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Kapitel II Sph¨ arische Geometrie

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Kapitel II Sph¨ arische Geometrie

§1. Sph¨arische Dreiecke

Die 2-dimensionale (Einheit-)Sph¨are ist die Fl¨ache S2 =

P R3 | |−→OP|= 1 .

Zwei Punkte A, B ∈S2, welche verschieden und nicht antipodisch sind, bestimmen eine Ebene E durch 0. Der Schnitt von E mit S2 ist ein Grosskreis. Der Gross- kreisbogen (< π) zwischen A und B wird als Seite AB_ definiert. Grosskreise sind

“geod¨atische Linien”, d.h. die Seite AB_ ist der k¨urzeste Weg zwischen A und B, welcher ganz auf S2 liegt. Drei Punkte A, B und C auf S2 so, dass die Vektoren

~a = −→OA,~b = −−→OB und ~c = −→OC linear unabh¨angig sind, bestimmen ein sph¨arisches Dreieck, dessen Seiten Grosskreisbogen sind. Das Dreieck M(ABC) hat drei Winkel

α ( mit Spitze in A), β ( mit Spitze in B), γ ( mit Spitze in C) und drei Seiten

a (gegen¨uberA), b (gegen¨uberB), c (gegen¨uberC)

Die Winkel und die Seiten werden in Bogenmass gemesssen. Nach Definition haben wir

a=^(~b,~c), b=^(~c,~a), c=^(~a,~b)

Der Winkel αist der Winkel zwischen den Ebenen E1, erzeugt von~a und~b, und E2, erzeugt durch~a und~c. Da~a×~b⊥E1 und~a×~c⊥E2 gilt

α=^(~a×~b, ~a×~c) und analog

β =^(~b×~a, ~b×~c), γ =^(~c×~b, ~c×~a).

Es folgt

cosa = ~b·~c, sina = |~b×~c|, cosα = (~a×~b)·(~a×~c)

|~a×~b||~a×~c|

cosb = ~c·~a, sinb = |~c×~a|, cosβ = (~b×~a)·(~b×~c)

|~b×~a||~b×~c|

cosc = ~a·~b, sinc = |~a×~b|, cosγ = (~c×~b)·(~c×~a)

|~c×~b||~c×~a|

(2)

§2. Sph¨arische Trigonometrie

Ein sph¨arisches Dreieck wird durch 3 Gr¨ossen bestimmt. Das Ziel der sph¨arischen Trigonometrie ist es, Beziehungen zwischen den trigonometrischen Funktionen der Seiten und Winkel in einem sph¨arischen Dreieck zu finden. Fr¨uhere subtile geome- trische Schl¨usse k¨onnen durch Verwendung der Vektorrechnung vermieden werden.

Die Bezeichnungen sind diejenigen von §1.

Satz: Sei V =|[~a,~b,~c]| das Volumen des von~a,~b und~c aufgespannten Parallelepi- pedes. Es gilt

sinsinsinγ =V.

Beweis: Es gilt (~c×~a)×(~c×~b) = [~a,~b,~c]~c (siehe Abschnitt ¨uber mehrfache Produkte von Vektoren) somit

(~c×~a)×(~c×~b)|=|[~a,~b,~c]| anderseits:

|(~c×~a)×(~c×~b)| = |~c×~a| · |~c×~b| ·sinγ.

Da

|~c×~a|= sinb, |~c×~b|= sina

folgt die Behauptung.

Folgerung: sinsinγc = sina·sinVb·sinc.

Da die rechte Seite in a, bund c symmetrisch ist, folgt derSinus-Satz:

sinα

sina = sinβ

sinb = sinγ sinc Seiten - Cosinus - Satz

cosa = coscosc + sinsincosα cosb = coscosa + sinsincosβ cosc = coscosb + sinsincosγ Beweis: Wir ben¨utzen die Lagrangesche Identit¨at

(~a×~b)·(~a×~c) = (~a·~a)(~b·~c)−(~a·~c)(~a·~b).

Auf Grund der Definition des Skalarprodukts gilt

(3)

(~a×~b)·(~a×~c) = |~a×~b||~a×~c|cosα

= sinsincosα.

Anderseits ist

(~a·~a)(~b·~c)−(~a·~c)(~a·~b) = cosa−cosbcosc und somit

cosa = coscosc+ sinsincosα.

Die anderen Formeln folgen durch zyklische Vertauschung.

Anwendung: Entfernung auf der Erde.

Idealisiert ist die Erde eine Kugel mit Radius r = 6371 km. Ein Punkt P der Erdoberfl¨ache kann durch zwei (geographische) Koordinaten festgelegt werden:

(1) die (westliche, bzw. ¨ostliche)L¨angeϕ, gemessen aus dem Null-Meridian (Green- wich). Die Gr¨osse ϕ ist der Winkel zwischen der vertikalen Ebene bestimmt durch 0, N = Nordpol und G = Greenwich, und der vertikalen Ebene durch 0, N und den Punkt P.

(2) die (n¨ordliche, bzw. s¨udliche)Breiteϑ; sie ist bestimmt durch die Distanz zum Aquator¨ (auf dem Grosskreis).

L¨ange und Breite werden im Winkelmass gemessen.

Beispiel: Paris: (ϕ = 2.3 E, ϑ= 48.8 N), Berlin: (ϕ = 13.4 E, ϑ= 52.5 N) Der ¨Ubergang zu den kartesischen Koordinaten ist gegeben durch die Formeln

x = rcosϑcosϕ y = rcosϑsinϕ z = rsinϑ

Der Abstandρ vonP zurz-Achse ist gleich rcosϑ. Seien jetztP1, resp. P2, gegeben durch (ϕ1, ϑ1), resp. (ϕ2, ϑ2) (z.B.,P1 = Paris,P2 = Berlin). Im sph¨arischen Dreieck N (= Nordpol), P1, P2 haben wir f¨ur die Seiten:

NP_1 = 90−ϑ1, NP_2 = 90−ϑ2

(4)

und P1_P2 ist zu berechnen. Der Winkel in N (gegen¨uber der Seite P1_P2) ist gleich ϕ2−ϕ1. Daraus folgt

cosP1_P2 = cos(90−ϑ1) cos(90−ϑ2)

+ sin(90−ϑ1) sin(90−ϑ2) cos(ϕ2 −ϕ1) oder

cosP1_P2 = sinϑ1sinϑ2+ cosϑ1cosϑ2cos(ϕ2−ϕ1) Bemerkung: Wir haben auch

cosP_1P2 = cos^(−−→OP1,−−→OP2)

= −−→OP1·−−→OP2

und die kartesischen Koordinaten von P1, resp. P2 lassen sich durch

−→OP =

rcosϑcosϕ rcosϑsinϕ

rsinϑ

!

berechnen. So bekommt man eine andere Herleitung der obigen Formel.

§3. Referenzsysteme in der Astronomie

SeiEder Beobachtungsort. Man interpretiere alle Himmelsrichtungen als Punkte auf einer Sph¨are mit ZentrumE(Himmelskugel). Wir haben folgende Spezialrichtungen.

(Figur!)

Z: Zenit vertikale Richtung ¨uber E

Na:Nadir antipodale Richtung zu Z

N, S, W, O: Nord, S¨ud, West, Ost in der horizontalen Ebene durch E (Hori- zont)

PN,PS:n¨ordlicher und s¨udlicher Himmelspol

ϕ:Polh¨ohe, Erhebung von PN uber Horizont.¨

(5)

Der Aquator¨ ist die Ebene durch E senkrecht zur Polrichtung. DerMeridianist die vertikale Ebene durch Z und PN. (Figur!)

Die Lage eines Sternes St wird durch zwei Koordinaten bestimmt, welche der geo- metrischen Breite und der geometrischen L¨ange entsprechen. Es werden zwei Koor- dinatensysteme verwendet.

1. Das Horizontsystem (lokale Beobachtung).

Das System wird durch das System der Vertikal- und H¨ohenkreise dargestellt.

h: dieH¨ohe(¨uber Horizont) ist der Winkel zwischenStund Horizont gemessen auf dem Vertikalgrosskreis durch St.

z = 90−h ist die Zenitdistanz.

a: dasAzimut ist der Winkel zwischen der vertikalen Ebene durch Stund der vertikalen Ebene durch die S¨udrichtung S.

2. Das ¨Aquatorsystem(astronomische Jahrb¨ucher).

Das System wird durch das System der Stunden- und Parallelkreise dargestellt.

Der Stundenkreis geht durch die Achse PN PS und durch den Stern St.

Parallelkreise sind parallel zum ¨Aquator.

δ: die Deklination ist die H¨ohe ¨uber dem ¨Aquator, gemessen auf dem Stun- denkreis.

S: der Stundenwinkel stellt den Winkel zwischen dem Meridian und dem Stundenkreis dar. Er wird h¨aufig in Stunden gemessen (1 Std. = 15, 1 = 4 min).

Fast alle Probleme der astronomischen Ortsbestimmung finden ihre L¨osung im sph¨arischen Dreieck Nordpol PN, Zenith Z, Stern St, welches als astronomisches (oder nautisches)Dreieckbezeichnet wird. (Figur!)

Die Seiten und Winkel des Dreiecks M(PN, Z, St) sind

S = ^ in PN

180−a = ^ in Z PN_Z = 90−ϕ PN_St = 90−δ ZSt_ = 90−a

Der Winkel in St, der sogenannte parallaktische Winkel, ist von geringerer Bedeu- tung, da er nicht gemessen werden kann.

(6)

Mit Hilfe der Formeln der sph¨arischen Trigonometrie kann man von einem Koordi- natensystem in das andere ¨ubergehen. z.B.

cosz = cos(90−ϕ) cos(90−δ) + sin(90−ϕ) sin(90−δ) cosS cosz = sinϕsinδ+ cosϕcosδcosS.

§4. Ubergang zur ebenen Trigonometrie¨

Sei ABC ein sph¨arisches Dreieck auf S2 mit Seiten a, b, cund Winkeln α, β, γ. Wir nehmen an, dass die Seitenl¨angen klein seien gegen¨uber 1, z.B. = 0,01. Eine solche Seite entspricht einer Distanz von ungef¨ahr 60 km auf der Erde, da der Radius 6371 km betr¨agt.

Aus den Taylorentwicklungen:

sinx = x− x3!3 + xr!5 +· · · cosx = 1x2!2 + x4

4! +· · · . ergeben sich folgende Approximationen

sinxx, cosx≈1 x2 2!

wenn man h¨ohere Potenzen (x3 ≈10−6) vernachl¨assigt. Aus dem Sinus-Satz sinα

sina = sinβ

sinb = sinγ sinc der sph¨arischen Trigonometrie folgt dann der Sinus-Satz

sinα

a = sinbβ = sincγ der ebenen Trigonometrie. Aus dem Seiten-Cosinus-Satz

cosa = cosbcosc+ sinbsinccosα folgt

1 a2 2 =

1−b2

2

1 c2 2

+bccosα oder der Cosinus-Satz der ebenen Trigonometrie:

(7)

a2 = b2+c22bccosα

da man b2c2 auch vernachl¨assigen kann. Ist α= π2 so folgt aus dem Seiten-Cosinus- Satz

cosa = cosbcosc (sph¨arischer Pythagoras), im Grenzfall:

a2 = b2+c2 (ebener Pythagoras).

§5. Die Formel von Gauss-Bonnet f¨ur sph¨arische Dreiecke

Sei ABC ein sph¨arisches Dreieck auf der Sph¨areS2 vom Radius 1 und seiFABC sein Fl¨acheninhalt.

Satz: FABC = α+β+γ−π.

Beweis: Sei ¯A (resp. ¯B,C) der antipodale Punkt zu¯ A, resp. B, C. Die Sph¨are S2 wird durch die 8 Dreiecke

4(A, B, C), 4( ¯A,B, C),¯ 4( ¯A, B, C), 4(A,B,C)¯ 4( ¯A,B,¯ C),¯ 4( A, B,C),¯ 4(A,B,¯ C),¯ 4( ¯A,B, C)

uberdeckt (Figur!). Antipodale Dreiecke haben den gleichen Fl¨¨ acheninhalt. Es folgt:

FABC +FA¯BC¯ +FABC¯ +FAB ~C =FA¯B¯C¯ +FABC¯+FAB¯C¯ +FABC¯ . Da die Gesamtoberfl¨ache von S2 gleich 4π ist, folgt

FABC+FA¯BC¯ +FABC¯ +FABC¯ = 2π.

Zwei Dreiecke mit einer gemeinsamen Seite schliessen sich zu einem 2-Eck mit anti- podalen Punkten als Ecken, z.B.

4(A, B, C)∪ 4(A,B, C)¯

ist das 2-Eck mit ¨Offnungswinkel β in B, resp. ¯B. Die Oberfl¨ache eines solchen 2- Eckes ist proportional zu β und f¨urβ = 2πkriegt man die ganze Oberfl¨ache vonS2, also 4π. Es folgt, dass

FABC + FABC¯ = 2β FABC¯ + FABC = 2α FA¯BC¯ + FA¯B¯C¯ = 2γ.

(8)

Da FABC =FA¯B¯C¯ folgt durch Summieren der 3 Gleichungen 2(α+β+γ) = 3FABC+FABC¯ +FABC¯ +FA¯BC¯

= 3FABC+ 2π−FABC so, dass

α+β+γ−π = FABC

Beispiel: Sei 4(A, B, C) ein gleichseitiges Dreieck aufS2 mit Seitenl¨ange a= 60 (entspricht eine Seite von 60 km auf der Erde). Aus dem Seiten-Cosinus-Satz (mit6371 a=b=c) folgt

cosα = cosa−cos2a

sin2a = cosa

1+cosa

so, dass α= 60,00073. Die entsprechende Fl¨ache auf der Erde ist FErde = (6371)2(3α−π) = 1558.863 km2. Ein ebenes Dreieck mit Seitenl¨ange a= 60 km hat den Inhalt

FEbene =a2·

3

4 = 1558.846km2. Der Unterschied ist kleiner als 0.0004%.

§6. Geographische Karten

Eine Karte f¨ur ein Fl¨achenst¨uck im Raum (z.B. ein Teil der Einheitssph¨are S2) ist eine bijektive Abbildung dieses Fl¨achenst¨uckes in die Ebene R2. Mit Hilfe dieser Abbildung werden Koordinaten auf der Fl¨ache definiert. Die Abbildung soll glatt sein (gen¨ugend oft differenzierbar) und so wenig wie m¨oglich verzerrend. Die “per- fekte” Karte ist l¨angentreu, winkeltreuund fl¨achentreu. Man spricht dann von einer isometrischen Karte.

Beispiel: Ein Zylinder oder ein Kegel kann isometrisch in die Ebene abgebildet wer- den: man schneide die Fl¨ache l¨angs einer Mantellinie auf und rolle sie ab!

Satz: Auf S2 (oder Teilen von S2) gibt es keineisometrische Karte.

Beweis: Bei einer Isometrie gehen geod¨atische Linien auf geod¨atische Linien (k¨urzeste Strecken!) ¨uber. Also ist das Bild eines sph¨arischen Dreieckes ∆(A, B, C) ein ebenes

(9)

Dreieck ∆(A, B, C). Da die Winkel erhalten bleiben, giltα = α+β+γ.

AufS2giltα+β+γ > π(daα+β+γ−π =FABC). In der Ebene giltα =π.

Aus diesem Widerspruch folgt, dass es keine IsometrieS2 R2 gibt.

Eine Karte aufS2(oder auf einem Teil vonS2) weist Verzerrungen auf. Sie kann nicht gleichzeitig l¨angentreu und winkeltreu sein. Wir diskutieren verschiedene ber¨uhmte Beispiele von kartographischen Projektionen.

1. Die Zylinderprojektion (Archimedes 287-212 v. Chr. / Lambert 1728-1777).

Die Erdkugel wird von der Polarachse aus waagrecht auf jenen Zylinder projiziert, welcher die Kugel l¨angs dem ¨Aquator ber¨uhrt. Der Zylinder wird nach der Projektion l¨angs einer Mantellinie aufgeschnitten und abgerollt. Die gesamte Kugeloberfl¨ache wird auf ein Rechteck abgebildet. Breitenkreise gehen in waagrechte Strecken ¨uber, Meridiane (L¨angenkreise) in senkrechte Strecken. L¨angentreu wird nur der ¨Aquator abgebildet. Die Verzerrung ist besonders deutlich in h¨oheren Breiten (Pole!).

Verzerrung in senkrechter Richtung:

Seien r der Radius der Kugel und ϕ, ϑdie geographischen Koordinaten. Seien P : (ϕ, ϑ), Q: (ϕ, ϑ+ ∆ϑ)

benachbarte Punkte auf demselben L¨angenkreis, so dass |P Q_ | = ∆ϑ. Seien P und Q die Bilder; es gilt auf dem Zylinder: |P_Q| = rcosϑ·∆ϑ (Figur!). Der Verzerrungsfaktor ist cosϑ.

Verzerrung in waagrechter Richtung:

Seien

P : (ϕ, ϑ), R: (ϕ+ ∆ϕ, ϑ)

benachbarte Punkte auf einem Breitenkreis so, dass: |P R_ |=ρ·∆ϕ =rcosϑ·∆ϕ, wobei ρ =rcosϑ der Abstand zur Polarachse ist. F¨ur die Projektion gilt |P_R|= ∆ϕ (Figur!). Der Verzerrungsfaktor ist cos1ϑ.

Satz: Die Zylinderprojektion ist fl¨achentreu.

1. Beweis: Man betrachte ein kleines sph¨arisches Rechteck ABCD mit

A= (ϕ, ϑ), B = (ϕ, ϑ+ ∆ϑ), C = (ϕ+ ∆ϕ, ϑ+ ∆ϑ), D = (ϕ+ ∆ϕ, ϑ).

Seine Fl¨ache ist

F =|AB_ | · |AD_ |= (r∆ϑ)(rcosϑ∆ϕ).

Das Bild ABCD hat die Fl¨ache

F =|A_B| · |A_D|= (rcosϑ·∆ϑ)(r∆ϕ) =F.

(10)

2. Beweis: Eine Kugelzone mit der H¨ohehhat die Fl¨ache 2πrh(Formelsammlung!).

Ihr Bild ist ein Rechteck von der L¨ange 2πrund der H¨oheh. Also sind beide Fl¨achen

gleich.

Bemerkung: Die Achse des Zylinders muss nicht notwendigerweise die Achse Nord- S¨ud sein. Man spricht dann von einerschiefachsigen Zylinderprojektion.

2. Die Mercator - Karte (Mercator = Gerhard Kremer 1512-1594)

Ziel: Man m¨ochte eine Karte haben, welche winkeltreu ist (wichtige Eigenschaft f¨ur die Navigation!) und bei welcher Breitenkreise waagrechte und L¨angenkreise senk- rechte Strecken sind.

Idee: Kombiniere die Zylinder-Projektion mit einer Streckung in senkrechter Rich- tung. Sei x= die waagrechte Komponente und z =rsinϕ die senkrechte Kom- ponente bei der Zylinder-Projektion. Sei v = f(ϑ) die gesuchte neue senkrechte Komponente. Bei einer winkeltreuen Abbildung m¨ussen Verzerrungen in waagrech- ter und senkrechter Richtung gleich sein (Figur!). Bei der Zylinder-Projektion ist der waagerechte Verzerrungsfaktor gleich cos1ϑ und der senkrechte gleich cosϑ. Um den gleichen Faktor zu bekommen m¨ussen wir mit cos12ϑ in senkrechter Richtung kompensieren. Es muss also

∆v

∆z = 1

cos2ϑ gelten (wir machen alles im Kleinen!). Es gilt

∆v

∆ϑ = ∆v

∆z · ∆z

∆ϑ = 1

cos2ϑ · ∆z

∆ϑ Aus z =rsinϑ folgt ∆z =rcosϑ·∆z (∆z

∆ϑ wird durch die Ableitung z0(ϑ) appro- ximiert), somit ∆v

∆ϑ = r

cosϑ und f¨ur ∆ϑ0

∆ϑ→0lim

∆v

∆ϑ =f0(ϑ) = r cosϑ. Eine Stammfunktion von r

cosϑ ist

f(ϑ) =rlog tan(ϑ/2 +π/4) +C.

Aus der Bedingung f(0) = 0 (Bild vom ¨Aquator soll diex-Achse sein) folgt C= 0.

Die Loxodrome: F¨ahrt ein Schiff entlang eines Grosskreises, so muss es laufend den Kurs (Winkel) ¨andern. Praktisch setzt sich der Weg eines Schiffes aus St¨ucken

(11)

zusammen, welche einen konstanten Winkel gegen die Meridiane (Nordrichtung!) haben. Eine Kurve des konstanten Kurswinkels heisst Loxodrome. In einer Mercator- Karte wird eine Loxodrome als Gerade abgebildet.

Bemerkung: Die Mercator-Projektion wird auch alswinkeltreue Zylinder-Projektion bezeichnet. Die Landeskarten der Schweiz ben¨utzen eine schiefachsige winkeltreue Zylinderprojektion.

3. Kegel-Projektionen

Die Kugel soll von einem Kegel eingeh¨ullt werden, dessen Achse die Polarachse ist und welcher die Kugel l¨angs dem Breitenkreis ϑ =ϑ0 (fest) ber¨uhrt. Ein Meridian durch P0 wird auf die Mantellinie durch P0 abgebildet (Figur!). Ist P : (ϕ, ϑ) ein beliebiger Punkt auf der Kugel, so wird sein Bild P auf dem Kegel durch folgende Bedingungen festgelegt:

1) die Mantellinie ist durch den Meridian durch P bestimmt,

2) sein Abstandvom Bild des Ber¨uhrungskreises l¨angs der Mantellinie hat die Form r·f(ϑ), wobei die Funktionf(ϑ) zur Wahl steht. Es muss jedochf0) = 0 gelten.

Schliesslich wird der Kegel l¨angs einer Mantellinie geschnitten und abgerollt.

Beispiel: Der Entwurf von Ptolem¨aus (87-165). Hier ist f(ϑ) = ϑ ϑ0. Dieser Entwurf ist l¨angentreu auf Meridiane.

Ubung:¨ Es gibt ein f(ϑ), so dass die Karte winkeltreu ist.

"

f(ϑ) = cotϑ0cotϑ0 tansinϑ0(π4+ϑ20) tansinϑ0(π2+ϑ2)

#

Bei den Kegel-Projektionen gibt es zwei Extremf¨alle:

1) F¨ur ϑ0 = 0 entartet der Kegel zum Zylinder.

2) F¨ur ϑ0 = 90 entartet der Kegel zur Tangentialebene im Nordpol. Die entste- hende Karte wird als azimutaler Entwurf bezeichnet. Ein Beispiel eines azimutalen Entwurfes ist die Stereographische Projektion: vom S¨udpol S aus wird der Punkt P : (ϕ, ϑ) auf P auf die Tangentialebene im Nordpol projiziert. Diese Projektion wurde bereits von Hipparch von Mikaia (180-125) erw¨ahnt. Die Bilder der Meridiane sind Geraden durch O und die Bilder der Breitenkreise sind Kreise mit ZentrumO.

Im rechtwinkligen DreieckSNP (Figur!) sei αder Winkel inP undβ der Winkel in S. Aus 2β+ϑ = π

2 und α+β = π

2 folgtα = π 4 + ϑ

2. Es ergibt sich

|NP|

|NS| = rf(ϑ) 2r = cot

π 4 + ϑ

2

(12)

f(ϑ) = 2 cot π 4 +ϑ

2

!

Das Bild von P : (ϕ, ϑ) hat also die Koordinaten x= 2rcot π

4 +ϑ 2

!

cosϕ y= 2rcot π 4 + ϑ

2

! sinϕ.

Satz: Die Stereographische Projektion ist winkeltreu.

Beweis: Der Winkel α in P sei der Zwischenwinkel von 2 Tangenten t1, t2. Sei E1 die Ebene durch t1 und S = S¨udpol und E2 diejenige durch t2 und S. Seien t01, bzw. t02 die Schnittgeraden von E1 bzw. E2 mit der Tangentialebene TS in S. Der Zwischenwinkel von t01 und t02 ist gleich α. Seien t1, bzw. t2 die Projektionen von t1, bzw. t2 auf die Tangentialebene TN in N und sei α ihr Zwischenwinkel. Da t1//t01, t2//t02 folgtα =α. (Figur!).

Satz: Die stereographische Projektion ist kreistreu.

Beweis: Sei γ der gegebene Kreis auf der Kugel. Wir denken uns in jedem seiner Punkte Qdie zu ihm senkrechte Kugeltangentet gezogen. Alle Geradentbilden die Mantellinien eines Kegels, welcher die Kugel l¨angs γ ber¨uhrt (Figur!). Sei Z die Spitze dieses Kegels und sei Z die Projektion von Z auf TN. Die Projektionen t der t sind Geraden, welche durch Z gehen. Die Projektion γ von γ schneidet alle t senkrecht, ist also ein Kreis mit ZentrumZ. Es gibt Ausnahmen: Kreise durch S!; ihre Bilder sind Geraden. Wir wollen sie als Kreise mit unendlichem Radius betrachten.

4 !

Das Bild des ¨Aquators heisst Hauptkreis. Stereographische Bilder der Grosskreise sind Kreise, welche den Hauptkreis in zwei Diametralpunkten schneiden.

Das Bild einer Loxodrome: Eine Loxodrome schneidet alle Breitenkreise unter einem festen Winkel β. Sei die Loxodrome in der Formρ=g(ϕ) (ρ, ϕ: Polarkoordinaten) gegeben. Wir betrachten ein kleines Dreieck ∆(A, B, C) auf der Karte, mit geogra- phischen Koordinaten: (Figur!):

A: (ρ, ϕ) B : (ρ, ϕ+ ∆ϕ) C : (ρ+ ∆ρ, ϕ+ ∆ϕ) Es gilt tanβ = |BC_ |

|AB_ | = ∆ρ ρ4ϕ =:b.

F¨ur ∆ϕ0 ergibt sich ρ0(ϕ) = lim

∆ϕ→0

∆ρ

∆ϕ =b·ρ.

(13)

Die L¨osungen der Differentialgleichung:

ρ0 =

sind die Funktionen ρ(ϕ) = c·e, wobei ceine Konstante ist. Verlangt man, dass die Kurve durch P0 : (ϕ0, ϑ0) geht, so muss

ρ(ϕ) = ρ0eb(ϕ−ϕ0) mit ρ0 = 2rcot

π 4 +ϑ0

2

gelten.

4. Die orthodrome Projektion: (Grosskreiskarte)

Die Projektion erfolgt hier als Zentralprojektion vom Zentrum der Kugel auf ei- ne Tangentialebene. Ist der Ber¨uhrungspunkt B ein Erdpol, so heisst die Karte polst¨andig. Liegt B auf dem ¨Aquator, so bekommt man eine¨aquatorst¨andige Karte.

Diese Karten sind weder l¨angen- noch fl¨achentreu. Jeder Grosskreis wird als Gerade abgebildet. Die Karte eignet sich dabei bei der Auswertung der Funkpeilung. Punkte zwischen 2 Orten auf einer Grosskreisroute k¨onnen mit dem Lineal gefunden werden.

Loxodrome sind gekr¨ummte Kurven.

Bemerkung: Eine Orthodrome ist ein Grosskreis.

Ubung:¨ Die orthodrome Projektion ist nicht winkeltreu.

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