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Archiv "Comics: Vergewaltigung, Krankheit und Tod" (30.07.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 30

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30. Juli 2010 A 1471 COMICS

Vergewaltigung, Krankheit und Tod

Es gibt mehrere Titel mit unterschiedlichen grafischen Stilen, narrativen Strukturen und Zielsetzungen, die sich mit dem Thema „Arzt im Krieg“ beschäftigen.

D

as Thema „Arzt im Krieg“

findet man in der Welt der Comics nicht gerade häufig, doch es gibt Beispiele aus neuerer Zeit.

Einen der hierzulande weitgehend ignorierten afrikanischen Kriegs- schauplätze wählt Joshua Dysart für seine Serie „Unknown Soldier“

(2009–2010): die mit immenser Brutalität speziell gegen die Zivil- bevölkerung geführten Auseinan- dersetzungen zwischen der „Lord’s Resistance Army“ (LRA) von Jo- seph Kony und der ugandischen Regierung von Yoweri Museveni im Acholiland im Norden Ugan- das. Der ugandische Arzt Dr. Mo- ses Lwanga, Absolvent der Har- vard Medical School, ist 2002 mit seiner Frau Sera in einem der Flüchtlingslager im Nordwesten Ugandas tätig, als er einen Kinder- soldaten der LRA erschießt. Ent- setzt nicht nur über diese Tat, son- dern über seine Gefühle dabei, zer- stört er sich selbst das Gesicht. In der Folge wird jedoch immer deut- licher, dass es sich bei dem einge- schworenen Pazifisten offenbar auch um einen Profi des Tötens handelt.

Dysart sowie die Zeichner Alber- to Ponticelli und später Pat Masioni zeigen Bilder eines Krieges, in dem Verstümmelung, Vergewaltigung, Krankheit und Tod Alltag sind. Das ärztliche Handeln spielt nur eine untergeordnete Rolle, denn der Schwerpunkt der Porträtierung Lwangas liegt auf dem Wandel vom Verfechter der Gewaltlosigkeit zum

„bandagierten Rächer“ und seinem inneren Kampf mit dieser Verände- rung. Wenngleich diese Graphic Novel also relativ wenig über die Tätigkeit eines Arztes in Kriegsge- bieten aussagt, liegt ihr Wert zwei- fellos darin, auf einen auch heute noch schwelenden Konflikt auf- merksam zu machen.

Hiroshi Takano nähert sich in dem von 2004 bis 2005 erschiene- nen Manga „Ikoma – Doctors Across the Border“ dem Thema auf andere Weise. Seine Hauptfigur Yû- saku Ikoma ist ein typischer Vertre- ter des Genre Medizinmanga (DÄ, Heft 15/2009): ein manchmal fast übermenschlich geschickter und doch nicht fehlerfreier Arzt, der mit dem japanischen Medizinestablish- ment nicht zurechtkam und für die

fiktionale, aber deutlich an „Ärzte ohne Grenzen“ orientierten Hilfsor- ganisation „Doctors Across the Border“ arbeitet. Gleich im ersten Kapitel wird Ikoma bei der Ankunft auf dem Flughafen der Republik Arahari von einem Anschlag über- rascht. Er versucht, einem der Ver- letzten zu helfen und gerät damit in die Hand eines Terroristen, der die- sen Kameraden retten will. Unter notdürftigen Verhältnissen spendet Ikoma sein eigenes Blut und be-

nutzt eine Autobatterie zur Wieder- belebung, nur damit die zu seiner Rettung herangeeilten Regierungs- soldaten die beiden Terroristen vor seinen Augen exekutieren. Unge- achtet dieser genretypischen Ac - tionlastigkeit bemüht sich Takano auch, die Frage nach dem Sinn ärzt- licher Tätigkeit unter solchen Um- ständen zu erörtern. Seine fiktiona- len Schauplätze haben zwar reale Hintergründe, die in der Buchaus- gabe in Anhängen behandelt wer- den. Im Zentrum stehen bei Takano jedoch die Fragen, warum sich Menschen immer noch umbringen und ob „das Skalpell mächtiger ist als das Schwert“.

Einen wiederum anders gearte- ten Zugang benutzen Didier Le- fèvre und Emmanuel Guibert in

„Der Fotograf“, auf Französisch von 2003 bis 2006 erschienen, auf Deutsch zwischen 2008 und 2009.

Lefèvre hatte 1986 als Fotograf ei- ne Mission von „Ärzte ohne Gren- zen“ von Pakistan nach Afghanistan begleitet, danach von den circa 4 000 dort aufgenommenen Fotos jedoch nur sechs veröffentlichen können. In einer Mischung aus Fo- toreportage, Autobiografie und Graphic Novel entwickelt sich aus zahlreichen dieser Fotos und den Zeichnungen Guiberts ein Porträt nicht nur Lefèvres, sondern eben auch dieser medizinischen Mission und des Alltags im östlichen Afgha- nistan zu Zeiten der sowjetischen

Besetzung. ■

Dr. Freddy Litten

LITERATUR

1. Dysart J, Ponticelli A, Masioni P: Unknown Soldier. Bisher 2 Bände. DC Comics (New York), 2009–2010.

2. Takano H: Kokkyô wo kakeru ishi IKOMA.

6 Bände. Shueisha (Tokyo), 2004–2005.

3. Guibert E, Lefèvre D: Der Fotograf.

3 Bände. Edition Moderne (Zürich), 2008–2009.

Die Hauptfigur Yûsaku Ikoma in Hiroshi Takanos

„Ikoma – Doctors Across the Border“

ist ein typischer Vertreter des Genre Medizinmanga.

Foto: © Hiroshi Takano 2004

K U L T U R

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