3 Multiplikative Funktionen
Definition 2.1 (arithmetische Funktion, (vollständig) multiplikative Funktion)
(a) Eine Funktionα :Z>0 −→Cheißt arithmetisch(oder zahlentheoretisch). Wir bezeichnen
mit�(Z>0�C)die Menge aller arithmetischen Funktionen.
(b) Eine arithmetische Funktionα :Z>0−→Cheißtmultiplikativ, wenn für alle �� �∈Z>0 mit ggt(�� �) = 1gilt:
α(�·�) =α(�)·α(�)
Wir bezeichnen mit�(Z>0�C)die Menge aller multiplikativen arithmetischen Funktionen.
(c) Eine multiplikative Funktionα heißtvollständig multiplikativ, wennα(�·�) =α(�)·α(�)für
alle�� �∈Z>0gilt.
Beispiel 4
(a) DieNullfunktion
0: Z>0 −→ C
� �→ 0
ist eine multiplikative Funktion.
(b) Die Funktion
ε: Z>0 −→ C
� �→
�1 falls �= 1�
0 falls �>1 ist auch multiplikativ.
(c) Ebenso multiplikativ ist diekonstante Funktion
e: Z>0 −→ C
� �→ 1. 10
(d) Dieidentische Abbildung
i: Z>0 −→ C
� �→ �
ist ebenso multiplikativ.
(f) Siehe auch §5 (die Möbiusfunktion), §6 (die eulersche �-Funktion), §7 (die Teilersummen- funktion), und [Aufgabe 4, Blatt 2].
Lemma 2.2
Istα ∈ �(Z>0�C)\ {0}, so istα(1) = 1.
Beweis : Weil α nicht die Nullfunktion ist, existiert �0 ∈ Z>0 mitα(�0) �= 0. Wegen ggt(�0�1) = 1 gilt α(�0) =α(�0·1) =α(�0)·α(1). Also können wirα(�0)kürzen und somit istα(1) = 1.
Wir charakterisieren nun multiplikative Funktionen mit Hilfe des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie.
Satz 2.3
(a) Seiα∈ �(Z>0�C)eine arithmetische Funktion. Dann sind äquivalent:
(i) α ist multiplikativ.
(ii) Ist � ∈Z>0 und ist� =��11· · ·���� mit � ∈ Z≥0, �1� � � � � �� ∈ Z≥0 und �1� � � � � �� ∈ P paarweise verschieden eine Primfaktorzerlegung von�, so giltα(�) =α(��11)· · ·α(����).
(b) Zwei multiplikative Funktionenα1� α2∈ �(Z>0�C)sind genau dann gleich, wenn α1(��) =α2(��)
für alle�∈Pund für alle�∈Z≥0gilt.
Beweis :
(a) Istα=0, so ist die Aussage klar. Also nehmen wir an, dassα�=0ist.
(i)⇒(ii): Nun ist�= 1, so ist nach Lemma 2.2 die Behauptung trivial. Also nehmen wir an, dass
�≥2ist. Eine Induktion nach�liefert:
· Falls�= 1, so ist�=��11die Primfaktorzerlegung von�, und damit istα(�) =α(��11).
· Falls�>1, so istα(�) =α(��11)·α(��22· · ·����), daαmultiplikativ undggt(��11� ��22· · ·����) = 1 ist. Nun nach Induktion istα(��22· · ·����) =α(��22)· · ·α(����). Also insgesamt:
α(�) =α(��11)·α(��22)· · ·α(����)
(ii)⇒(i): Wir nehmen an, es gelte umgekehrt Aussage (ii) und es seien�� �∈Z>0mitggt(�� �) = 1 gegeben. Also wenn
�=��11· · ·���� und �=���+1�+1· · ·���+��+�
Primfaktorzerlegungen von�und�sind, müssen�1� � � � � ��� ��+1� � � � � ��+� paarweise verschieden sein, daggt(�� �) = 1ist. Das Produkt�·�hat dann die Primfaktorzerlegung
�·�=��11· · ·����·���+1�+1· · ·���+��+��
Damit gilt nach (ii), dass
α(�·�)(��)=α(��11)· · ·α(����)·α(���+1�+1)· · ·α(���+��+�)(��)=α(��11· · ·����)·α(���+1�+1· · ·���+��+�) =α(�)·α(�)� d.h.αist multiplikativ.
(b) Istα1=α2, so ist sicher α1(��) =α2(��)∀�∈Pund∀�∈Z≥0. Umgekehrt istα1(��) =α2(��)
∀�∈Pund∀�∈Z≥0, so gilt für�∈Z>0mit Primfaktorzerlegung�=��11· · ·���� α1(�)(�)=α1(��11)· · ·α1(����) =α2(��11)· · ·α2(����)(�)=α2(�)� wie behauptet.
Aufgabe 5 (Siehe Aufgabe 6, Blatt 2)
Seiα ∈ �(Z>0�C)\ {0} eine multiplikative Funktion, die nicht die Nullfunktion ist. Genau dann istα vollständig multiplikativ, wenn α(��) =α(�)� für alle�∈Pund für alle�∈Z≥0gilt.
4 Die Dirichlet-Faltung
Definition 2.4 (Dirichlet-Faltung)
Seien α� β ∈ �(Z>0�C)zwei arithmetische Funktionen. Die (Dirichlet-)Faltung von α und β ist die arithmetische Funktion
α∗β: Z>0 −→ C
� �→ (α∗β)(�) := �
1≤�≤��|�
α(�)·β(��).
Anmerkung 2.5
Die Faltung kann auch folgendermaßen geschrieben werden:
(α∗β)(�) := �
��=�
α(�)·β(�)
für alle�∈Z>0, wobei die Summe über alle Paare(�� �)∈Z>0×Z>0mit��=� läuft.
Lemma 2.6
Seienα� βundγarithmetische Funktionen. Dann gilt:
(a) α∗β=β∗α (Kommutativität);
(b) (α∗β)∗γ=α∗(β∗γ) (Assoziativität);
(c) α∗ε=α =ε∗α (Die Funktionεist ein neutrales Element für die Faltung∗).
Anders gesagt, bildet�(Z>0�C)eine kommutativeHalbgruppebezüglich der Faltung.
Beweis :
(a) Aufgrund der Anmerkung 2.5 ergibt sich sofort (α∗β)(�) = �
��=�α(�)·β(�) = �
��=�β(�)·α(�) = (β∗α)(�) für alle�∈Z>0.
(b) Sei�∈Z>0. Dann gilt:
((α∗β)∗γ)(�) = �
��=�(α∗β)(�)·γ(�)
= �
��=�
��
��=�α(�)·β(�)
�
·γ(�)
= �
���=�
α(�)·β(�)·γ(�)
Analog ist
(α∗(β∗γ))(�) = �
��=�α(�)·(β∗γ)(�)
= �
��=�α(�)·
⎛
⎝�
��=�β(�)·γ(�)
⎞
⎠
= �
���=�α(�)·β(�)·γ(�)�
Bis auf Umbenennung der Variablen, d.h. � := �� �:=�� � :=�, haben wir zweimal die gleiche Summe erhalten, also ist(α∗β)∗γ=α∗(β∗γ).
(c) Sei�∈Z>0. Dann gilt:
(α∗ε)(�) = �
1≤�≤��|�
α(�)·ε(�
�) =α(�)·����ε(1)
=1
+�
1≤�<��|�
α(�)·ε(�
�)
����=0
=α(�)
und damit istα∗ε=α. Wegen der Kommutativität der Faltung ist zudemε∗α=α∗ε=α.
Lemma 2.7
Sindα� β ∈ �(Z>0�C)zwei multiplikative Funktionen, so ist auch die Faltungα∗β eine multi- plikative Funktion.
Beweis : Seien�� �∈Z>0mitggt(�� �) = 1. Wegen des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie gilt: für jede Faktorisierung��=��lassen sich�und�eindeutig in ein Produkt�=�1�2mit�1|�,�2|�und
�=�1�2mit�1|�,�2|�zerlegen, wobei insbesondereggt(�1� �2) = ggt(�1� �2) = 1ist. Aufgrund der Multiplikativität vonαundβfolgt
(α∗β)(��) = �
��=��α(�)·β(�)
= �
�1�1=�
�2�2=�
α(�1�2)·β(�1�2)
= �
�1�1=�
�2�2=�
α(�1)·α(�2)·β(�1)·β(�2)
= �
�1�1=�
�2�2=�
α(�1)·β(�1)·α(�2)·β(�2)
=
� �
�1�1=�
α(�1)·β(�1)
�
·
� �
�2�2=�
α(�2)·β(�2)
�
= (α∗β)(�)·(α∗β)(�)� und damit istα∗β∈ �(Z>0�C).
Satz 2.8
Sei α ∈ �(Z>0�C) eine arithmetische Funktion mitα(1) �= 0. Dann existiert eine arithmetische Funktionβ∈ �(Z>0�C)mitβ(1)�= 0undα∗β=ε=β∗α.
Beweis : Nach Definition der Faltung existiert genau dann zuαeine arithmetische Funktionβmitα∗β=ε, wenn die Gleichungen
1 =ε(1) = (α∗β)(1) =α(1)β(1) und für�∈Z>1
0 =ε(�) = (α∗β)(�) =α(1)β(�) +�
��=��<�
α(�)β(�) erfüllt sind.
Also können wir die Funktionβinduktiv definieren. Da1 =α(1)β(1)gelten soll, setzen wirβ(1) := α(1)1 . (α(1)�= 0nach Vorausstzung!) Sei nun�>1. Induktiv nehmen wir an, dassβ(�)schon für alle�<� definiert ist, und wegen der zweiten Gleichung setzen wir:
β(�) := −1 α(1)
�
��=��<�
α(�)β(�)
Offensichtlich gilt nach Konstruktionα∗β= ε. Zudem gilt auchε=β∗α wegen der Kommutativität der Faltung.
Betrachten wir nun noch die übliche Addition +von Funktionen, so erhalten wir die folgenden alge- braischen Strukturen auf�(Z>0�C)und�(Z>0�C).
Folgerung 2.9
(a) (�(Z>0�C)�+�∗)ist ein Integritätsbereich mit Nullelement die Nullfunktion0 und mit Eins-
elementε.
(b) �(Z>0�C)×={α ∈ �(Z>0�C)|α(1)�= 0}.
(c) (�(Z>0�C)\ {0}�∗)ist eine abelsche Gruppe mit neutralem Elementε.
Beweis : Siehe [Aufgabe 5, Blatt 2].
5 Die Möbiusfunktion
Definition 2.10 (Möbiusfunktion)
DieMöbiusfunktionµist die arithmetische Funktion
µ: Z>0 −→ C
� �→
�0 falls∃�∈Pmit�2|��
(−1)#{�∈P|�teilt�} sonst�
Anmerkung 2.11
(1) Nennen wir eine Zahl quadratfrei, wenn sie von keiner Quadratzahl außer 1 geteilt wird, so gibt die Möbiusfunktion an, ob eine positive Zahl quadratfrei ist oder nicht. Insbesondere nimmt sie den Wert−1an, falls die gegebene Zahl �eine Primzahl ist.
(2) zum Beispiel hat die Möbiusfunktion für1≤�≤12die folgenden Werte:
� 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
µ(�) 1 −1 −1 0 −1 1 −1 0 0 1 −1 0
Lemma 2.12
(a) Die Möbiusfunktionµist multiplikativ.
(b) Die Möbiusfunktion µist das Inverse von der konstanten Funktion ebezüglich der Faltung,
d.h. µ∗e=e∗µ=ε �
Beweis :
(a) Zunächst istµ(1) = 1nach Definition. Sei also � ∈Z>1 mit Primfaktorzerlegung �= ��11· · ·����
(d.h.�∈Z≥1,�1� � � � � ��∈Z≥0und�1� � � � � ��∈Psind paarweise verschieden). Einerseits gilt µ(�) =µ(��11· · ·����) =
�0 falls∃1≤�≤�mit��≥2�
(−1)� falls�1=� � �=��= 1�
Anderseits ist für1≤�≤�
µ(����) =
�0 falls��≥2�
−1 falls��= 1� also ist auch
µ(��11)· · ·µ(����) =
�0 falls∃1≤�≤� mit��≥2�
(−1)� falls�1=� � �=��= 1� Daher istµmultiplikativ nach Satz 2.3(a).
(b) Wegen der Kommutativität der Faltung reicht es zu zeigen, dassµ∗e=ε. Daµundemultiplikativ sind, so ist auchµ∗emultiplikativ nach Lemma 2.7. Deshalb reicht es nach Satz 2.3(b) die Identität
für Primzahlpotenzen nachzuweisen. Sei�∈Pund�∈Z>0. Es gilt:
(µ∗e)(��) =��
�=0
µ(��)·e(�� �� ��−�)
=1
=��
�=0
µ(��) =µ(1) +µ(�) = 1 + (−1) = 0 =ε(��)
nach Definitionen vonµundε. Außerdem ist(µ∗e)(�0) =ε(�0) = 1nach Lemma 2.2.
Definition 2.13 (Summatorfunktion)
Seiα ∈ �(Z>0�C)eine arithmetische Funktion. Dann wird dieSummatorfunktionβα vonα durch βα:=α∗edefiniert, d.h. die Funktion
βα: Z>0 −→ C
� �→ �
1≤�≤��|�
α(�).
Beispiel 5
Offenbar istε die Summatorfunktion der Möbiusfunktion, daµ∗e=εnach Lemma 2.12.
Satz 2.14 (Möbius-Umkehrsatz)
Istα ∈ �(Z>0�C)eine arithmetische Funktion, dann giltα =βα∗µ, d.h.
α(�) = �
1≤�≤��|�
βα(�)·µ(�
�)
für alle�∈Z>0.
Beweis : Nach Definition istβα=α∗e, und nach Lemma 2.12 istµ∗e=e∗µ=ε. Daraus folgt α=α∗ε=α∗(e∗µ) =L���
2�6(�)
(α∗e)∗µ=βα∗µ� daεdas Einselement von�(Z>0�C)ist.
Folgerung 2.15
Seiα ∈ �(Z>0�C)eine arithmetische Funktion mit Summatorfunktionβα. Dann istα ∈ �(Z>0�C) genau dann, wennβα ∈ �(Z>0�C)ist.
Beweis :
’⇒’ Fallsα ∈ �(Z>0�C), so ist auchβα ∈ �(Z>0�C)nach Lemma 2.7, da βα eine Faltung zweier multiplikativen Funktionen ist.
’⇐’ Umgekehrt ist die Funktionαnach dem Möbius-Umkehrsatz vollständig von ihrer Summatorfunktion definiert, und zwar istα =βα∗µ. Nun ist die Möbiusfunktion multiplikativ nach Lemma 2.12(a), also istαmultiplikativ als Faltung zweier multiplikativen Funktionen.
Aufgabe 7 (Aufgabe 7, Blatt 3)
Seiα∈ �(Z>0�C)eine arithmetische Funktion mit Summatorfunktionβα. Zeigen Sie:
(a) α(��) =βα(��)−βα(��−1)für alle�∈Pund für alle�∈Z>0.
(b) Sei α∈ �(Z>0�C)\ {0}. Sei�∈Z>1mit Primfaktorzerlegung�=��11· · ·����, dann gilt:
α(�) =��
�=1
(βα(����)−βα(����−1))
6 Die eulersche �-Funktion
Definition 2.16 (eulersche�-Funktion) Die arithmetische Funktion
�: Z>0 −→ C
� �→ #{�∈Z|1≤�≤� und ggt(�� �) = 1}
heißteulersche�-Funktion.
Beispiel 6
Zum Beispiel nimmt die eulersche�-Funktion für1≤�≤12die folgenden Werte an:
� 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
�(�) 1 1 2 2 4 2 6 4 6 4 10 4
Satz 2.17
(a) Ist�∈Z>0, so ist�(�) =|(Z/�Z)×|.
(b) Die eulersche�-Funktion ist multiplikativ.
(c) Für�∈Pund�∈Z>0gilt�(��) =��−��−1. (d) Für�∈Z>1mit Primfaktorzerlegung�=�
�∈P���(�) gilt
�(�) = �
�∈P
(���(�)−���(�)−1) =��
�∈P�|�
(1− 1
�)�
(e) Die Summatorfunktion der eulerschen�-Funktion ist die identische Abbildung i.
(f) (Rekursionsformel).Für�∈Z>1gilt
�(�) =�− �
1≤�<�
�|�
�(�)�
Beweis :
(a) Dies ist ein Ergebnis aus der AGS. (Anmerkung:Z/1Zist der Nullring und(Z/1Z)×ist die triviale Gruppe, also ist diese einelementig.)
(b) Seien�� �∈Z>0 mitggt(�� �) = 1. Der chinesiche Restsatz liefert einen Ring-Isomorphismus Φ: Z/(��)Z −→ Z/�Z×Z/�Z
�+��Z �→ (�+�Z� �+�Z).
Die Einschränkung vonΦauf die Einheiten(Z/(��)Z)×liefert die Existenz eines Gruppen-Isomor- phimus
(Z/(��)Z)×−→(Z/�Z)××(Z/�Z)×� Damit folgt aus (a), dass
�(��) =|(Z/(��)Z)×|=|(Z/�Z)×| · |(Z/�Z)×|=�(�)·�(�)�
(c) Wir betrachten den Gruppen-Homomorphismus � : (Z/��Z)∗ −→ (Z/�Z)∗ : �+��Z �→ �+�Z.
Dieser ist offensichtlich surjektiv mit Kernker(�) ={(1 +��) +��Z|0≤�≤��−1}. Nun folgt aus dem Homomorphiesatz, dass
�(��) =(�)|(Z/��Z)×|=|ker(�)| · |Im(�)|=��−1·(�−1) =��−��−1 ist.
(d) Folgt aus (c) und der Tatsache, dass��−��−1=��(1−�1)für alle�∈Z>0ist.
(e) Seien�∈Pund�∈Z>0. Nach Definitionen gilt (µ∗i)(��) =��
�=0
µ(��)·i(��−�) = 1·��+ (−1)·��−1=��−��−1�
Aberµundisind multiplikativ und nach (b) ist� auch multiplikativ. Es folgt also aus Lemma 2.2, dass µ∗i(1) = 1 =�(1). Also stimmen die Funktionenµ∗iund� für Primzahlpotenzen überein.
Damit folgt aus Satz 2.3(b), dassµ∗i=�ist und wegen Lemmata 2.6(a),(c) und 2.12(b) erhalten
wir i=i∗ε=e∗µ∗i=e∗�=β��
wie behauptet.
(f) Nächste Woche. Weilidie Summatorfunktion von� ist, gilt
�=i(�) =�∗e= �
1≤�<�
�|�
�(�) = �
1≤�<�
�|�
�(�) +�(�)�
Beispiel 7
Eine Anwendung von Satz 2.17(e) liefert z.B.:
(a) Für�= 12 = 3·4ist�(12) =�(3)�(4) = (31−30)·(22−21) = 2·2 = 4.
(b) Für�= 30 = 2·3·5ist�(30) =�(2)�(3)�(5) = (21−20)·(31−30)·(51−50) = 1·2·4 = 8.
In der Tat sind genau folgende acht Zahlen zwischen 1 und 30 prim zu 30:
1�7�11�13�17�19�23�29�
7 Die Teilersummenfunktion und vollkommene Zahlen
Definition 2.18 (Teilersummenfunktion)
Die Teilersummenfunktionist die Summatorfunktion σ := i∗eder identische Abbildung, d.h. die Funktion
σ: Z>0 −→ C
� �→ �
1≤�≤��|�
�.
Bemerkung 2.19
Die Teilersummenfunktionσ ist multiplikativ, und für�∈Pund�∈Z>0gilt σ(��) = ��+1−1
�−1 �
Beweis : Nach Definition ist die Teilersummenfunktion eine Faltung zweier multiplikativen Funktionen, so dassσ nach Lemma 2.7 multiplikativ ist. Zudem ist
σ(��) = �
0≤�≤�
��= 1 +�+� � �+��= ��+1−1
�−1 � wobei die letzte Gleichheit aus der Summenformel der geometrischen Reihe folgt.
Damit erhalten wir die ersten Resultate über Zahlen.
Definition 2.20 (vollkommene Zahl) Eine Zahl� ∈ Z>0 mit � = �
1≤�<��|�
�heißt eine vollkommene Zahl, d.h. � ist Summe ihrer echten positiven Teiler.
Anmerkung 2.21
Der Begriff einer vollkommenen Zahl sowie die ersten vier vollkommenen Zahlen waren schon in der Antike bekannt. Diese sind
6�28�496�8128�
Die fünfte vollkommene Zahl ist33�550�336. Es ist unbekannt, ob es unendlich viele vollkommene Zahlen gibt. Ferner sind alle bekannten vollkommenen Zahlen gerade – es ist nicht bekannt, ob es ungerade vollkommene Zahlen gibt. Zum Studium von vollkommenen Zahlen eignet sich die Teilersummenfunktion, wie die Definitionen und die folgende Bemerkung zeigen.
Bemerkung 2.22
Sei�∈Z>0. Genau dann ist� eine vollkommene Zahl , wennσ(�) = 2�.
Beweis : Nach Definition ist
σ(�) = �
1≤�≤��|�
�= �
1≤�<��|�
�+� �
also ist�vollkommen genau dann, wennσ(�) = 2�.
Beispiel 8
Für die fünfte vollkommene Zahl erhalten wir die Primfaktorzerlegung 33�550�336 = 212·8�191.
Damit gilt
σ(33�550�336) = 8�1912−1
8�191−1 ·(213−1) = 67�100�672 = 2·33�550�336 Die Zahl ist also eigentlich vollkommen.
Wir möchten jetzt zeigen, dass die vollkommenen Zahlen durch die sogenannten Mersenne-Primzahlen charakterisiert werden können.
Definition 2.23 (Mersenne-Zahl, Mersenne-Primzahl)
Für�∈ Z>0 heißt M� := 2�−1die �-te Mersenne-Zahl. Die Primzahlen, die auch Mersenne-
Zahlen sind, heißenMersenne-Primzahlen.
Beispiel 9
Es istM1= 1,M2= 3,M3= 7,M4= 15,M5= 31,� � � Lemma 2.24
Sei�∈Z>0. Ist die�-te Mersenne-ZahlM� eine Primzahl, so ist auch�eine Primzahl.
Offensichtlich gilt die Umkehrung nicht, daM11= 23·89.
Beweis : Wir zeigen die Kontraposition: Sei�∈Z>0reduzibel, etwa�=��mit�� �∈Z>1. Dann ist auch 2�−1>1, und damit ist
M�=M��= 2��−1 = (2�−1)��−1
�=0(2�)� reduzibel. (Wende die FormelX�−1 = (X−1)(��−1
�=0 X�)mitX= 2�an.) Satz 2.25 (Euler/Euklid)
Eine gerade Zahl�∈Z>0 ist genau dann vollkommen, wenn sie die Form
�= 2�−1(2�−1) hat, wobei�∈Pund2�−1∈Psind.
Beweis :
’⇒’ (Euler) Zunächst nehmen wir an, dass�gerade und vollkommen ist. Dann hat� eine Darstellung
�= 2�·�mit�∈Z>0und�∈Z>0ungerade. Wegen der Multiplikativität vonσund Bemerkung 2.19
ist σ(�) =σ(2�)·σ(�) = (2�+1−1)·σ(�)� Nach Bemerkung 2.22 ist zudemσ(�) = 2�. Damit gilt
(2�+1−1)·σ(�) = 2�+1·� �
so dass
σ(�) = 22�+1�+1−1·�= (2�+1−1) + 1
2�+1−1 ·�=�+ � 2�+1−1� Daraus folgt, dass
�:= �
2�+1−1 =σ(�)−�∈Z ist, daσ(�)� �∈Z. Also ist�+�=σ(�) = �
1≤�≤��|�
�, und damit müssen�und� die einzigen Teiler von � sein. Da� < � ist, erhalten wir:� = 1, �= 2�+1−1∈ P. Setzen wir also�:= �+ 1.
Schließlich ist�∈Pnach Lemma 2.24.
’⇐’ (Euklid) Umgekehrt nehmen wir an, dass� = 2�−1(2�−1) mit ��2�−1 ∈ P ist. Also ist � = 2�−1(2�−1)eine Primfaktorzerlegung von�. Wegen der Multiplikativität vonσund Bemerkung 2.19 erhalten wir
σ(�) =σ(2�−1)·σ(2�−1) = 2�−1+1−1
2−1 ·(2�−1)1+1−1
2�−1−1 = (2�−1)·((2�−1)+1) = 2�·(2�−1) = 2� � und damit ist� nach Bemerkung 2.22 vollkommen.
Statt der Teilersummenfunktion kann man auch die Teileranzahlfunktion oder die Teilerproduktfunktion betrachten:
Aufgabe 8 (Aufgabe 9, Blatt 3)
Für eine positive ganze Zahl�∈Z>0bezeichnen wir mit
τ(�) := #{�∈Z>0|�ist ein Teiler von�} und P(�) := �
1≤�≤��|�
�
die Anzahl der positiven Teiler von�, bzw. das Produkt aller positiven Teiler von �. Zeigen Sie:
(a) τ=e∗eist multiplikativ;
(b) ∀�∈Z>0 giltτ(�) =�
�∈P(��(�) + 1).
(c) ∀�∈Z>0 giltP(�) =�τ(�)2 .
IstP eine multiplikative Funktion?
Zusammenfassung:
In der folgenden Tabelle sind für wichtige arithmetische Funktionen α, die wir in diesem Kapitel untersucht haben, ihre Summatorfunktionen gegeben:
α ε µ � i e
βα=α∗e e ε i σ τ