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Laudatio Frau Feldmann

Kategorie 3: „Auch als Angehöriger gut betreut – Wie Angehö- rige der Patienten von guter Betreuung profitieren“

Es gibt zahlreiche Diskussionen in der ambulanten Versorgung, wie Patienten besser und effizienter versorgt werden können. Dies sind sehr wichtige Diskussionen für die Weiterent- wicklung und Verbesserung unseres Gesundheitssystems. Dabei sollten aber auch die An- gehörigen immer wieder mit in die Überlegungen einbezogen werden, denn sie übernehmen in den meisten Fällen die Betreuung für ihre Familienangehörige und tragen einen Großteil der Last.

Die Betreuung von kranken oder pflegebedürftigen Familienmitgliedern kann für die Angehö- rigen sehr belastend sein, so belastend, dass die Betreuung sich negativ auf die eigene Ge- sundheit auswirkt und sie ebenfalls einer Behandlung bedürfen.

Vorbeugung kann hier im Einzelfall dringend angezeigt sein.

Anhand der eingereichten Projekte zeigt sich der große Bedarf an Unterstützung Angehöri- ger von körperlich oder psychisch erkrankten Mitmenschen. Folgende Projekte haben wir als Jury in dieser Kategorie nominiert:

IKARUS e. V. – Initiativkreis ambulante geriatrische Rehabilitation und soziale Dienste; eingereicht von Dr. med. Christa Scholtissek aus Mün- chen

Es kann ganz plötzlich gehen – gestern konnte Frau L., 87 Jahre, deren Tochter in der Nähe wohnt, noch alleine in ihrer Wohnung zurechtkommen, nach ihrem Bandscheibenvorfall und der Reha ist ihre Mobilität jedoch dramatisch eingeschränkt und sie ist plötzlich auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen.

Dr. Christa Scholtissek, Fachärztin für Allgemeinmedizin aus München, beobachtet Vorfälle dieser Art in ihrem Praxisalltag häufig. Ältere Menschen und ihre Angehörigen sind mit der Organisation der auf einmal notwendigen Pflege oder Rehabilitation bei drohender oder be- stehender Pflegebedürftigkeit oft überfordert.

Bereits vor 12 Jahren, im Jahr 2000, ist Frau Dr. Scholtissek die Idee von „IKARUS“ gekom- men. Die Abkürzung steht für Initiativkreis ambulante geriatrische Rehabilitation und soziale Dienste“ und bezieht sich eher nicht auf den, aus der griechischen Mythologie bekannten, Angehörigenabsturz. Kernelement von „IKARUS“ ist ein ambulantes Team aus einer Koope- ration von Hausarzt, Pflegedienst und Therapeuten, welches auf der einen Seite den Pflege- bedürftigen bzw. Patienten berät, auf der anderen Seite eine individuelle Angehörigenbera- tung in der häuslichen Umgebung des Betroffenen durchführt. Zur Aufklärung und Informati- on werden beispielsweise Veranstaltungen organisiert.

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2 Weitere Maßnahmen sind Fragebogen-Aktionen bei pflegenden Angehörigen, die auch aus- gewertet werden. Damit kann der Verband IKARUS noch genauer auf die Bedürfnisse der Angehörigen eingehen. Veröffentlicht wurden diese Ergebnisse in der eigens herausgegeben Zeitschrift „IKARUS-Rundschau“.

Die Münchener Bürgerstiftung ist von dem Projekt so überzeugt, dass durch finanzielle Un- terstützung die Einrichtung einer eigenen Geschäftsstelle möglich wurde. Dadurch ist eine noch bessere Konzentration auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehöri- gen möglich.

Dies sind einige der Weiterentwicklungen über den langen Zeitraum seit der Gründung im Jahre 2000. Die Erfolge sprechen für sich: Durch die häusliche Rehabilitation mithilfe der Angehörigen sind immobile Patienten wieder in der Lage, ihre Wohnung zu verlassen – da- mit werden wiederum die Angehörigen entlastet.

Mit großer Anerkennung würdigte bereits auch schon das Bundesgesundheitsministerium die Initiative von Frau Dr. Scholtissek: IKARUS e.V. wurde als Vorzeigeprojekt im Rahmen der neuen „Pflege-Kampagne“ ausgewählt. Gesundheitsminister Daniel Bahr besuchte persön- lich im Oktober 2012 IKARUS e.V. in München, um sich selbst ein Bild vom Projekt zu ma- chen.

Um das Projekt weiterhin so erfolgreich fortzuführen, wünscht sich Frau Dr. Scholtissek, dass besonders die wöchentliche Angehörigenbetreuung ausgebaut wird und insbesondere auch die Geschäftsstelle weitere Bekanntheit erreicht. Dann wären in naher Zukunft eventu- ell Projekte ähnlicher Art auch über die Stadtgrenzen von München hinaus zu finden.

GeschwisterCLUB – Stärkung der Geschwister von Kindern mit schwe- ren chronischen und psychischen Erkrankungen; eingereicht von Herrn Dipl. Psych. Andreas Podeswik aus Augsburg

Für Eltern eine besonders schlimme Nachricht: Die Nachricht der chronischen oder psychi- schen Erkrankung ihres eigenen Kindes. Wie aber fühlen sich die Geschwister-Kinder? Wie gehen sie mit dieser Belastung um, dass ihre Schwester oder ihr Bruder erkrankt ist und sich in vielen Fällen erstmal alles in der Familie um das erkrankte Familienmitglied dreht und sie selbst in ihrer eigenen Wahrnehmung an Zuwendung verlieren?

Herr Diplom-Psychologe Andreas Podeswik, Kinder- und Jugendpsychotherapeut und Psy- chologischer Psychotherapeut in Augsburg, hat die Erfahrung gemacht: Zahlreiche Ge- schwister von chronisch und/oder psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen sollten mitbehandelt werden – beispielsweise wegen Anpassungsstörungen. Nicht alle Geschwis- terkinder benötigen intensive Therapie. Rund 20 Prozent haben ein erhöhtes Risiko für psy- chische Auffälligkeiten und daher Beratungsbedarf aufgrund ihrer Geschwistersituation. Bei etwa 10 Prozent der betroffenen Geschwister ergibt sich ein sogar Psychotherapiebedarf.

Was jedoch alle Kinder gemeinsam haben: Sie brauchen Informationen, Tipps und helfende Personen.

Genau hier setzt der GeschwisterCLUB an, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, rechtzeitig vorzubeugen: er bietet Eltern und Geschwistern zunächst initial ein ausführliches Beratungs- und Informationsangebot, anschließend trifft man sich monatlich zum GeschwisterTREFF

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3 und einmal im Quartal zum GeschwisterTAG. Ein weiteres Angebot ist SUSI – Supporting Siblings (Unterstützung von Geschwistern). Kinder in ihren besonderen Lebenssituatio- nen zu unterstützen ist Ziel dieses Programms, das gemeinsam vom Bunten Kreis Augs- burg und der Universität Flensburg in Kooperation mit der Initiative Familienbande entwi- ckelt wurde. Über sieben Wochen hinweg steigern die Kinder in einem strukturierten Pro- gramm am Ende ihr Selbstwertgefühl und ihre Konfliktfähigkeit.

Diese Beispiele beschreiben lediglich eine Auswahl der Angebote, die für einzelne Betroffe- ne oder für Gruppen seitens des GeschwisterCLUBS angeboten werden. Oftmals spielerisch nähert man sich verschiedenen Themen, beispielsweise mit

„Kati und Emil“ – einem Puppenspiel zum Umgang mit der Krankheit in der Öffent- lichkeit

oder dem „Kreis der Gemeinsamkeiten“ – bei dem der Umgang mit Schuldgefühlen besprochen wird

oder der so genannten „Raupenolympiade“ – bei dem die Förderung der Fähigkeit zur Konfliktlösung in der Familie auf der Tagesordnung steht.

Darüber hinaus hat Herr Podeswik erfolgreich eine regionale Vernetzung durch den regel- mäßigen „Runden Tisch“ mit Kinderkliniken, Behinderteneinrichtungen und Frühförderein- richtungen etabliert.

Seiner Überzeugung nach sollte die Betreuung von Kindern mit chronisch und/oder psy- chisch erkrankten Geschwistern auch in der Ausbildung zum Psychologischen Psychothe- rapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten stärker verankert werden – bei- spielsweise durch die Etablierung von Geschwistermodulen in der Ausbildung.

Weiterhin wünschen sich Herr Podeswik und sein Team eine verstärkte gesellschaftliche Akzeptanz der Geschwisterbegleitung und damit bei Bedarf eine entsprechende Zuweisung von Geschwistern aus Praxen, Ambulanzen und Kinderkliniken, um auch diese Geschwister- kinder in einer schwierigen Phase begleiten zu können.

Ebersberger Kleeblatt – Psychosoziales Nachsorgeprojekt für Krebspati- enten und deren Familien; eingereicht von Prof. Dr. med. Cornelia Höß aus Ebersberg

Eine Krebserkrankung trifft immer die ganze Familie, obwohl nur der Erkrankte den stationä- ren Aufenthalt selbst erlebt. Stationär sind Krebspatienten medizinisch und psychosozial oft sehr gut versorgt, doch nach Beendigung der meist belastenden Behandlungen, fallen viele Patienten in ein emotionales Loch – und davon ist die ganze Familie betroffen. Die Nachsor- ge umfasst jedoch häufig nur die medizinische Seite der Erkrankung, hinsichtlich der persön- lichen Verarbeitung der Krankheit fühlen sich Betroffene oft allein gelassen.

Um die Brustkrebspatientinnen und ihre Angehörigen nach einer stationären Behandlung weiter zu betreuen, rief Prof. Dr. Cornelia Höß – Chefärztin der Abteilung für Gynäkologie – das Projekt „Ebersberger Kleeblatt“ ins Leben.

Das psychosoziale Nachsorgeprojekt, engagiert sich über Sektorengrenzen hinaus und, be- steht aus vier Bausteinen, die sehr gut von den betroffenen Frauen und ihren Familien ange- nommen werden:

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4 Zum einen wird einmal im Monat ein Patientenseminar mit Diskussionen zu unterschiedli- chen Themen für Patienten und Angehörige veranstaltet. Diese Veranstaltung ist gut be- sucht, da nur wenige solcher Informationsveranstaltungen in der nahen Umgebung angebo- ten werden.

Zum anderen wird eine Familiensprechstunde angeboten, in der Familien mit krebskranken Eltern und deren Kinder und Jugendliche beraten werden.

Außerdem können Patientinnen und Angehörige in einer Kunsttherapiegruppe gemeinsam mit anderen Betroffenen ihren Gefühlen beispielsweise durch Malen Ausdruck verleihen. Die Entwicklung der Stimmungen über die Zeit zeigt sich in den Bildern alleine schon durch die Veränderung von dunklen hin zu helleren, freundlicheren Farben.

Unter dem Stichwort „Ich schenk Dir einen Traum“ bietet das Team um Professorin Höß und Dr. Cornelia Caspari – Diplom Psychologin – insbesondere Kindern aus Familien mit krebserkrankten Müttern Kinderkunst-Projekttage an. Die Kinder können hier ihre Erlebnis- se verarbeiten. Die intensive Betreuung der Kinder soll dazu beitragen, psychopathologi- schen Entwicklungen vorzubeugen.

In Zukunft möchte sich Frau Professorin Höß zusammen mit Frau Dr. Cornelia Caspari noch intensiver für eine weitere Vernetzung bei der Versorgung krebskranker Familienmitglieder einsetzen – mit besonderem Fokus auf die Versorgung auf dem Lande.

Im Namen der gesamten Jury möchte ich Sie zu Ihrer Nominierung herzlich beglückwün- schen.

Preisverleihung:

Die nominierten Projekte machen deutlich, wie unterschiedlich die Umstände sein können, in denen Angehörige von der Krankheit oder Pflegebedürftigkeit eines Familienmitgliedes be- troffen sind. Eines ist den verschiedenen Situationen aber gemeinsam: Die Angehörigen tra- gen eine große Last – und fühlen sich bei der Stützung ihrer erkrankten Familienmitglieder oft allein gelassen und überfordert. Die vorgestellten nominierten Projekte zeigen beispiel- haft, wie Angehörige unterstützt werden und somit wiederum ihren Familienmitgliedern eine Stütze sein können. Uns ist es deshalb auch in dieser Kategorie als Jury nicht leicht gefallen, einen Gewinner zu benennen. Nach intensiver Abwägung haben wir uns für folgendes Pro- jekt entschieden:

Der Preis in der Kategorie „Auch als Angehöriger gut betreut – Wie Angehörige der Patienten von guter Betreuung profitieren“ geht an Herrn Andreas Podeswik mit sei- nem Projekt „GeschwisterCLUB“

Herrn Podeswik gelingt es mit seinem interdisziplinären Team, die Geschwisterkinder von Kindern mit chronischen und/oder psychischen Erkrankungen emotional zu entlasten und ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Dabei wird das Angebot des GeschwisterCLUBs – ausgehend vom Grad der Belastung – gezielt auf das betroffene Geschwisterkind abgestimmt.

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5 Die Angebote des GeschwisterCLUBs sind effizient, da Belastungen frühzeitig erkannt wer- den können und eine präventive Begleitung ermöglicht wird. Die Geschwisterkinder melden zurück, dass besonders die Äußerung ihrer Bedürfnisse ohne schlechtes Gewissen gegen- über ihren kranken Geschwistern als sehr befreiend empfunden wird. Durch die Teilnahme am GeschwisterCLUB werden die Kinder im Alltag gestärkt und gewinnen ein Stück Unbe- schwertheit zurück.

Dies wollen wir mit der Preisverleihung würdigen. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle an Herrn Podeswik und sein ganzes Team.

Referenzen

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