Bindungsverhältnisse im Wasserstoff-Molekül
Das wellenmechanische Bindungsmodell, entwickelt von LINUS
CARL PAULING (* 28. Februar 1901 in Portland, Oregon; † 19.
August 1994 in Big Sur, Kalifornien; Nobelpreis für Chemie 1954) und anderen, beschreibt Bindungen als Resultat der Überlap- pung von Orbitalen. Es entstehen Molekülorbitale. Die dabei freiwerdende Energie ist die Bindungsenergie. Mit diesem Modell ist auch die räumliche Anordnung der Atome im Molekül erklärbar.
LINUSCARLPAULING1954 (Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/db/Pauling.jpg)
Was passiert bei der Annäherung von zwei H-Atomen (1s-Orbitale) energetisch?
Energie
Energie zweier
einzelner H-Atome Kernabstand
Bindungs- energie Bindungs-
länge
Energiegewinn durch Annäherung (Anziehung Kern − Elektronen) Energie-
minimum starke
Abstoßung
Durch die Überlappung der 1s-Orbitale entsteht ein σ-Molekülorbital bzw. eine σ- Bindung. Da daran nur s-Orbitale beteiligt sind, bezeichnet man sie genauer als s-s- σ-Molekülorbital bzw. -Bindung.
+
1s 1s s-s-σ-Molekül-
orbital
H + H H
2Durch die Wechselwirkungen der Orbitale entsteht außerdem ein antibindendes σ*- Molekülorbital, das aber beim Wasserstoff-Molekül nicht besetzt ist:
1s-Atom- orbital
1s-Atom- orbital
bindendes σ- Molekülorbital antibindendes σ*-
Molekülorbital Energie
Die Bindung in Halogen-Molekülen
Halogenatome besitzen ein freies Außenelektron in einem p-Orbital. Beispiel Chlor:
17Cl:
1s2 2s2 2p6 3s2 3p5 pz py px
Durch Überlappung der jeweils mit einem Elektron besetzten px-Orbitale entsteht ein p-p-σ-Molekülorbital bzw. eine p-p-σ-Bindung:
+
3px 3px p-p-σ-Molekülorbital
Cl + Cl Cl
2σ-Bindungen (z. B. s-s-σ, p-p-σ, s-p-σ wie bei HCl und σ-Bindungen, an denen Hy- bridorbitale beteiligt sind) sind immer rotationssymmetrisch zur Bindungsachse.
Das Wasser-Molekül
Da das Sauerstoff-Atom im 2py- und im 2pz-Orbital je ein ungepaartes Außenelektron hat, kann man davon ausgehen, dass im Wassermolekül durch Überlappung dieser p-Orbitale mit den einfach besetzten s-Orbitalen der beiden Wasserstoffatome zwei p-s-σ-Bindungen entstehen:
8O:
1s2 2s2 2p4 pz py px
1H:
1s1 py
pz
1H:
1s1
90°
Der daraus resultierende Bindungswinkel von 90° stimmt allerdings nicht mit der Rea- lität überein. Das Wassermolekül hat einen Bindungswinkel von 104,45° (entpricht etwa dem Tetraederwinkel von 109,47°).
Lösung des Widerspruchs
In Molekülen treten durch die Einwirkung der elektrischen Felder der Nachbaratome (hier die H-Atome) beim betrachteten Atom (hier das O-Atom) Hybridorbitale als energetisch günstigere Überlagerungen von Orbitalen auf.
Beim Sauerstoff-Atom im Wasser-Molekül verschmelzen das 2s-Orbital und die drei 2p-Orbitale zu einem2sp3-Hybridorbital, dessen vier Räume energetisch gleichwer- tig und tetraedrisch ausgerichtet sind:
8O:
1s2 2s2 2p4 1s2 2sp3-Hybridorbital
104,45°
Wasser-Molekül mit zwei sp3-s-σ-Bindungen
Hybridisierungen beim Kohlenstoff-Atom
Beim Kohlenstoffatom sind verschiedene Hybridisierungen möglich:
6C:
1s2 2s2 2p2
1s2 2sp3-Hybridorbital 1s2 2s1 2p3 1s2 2s2 2p2
Anregung
Energiezufuhr
angeregter Zustand:
Grundzustand:
Hybridisierung
Alle gesättigten Kohlenwasser- stoffe enthalten sp3-hybridisierten Kohlenstoff.
6C:
1s2 2s2 2p2
1s2 2sp2- Hybridorbital 1s2 2s1 2p3 1s2 2s2 2p2
Anregung
Energiezufuhr
angeregter Zustand:
Grundzustand:
Hybridisierung
2pz
σ-Bindung
σ-Bindung
C-C-Doppelbindung σ-Bindung π−Bindung
6C:
1s2 2s2 2p2
1s2 2sp- Hybridorbital 1s2 2s1 2p3 1s2 2s2 2p2
Anregung
Energiezufuhr
angeregter Zustand:
Grundzustand:
Hybridisierung
2pz
σ-Bindung σ-Bindung
π−Bindung 2py
π−Bindung
C-C-Dreifachbindung