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Archiv "Deutsche Sprache — schwere Sprache" (04.05.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

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ÜBER DIE GRENZEN

Seit Jahren steht in Bozen ein Kran- kenhausneubau halbleer - jeden- falls sieht es so aus, wenn man auf der Fahrt zum Meraner Bundesärz- tekammer-Kongreß am Stadtrand der Südtiroler Landeshauptstadt vorbeifährt. Tatsächlich sind mehre- re Stationen des Krankenhauses, das als Zentralkrankenhaus der Pro- vinz fungieren soll, zur Hälfte ge- schlossen, die Intensivstation und die Pathologie sind seit langem nicht mehr in Betrieb. Einen der Gründe hat der Krankenhausdirek- tor, Prof. Steger, nun an die Öffent- lichkeit gebracht: In der Bozener Ta- geszeitung „Dolomiten" beklagte er den Ärztemangel im Krankenhaus.

Dieser Fehlbestand, der in einem Land mit bereits recht hohem Ärzte- überschuß recht erstaunlich ist, be- steht vor allem in den leitenden Stel- len und hat eine Reihe von besonde- ren, für Südtirol typischen Gründen.

Verhältnismäßig wenig Probleme gibt es dabei noch mit dem vorge- schriebenen ethnischen Proporz: Da nicht für alle Stellen verbindlich vor- geschrieben ist, ob sie mit einem Deutschen oder mit einem Italiener besetzt werden müssen, ist im gan- zen ein Ausgleich fast immer mög- lich. Ein großes Problem aber bildet die ebenfalls vorgeschriebene Zwei- sprachigkeit, die alle Inhaber öffent- licher Stellen aufweisen müssen - im Krankenhaus also vom Chefarzt bis zum Portier.

Operationen nur an drei Tagen Aus diesem Grund sind in Bozen zwei Chefarztstellen seit langem un- besetzt: die Anästhesie und die Pa- thologie. Anästhesisten sind in ganz Italien knapp. Seit Jahren kann des- halb in Bozen nur an drei Tagen in

der Woche operiert werden, die In- tensivstation wurde außer Betrieb gesetzt. Das ganze Krankenhaus hat nur noch einen festangestellten An- ästhesisten. Italienische Bewerber hatten sich für die Stellen interes- siert, jedoch regelmäßig nach eini- gen Deutschstunden die Flagge ge- strichen. Der Operationsbetrieb kann nur mit Hilfe gelegentlicher Aushilfen, die tageweise gegen Ho- norar aus Trient oder Verona kom- men, aufrechterhalten werden. Ge- websschnitte während einer Opera- tion sind mangels eines Pathologen nicht möglich - man muß in solchen Fällen das Präparat wegschicken und gegebenenfalls ein zweites Mal operieren.

Prüfungsschikanen?

Die Zweisprachigkeit macht auch beim Pflegepersonal Schwierigkei- ten. Verlangt wird - je nach Qualifi- kation des Berufes in unterschiedli- chem Umfang - praxisbezogenes Beherrschen der Umgangssprache, nicht jedoch eine berufsbezogene Sprachkenntnis. Die Verwaltung be- gründet dies damit, daß eine solche Sprachprüfung einmalig sein soll, damit ein Wechseln beruflicher Tä- tigkeiten möglich bleibt. Prof. Ste- ger hat sich, nachdem die Klagen über die Sprachprüfungen über-:

hand nahmen (nur ein Drittel der ita- lienischen Krankenpflegeschülerin- nen bestehen sie), selbst zur Prü- fung in beiden Sprachen gestellt. Er meint, daß die Prüfungen beider- seits schikanös gehandhabt werden:

„Die Italiener reiten auf den Vergan- genheiten herum, die Deutschen auf den Schachtelsätzen" (im Italieni- schen gibt es zwei Vergangenheits- formen wie im Französischen). Eine krankenhausintere Sprachprüfung

Just während des Frühjahrs- Fortbildungskongresses der Bundesärztekammer in Meran gab es in der Südtiroler Lan- deshauptstadt Bozen eine in- teressante Diskussion über das neue Krankenhaus, das zwar schon lange steht, aber noch immer nicht voll in Be- trieb ist

wäre zwar das Zweckmäßigste; sie ist aber nicht mehr zugelassen, ob- wohl sie sicher mehr „praxis-", viel- leicht aber auch weil sie zu stark

„berufs"bezogen wäre.

Blockierte Gehälter

Die am Krankenhaus tätigen, sprachlich längst versierten Ärzte sind aber auch aus anderen Grün- den unzufrieden. Seit acht Jahren sind ihre Gehälter eingefroren - das gilt für die Ärzte der öffentlichen Krankenhäuser in ganz Italien. Nur:

In Südtirol hat man die Bestimmun- gen über Einschränkung und Verbot von Nebentätigkeiten geradezu mit preußischer Rigorosität durchge- führt - das gilt für das übrige Italien weitgehend nicht.

Auch daher sind Krankenhausstel- len in Bozen für italienische Ärzte wenig attraktiv; Südtiroler hingegen können meist gut Italienisch und ha- ben keine Schwierigkeiten, woan- ders in Italien tätig zu werden.

Die Südtiroler Landesregierung weist die Verantwortung dafür weit von sich: Die Einführung der Voll- zeitbeschäftigung der Ärzte stamme noch aus der Zeit, als die Region Bozen -. Trient für das Krankenhaus- wesen zuständig war. Die Zustän- digkeit liegt jetzt bei der Provinz, und man werde, so erklärte die Lan- desrätin für das Gesundheitswesen, Waltraud Gebert-Deeg, die Klagen der Krankenhausärzte sorgfältig prüfen.

Allerdings: Der ethnische Proporz, sonst problemlos, führt bisweilen

Deutsche Sprache schwere Sprache

Ärztemangel im Provinzkrankenhaus zu Bozen:

Sprachprobleme und Gehaltsblockade

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 18 vom 4. Mai 1978 1101

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

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ÜBER DIE GRENZEN

zur Unkollegialität, klagt Prof. Ste- ger. Man schaue sich gegenseitig auf die Finger, und es habe deshalb schon Disziplinarmaßnahmen gege- ben, weil Ärzte außerhalb ihrer 40- Stunden-Woche Privatpatienten be- handelt haben. Prof. Steger hält es für Unsinn, den Ärzten Vorschriften für ihre Freizeit zu machen; in der Landesverwaltung allerdings denkt man eher daran, den Ärzten eine 32- Stunden-Woche anzubieten, außer- halb derer sie dann frei sind.

In vielen Dingen hängt aber die rela- tiv autonome Südtiroler Landesre- gierung an den von Rom erlassenen (oder nicht erlassenen) Gesetzen:

So scheiterte der Versuch, den Krankenhausärzten in Bozen eine Verbesserung durch Erhöhung ihrer Einnahmen aus der Krankenhaus- ambulanz zu verschaffen, an einem Einspruch . aus Rom. Walter Burkart

ÖSTERREICH

Knautschzone nur für Politiker

Österreichs Finanzminister hat die Ärzte ganz erheblich geschröpft: Sie können ihre Autos gar nicht oder nur noch in sehr beschränktem Ma- ße von der Steuer absetzen. Das macht für manche Ärzte steuerliche Mehrbelastungen von 30 bis 70 Pro- zent aus. Der Informationsdienst der Pressestelle und des Verlages der Österreichischen Ärztekammer

„Arzt — Presse — Medizin" hat dazu eine Glosse veröffentlicht, als deren Autor der Präsident der Ärztekam- mer für Wien und Pressereferent der Österreichischen Ärztekammer, Uni- versitätsdozent Dr. H. Neugebauer, zeichnet. Hier die Glosse im wollen Wortlaut:

Wie wahr!

„Alle Bundesbürger

sind vor dem Gesetz gleich."

Bundesverfassungsgesetz (Art. 7, Abs. 1, 1. Satz)

Unser Herr Bundeskanzler, Dr. Bru- no Kreisky, ist ein Staatsmann, den

seine Freunde lieben und verehren, dem aber auch seine Gegner Ach- tung und Respekt zollen. Seine Fest- stellungen, langsam und überlegt formuliert, sind meistens unangreif- bar und exakt.

Als vor wenigen Tagen ein Angehö- riger der Opposition den Vorschlag machte, alle Politiker und Staatsbe- amte mögen als Dienstautos nur mehr Fahrzeuge erhalten, die ebensoviel beziehungsweise eben- sowenig kosten dürften wie jene, die man im 2. Abgabenänderungsgesetz den Freiberuflern und Wirtschafts- treibenden zugestanden hätte, er- klärte Dr. Kreisky laut Pressemel- dungen, daß derart billige Fahrzeu- ge „zu wenig sicher im Überlandver- kehr seien".

Dem kann man nur zustimmen.

Wir wissen, wie viele schwere Unfäl- le Politiker in den letzten Jahren auf den Autobahnen und Bundesstra- ßen hatten und daß so mancher von ihnen sein Leben und seine Gesund- heit nur dem Umstand verdankt, daß er in einem Fahrzeug gesessen ist, das nicht nur eine entsprechend lan- ge Knautschzone, sondern auch ei- nen sicheren Fahrgastraum evtl. so- gar mit einem stählernen Abrollbü- gel hatte. Es ist dem Herrn Bundes- kanzler durchaus zuzustimmen, daß es unverantwortlich wäre, Politiker oder Staatsbeamte in Kleinautos durch die Lande zu hetzen. Wer sich für die Gemeinschaft oder andere Mitmenschen einsetzt, der soll kein unnötiges Risiko eingehen müssen.

Doch für uns Ärzte?

Wer bezweifelt, daß wir oft und oft unter Zeitdruck, unter dem kategori- schen Imperativ fremder Schmer- zen, fremder Not, fremder Hilferufe über die Straßen und durch den Ver- kehr hetzen müssen? Für uns ge- nügt ein Kleinauto? Uns steht keine Knautschzone, kein stählerner Fahr- gastraum, kein Abrollbügel, kein si- cheres Auto zu?

Soll der — ach so fromme — Wunsch

„Komm gut heim!" zwar für Politi- ker, nicht aber für Ärzte gelten?

Univ.-Doz. Dr. H. Neugebauer

VEREINIGTE STAATEN

„Health Day" wirbt:

Mehr Landärzte!

Zum dritten Mal hat in der größten Stadt des Bundesstaates Neu Mexi- ko — Albuquerque — eine Veranstal- tung stattgefunden, die zur Verbes- serung der ärztlichen Versorgung auf dem Lande beitragen soll — und sie war so erfolgreich, daß man hofft, es wird eine Dauereinrichtung:

der „New Mexico Health Day".

Erfunden hat diesen „Gesundheits- tag" Prof. Ben Daitz, Lehrbeauftrag- ter für Familien-, Gemeinde- und Notfallmedizin an der Medizinischen Hochschule von Neu Mexiko. Vor drei Jahren lud er Medizinstudenten aller Jahrgänge und die Vertreter von Gemeinden und Krankenhaus- trägern des Bundesstaates zu einem möglichst zwanglos gehaltenen Treffen ein. Damals kamen 300 Stu- denten und die Vertreter von 25 Ge- meinden und 15 Institutionen — jetzt, beim dritten Mal, waren vor allem die Trägerorganisationen erheblich stärker vertreten, und auch die Zahl der teilnehmenden Studenten stieg auf 550.

Hintergrund dieses Unternehmens ist die Tatsache, daß es im Bundes- staat Neu Mexiko kaum ein Dutzend Städte gibt, von denen einige auch noch wegen ihrer Abgelegenheit nicht gerade attraktiv sind. Der größ- te Teil des Staates ist Steppe;

ebenso scherzhaft wie zutreffend sagt man, daß auf 40 Acres ein Stück Rindvieh kommt. Infrastrukturelle Zentren für die weit auseinanderlie- genden riesigen Ranches sind die

„trade posts", ursprünglich also ein- sam in der Steppe stehende Läden für Rancher, Cowboys und Indianer, die sich in günstigen Fällen zu klei- nen dörflichen Siedlungen weiter- entwickelt haben. Dort gibt es, manchmal von der „County"-Ver- waltung, in anderen Fällen von kari- tativen Organisationen betrieben,

„Health Posts", für die Ärzte zu fin- den fast unmöglich ist.

Wichtigstes Ziel des „Health Day" ist es nun, im direkten Kontakt zwi- schen den Trägern dieser Einrich-

1102 Heft 18 vom 4. Mai 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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