Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
Wahrnehmungsfähigkeit im Affekt
Affektive Erregung kann die Sin- nestätigkeit trüben oder einen- gen, aber in einzelnen Bereichen auch schärfen. Ob eine Feststel- lung unmittelbar im Wahrneh- mungsprozeß oder erst später re- flektierend verändert worden ist, und ob dann die späteren Aussa- gen zuverlässig und beweiskräf- tig sind, läßt sich nur unter dem Gesichtspunkt psychologischer Schlüssigkeit an Hand der Tatbe- standsfeststellungen abwägen (Professor Dr. M. Schrenk, Direk- tor des Instituts für Klinische Psy- chologie der Universität des Saarlandes und Professor Dr. R.
Cohen, Ordinarius für Psycholo- gie an der Universität Konstanz).
Beide Wissenschaftler gaben aus der Sicht ihrer Erfahrungs- und Forschungsbereiche einen breit gefächerten Überblick über all- gemeine Grundlagen der Wahr- nehmungspsychologie. Die Dis- kussion mit dem Mainzer Straf- rechtslehrer Professor Dr. J.
Krümpelmann machte die Schwierigkeiten der Verständi- gung deutlich, wenn es um psy- chologische Zuordnung und rechtliche Wertungen im Umfeld des Affektes geht. Bes
(20. Tagung der Arbeitsgemeinschaft für forensische Psychopathologie in der Deut- schen Gesellschaft für Rechtsmedizin, April 1978, Konstanz)
Pädiatrische Urologie bei Myelozele
Acht von zehn Kindern mit ange- borener Myelozele haben im Rahmen ihrer Que-rschnittsläh- mung eine neu rogene Blasenstö- rung. Diese Harninkontinenz be- einträchtigt die soziale Rehabili- tation wegen der Geruchsbelästi- gung und die körperliche Ge- sundheit wegen der praktisch un- ausbleiblichen aufsteigenden Harnwegsinfektion. Beides kann
heute recht gut behandelt wer- den (Prof. Dr. E. Straub, Universi- tätskinderklinik Mainz). Die Harn- kontinenz kann auf rein konser- vativem Wege oder durch kon- servative Chirurgie verbessert werden. Die ohne Therapie fast immer in Urämie übergehende aufsteigende Nephropathie wird durch künstliche Harnableitung (Kolon-Conduit und Hautfistel mit modernem hermetischem Verschluß) praktisch immer ver- hütet. Diese Fistel muß rechtzei- tig angelegt werden, solange die oberen Harnwege noch intakt sind. WP
(30. Jahrestagung der Deutschen Gesell- schaft für Sozialpädiatrie, September 1978, Freiburg)
Kein Eisen in den ersten Lebenswochen
Bei Frühgeborenen ist es zumin- dest in den ersten acht Lebens- wochen nicht notwendig, Eisen zu substituieren. Frühzeitige Ei- sengabe hat vielmehr einen ne- gativen Einfluß auf die Hämoglo- binkonzentration gegen Ende des zweiten Lebensmonats (Dr.
H. Böhles, Universitätskinderkli- nik Erlangen). In den ersten Le- benswochen werden die Erythro- zytenmembranen vor Peroxida- tion durch freie Radikale und durch Vitamin E geschützt, das bei Frühgeborenen sowieso nur in niedrigen Konzentrationen ge- funden wird. Dieser Effekt wird durch frühzeitige Eisengabe bei Frühgeborenen deutlich gemin- dert; denn Eisen vermindert ein- mal die Vitamin-E-Resorption und katalysiert auch die Peroxi- dation (Folge: Hämolyse). Auch Milch, die mit Vitamin E ange- reichert ist, scheint die negativen Folgen von vorzeitigen Eisenga- ben bei Frühgeborenen nicht zu unterbinden. WP
(75. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde, September 1978, Frei- burg)
Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms
Myelotomie am vorderen Bek- kenkamm ist ergiebiger als einfa- che Knochenstanzbiopsie. Damit werden immerhin bei fast 80 Pro- zent aller Patienten mit Prosta- takarzinom Knochenmetastasen nachgewiesen (Professor Dr. R.
Burkhardt, Medizinische Univer- sitätsklinik Innenstadt, Mün- chen). Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms werden vom Organismus offenbar eine Zeit- lang in Schach gehalten (Lym- phozyten, Mastzellen, Granulozy- ten, Knochenanbau). Solange die Metastase nicht direkt an den Blutkreislauf angeschlossen ist, bleibt sie größenmäßig be- schränkt. Osteolytische Prosta- taglandine spielen (im Gegensatz zu den Metastasen der Bron- chial- und Mammakarzinome) bei den Knochenmetastasen des Prostatakarzinoms offenbar kei- ne Rolle. WP
(Fortbildungstagung des Tumorzentrums München, November 1978, München)
Verbrennungen im Kindesalter
Die Lokalbehandlung hat folgen- de Ziele zu berücksichtigen: In- fektionen verhüten, sekundäre Schäden tiefer Hautabschnitte vermeiden, Flüssigkeits-, Eiweiß- und Elektrolytverluste so niedrig wie möglich halten und die Re- sorption von Toxinen mindern (Prof. Dr. J. Waldschmidt, Klini- kum Steglitz der FU, Abteilung Kinderchirurgie, Berlin). Als So- fortmaßnahme am Unfallort sollte die bedeckende (und eventuell noch glühende) Kleidung ent- fernt werden. Die Wundflächen sind unter fließendem kalten Wasser zu kühlen und zu reini- gen. Anschließend steril verbin- den. Sofort in die Klinik. WP
(16. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, September 1978, Frei- burg)
346 Heft 6 vom 8. Februar 1979 DEUTSCHES ARZTEBLATT