweisschwierigkeiten bei der Durchsetzung dieser Vorschriften nicht beheben, weshalb darauf zu verzichten ist.

2. Gemäss Artikel 37 GGG sind für die Aufsicht über die Ausübung des Gastgewerbes die Gemeinden zuständig. Für bestimmte Aufgaben kann die Kantonspolizei beigezogen werden. Diese Aufgabenzuteilung hat sich bewährt. Eine Änderung der Zuständigkeiten und Kontrollmechanismen auf Gesetzesstufe ist nicht nötig. Dagegen ist der Regie- rungsrat bereit, zusammen mit den Gemeinden zu prüfen, wie mit den bestehenden Ressourcen Verbesserungen im Vollzug und dabei insbesondere bei der Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden erreicht werden können.

3. Die entsprechenden Arbeitsverträge liegen vor und werden im Rahmen der Bewilligungserteilung geprüft. Die Verpflichtung, Beraterinnen aus den Bereichen Ge- sundheits- und Aidsprävention sowie Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für Tänzerin- nen zuzulassen, kann den Informationsstand der Tänzerinnen verbessern und die Hemmschwelle abbauen, sich gegen ungerechtfertigte Forderungen der Arbeitgeber zur Wehr zu setzen. Die bestehenden Rechtsgrundlagen reichen aus, entsprechende Auflagen in die Bewilligungen aufzunehmen. Die Vollzugsbehörden werden angewie- sen, alle Betriebsbewilligungen nur noch mit einer entsprechenden Auflage zu erteilen.

Antrag des Regierungsrates Punkt 1: Ablehnung

Punkt 2: Annahme als Postulat Punkt 3: Annahme als Motion

An den Grossen Rat

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