Lärmaktionsplan Zwickau Stufe 3
Entwurf Abschlussbericht
Stand 16.11.2020
Titel: Lärmaktionsplan Zwickau Stufe 3
Auftraggeber: Stadtverwaltung Zwickau Umweltbüro
Auftragnehmer: SVU Dresden
Planungsbüro Dr. Ditmar Hunger
Büroinhaber: Dipl.-Ing. Tobias Schönefeld Gottfried-Keller-Str. 24, 01157 Dresden Fon: 0351-422 11 96,
Fax: 0351-422 11 98 Mail: info@svu-dresden.de Web: www.svu-dresden.de Verfasser: Dipl.-Ing. Tobias Schönefeld
Dipl.-Ing. Marcus Schumann Dipl.-Ing. Alexandra Hermann David Pfitzner
Stand: 16. November 2020
Inhalt
Abbildungsverzeichnis 5
Tabellenverzeichnis 6
Anlagenverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 8
1 Einleitung 10
1.1 Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit 11
1.2 Gesetzliche Grundlagen 12
1.3 Zuständigkeiten 14
1.4 Verfahrensweise 15
2 Bestands- und Sachstandsanalyse 18
2.1 Strukturelle / verkehrliche Rahmenbedingungen 18
2.1.1 Stadt- und Siedlungsstruktur 18
2.1.2 Verkehrsnetzstruktur 18
2.1.3 Mobilität in Zwickau 19
2.1.4 Fahrbahnoberflächenzustand 20
2.1.5 Bestandssituation im Umweltverbund 21
2.2 Vorhandene Planungen 24
2.3 Lärmaktionsplanung in der Stadt Zwickau 26
2.3.1 Historie der Lärmminderungsplanung 26
2.3.2 Umsetzungsstand Stufe 2 26
2.3.3 Weitere bereits realisierte wichtige Lärmminderungsmaßnahmen 29 2.4 Bestandssituation Straßenverkehrslärm in Zwickau 29
2.4.1 Systematik 29
2.4.2 Kartierungs- und Untersuchungsumfang 31
2.4.3 Immissionsbelastungen / Gesamtbetroffenheiten 32
2.4.4 Hauptproblem- und Konfliktbereiche 33
2.4.5 weitere Lärmquellen 36
3 Lärmminderungspotenziale 40
4 Zielstellungen / Thesen zur Lärmminderung 42
5 Ruhige Gebiete 44
6 Maßnahmenkonzept 47
6.1 Herangehensweise 47
6.2 Steckbriefe für die Schwerpunktbereiche 48
6.3 Lärmschwerpunktbezogene Maßnahmen 51
6.3.1 Anpassung des zulässigen Geschwindigkeitsniveaus 51 6.3.2 Sicherung eines ortsverträglichen Geschwindigkeitsniveaus 54
6.3.3 Verkehrs- und Geschwindigkeitsüberwachung 55
6.3.4 Anpassung der Straßenraumaufteilung 56
6.3.5 Ortseingangsgestaltung 60
6.3.6 Fahrbahnoberflächensanierung / lärmoptimierter Asphalt 61 6.3.7 Konkrete Maßnahmen im Bereich Umweltverbund 63
6.4 Gesamtstädtische Maßnahmen 64
6.4.1 Bündelung des Verkehrs im Hauptstraßennetz 64
6.4.2 Förderbereiche Passiver Lärmschutz 66
6.4.3 Signalisierung und Knotenpunktgestaltung 67
6.4.4 Lärmminderung im Nebennetz 68
6.4.5 Stadt- und Siedlungsentwicklung 68
6.4.6 Maßnahmen zum Schutz ruhiger Gebiete / Bereiche 69
6.4.7 Förderung des Umweltverbundes 69
6.4.8 Mobilitätsberatung / Mobilitätsmanagement 70
6.4.9 Förderung innovativer Mobilitätsangebote 71
6.4.10 Verwaltungsinterne Organisation 72
6.4.11 Öffentlichkeitsarbeit 72
7 Beteiligungsprozess 73
7.1 Vorgaben und Ablauf 73
7.2 Ergebnisse frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung 73
7.3 Ergebnisse des Lärmforums 81
7.4 Anregungen / Hinweise aus der Entwurfsauslage 82
8 Controllingkonzept 83
8.1 Zielstellung und Umsetzung 83
8.2 Controlling-Instrumente 83
9 Zusammenfassung / Fazit 87
10 Literaturverzeichnis 89
Abbildungsverzeichnis
ABB.1 WICHTIGE HAUPTVERBINDUNGSACHSEN ... 19
ABB.2 ENTWICKLUNG DES MODAL-SPLIT IN DER STADT ZWICKAU ... 20
ABB.3 OBERFLÄCHENDEFIZITE IM BETRACHTETEN STRAßENNETZ ... 20
ABB.4 LÄRMARMER ASPHALT WERDAUER STRAßE ... 21
ABB.5 BESTANDSSITUATION IM RADVERKEHR ... 22
ABB.6 ISODISTANZEN,AUSGANGSPUNKT RATHAUS ZWICKAU ... 23
ABB.7 BESTANDSSITUATION IM FUßVERKEHR ... 24
ABB.8 ÜBERSICHTKARTE ZUM AKTUELL KARTIERTEN STRAßENNETZ ... 31
ABB.9 STRAßENVERKEHRSLÄRM -BETROFFENE BEWOHNER LNIGHT ... 33
ABB.10 STRAßENVERKEHRSLÄRM -BETROFFENE BEWOHNER LDEN ... 33
ABB.11 BETROFFENHEITSSITUATION GANZTAGS,PEGELKLASSEN LDEN >55 DB(A) ... 34
ABB.12 BETROFFENHEITSSITUATION NACHTS,PEGELKLASSEN LNIGHT>45 DB(A) ... 35
ABB.13 BETROFFENHEIT BAHNVERKEHR NACHTS, LKZNIGHTBEZUGSGRÖßE >55 DB(A) ... 37
ABB.14 WIRKUNGSFELDER DER MAßNAHMEN IN DEN SCHWERPUNKTBEREICHEN .... 47
ABB.15 PRIORITÄTENZUORDNUNG AUF BASIS DER KOSTEN-/WIRKUNGSKLASSEN . 50 ABB.16 BEISPIEL MOTIVANZEIGETAFEL (DIALOG-DISPLAY)... 55
ABB.17 IDEALTYPISCHER STRAßENQUERSCHNITT IM SINNE DER LÄRMMINDERUNG .. 57
ABB.18 SPURAUFTEILUNG WERDAUER STRAßE ... 58
ABB.19 BEISPIELE ORTSEINGANGSGESTALTUNG MIT FAHRSTREIFENVERSATZ ... 60
ABB.20 LÄRMARME SCHACHTEINDECKUNG (BEISPIEL DRESDEN) ... 62
ABB.21 ZUORDNUNG DER TEILNEHMENDEN NACH STADTBEZIRKEN ... 74
ABB.22 BISHERIGE BERÜHRUNGSPUNKTE MIT DER LÄRMAKTIONSPLANUNG ... 75
ABB.23 ERGEBNISSE SUBJEKTIVE EINSCHÄTZUNG BELÄSTIGUNGSNIVEAU NACH LÄRMART ... 76
ABB.24 ZEITPUNKT DER BELÄSTIGUNG ... 78
ABB.25 GEEIGNETE MAßNAHMEN AUS SICHT DER TEILNEHMENDEN ... 78
Tabellenverzeichnis
TAB.1 ÜBERSICHT ZU DEN LÄRMGRENZ-,RICHT- UND
ORIENTIERUNGSWERTEN [DB(A)] ... 13 TAB.2 UBA-EMPFEHLUNG FÜR AUSLÖSESCHWELLWERTE BEI DER
LÄRMAKTIONSPLANUNG ... 14 TAB.3 UMSETZUNGSSTAND LÄRMAKTIONSPLAN STUFE 2 ... 28 TAB.4 SCHWERPUNKTBEREICHE FÜR ORTSKONKRETE
LÄRMMINDERUNGSMAßNAHMEN ... 36 TAB.5 LÄRMMINDERUNGSPOTENZIALE VERSCHIEDENER MAßNAHMENANSÄTZE ... 41
Anlagenverzeichnis
Anlage 1 Steckbriefe zu den Schwerpunktbereichen Anlage 2 Übersichtskarte zum klassifizierten Straßennetz Anlage 3.1 Lärmkarte Lden (Lärmkartierung 2017)
Anlage 3.2 Lärmkarte Lnight (Lärmkartierung 2017)
Anlage 4 Hot-Spot-Analyse Lnight (Lärmkennziffermethode) Anlage 5 Verkehrsmengen DTVMo-So
Anlage 6 Gebiete mit besonders sensibler Nutzung („ruhige Gebiete“) Anlage 7 Protokoll Lärmforum
Anlage 8 Zusammenfassung und Abwägung der Hinweise aus der Öffent- lichkeitsbeteiligung
Abkürzungsverzeichnis
AC Asphalt Concrete (Asphaltbeton) BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetz BImSchV Bundesimmissionsschutzverordnung
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit
dB Dezibel
dB (A) A-bewerteter Schalldruckpegel EBA Eisenbahnbundesamt
EU Europäische Union
FGSV Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen Kfz Kraftfahrzeug
Lden Tag-Abend-Nacht-Lärmindex
Lday Mittelungspegel für den Tag von 6.00 – 18.00 Uhr Levening Mittelungspegel für den Abend von 18.00 – 22.00 Uhr Lnight Mittelungspegel für die Nacht von 22.00 – 06.00 Uhr
LA lärmarm
LAI Bund / Länder Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz LAP Lärmaktionsplan
LOA lärmoptimierter Asphalt Lkw Lastkraftwagen
LSA Lichtsignalanlage
MIV motorisierter Individualverkehr ÖPNV öffentlicher Personennahverkehr ÖPV öffentlicher Personenverkehr
RASt Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RLS Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen SMA Splitmastixasphalt
SrV System repräsentativer Verkehrserhebungen StVO Straßenverkehrsordnung
SVZ Städtische Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH UBA Umweltbundesamt
VBEB Vorläufige Berechnungsmethode zur Ermittlung der Belasteten- zahlen durch Umgebungslärm
VBUS Vorläufige Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen
VEP Verkehrsentwicklungsplan
VLärmSchR Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes
VwV Verwaltungsvorschrift
Hinweis:
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Bericht die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat aus- schließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
1 Einleitung
Lärm ist in den Städten eines der größten Umwelt- bzw. Gesundheitsprob- leme. Bei dauerhaft zu hohen Schallimmissionsbelastungen sind gesund- heitsschädliche Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen. Der Straßenver- kehrslärm bildet dabei die wichtigste Lärmquelle im kommunalen Bereich und ist gleichzeitig Synonym für andere negative Wirkungen des Kfz- Verkehrs, wie z. B. Abgas-, Staub- und Erschütterungsbelastungen, Ver- kehrsunsicherheit, Trennwirkung, Unwirtlichkeit städtischer Räume usw.
Zum Schutz der Gesundheit der Wohnbevölkerung vor Lärm wurde durch das Europäische Parlament die EU-Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG) erlassen.
Das Hauptziel der EU-Umgebungslärmrichtlinie ist es „schädliche Auswir- kungen, einschließlich Belästigungen, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern.“ (Europäisches Parlament und Rat, 2002). Hierzu sind die Belastungen der Bevölkerung durch Umgebungslärm anhand von Lärmkarten zu ermitteln sowie anschließend geeignete Maß- nahmen zur Geräuschminderung in Aktionsplänen zu erarbeiten. Die Kartie- rung sowie die Lärmaktionspläne sind spätestens alle 5 Jahre zu überprüfen und gegebenenfalls fortzuschreiben.
Beginnend im Jahr 2007 wurde in der Stadt Zwickau der Lärmaktionsplan Stufe 1 (IVAS, 2009) unter Beteiligung der Öffentlichkeit erarbeitet und am 29.10.2009 vom Stadtrat beschlossen. Dieser umfasste alle Straßen mit ei- nem Verkehrsaufkommen von mehr als 6 Mio. Fahrzeugen pro Jahr.
Mit dem Lärmaktionsplan Stufe 2 (IVAS, 2015a) wurde eine erste Fort- schreibung vorgenommen. Diese beinhaltet gleichzeitig die gesetzlich vor- geschriebene Erweiterung des Untersuchungsraumes auf alle Straßen mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen von mehr als 3 Mio. Fahrzeugen.
Im Jahr 2018 erfolgte auf Basis der aktualisierten Lärmkartierung eine
„Überprüfung des Lärmaktionsplanes Stufe 2“ (Stadt Zwickau / GAF, 2018a). Hierbei wurde festgestellt, dass eine erneute Fortschreibung des Lärmaktionsplanes notwendig ist. Diese erfolgt mit dem vorliegenden Pla- nungsdokument.
Im Sinne einer integrierten Lärmminderungsstrategie wird mit der Lärmak- tionsplanung neben der Reduzierung gesundheitsschädlicher Auswirkungen durch Lärm auch insgesamt eine Verbesserung der Wohn- und Lebensquali- tät in der Stadt Zwickau angestrebt.
1.1 Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit
Schall wird zu Lärm, wenn er bewusst oder unbewusst stört. Im Rahmen verschiedener Untersuchungen zur Lärmwirkung, wie z. B. dem Spandauer Gesundheits-Survey und der NaRoMi-Studie (Noise and Risk of Myocardial Infaction – Chronischer Lärm als Risikofaktor für den Myokardinfarkt) hat sich gezeigt, dass bei dauerhafter Exposition gesundheitsschädliche Auswir- kungen durch Lärm verursacht werden können. Nachgewiesen wurden Än- derungen im Stoffwechsel und Hormonhaushalt, Änderung der Gehirn- stromaktivität, aber auch schlechter Schlaf und Stresssymptome, wie bei- spielsweise Hormonausschüttungen. Langfristig kann dies zu hohem Blut- druck und Herzinfarkten führen.
Zur Beeinträchtigung des Schlafes durch Lärm wird in einer Veröffentlichung des Interdisziplinären Arbeitskreises für Lärmwirkungsfragen des Umwelt- bundesamtes ausgeführt, dass für die menschliche Gesundheit ein unge- störter Schlaf nach allgemeiner Auffassung eine besondere Bedeutung hat.
Geräuscheinwirkungen während des Schlafes können sich in einer Änderung der Schlaftiefe (mit und ohne Aufwachen), dem Erschweren / Verzögern des Einschlafens bzw. Wiedereinschlafens, der Verkürzung der Tiefschlafzeit bzw. Gesamtschlafzeit, in vegetativen Reaktionen oder indirekt als Minde- rung der empfundenen Schlafqualität auswirken (Interdisziplinärer Arbeitskreis für Lärmwirkungsfragen des Umweltbundesamtes, 1982).
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) führt zum Thema Lärmwirkung aus, dass bereits geringe Lärmpegel ab 25 dB(A) zu Konzentrations- oder Schlafstörungen sowie Dauerbelastun- gen über etwa 65 dB(A) am Tag zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko füh- ren können. Ab einem Pegel von 85 dB(A) wird über die gesundheitlichen Wirkungen hinaus das Gehör geschädigt (BMU, 2008).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch Lärm neben psychophysi- schen Auswirkungen, wie:
- Stress und Nervosität als Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- Erkrankungen,
- Störung der Schlafqualität,
- Beeinträchtigung des Lebensgefühls, - Zunahme der Fehleranfälligkeit, - Abnahme der Lernfähigkeit auch soziale Auswirkungen, wie:
- Unterlassen von Kommunikation,
- Veränderung der Nutzung von Wohnräumen, Terrassen, Balkonen und Gärten,
- Abnahme von Hilfsbereitschaft, - städtebaulicher Verfall,
- soziale Segregation
sowie ökonomische Auswirkungen, wie:
- Krankheitskosten,
- Kosten für Medikamente, Schlafmittel, - Wertminderung von Grundstücken entstehen.
1.2 Gesetzliche Grundlagen
Ausgangspunkt für die Lärmaktionsplanung bildet die EU-Umgebungslärm- richtlinie (Richtlinie 2002/49/EG), welche in den Jahren 2005 und 2006 im deutschen Recht mit dem „Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm“ und in den Paragraphen 47 a-f des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) verankert wurde.
Generell ist die Lärmsituation an Hauptverkehrsstraßen mit einer Verkehrs- belegung von über 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr (entspricht ca. 8.200 Kfz/24h), an Haupteisenbahnstrecken mit mehr als 30.000 Zugbewegungen pro Jahr, im Umfeld von Großflughäfen sowie im Bereich von Ballungsräu- men mit mehr als 100.000 Einwohnern zu untersuchen. Die entsprechenden Lärmimmissionen werden in strategischen Lärmkarten dargestellt und ver- öffentlicht. Sofern im Rahmen der Auswertung Lärmbetroffenheiten festge- stellt werden, sind Lärmaktionspläne zu erarbeiten. Diese sollen Maßnah- men und Konzepte enthalten, welche mit vertretbarem Aufwand zu einer Verbesserung der Lärmsituation führen.
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie sieht alle 5 Jahre eine Aktualisierung der strategischen Lärmkarten vor. Die Lärmaktionspläne sind ebenfalls mindes- tens alle 5 Jahre zu überprüfen und erforderlichenfalls zu überarbeiten. Wei- terhin wurde im Rahmen der EU-Gesetzgebung auch die Information der Bevölkerung über die Schallimmissionsbelastungen sowie mögliche Minde- rungsmaßnahmen fest verankert. Ein Rechtsanspruch auf die Umsetzung der Lärmminderungsmaßnahmen existiert jedoch nicht.
Für die Bewertung der Auswirkungen des Lärms auf die Bevölkerung werden zwei Lärmindizes verwendet: Der Tag-Abend-Nacht-Lärmindex Lden (day- evening-night) und der Nachtlärmindex Lnight.
Bisher wurden mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie keine konkreten Lärm- grenzwerte definiert. Allerdings wurden von der Bund / Länder Arbeitsge- meinschaft für Immissionsschutz (LAI, 2017) Prüfwerte erarbeitet. Diese liegen bei 55 dB(A) für den Lärmindex Lnight bzw. 65 dB(A) für den Lärmin- dex Lden. und orientieren sich an der Lärmwirkungsforschung. Bei dauerhaf- ter Exposition sind i. d. R. ab einer Überschreitung dieser Lärmschwellen gesundheitliche Beeinträchtigungen der betroffenen Menschen zu erwarten (siehe Kapitel 1.1).
Lärmquelle Kfz-Verkehr
Vorschrift 16.BImSchV VLärmSchR DIN 18005
Nutzung
Immissions- grenzwert
Immissions- grenzwert1
Orientierungs- wert Tag Nacht Tag Nacht Tag Nacht
reine Wohngebiete 59 49 67 57 50 40
besondere Wohngebiete - - - - 60 45
allgemeine Wohn- & Kleinsiedlungsgebiete 59 49 67 57 55 45
Dorf- & Mischgebiete 64 54 69 59 60 50
Kerngebiete 64 54 69 59 65 55
Gewerbegebiete 69 59 72 62 65 55
Sondergebiete - - - - 45-65 35-65
Krankenhäuser, Schulen, Alten- & Kurheime 57 47 67 57 - -
Campingplatzgebiete - - - - 55 45
Wochenend- & Ferienhausgebiete - - - - 50 40
Friedhöfe, Kleingarten- & Parkanlagen - - - - 55 55
Tab. 1 Übersicht zu den Lärmgrenz-, Richt- und Orientierungswerten [dB(A)]
Parallel zur EU-Umgebungslärmrichtlinie existieren im deutschen Lärm- schutzrecht verschiedene weitere gesetzliche Grundlagen z. B. für den Neu- und Ausbau von Straßenverkehrsanlagen (16. BImSchV), die Entwicklung von Wohnstandorten (DIN 18005) oder für die Lärmsanierung an Bundes-
1 Lärmsanierung (Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in Baulast des Bundes) - freiwillige Leistung
fernstraßen in Baulast des Bundes (VLärmSchR). Die jeweils zugehörigen Grenz- und Orientierungswerte werden in Tab. 1 zusammengefasst.
Umwelthandlungsziel Zeitraum ganztags
Lden
nachts Lnight Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen kurzfristig 65 dB(A) 55 dB(A) Minderung von erheblichen Belästigungen mittelfristig 60 dB(A) 50 dB(A) Vermeidung von erheblichen Belästigungen langfristig 55 dB(A) 45 dB(A) Tab. 2 UBA-Empfehlung für Auslöseschwellwerte bei der Lärmaktionsplanung
Quelle: (Umweltbundesamt, 2016)
Der wesentliche Unterschied zur EU-Umgebungslärmrichtlinie ergibt sich dabei aus dem Anlass der Lärmminderungsbetrachtungen. Während die Grenzwerte der 16. BImSchV nur beim Neubau oder der wesentlichen Ände- rung einer Verkehrsanlage und der Orientierungswert der DIN 18005 beim Neubau von angrenzender Wohnbebauung zur Anwendung kommen, wer- den bei der Lärmaktionsplanung Probleme im bestehenden Verkehrsnetz betrachtet. Anders als bei der Lärmsanierung wird dabei nicht nur eine Ver- besserung der Situation für die am stärksten Betroffenen, sondern eine möglichst umfassende Reduzierung der Lärmbetroffenheiten einschließlich von Belästigungen angestrebt.
Darüber hinaus unterscheiden sich auch die Berechnungsverfahren. Wäh- rend die Lärmkarten gemäß EU-Umgebungslärmrichtlinie nach der Vorläufi- gen Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen VBUS (Bundesrepublik Deutschland, 2006) zu berechnen sind, erfolgen die Be- trachtungen im deutschen Lärmschutzrecht nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straße RLS-90 (FGSV, 1990).
1.3 Zuständigkeiten
Die Aufstellung der Lärmaktionspläne liegt gemäß § 47d BImSchG, sofern nicht anders durch die Länder festgelegt, in kommunaler Zuständigkeit.
Entsprechend ist die Stadt Zwickau für die Erarbeitung des Lärmaktions- plans verantwortlich.
federführende Dienststelle: Große Kreisstadt Zwickau Dezernat 2 - Bauen
Umweltbüro
Werdauer Straße 62 08056 Zwickau
Auch die Erstellung der strategischen Lärmkarten für den Kfz-Verkehr er- folgte im Auftrag der Stadt Zwickau. Die Kartierungsergebnisse sind auf fol- genden Internetseiten veröffentlicht:
https://www.zwickau.de/de/politik/verwaltung/aemter/dezernat2/umwelta mt/dienstleistungen/laermkartierung.php
https://www.umwelt.sachsen.de/karten-und-gis-daten-zum-fachthema- larm-6374.html#a-6461
Für den Eisenbahnlärm wurden die Lärmkarten zentral durch das Eisen- bahnbundesamt (EBA) erarbeitet und bereitgestellt. Die entsprechenden Er- gebnisse sind ebenfalls im Internet veröffentlich:
http://laermkartierung1.eisenbahn-
bundesamt.de/mb3/app.php/application/eba
Seit dem 1. Januar 2015 ist für die Lärmaktionsplanung an den Haupteisen- bahnstrecken des Bundes das Eisenbahn-Bundesamt zuständig. Eine dezi- dierte Berücksichtigung des Eisenbahnlärmes erfolgt entsprechend im kommunalen Lärmaktionsplan der Stadt Zwickau nicht.
Hauptgegenstand der Lärmaktionsplanung in der Stadt Zwickau bildet ent- sprechend der Straßenverkehrslärm. Hierbei sind alle Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr (entspricht ca. 8.200 Kfz/24h) verpflichtend zu betrachten.
1.4 Verfahrensweise
Die Lärmaktionsplanung verfolgt einen integrativen Ansatz, d. h. sie berück- sichtigt strategische gesamtstädtische Planungen und Zielsetzungen, u. a.
der Verkehrs- und Flächennutzungsplanung sowie der Stadtentwicklung. Im Sinne dieser Zielsetzung erfolgte die Erarbeitung in enger Zusammenarbeit der beteiligten Ressorts Verkehrsplanung, Verkehrsorganisation, Stadtpla- nung und Umwelt.
Analysen
Ausgangsbasis für die Fortschreibung des Lärmaktionsplanes bilden die ak- tuelle Lärmkartierung (GAF, 2017), der Lärmaktionsplan Stufe 2 (IVAS, 2015a) sowie die Vorarbeiten im Rahmen der Überprüfung des Lärmakti- onsplanes Stufe 2 (Stadt Zwickau / GAF, 2018a).
Im Rahmen der akustischen Voruntersuchungen ist bereits eine Analyse der Lärmschwerpunkte im Stadtgebiet (Hot-Spot-Analyse) erfolgt. Hierbei wur- den die Straßenabschnitte identifiziert, bei denen die Lärmpegel die Auslö- seschwellwerte von 65 dB(A) für den Lärmindex Lden und 55 dB(A) für den Lärmindex Lnight überschreiten. Parallel wurden mit der „Lärmkennzifferme- thode“ aus den Lärmwerten und der Anzahl der betroffenen Personen Lärm-
kennziffern gebildet. Diese ermöglichen eine differenzierte Betrachtung zum Umfang der jeweiligen Lärmbetroffenheiten.
Darauf aufbauend wurde im Lärmaktionsplan für die Hot-Spot-Bereiche im Sinne des integrierten Ansatzes neben der Lärmsituation der Handlungsbe- darf im Bereich folgender weiterer Themenfelder analysiert:
Fahrbahnoberflächensituation
Radverkehrsinfrastruktur
Querungsmöglichkeiten
städtebauliche Entwicklung
Förderung von Bus und Bahn
Verkehrsorganisation Schwerpunktsetzung
Im Ergebnis der integrierten Betrachtungen wurden Schwerpunktbereiche für die Umsetzung ortskonkrete Lärmminderungsmaßnahmen definiert.
Hierbei handelt es sich um zusammenhängende Straßenabschnitte mit vor- dringlichem Handlungsbedarf.
Maßgebend für die Schwerpunktsetzung ist dabei einerseits die Höhe der Lärmbetroffenheiten. Gleichzeitig wurden die Rahmenbedingungen sowie der Handlungsbedarf für die o. g. fachübergreifenden Themenfelder berück- sichtigt. Ein weiteres wichtiges Kriterium bilden die bestehenden Hand- lungsmöglichkeiten. Hierbei wurde in Abstimmung mit den städtischen Fachabteilungen geprüft, welche grundsätzlichen Möglichkeiten für die Um- setzung von Lärmminderungsmaßnahmen in den einzelnen Straßenab- schnitten bestehen.
Auf Grundlage der definierten Kriterien, der Hinweise aus der Öffentlich- keitsbeteiligung sowie der Abstimmung mit den städtischen Fachabteilungen wurden insgesamt 18 Schwerpunktbereiche festgelegt.
Die Rahmenbedingungen, bestehende Planungen und Konzepte sowie Maß- nahmenempfehlungen für die Schwerpunktbereiche sind in Steckbriefen zu- sammengefasst. Diese finden sich in Anlage 1. Eine ausführliche Beschrei- bung der Inhalte der Steckbriefe wird im Kapitel 6.2 „Steckbriefe für die Schwerpunktbereiche“ vorgenommen.
Maßnahmenentwicklung
Für die definierten Schwerpunktbereiche wurden im Rahmen der Maßnah- menkonzeption alle in Frage kommenden Handlungsoptionen zur Lärmmin- derung straßenabschnittsweise überprüft. Anschließend erfolgte eine Ab- stimmung mit den zuständigen Fachämtern hinsichtlich der Realisierbarkeit
der Maßnahmen. Im Ergebnis des Diskussionsprozesses liegt ein abge- stimmtes Maßnahmenkonzept für die Schwerpunktbereiche vor.
Darüber hinaus beinhaltet der Lärmaktionsplan eine gesamtstädtische Lärmminderungsstrategie, welche auf eine flächendeckende Verbesserung der Lärmsituation im gesamten Stadtgebiet abzielt.
Beteiligungsprozess
Generell sind bei der Erarbeitung des Lärmaktionsplanes verschiedene As- pekte der Stadt- und Verkehrsentwicklung zu berücksichtigen bzw. mit den städtischen Fachämtern abzustimmen. Entsprechend wurde die im Lärmak- tionsplan Stufe 2 initiierte projektbegleitende „Arbeitsgruppe Lärmaktions- planung“ reaktiviert.
In mehreren Beratungen wurden die Planungen durch Vertreter folgender Ämter, Fachabteilungen und Institutionen fachlich begleitet:
Umweltbüro
Tiefbauamt
Stabsstelle Stadtentwicklung
Straßenverkehrsbehörde
Städtische Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH
Parallel wurde die Bearbeitung des Lärmaktionsplanes durch eine umfang- reiche Öffentlichkeitsbeteiligung begleitet. Im Zeitraum 28.11.2019 bis 31.01.2020 fand eine Bürgerbefragung zum Thema Lärm in Zwickau statt.
An dieser haben sich insgesamt 666 Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Dar- über hinaus wurde in einem Lärmforum über die die Lärmaktionsplanung in- formiert und diskutiert. Eine detaillierte Beschreibung zum Ablauf sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung finden sich in Kapitel 7.
2 Bestands- und Sachstandsanalyse
2.1 Strukturelle / verkehrliche Rahmenbedingungen 2.1.1 Stadt- und Siedlungsstruktur
Die Stadt Zwickau ist mit aktuell 90.105 Einwohner (Stadt Zwickau, 31.12.2018) die viertgrößte Stadt im Freistaat Sachsen. Am Fuße des Erz- gebirges an der Zwickauer Mulde gelegen, fungiert Zwickau als wichtiges Wirtschafts- und Verwaltungszentrum in der Region Vogtland / Westerzge- birge. Als Oberzentrum bestehen zentrale Versorgungsfunktionen für die angrenzenden Verflechtungsbereiche.
Stadtstrukturell sind u. a. die topographischen Gegebenheiten prägend. Das Stadtzentrum liegt im Tal der Zwickauer Mulde. Abgesehen von der Ostseite finden sich unmittelbar angrenzend kompakte Wohngebiete. Einen wichti- gen Einwohnerschwerpunkt bildet dabei die Nordvorstadt. Weitere große Wohngebiete (z. B. Planitz, Eckersbach, Marienthal) liegen vor allem in den Hangbereichen des Muldentales. Zum Stadtzentrum besteht vielfach eine räumliche Trennung aufgrund dazwischenliegender Dienstleistungs-, Indust- rie- und Gewerbeflächen.
In den Randbereichen des Stadtgebietes finden sich verschiedene, eher dörflich geprägte Ortschaften. Eine Ausnahme bildet hierbei der Ortsteil Mo- sel, welcher mit dem VW-Fahrzeugwerk den größten Arbeitgeber im Stadt- gebiet beherbergt. Das Werk liegt Luftlinie ca. 8 km vom Rathaus entfernt.
Das Kernstadtgebiet hingegen befindet sich ausgehend von der Stadtmitte größtenteils innerhalb eines Radius von 5 km.
Innerhalb der Region bestehen intensive Verflechtungen zu den benachbar- ten Städten Glauchau, Meerane, Crimmitschau, Werdau, Wilkau-Haßlau und Lichtenstein / Sachsen. Diese finden sich ausgehend vom Zwickauer Rat- haus durchgehend in einem Entfernungsbereich von 10 – 15 km.
2.1.2 Verkehrsnetzstruktur
Die regionalen Verknüpfungen und die verkehrliche Anbindung der Stadt Zwickau an das überregionale Straßennetz bzw. die nahgelegenen Autobah- nen A 4 und A 72 werden durch mehrere Bundes- und Staats- und Kreis- straßen gewährleistet (siehe Anlage 2). Diese sind parallel für die Abwick- lung der innerstädtischen Binnenverkehre von zentraler Bedeutung.
In Nord-Süd-Relation fungiert die überwiegend vierstreifig ausgebaute B 93 als Hauptverbindungsachse (siehe Abb. 1 links). Diese führt parallel zur Mulde unmittelbar östlich am Stadtzentrum vorbei. Gemeinsam mit den in- nerstädtischen Teilabschnitten der Bundesstraßen B 175 und besteht ein
Hauptstraßenring um das Stadtzentrum. Ausgehend von diesem zweigen sternförmig die Verbindungen in die verschiedenen Stadtteile bzw. ins Um- land ab.
Mit den Staatstraßen S 286 und S 293 (siehe Abb. 1 rechts) wurden sowohl östlich als auch westlich am Rande des Zwickauer Kernstadtgebietes Umge- hungstraßen realisiert, welche jeweils unmittelbar an die A 72 angebunden sind. Allerdings bietet die westliche Umgehungstrasse lediglich eine Teilum- fahrung und endet an der B 175 zwischen Zwickau und Werdau. Eine leis- tungsfähige Verbindung zur Crimmitschauer Straße (S 290) bzw. zur nördli- chen B 93 / B 175 existiert nicht.
Abb. 1 Wichtige Hauptverbindungsachsen
Im Bahnverkehr bildet die Stadt Zwickau einen wichtigen Knotenpunkt im Westen des Freistaates Sachsen. Als Hauptachse fungiert die Sachsen- Franken-Magistrale, welche Verbindungen nach Dresden, Chemnitz, Plauen und Hof gewährleistet. Darüber hinaus bestehen regelmäßige Regionalver- kehrsverbindungen nach Halle / Saale bzw. Leipzig, Johanngeorgenstadt, Sokolov (CZ) und Chep (CZ). Durch den Fernverkehr wird die Stadt Zwickau aktuell nicht bedient.
2.1.3 Mobilität in Zwickau
Im Rahmen des Forschungsprojektes Mobilität in Städten SrV (TU Dresden, 2003, 2008, 2013, 2018) werden seit dem Jahr 2003 regelmäßig alle 5 Jah- re Erhebungen zum Mobilitätsverhalten in der Stadt Zwickau durchgeführt.
Die Nutzungsanteile der einzelnen Verkehrsmittel sind in Abb. 2 dargestellt.
Es zeigt sich, dass die Einwohner der Stadt Zwickau aktuell etwa 58 % ihrer täglichen Wege mit dem Pkw zurücklegen. Der Anteil des Radverkehrs ist hingegen mit lediglich 5 % vergleichsweise gering. Auch im Binnenverkehr (Wege innerhalb des Stadtgebietes) werden lediglich 6 % der täglichen We- ge mit dem Fahrrad zurückgelegt. Weitere Entwicklungspotenziale bestehen zudem bei den Anteilen des öffentlichen sowie des Fußverkehrs.
Osttangente B 93 Ortsumgehung S 293
Abb. 2 Entwicklung des Modal-Split in der Stadt Zwickau
Datenquelle: (TU Dresden, 2003, 2008, 2013, 2018)
Anhand des Mobilitätsverhaltens in den vergangenen zwanzig Jahren wird deutlich, dass bisher kaum nennenswerten Entwicklungen zu Gunsten einer stadtverträglichen Mobilität in der Stadt Zwickau stattgefunden haben.
2.1.4 Fahrbahnoberflächenzustand
Ebene Fahrbahnoberflächen bilden die Grundvoraussetzung zur Vermeidung unnötiger Lärmbelastungen. Trotz der Sanierungsmaßnahmen in den letzten Jahren und Jahrzehnten sind in der Stadt Zwickau teilwiese auch im Haupt- und Erschließungsstraßennetz schadhafte Fahrbahnoberflächen vorhanden.
In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um Rissbildungen, Flickstellen und kleinere Unebenheiten. Akustisch besonders kritische Oberflächenschä- den, wie beispielsweise in der Leipziger Straße (siehe Abb. 3 links), bilden eher die Ausnahme.
Abb. 3 Oberflächendefizite im betrachteten Straßennetz Leipziger Straße Werdauer Straße
Informationen zur Oberflächensituation in den im Rahmen der Lärmaktions- planung vertiefend untersuchten Schwerpunktbereichen finden sich jeweils abschnittsbezogen in den Steckbriefen in Anlage 1.
Eine Sondersituation besteht in der Leipziger Straße sowie in der Werdauer Straße (siehe Abb. 3 rechts). Hier sind im Gleisbereich teilweise Betonplat- ten verbaut. Dies führt - aufgrund der Mitnutzung durch den Kfz-Verkehr - zu deutlich wahrnehmbaren Zusatzlärmbelastungen („Klackern“). Darüber hinaus wurde im Rahmen der Bürgerbeteiligung über Konflikte im Bereich der Gleisquerung am Knotenpunkt Talstraße / Scheffelstraße berichtet.
Weitere Fahrbahnoberflächendefizite finden sich vor allem im nachgeordne- ten Straßennetz. Auch im Bereich der Gehwege bestehen teilweise erhebli- che Einschränkungen durch eine unzureichende Oberflächenqualität.
Abb. 4 Lärmarmer Asphalt Werdauer Straße
Bereits seit dem Jahr 2009 engagiert sich die Stadt Zwickau aktiv für den Einsatz lärmarmer Fahrbahnoberflächen im Stadtgebiet (siehe hierzu auch Kapitel 6.3.6). Ausgehend von einem Erfahrungsaustausch mit Mitarbeitern des Amtes für Verkehrsmanagement der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Ruhr-Universität Bochum wurde ein Pilotprojekt initiiert. Hierbei wurde in der Heinrich-Braun-Straße ein lärmoptimierter Asphalt vom Typ LOA 5D (Lärmoptimierter Asphalt, maximale Korngröße 5 mm, „Düsseldorf“) einge- baut.
Im Jahr 2014 wurde in einem zweiten Schritt die Werdauer Straße im Ab- schnitt zwischen Marienthaler Straße und Goethestraße (siehe Abb. 4) mit einem gleichartigen lärmarmen Asphalt versehen.
2.1.5 Bestandssituation im Umweltverbund
Die Förderung des Umweltverbundes bildet einen wesentlichen Baustein der integrierten Lärmminderungsstrategie. Daher soll nachfolgend eine Grund- einschätzung der Bestandssituation in der Stadt Zwickau vorgenommen werden.
Öffentlicher Personennahverkehr
Beim ÖPNV ist ein gutes Grundangebot mit der Straßenbahn, mehreren Stadtbus- sowie zwei Plus-Bus-Linien als Rückgrat vorhanden. Für die Wei- terentwicklung des Liniennetzangebotes wurde ein ganzheitliches ÖPNV- Konzept (IVAS, 2012) erarbeitet.
Weiterer Handlungsbedarf besteht vor allem hinsichtlich der Verbesserung der Barrierefreiheit sowie der Verkehrssicherheit / Querungsbedingungen im Bereich der Haltestellen. Auch an den zentralen intermodalen Schnittstellen am Hauptbahnhof sowie am Busbahnhof sind im Bestand keine attraktiven Rahmenbedingungen für Umstieg und Aufenthalt vorhanden.
Aktuell befindet sich eine Neubeschaffung moderner Straßenbahnen in der Ausschreibung. Damit erhöht sich zukünftig der Niederfluranteil in der Stra- ßenbahnflotte.
Radverkehr
Bei der Betrachtung der siedlungsstrukturellen Rahmenbedingungen wird deutlich, dass viele innerstädtische Wege hinsichtlich der Wegelängen für eine Nutzung des Fahrrades geeignet sind. Ausgehend vom Rathaus liegt der überwiegende Teil des Kernstadtgebietes in einem Entfernungsbereich von unter 5 km (siehe Abb. 6). Verschiedene Einschränkungen ergeben sich zwar abseits des Muldentales aufgrund der topographischen Gegebenheiten.
Allerdings verlieren diese Behinderungen durch die fortschreitende Nutzung von E-Bikes bzw. Pedelecs zunehmend an Bedeutung.
Abb. 5 Bestandssituation im Radverkehr
Dennoch sind im Bestand die Nutzungsanteile im Radverkehr gering (siehe Kapitel 2.1.3). Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass trotz der in den letzten Jahren bereits erfolgten Verbesserungen (siehe Abb. 5 links) noch kein durchgehendes und flächendeckendes Radverkehrsnetz in der Stadt Zwickau vorhanden ist. Insbesondere im Zuge der Hauptverkehrsstraßen bestehen noch erhebliche Lücken und Konfliktstellen. Diese führen teilweise
Geinitzstraße Werdauer Straße
zu Fehlnutzungen in den Seitenbereichen zu Lasten des Fußverkehrs (siehe Abb. 5 rechts).
Abb. 6 Isodistanzen, Ausgangspunkt Rathaus Zwickau
Kartengrundlage: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA (bearbeitet) http://www.openstreetmap.org/
Weiterer Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Radabstellmöglichkeiten.
Dies betrifft insbesondere die Intermodalen Schnittstellen.
Aktuell wird im Auftrag der Stadt Zwickau ein Radverkehrskonzept erarbei- tet. Dieses soll die planerischen Grundlagen für die zukünftige Weiterent- wicklung des Radverkehrssystems liefern.
Fußverkehr
Für den Fußverkehr bestehen vor allem im Hauptstraßennetz Einschränkun- gen und Trennwirkungen aufgrund der hohen Verkehrsaufkommen sowie der Breite der zu querenden Fahrbahnflächen (siehe Abb. 7 links). Letztere wirkt sich gleichzeitig negativ auf das Geschwindigkeitsniveau aus.
In den vergangenen Jahren wurde zwar punktuell die Bestandssituation durch die Schaffung zusätzlicher Querungshilfen verbessert (siehe Abb. 7 rechts). Dennoch bestehen weitere Handlungsnotwendigkeiten zum Abbau von Barrieren, zur Schaffung kleinteiliger und sicherer Querungsmöglichkei- ten sowie zur besseren Vernetzung der einzelnen Stadtquartiere.
Abb. 7 Bestandssituation im Fußverkehr
Auch hinsichtlich der Gewährleistung barrierefreier Verkehrsanlagen beste- hen im Stadtgebiet weitere Potenziale. Die verschiedenen Anforderungen al- ler Nutzergruppen werden noch nicht flächendeckend berücksichtigt. Prob- lempunkte bilden vor allem Gehwegoberflächen, Bordabsenkungen an wich- tigen Querungsstellen sowie fehlende Leitsysteme für mobilitätseinge- schränkte Personen.
Hinzu kommen teilweise Nutzungsüberlagerungen bzw. Flächenkonkurren- zen in den Seitenbereichen durch den Radverkehr sowie parkende Fahrzeu- ge.
Fazit
Insgesamt ist festzustellen, dass für den Umweltverbund noch wesentliche Optimierungspotenziale im Stadtgebiet existieren. Durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Fuß- und Radverkehr sowie den ÖPNV ist eine Substitution von Kfz-Fahrten (Modal-Shift) und den damit ein wichtiger Beitrag zur gesamtstädtischen Reduzierung der Lärmbelastungen möglich.
2.2 Vorhandene Planungen
Im Rahmen der Lärmaktionsplanung konnte auf verschiedene, bereits be- stehende Konzepte und Planungen zurückgegriffen werden. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Leipziger Straße Reichenbacher Straße
Integriertes Stadtentwicklungskonzept Zwickau 2030 (KEWOG, 2013)
Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept wurden die Ergebnisse der Lärmkartierung sowie der Lärmaktionsplanung als Basis für die zukünfti- gen Entwicklungen explizit mit einbezogen. Dies schlägt sich auch bei den Zielstellungen wieder. Hier heißt es u. a., dass lärmbedingten Probleme durch Beschränkungs- und Entwicklungsmaßnahmen und den techni- schen Fortschritt weiter verbessert werden müssen.
Verkehrsentwicklungsplan (IVAS, 2011) sowie Evaluation 2017 Der Verkehrsentwicklungsplan beinhaltet die Zielkonzept für die zukünfti- ge Entwicklung des Verkehrssystems in der Stadt Zwickau. Zudem wer- den die verkehrlichen Auswirkungen der geplanten Straßennetzergän- zungsmaßnahmen dokumentiert. Es bestehen wichtige Wechselwirkungen zur Lärmaktionsplanung.
Ganzheitliches ÖPNV-Konzept der Stadt Zwickau (IVAS, 2012)
Das Konzept beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Weiterentwicklung des Liniennetzangebotes in der Stadt Zwickau. Wechselwirkungen zur Lärmaktionsplanung bestehen insbesondere hinsichtlich der Erhöhung der Nutzungsanteile im Umweltverbund.
Integriertes kommunales Energie- und Klimaschutzkonzept Stadt Zwickau (seecon / KEM, 2013)
Gemäß des integrierten kommunalen Energie- und Klimaschutzkonzeptes ist der Verkehr für ca. 28 % der CO2-Emissionen im Stadtgebiet Zwickau verantwortlich. Eine Hauptzielstellung bildet daher, die Erhöhung der Nutzungsanteile des Umweltverbundes. Als konkrete Maßnahmen be- nennt das Energie- und Klimaschutzkonzept u. a. die Förderung des Rad- verkehrs und die Stärkung des ÖPNV. Auf die Synergieeffekte zur Lärm- minderung wird explizit hingewiesen.
Radroutenkonzept (Stadt Zwickau, 2018b)
Gegenstand des Konzeptes bildet die Festlegung der innerstädtischen Hauptradrouten. Parallel werden die die jeweils streckenbezogen erfor- derlichen Maßnahmen für die Weiterentwicklung des Radverkehrsnetzes aufgezeigt. Aktuell wird aufbauend auf dem Radroutennetz ein Radver- kehrskonzept für die Stadt Zwickau erarbeitet.
Wichtige abschnittsbezogene Informationen und Maßnahmen aus den o. g.
Konzepten mit Bezug zu den Schwerpunktbereichen der Lärmaktionspla- nung werden parallel in den Steckbriefen in Anlage 1 zusammengefasst.
2.3 Lärmaktionsplanung in der Stadt Zwickau 2.3.1 Historie der Lärmminderungsplanung
Das Thema Lärmminderung spielt in der Stadt Zwickau bereits seit Mitte der 1990er Jahre eine wichtige Rolle. Bereits im Jahr 1999 wurde ein erster Lärmminderungsplan (Stadt Zwickau, 1999) nach den Vorgaben des dama- ligen § 47a BImSchG erarbeitet.
Mit der Lärmaktionsplanung entsprechend der EU-Umgebungslärmrichtlinie ist seit 2008 eine Verstetigung der Lärmminderungsprozesse eingetreten.
Ausgangspunkt bildete der „Lärmaktionsplan Zwickau“ (IVAS, 2009), wel- cher Untersuchungen zum Straßennetz mit einer Verkehrsbelegung von mehr als 6 Mio. Fahrzeugen pro Jahr beinhaltete und am 29.10.2009 durch den Stadtrat bestätigt wurde.
Darauf aufbauend erfolgte mit dem „Stadt Zwickau Lärmaktionsplan Stufe 2“ (IVAS, 2015a) eine Fortschreibung und Ergänzung. Gegenstand der Pla- nungen waren nunmehr alle Straßen mit einer Verkehrsbelegung von mehr als 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr (entspricht ca. 8.200 Kfz/24h).
Im Jahr 2018 erfolgt auf Basis der aktualisierten Lärmkartierung eine
„Überprüfung des Lärmaktionsplanes Stufe 2“ (Stadt Zwickau / GAF, 2018a). Hierbei wurde festgestellt, dass eine erneute Fortschreibung des Lärmaktionsplanes notwendig ist. Diese erfolgt mit dem vorliegenden Pla- nungsdokument.
2.3.2 Umsetzungsstand Stufe 2
Im Lärmaktionsplan Stufe 2 (IVAS, 2015a) wurde eine Vielzahl von Einzel- maßnahmen und Prüfaufträgen konzipiert sowie strategische Handlungs- empfehlungen formuliert. Neben kurzfristigen Maßnahmen beinhaltet das Konzept auch verschiedene mittel- bis langfristige Maßnahmen.
In der nachfolgenden Tab. 3 wird der Umsetzungsstand der Maßnahmen des Lärmaktionsplanes Stufe 2 zusammengefasst. Hierbei erfolgt eine Diffe- renzierung für straßenabschnittsbezogene (S) und gesamtstädtische (G) Maßnahmen.
Nr. Maßnahme Umsetzungsstand
S1 Leipziger Straße zwi- schen Kolpingstraße und Gudrunstraße
in Bearbeitung
vertiefende Betrachtung im Rahmen einer Stu- die zur Nordvorstadt (IVAS, 2015b) erfolgt
weiterer Abwägungs- und Untersuchungsbe- darf
Nr. Maßnahme Umsetzungsstand S2 Reichenbacher Straße
zwischen Stiftstraße und Werkstättenstraße
in Bearbeitung
Verkehrsinsel in Höhe Stiftstraße realisiert
Geschwindigkeitsanzeiger (Dialogdisplay) in- stalliert
Ummarkierung erst im Zuge der turnusmäßi- gen Deckensanierung möglich
S3 Marienthaler Straße / Antonstraße (S 291) zwischen Werdauer Straße und Brander Weg
teilweise abgeschlossen
Verkehrserhebung erfolgt und ausgewertet
Prüfung von Maßnahmen parallel zum Lärmak- tionsplanes Stufe 3 vorgesehen
S4 Kolpingstraße zw. Au- gust-Bebel- und Thomas-Mann Straße
teilweise abgeschlossen
Vollsignalisierung am Knotenpunkt Kolping- straße / Walter-Rathenau-Straße realisiert S5 Lengenfelder Straße
zwischen Edisonstraße und Am Kreuzberg
teilweise abgeschlossen
Markierung von Schutzstreifen im Teilabschnitt zwischen Edisonstraße und Gabelsberger Stra- ße realisiert
Weiterführung in Planung S6 Werdauer Straße zwi-
schen Ahornweg und westlichem Bebauungs- ende
nicht begonnen
Ummarkierung / Einordnung von Mittelinseln erst im Zuge der turnusmäßigen Deckensanie- rung möglich
S7 Werdauer Straße, Mari- enthaler Straße bis Windberghaus
abgeschlossen
Einbau lärmoptimierter Asphalt zwischen Goe- thestraße und Garagenhof
Markierung von Schutzstreifen in stadtauswär- tiger Richtung
Prüfung LSA Goethestraße abgeschlossen (kein Änderungsbedarf)
S8 Wildenfelser Straße zwi- schen Muldestraße und östlichem Bebauungs- ende
in Bearbeitung
Detailplanung liegt vor
Ummarkierung im Zuge der turnusmäßigen Deckensanierung vorgesehen
Nr. Maßnahme Umsetzungsstand S9 Dr.-Friedrichs-Ring zwi-
schen Talstraße und Max-Pechstein-Straße
abgeschlossen
vertiefende Betrachtung im Rahmen einer Stu- die zur Nordvorstadt (IVAS, 2015b) erfolgt
Maßnahmenvorschläge in Diskussion G1 Umsetzung entlastender
Maßnahmen aus dem Verkehrsentwicklungs- plan
Planung für Innenstadttangente zwischen Rei- chenbacher Straße und Werdauer Straße läuft
G2 Überprüfung von Ge- schwindigkeitsbegren- zungen im Straßennetz
Tempo 30 Regelung realisiert:
W.-Rathenau-Straße zwischen Kolpingstraße und Trabantstraße
Bürgerschachtstraße / Am Fuchsgraben
Reuterweg zwischen Am Fuchsgraben und Pla- nitzer Straße
G3 Erweiterte Gebietsun- tersuchung am Beispiel Nordvorstadt
Studie abgeschlossen (IVAS, 2015b)
Ergebnisse liegen vor G4 Geschwindigkeitsmoni-
toring und Optimierung der Datenerhebung, - bereitstellung und - aufarbeitung
umfassende Verkehrsdatenerhebung 2017 ab- geschlossen
Übernahme der Geodaten in das geografische Informationssystem (GIS) der Stadt
Anschaffung von Dialogdisplays (Geschwindig- keitsanzeigen) erfolgt aktuell im Rahmen der EFRE-Förderung
G5 Beachtung von Lärm- minderungsaspekten in der Stadtplanung
Berücksichtigung der Lärmminderungsaspekte in:
Städtebauliche Entwicklungskonzeption (SEKO) Nordvorstadt
Städtebauliche Entwicklungskonzeption (SEKO) Pölbitz
Verkehrsentwicklungsplan (VEP)
Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK)
Radverkehrskonzept Tab. 3 Umsetzungsstand Lärmaktionsplan Stufe 2
Weiterführende Informationen finden sich in der Dokumentation zur Über- prüfung des Lärmaktionsplanes Stufe 2 (Stadt Zwickau / GAF, 2018a).
2.3.3 Weitere bereits realisierte wichtige Lärmminde- rungsmaßnahmen
Neben den in Kapitel 2.3.2 beschriebenen realisierten Maßnahmen des Lärmaktionsplanes gibt es folgende weitere und bereits seit längerem wich- tige Maßnahmen mit lärmmindernden Effekten im Stadtgebiet:
Neubau der S 293 zwischen BAB 72 und B 175 als westliche Teilortsum- fahrung des Stadtgebietes
Neubau der S 286 zwischen BAB 72 und B 93 / B 175 als östliche Orts- umfahrung des Stadtgebiets
Einhausung der B 93 im Bereich des Stadtzentrum (Abschnitt zwischen Paradiesbrücke und Mauritiusbücke)
Erprobung von lärmoptimiertem Asphalt im Zuge der Heinrich-Braun- Straße und der Werdauer Straße
Darüber hinaus wurden in den vergangenen Jahren eine Vielzahl kleinteili- ger Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV, Fuß- und Radverkehrs sowie zur Gewährleistung ebener Fahrbahnoberflächen umgesetzt.
2.4 Bestandssituation Straßenverkehrslärm in Zwickau
2.4.1 Systematik
Für die Bewertung der Auswirkungen des Lärms auf die Bevölkerung werden gemäß der 34. BImSchV die Lärmindizes Lden und Lnight verwendet. Bei bei- den handelt es sich um energieäquivalente Dauerschallpegel, welche mittels A-Filter bewertet2 werden und sich auf einen einjährigen Beurteilungszeit- raum beziehen.
Der Tag-Abend-Nacht-Lärmindex (Lden) wird dabei aus den Lärmindizes für den Tag-, Abend- und Nachtzeitraum berechnet:
Lday Mittelungspegel für den Tag von 06:00 – 18:00 Uhr Levening Mittelungspegel für den Abend von 18:00 – 22:00 Uhr Lnight Mittelungspegel für die Nacht von 22:00 – 06:00 Uhr
2 Die A-Bewertung passt die Messergebnisse von Schaldruckmessungen an die Wahrnehmung des menschlichen Gehörs an und wird durch ein (A) gekennzeichnet.
10 10 10
5
10 4 10 8 10
10 24 12
10 1
night evening L
day L L
Lden lg * * *
Für den Abend- und Nachtzeitraum werden dabei Pegelzuschläge von 5 bzw.
10 dB (A) vorgenommen, um den höheren Schutzbedarf der Bevölkerung in diesen Zeiten zu berücksichtigen.
Als Grundlage für die Schallimmissionsberechnungen wurden im Rahmen der Lärmkartierung folgende Informationen verwendet:
dreidimensionales Stadt- bzw. Geländemodell einschließlich der Lage der Straßen (inkl. Steigung bzw. Gefälle) sowie der Bebauung (Lage und Höhe)
vorhandene Schallschutzeinrichtungen(Wände, Wälle, etc.)
Verkehrsmenge und Lkw-Anteil > 3,5 t
zulässige Höchstgeschwindigkeit (differenziert nach Tag- und Nachtzeit- raum sowie Gesamt- und Schwerverkehr)
Art der Fahrbahnoberfläche
Die Ergebnisse der Berechnungen werden in Rasterlärmkarten in Form von Isophonen (Bereiche mit identischen Lärmpegeln) mit jeweils 5 dB(A) Ab- stufung kartographisch dargestellt (siehe Anlage 3.1 und 3.2).
Im Rahmen der Lärmkartierung werden auch Betroffenheiten nach einem festgelegten Berechnungsverfahren ermittelt. Dazu ist innerhalb der Lärm- kartierung eine Verschneidung der verschiedenen Schallisophonen mit den darin befindlichen Gebäudefassaden nach einem vorgeschriebenen standar- disierten Verfahren (VBEB) vorgenommen worden. Dabei wird die Berech- nung so durchgeführt, dass die Immissionspunkte unmittelbar auf den Fas- saden der Wohngebäude liegen. Anhand eines Abgleichs mit den in diesen Gebäuden gemeldeten Bewohnern (gleichmäßig verteilt auf umlaufende Fassadenpunkte) kann die Anzahl der in den entsprechenden Pegelklassen Betroffenen eruiert werden.
2.4.2 Kartierungs- und Untersuchungsumfang
Wie bereits in der 2. Stufe der Lärmkartierung waren auch im Rahmen der 3. Stufe alle Straßen mit einem Verkehrsaufkommen von mehr 3 Mio. Kraft- fahrzeugen pro Jahr zu kartieren. Dies entspricht in etwa einer durchschnitt- lichen täglichen Verkehrsbelegung (DTV) von 8.200 Kfz/24h. Darüber hin- aus wurden auch verschiedene weitere Straßenabschnitte mit geringeren Verkehrsaufkommen als logische Netzschlüsse mitgeführt.
Abb. 8 Übersichtkarte zum aktuell kartierten Straßennetz
Kartengrundlage: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA (bearbeitet) http://www.openstreetmap.org/
In Abb. 8 ist das aktuell kartierte Straßennetz in einer Übersichtskarte dar- gestellt. Es umfasst nahezu das gesamte Zwickauer Straßenhauptnetz.
Die strategischen Lärmkarten (GAF, 2017) bilden die Grundlage für die Lärmaktionsplanung. Sie wurden im Vorfeld im Auftrag der Stadt Zwickau erarbeitet.
Darüber hinaus wurde im Rahmen der „Überprüfung des Lärmaktionsplanes Stufe 2“ (Stadt Zwickau / GAF, 2018a) eine vorgelagerte Analyse der Lärm- schwerpunkte im Stadtgebiet (Hot-Spot-Analyse) vorgenommen. Hierbei wurden aus den Lärmwerten und der Anzahl der Betroffenen Lärmkennzif- fern gebildet. Die Hot-Spot-Analyse erfolgte mit dem Verfahren nach Bön- ninghausen / Popp. Die Ergebnisse sind in Anlage 4 dargestellt.
2.4.3 Immissionsbelastungen / Gesamtbetroffenheiten
In den Abb. 9 und Abb. 10 sind die straßenverkehrsbedingten Lärmbetrof- fenheiten in der Stadt Zwickau differenziert nach Immissionspegelklassen für den Gesamttag sowie für die Nacht dargestellt.
Insgesamt wird deutlich, dass im Zuge der im Rahmen der Lärmkartierung betrachteten Straßen eine signifikante Zahl von Anwohnern Lärmpegeln ausgesetzt ist, welche die gesundheitsrelevanten Prüfwerte überschreiten:
Lden > 65 dB(A) 1.374 Einwohner Lnight > 55 dB(A) 1.277 Einwohner
Für einzelne Bewohner werden zusätzlich die straßenverkehrsrechtlich rele- vanten Orientierungswerte überschritten:
Lden > 70 dB(A) 55 Einwohner Lnight > 60 dB(A) 130 Einwohner
Darüber hinaus wird eine Vielzahl weiterer Einwohner der Stadt Zwickau durch den Straßenverkehrslärm erheblich belästigt. In Summe ergeben sich für das betrachtete Straßennetz folgende Gesamtbetroffenheiten bzw. - belästigungen:
Lden > 55 dB(A) 6.231 Einwohner Lnight > 45 dB(A) 6.576 Einwohner
Hinzukommen weitere im Rahmen der Lärmaktionsplanung nicht konkret betrachtete Betroffenheiten im Straßennetz mit Verkehrsbelegungen unter 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr, durch andere Lärmquellen (siehe Kapitel 2.4.5) sowie Zusatzbelastungen, z. B. aufgrund überhöhter Geschwindigkeiten.
Abb. 9 Straßenverkehrslärm - Betroffene Bewohner Lnight Datenquelle: (GAF, 2017)
Abb. 10 Straßenverkehrslärm - Betroffene Bewohner Lden
Datenquelle: (GAF, 2017)
2.4.4 Hauptproblem- und Konfliktbereiche
Auf Grundlage der Daten aus der Lärmkartierung erfolgte eine graphische Aufbereitung in einem 50 x 50 m-Raster. Während in Abb. 11 dargestellt ist, in welchen Straßenabschnitten für den Index Lden ein Lärmpegel von 55 /
65 / 70 dB(A) überschritten wird, ist in Abb. 12 ersichtlich, wo nachts Lärm- pegel von 45 / 55 / 60 dB(A) überschritten werden.
Abb. 11 Betroffenheitssituation ganztags, Pegelklassen Lden > 55 dB(A) Datenquelle: (GAF, 2017)
Kartengrundlage: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA (bearbeitet) http://www.openstreetmap.org/
Die Hauptproblem- und Konfliktbereiche finden sich dort, wo sich Wohn- und Verkehrsfunktionen überlagern. Die Betroffenen, welche Lärmpegeln über 70 dB(A) ganztags und 60 dB(A) nachts ausgesetzt sind, konzentrieren sich auf Teilbereiche der Reichenbacher Straße, die Werdauer Straße zwi- schen Humboldtstraße und Kopernikusstraße sowie punktuelle Bereiche der B 93 (Talstraße, Uhdestraße).
Lärmindex Lden:
> 55 - 65 dB(A)
> 65 - 70 dB(A)
> 70 dB(A)
Abb. 12 Betroffenheitssituation nachts, Pegelklassen Lnight > 45 dB(A) Datenquelle: (GAF, 2017),
Kartengrundlage: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA (bearbeitet) http://www.openstreetmap.org/
Darüber hinaus ist eine Überschreitung der gesundheitsrelevanten Schwell- werte von 65 dB(A) ganztags und 55 dB(A) nachts für verschiedene weitere Hauptstraßenabschnitte festzustellen. Schwerpunkte bilden dabei u. a. die Marienthaler Straße, Leipziger Straße, Kolpingstraße, Lengenfelder Straße, Wildenfelser Straße sowie innere und äußere Zwickauer Straße.
Auf Basis dieser Lärmbetroffenheiten, der Hot-Spot-Analyse, dem Hand- lungsbedarf in weiteren wichtigen Themenfeldern sowie den bestehenden Handlungsmöglichkeiten wurden insgesamt 18 Schwerpunktbereiche für ortskonkrete Lärmminderungsmaßnahmen definiert. Diese sind in Tab. 4 zusammengefasst.
Lärmindex Lnight:
> 45 - 55 dB(A)
> 55 - 60 dB(A)
> 60 dB(A)
Nr. Straße Abschnitt
1. Reichenbacher Str. (B 173) Stiftstr. - Werkstättenstr.
2. Werdauer Str. (B 175) Lutherstr. - Kopernikusstr.
3. Talstr. (B 175) Scheffelstr. - Kolpingstr.
4. Reichenbacher Str. (B 173) Hilferdingstr. - Neuplanitzer Str.
5. Crimmitschauer Str. (B 175) Moritzstraße – Lessingstraße 6. Gutenbergstr. / Olzmannstr. Antonstr. - südl. Ende Wohnbeb.
7. Kolpingstr. (B 175) A.-Bebel-Str. - T.-Mann-Str.
8. Lengenfelder Str. Edisonstr. - Am Kreuzberg
9. Muldenstraße (B 93) Cainsdorfer Brücke – Stadtgrenze 10. Marienthaler Str. (S 291) Werdauer Str. - Windbergstr.
11. Marienthaler Str. / Antonstr. (S 291) Windbergstr. - Brander Weg 12. Werdauer Str. (B 175) Ahornweg – Ortsaussgang 13. Leipziger Str. (K 6708) Pölbitzer Str. – Gudrunstr.
14. Leipziger Str. (K 6708) Kolpingstr. - Pölbitzer Str.
15. Innere Zwickauer Str. / W.- Busch-Str.
Äußere Zwickauer Str. – nördliche Auf- weitung W.-Busch-Str.
16. Wildenfelser Str. (S 283) Muldestr. - Bebauungsende
17. Humboldtstraße (S 293) Reichenbacher Str. – Dr.-Friedrichs-Ring 18. Crimmitschauer Str. (S 290) Kolpingstr. – Clara-Zetkin-Str.
Tab. 4 Schwerpunktbereiche für ortskonkrete Lärmminderungsmaßnahmen Detaillierte Informationen zu den Schwerpunktbereichen finden sich in den Steckbriefen in Anlage 1. Deren Aufbau wird in Kapitel 6.2 erläutert.
2.4.5 weitere Lärmquellen
Der Eisenbahnlärm bildet eine weitere Lärmquelle im Stadtgebiet. Für die Haupteisenbahnstrecke Dresden – Werdau – (Hof) als Teilstück der Sach- sen-Franken-Magistrale wird der Kartierungsschwellwert von 30.000 Zug- bewegungen pro Jahr überschritten. Entsprechend ist dieser Netzabschnitt Bestandteil der Lärmkartierung sowie der Lärmaktionsplanung des Eisen- bahnbundesamtes (EBA, 2018).
Abb. 13 Betroffenheit Bahnverkehr nachts, LKZnight Bezugsgröße > 55 dB(A) Datenquelle: (EBA, 2017)
Kartengrundlage: © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA (bearbeitet) http://www.openstreetmap.org/
In der Auswertung der Lärmkarten sind folgende Schwerpunktbereiche im Stadtgebiet erkennbar (siehe auch Abb. 13):
Bereich Werdauer Straße / Jogichesstraße / Robert-Blum-Straße / Hele- ne-Heymann-Straße / Spiegelstraße / Bahnhofstraße
Bereich Jahnstraße / Feuerbachweg / Dahlienweg / Tulpenweg / Diesel- straße / Horchstraße
Bereich Niederhohndorfer Straße / Altenburger Straße
Ortsteil Oberrothenbach
Ortsteil Mosel
Die höchsten Belastungen sind dabei im Bereich des Viaduktes an der Wer- dauer Straße sowie im Umfeld des Haltepunktes „Zwickau Pölbitz“ zu ver- zeichnen.
Parallel ist, verursacht durch die nicht kartierten Eisenbahnstrecken mit we- niger als 30.000 Zugbewegungen pro Jahr, von weiteren punktuellen Lärm- belästigungen im Stadtgebiet auszugehen.
Generell ist beim Schienenlärm im Vergleich zum Straßenverkehrslärm zu berücksichtigen, dass die Lärmsituation in deutlich höherem Maß durch Ein- zelereignisse geprägt wird. Diese sind vor allem im Hinblick auf die Beein- trächtigung der Schlafqualität als besonders problematisch einzuschätzen.
Während in den Tagesstunden der Personenverkehr maßgebend für die Lärmimmissionen ist, werden die Lärmbelastungen in der Nacht vor allem durch den Güterverkehr geprägt.
Im Lärmaktionsplan des Eisenbahnbundesamtes (EBA, 2018) sind die gene- rellen Handlungsansätze zur Lärmminderung im Zuge der Haupteisenbahn- strecken des Bundes zusammengefasst. In der Liste der noch zu bearbei- tenden Lärmsanierungsbereiche sind auch zwei insgesamt 1,7 km lange Teilabschnitte in der Stadt Zwickau enthalten. Allerdings ist auf Grundlage der ausgewiesenen Prioritätenzahl (1,821) nicht von einer zeitnahen Umset- zung der Lärmsanierungsmaßnahmen auszugehen. Die Stadt Zwickau wird sich jedoch dafür einsetzen, dass im Rahmen der in den nächsten Jahren zu erwartenden Rekonstruktion des Viaduktes, Lärmminderungsmaßnahmen durch die Deutsche Bahn AG umgesetzt werden.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Eingriffsmöglichkeiten von Kommu- nen im Bereich Schienenlärm generell gering sind. Dies betrifft vor allem Schienenverkehr, der dem Allgemeinen Eisenbahngesetz unterliegt.
Straßenbahnlärm ist laut Gesetz nur in Ballungsräumen zu kartieren.
Hinweise aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Straßenbahnlärm wurden an die zuständigen Behörden bzw. die Städtische Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH weitergeleitet. Bei der Festlegung von Maßnahmen im Straßenver- kehrsbereich wurden die Wechselwirkungen mit dem ÖPNV und insbesonde- re dem Straßenbahnverkehr mit berücksichtigt.
Fluglärm ist gemäß den Vorgaben der EU-Umgebungslärmrichtlinie nur für Großflughäfen (per Definition mehr als 50.000 Starts bzw. Landungen pro Jahr) zu betrachten. Ein im Südwesten der Stadt Zwickau gelegener Ver- kehrslandeplatz weist deutlich weniger Flugbewegungen auf und ist auch