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DAS IST DAS MINDESTE! Faire Löhne Gute Arbeit Soziale Sicherheit

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DGB-Kundgebung 1. Mai 2011 in Ingolstadt

Rede

Ingrid Sehrbrock

Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

DAS IST DAS MINDESTE!

Faire Löhne Gute Arbeit

Soziale Sicherheit

BITTE BEACHTEN SIE:

SENDESPERRFRIST: 1. Mai 2011, 12:00 Uhr

Es gilt das gesprochene Wort!

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Anrede,

über viele Jahre galt der Wirtschaftstandort Deutschland als das Land mit der roten Laterne. So genannte Wirtschaftsexperten, aber auch die OECD hielten uns immer wieder vor, wir seien die letzten in Europa. Mit hermetisch abgeriegelten Arbeitsmärkten, die den Zugang für Arbeitslose erschwerten mit zu hohen Löhnen im Internationalen Vergleich und einem fehlenden Niedriglohnsektor. Es hieß, unser Kündigungsschutz sei luxuriös und die sozialen Sicherungssysteme zu üppig und nicht finanzierbar.

Immer wieder mussten wir uns die Litanei der Neoliberalen anhören.

Seit Neuestem gelten wir Deutsche als die Musterknaben in der Welt.

Wir haben die Talsohle der Wirtschafts- und Finanzkrise am schnellsten erreicht.

Unsere Wachstumsraten werden jedes halbe Jahr nach oben korrigiert, die Wirtschaft boomt.

Die Arbeitslosigkeit ist auf unter drei Millionen gesunken.

In einigen Branchen zeichnen sich schon Engpässe ab bei Fachkräften.

Wenn wir im Ausland sind, werden wir als Gewerkschafter gefragt, wie wir das gemacht haben. Selbst die deutsche Sozialpartnerschaft, einschließlich der Mitbestimmung, gilt als nachahmenswertes Modell.

Man reibt sich die Augen. Denn so lange ist es noch nicht her, dass die Mitbestimmung in Deutschland als Hemmnis für ausländische Investoren galt.

Es waren Gewerkschaften, Betriebsräte und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch

Kreativität, durch Co-Management und Lohnverzicht diesen Erfolg ermöglicht haben. Und gerade auch viele von euch!

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Anrede,

mögen die krassen Forderungen der Neoliberalen nach immer mehr Freiheit für die Wirtschaft und immer weniger Rechte für Arbeitnehmerinnen vom Tisch sein. Die Auswüchse dieser auch politisch begleiteten Konzepte sind allerorten zu spüren.

In den letzten Monaten kamen mir Bewerbungen von gut qualifizierten jungen Menschen auf den Tisch, die nur mühsam kaschieren konnten, dass sie immer wieder arbeitslos waren.

Junge Menschen, die sich jahrelang von Praktikum zu Praktikum hangeln, die immer wieder befristet beschäftigt sind, die von einer Trainee- oder Vorbereitungsmaßnahme in die nächste geschickt werden.

Manche manövrieren sich von Projekt zu Projekt, in der Hoffnung einmal fest angestellt zu werden.

Jeder und Jede von uns kennt solche Fälle in unseren Familien und im Freundeskreis. Sie sprechen Fremdsprachen und waren im Ausland, sie haben gute Abschlüsse gemacht und kommen nicht weiter.

Eltern bezahlen die Miete und den Unterhalt weiter, die Freundin jobbt nebenbei oder der Praktikant selbst.

Wie soll man unter solchen Bedingungen eine Familie gründen und Kinder kriegen?

Soll das die schöne neue Arbeitswelt sein?

Wer heute über Fachkräftemangel jammert, wer darüber klagt, dass junge gut qualifizierte Menschen ins Ausland gehen, muss sich schleunigst an die eigene Nase fassen und was tun.

Gute Ausbildung anbieten,

faire Bezahlung und sichere Beschäftigung ,

familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Väter und Mütter,

gute Arbeit schaffen, die Innovation ermöglicht und ein wertschätzendes Unternehmensklima.

Nicht nur für junge Menschen gilt: die Belastungen in der Arbeitswelt nehmen zu durch

Arbeitsverdichtung, mehr Verantwortung, Zeitdruck. Und die psychischen Erkrankungen nehmen rasant zu.

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Auch viele Ältere, die in Nacht- und Schichtarbeit tätig waren, die körperlich belastende Arbeit leisten mussten, die immer mehr zusätzliche Arbeit auf den Schreibtisch bekamen, mehr Verantwortung, längere Arbeitszeit, häufige Dienstreisen und keine Entlastung – das schlaucht und macht die Menschen fertig.

Deshalb, liebe Kolleginnen: Gute Arbeitsbedingungen, gute Arbeit müssen wieder auf die Tagesordnung. Es ist höchste Zeit dafür, wenn ältere Menschen nicht schlapp machen sollen.

Anrede,

die Wertschätzung der Gewerkschaften wächst wieder. Selbst junge Leute, die bisher Gewerkschaften eher fern standen, sehen uns heute in einem anderen Licht.

Wie sagte es kürzlich ein junger Mann:

Außer den Gewerkschaften gibt es kaum eine gesellschaftliche Kraft, die glaubwürdig Gegenpositionen formulieren und vertreten kann.

Das tun wir, nicht nur, aber gerade auch am 1. Mai:

für

faire Löhne, gute Arbeit

und soziale Sicherheit,

denn Arbeit und Leben ist nicht zweierlei. Arbeitszeit ist auch Lebenszeit. Und Leben hat der Mensch nur eins.

Deshalb brauchen wir gute Arbeit für Jeden und Jede.

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Anrede,

Gute Bildung für alle

Wir wissen: auch Bildung ist eine zentrale Voraussetzung für Beschäftigung und Teilhabe, für ein gutes Leben.

Doch das deutsche Bildungssystem hat die die soziale Spaltung nicht überwunden:

Noch immer haben 1,5 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren keine abgeschlossene Ausbildung.

Noch immer verlassen jedes Jahr mehr als 65.000 junge Menschen die Schule ohne einen Abschluss.

Noch immer leben in unserem Land rund 7,5 Millionen Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können.

Noch immer landen mehr als 400.000 Jugendliche im Übergangssystem in Warteschleifen, ohne Chance auf eine voll qualifizierende Ausbildung.

Angesichts der Krise holen Ministerpräsidenten den Rotstift heraus – auch bei Schulen und Hochschulen - obwohl sich 95 Prozent der Deutschen gegen Kürzungen im Bildungswesen aussprechen. Der Bund, der immerhin 10 Mrd. zusätzlich für Bildung investiert, hat es nicht geschafft, die Ministerpräsidenten dazu zu bringen, das gleiche zu tun. Eine Schande.

Kitaplätze - dem Bedarf entsprechend - sind unverzichtbar.

Wir brauchen Schulen, die Kinder nicht ausgrenzen und alle bestmöglich ausbildet! Mehr Arbeiterkinder müssen in Deutschland ein Studium abschließen können. Wer eine Berufsausbildung gemacht hat, muss den Zugang zur Uni erleichtert bekommen.

Für die Finanzierung der Aus- und Weiterbildung brauchen wir ein gerechtes System und mehr Anreize, damit auch Menschen, die sich bisher nicht weiterbilden, eine Chance bekommen. Wieso soll eine Küchenhilfe oder ein Busfahrer keine Angebote bekommen? Heute ist das in aller Regel so. Auch Ältere

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fallen durch den Rost. Es sind weniger die Beschäftigten, die nicht wollen. Sie beklagen sich über mangelnde Unterstützung. Viele Chefs sind weder hilfreich noch unterstützend.

Die Zeit der Sonntagsreden über lebensbegleitendes Lernen muss jetzt vorbei sein.

Ausbildungs- und Beschäftigungspotenziale

Der so genannte Fachkräftemangel in Deutschland ist weitgehend hausgemacht. Denn die Wirtschaft erwartet, dass die Fachkräfte vom Himmel fallen und nimmt ihre Pflicht für die Ausbildung der jungen Menschen nicht richtig wahr. Nur 24 Prozent der Betriebe in Deutschland bilden noch aus!

Da wundert es nicht, wenn junge Migranten weit weniger als Deutsche eine Ausbildung machen. Oft schätzen die Eltern die Bedeutung einer Ausbildung in Deutschland falsch ein. Aber es gibt auch echte Diskriminierung. Wer einen ausländisch klingenden Namen hat, wird weit seltener zum

Vorstellungsgespräch eingeladen als Deutsche. Da muss es einen nicht wundern, dass junge Migranten ihre Ausbildungs- und Beschäftigungschancen als gering einschätzen.

Integration funktioniert aber nicht nach dem Motto. Irgendwie werden die sich schon integrieren.

Sprache ist wichtig, Information, Hilfe in der Schule, Begleitung beim Einstieg in die Ausbildung. Hier tut sich endlich was, auch durch die Einstiegsbegleiter und die Idee der Bildungsketten. Dass junge Menschen begleitet werden über die üblichen Hürden: Schulabschluss, Berufswahl, Ausbildung und Beschäftigung. Da sollen Menschen bereit stehen, die ihnen helfen. Da sind auch wir als

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gefordert.

Auch erwachsene Migranten sollen eine bessere Chance haben auf dem Arbeitsmarkt. Persische Biologen, die Taxi fahren und chilenische Ingenieure, die sich mit Hilfsarbeiten durchs Leben schlagen, soll es in Deutschland zukünftig nicht mehr geben. Hier hat Deutschland eine Bringschuld, den

Menschen in einem überschaubaren Zeitraum verbindlich zu sagen, welche Teile der Ausbildung anerkannt werden und wo noch Qualifikationen erworben werden müssen.

Die Menschen ewig im Unklaren zu lassen, ist nicht akzeptabel.

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Arbeitnehmerfreizügigkeit

Ab heute gilt die Freizügigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den mittel- und osteuropäischen Ländern, die 2004 Mitglied der EU wurden. Ohne Einschränkung dürfen sie jetzt in Deutschland beschäftigt werden. Schon in der Vergangenheit arbeiteten viele auf anderer Basis zeitweise bei uns. Es sind unsere Kolleginnen und Kollegen.

Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis: Es wurden bislang keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen, um Lohndumping zu verhindern.

Leiharbeit

Mit der Aufhebung der Übergangsregelungen wird auch die grenzüberschreitende Leiharbeit möglich.

Im Grundsatz gilt der Lohn des Herkunftslandes. Der Beschluss, einen Mindestlohn in der Leiharbeit einzuführen, ist ein erster wichtiger Schritt. Um den weiteren Missbrauch der Leiharbeit zu verhindern, brauchen wir aber gleichen Lohn für gleiche Arbeit, vom ersten Tag an, das ist unser Grundsatz! Er muss gelten für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer, gleich woher sie kommen.

Die 1-Millionen-Marke in der Leiharbeit ist fast geknackt.

Und noch ist kein Ende in Sicht. Leiharbeit wird von Arbeitgebern systematisch eingesetzt, um Löhne zu drücken und Unsicherheit zu erzeugen. Leiharbeit bedroht den Kündigungsschutz und verdrängt reguläre und abgesicherte Arbeit.

Wer als Leiharbeiter beschäftigt ist, lässt sich nicht so leicht für eine Gewerkschaft gewinnen, das gilt auch für befristet Beschäftigte. Auf einer solchen Basis wagt man sich auch kaum seine Rechte

einzufordern. Darüber muss man sich klar sein. Leiharbeiter dürfen nicht länger die Manövriermasse des modernen Kapitalismus sein!

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Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die gleiche Bezahlung der Leiharbeiter sicherstellt. Equal Pay für Leiharbeit, das wollen 87 Prozent der deutschen Bevölkerung!

Wir fordern „gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“, verbindlich ab dem ersten Tag der Beschäftigung.

Mindestlohn statt Niedriglohn

Seit den sogenannten Hartz-Reformen ist die Zahl der Niedriglohn-Beschäftigten kontinuierlich angestiegen. Von 4,4 Millionen Menschen Mitte der Neunzigerjahre auf inzwischen 6,5 Millionen.

Arbeitslose müssen jeden Job bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit annehmen. In manchen Branchen und manchen Regionen bedeutet das einen Stundenlohn von weniger als 2,50 Euro.

1,3 Millionen sind auf ergänzendes Hartz-IV angewiesen, rund ein Viertel davon trotz Vollzeit. Betriebe drücken nach Belieben die Löhne, weil sie wissen, dass die Beschäftigten Anspruch haben auf

ergänzende Leistungen vom Amt. Wir Steuerzahler müssen bei niedrigen Löhnen draufzahlen und im Alter bei Minirenten erst Recht.

Anrede,

ein gesetzlicher Mindestlohn ist unverzichtbar.

wer arbeitet, muss von diesem Lohn auch leben können.

Equal Pay für Frauen

Übrigens, Frauen verdienen in Deutschland für gleiche oder gleichwertige Arbeit immer noch 23 Prozent weniger! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das fordern wir auch für Frauen und Männer.

Niemand kann mir erklären, weshalb junge Mädchen in der Ausbildung schon erheblich weniger verdienen als junge Männer. Wieso ein Leiter einer Autowerkstatt mehr verdient als eine Leiterin einer Großküche, verstehe ich auch nicht.

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Und die Lösung kann auch nicht sein, dass alle jungen Frauen sich für die besser bezahlten

Männerberufe entscheiden. Ist Pflege in Krankenhäusern, Erziehung in Kindergärten oder Versorgung von alten Menschen uns nicht wichtig genug? wollen wir junge Frauen dort abwerben? Wer soll die Arbeit dann machen? Es geht auch um die Aufwertung dieser Tätigkeiten und um die bessere Bezahlung.

Das Mindeste, was man verlangen muss ist, dass die Betriebe die Instrumente nutzen, die es bereits gibt, um Lohdiskriminierung zu vermeiden: Logib-D, aus der Schweiz und den EG Check aus

Deutschland.

Wer frauenfreundlich redet, sollte dann auch mal frauenfreundlich sein. Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit - das ist doch das Mindeste!

Frauen in Führungspositionen

Und noch eins, in den Vorständen der DAX 30 Unternehmen sind nur zu 2 % Frauen vertreten. Was soll man davon halten? Ist der rasante bildungspolitische Vormarsch der Frauen der letzten Jahrzehnte bei Vorständen und Aufsichtsräten noch nicht angekommen?

Frauen machen inzwischen die besseren Schulabschlüsse, studieren häufiger und schließen ihr Studium schneller und meistens besser ab.

Es ist richtig, Frauen sehen ihre Voraussetzung für einen Job meist wesentlich kritischer als Männer.

„Männer,“ so heißt es, „lesen ein Buch und wissen bescheid. Frauen lesen drei Bücher und stellen fest, was sie alles noch nicht wissen“. Etwas mehr Realismus in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten kann man jungen Männern nur wünschen.

Für die Führungsjobs, die Frauen bisher noch nicht haben, sind aber auch Rahmenbedingungen nötig, die es dann, wenn sie Kinder haben, ihnen möglich macht, die Aufgabe zu machen: familiensensible Arbeitszeit, Kinderbetreuung, Ferienbetreuung für Kinder. Aber eines ist auch klar, Frauen sind nicht

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immer zwischen 28 und 40 und es gibt auch Frauen ohne Kinder, die problemlos Aufgaben übernehmen können. Man muss sie ihnen aber auch zutrauen.

Und da hapert’s.

Ganz zu schweigen davon, dass auch Väter immer häufiger mehr Zeit für ihre Familie aufwenden wollen. So lange aber die Arbeitswelt rücksichtslos den Takt vorgibt, kommen wir hier nicht weiter.

Anrede,

ich komme aus Brandenburg, seit Generationen ein armes Land. Das Umland von Berlin wird auch als Speckgürtel bezeichnet - will sagen, dort geht es den Brandenburgern relativ gut.

Aber die Arbeitslosigkeit ist dennoch hoch, die Löhne sind vergleichsweise niedrig und die Infrastruktur lässt auch 21 Jahre nach der deutschen Einheit zu wünschen übrig.

Hier in Ingolstadt gewinnt man bei der Wirtschaftskraft, den Ausbildungs- und Arbeitsmarktdaten, auf den ersten Blick den Eindruck, dass die Welt ziemlich in Ordnung ist.

Ganz sorgenfrei ist die Region aber nicht. Die Reform der Bundeswehr mit allen Konsequenzen für die Rüstungsindustrie und die Arbeitsplätze hier in der Region, beschäftigt viele Menschen. Ich weiß, dass die IGMetall hier am Ball ist und die Menschen nicht im Regen stehen lassen will. Aber ich weiß auch, dass Verhandlungen mit der MBDA und bei der EADS Tochter Cassidian nicht einfach sind. Aber eines muss auch klar sein: Wenn schon die Einsparungen im Verteidigungsministerium nicht verhindert werden können, dann muss eine sozialverträgliche Lösung für die Mitarbeiter dabei herauskommen!

Noch nicht ausgestanden ist die Krise um Fukushima und die Folgen des Erdbebens und des Tsunamis in Japan. Ich kann verstehen, dass Menschen Angst haben um ihre Arbeitsplätze in der Autoindustrie bzw. bei den Zulieferern.

Im Norden Japans steht in vielen Fabriken die Produktion still. Das ganze Ausmaß der Katastrophe ist noch nicht absehbar und noch nicht ausgestanden. Vor allen Dingen für die Menschen in Japan. Aber Globalisierung heißt eben nicht nur, dass man weltweit seine Produkte absetzen kann. Sie heißt auch,

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dass eine Krise in Japan auch Folgen hat für Beschäftigte in Deutschland. Gewerkschaften sind gerade dann gefordert, wenn es schwierig wird.

Anrede,

Kürzlich haben wir in einem Gespräch mit Staatsekretär Hecken vom Bundesarbeitsministerium über Anforderungen an eine familienfreundliche Arbeitswelt beraten. Eine Kollegin aus der Autoindustrie – es war nicht Audi – konnte berichten, dass es das alles schon gibt. Familiensensible Arbeitzeiten, Kinderbetreuung, auch kurzfristig, Freistellung zur Pflege von Angehörigen, Ferienprogramme für Kinder. Aber bei Audi gibt es das sicher auch.

Vorbildlich ist Audi ohne Zweifel bei der Leiharbeit. Da kann ich nur sagen, Glückwunsch Kollegen, zu diesen Regelungen, die ihr durchsetzen konntet. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Ihr habt es schon erreicht. Das ist der richtige Weg.

Steuergerechtigkeit sicherstellen

Anrede,

in der Steuergesetzgebung haben wir seit einem Jahrzehnt mit Regelungen zu leben, die von neoliberalen Konzepten bestimmt wurden. Der Spitzensteuersatz wurde – nicht etwa von einer CDU- Regierung - massiv abgesenkt. Veräußerungsgewinne von Unternehmen mussten nicht mehr versteuert werden. Das gibt es sonst in ganz Europa nicht.

Die FDP liegt ihrem Koalitionspartner seit Beginn der Regierungszeit mit Steuersenkungen in den Ohren, die Gott sei Dank bisher nicht realisiert wurden.

In der Gesellschaft hat sich eine Haltung breit gemacht, dass es am besten ist, wenig Steuern, am besten gar keine zu zahlen. In Kurzform: Steuern zahlen ist dumm. Aber wenn in den Schulen der Putz von der Decke fällt und die Straßen voller Schlaglöcher sind, regt man sich auch auf.

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Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten. Wir wollen jedoch gute Dienstleistungen der Öffentlichen Hand für alle! Gute Schulen und Kindergärten, Krankenhäuser und Gehwege. guten Service in den Behörden schätzen die Menschen schon. Und es muss wieder klar sein, dass dies nicht für umsonst zu haben ist.

Wir brauchen wieder mehr Steuergerechtigkeit. Wer mehr hat, muss auch mehr Steuern zahlen. Ist es nicht erstaunlich, dass sich in Deutschland 35 Millionäre zusammen getan haben, weil sie der Auffassung sind, sie könnten mehr Steuern zahlen? Ich bin sicher, es sind mehr als 35 in dieser Republik.

Steuergerechtigkeit schafft Handlungsspielräume.

Die Hälfte der deutschen Haushalte verfügt über kein nennenswertes Vermögen.

1.220 Milliarden Euro befinden sich in Deutschland allein in den Händen von nur 800.000 Super- Reichen.

In Deutschland haben Einkommensungleichheit und Armut erheblich zugenommen. Das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.

Die Bundesregierung könnte mindestens 70 Milliarden Euro pro Jahr mehr an Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen erzielen. Durch eine Finanztransaktionssteuer, eine Vermögenssteuer und eine gerechtere Erbschaftssteuer, ohne dass Omas Häuschen verloren geht.

Dazu kommen muss außerdem eine gerechte Besteuerung von Kapitalerträgen.

Wir haben es erreicht, dass die Finanztransaktionssteuer von der Bundesregierung ohne wenn und aber unterstützt wird. Am besten ist es jedoch, sie mindestens europaweit einzuführen. Aber ich denke, auch zwei oder drei Länder in der EU könnten damit beginnen. Und dazu fordere ich die Bundesregierung dringend auf.

Endlich Finanzmärkte regulieren

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Das Treiben der Finanzinstitute muss endlich transparenter werden und Steueroasen gehören ausgetrocknet.

Das Bankensystem muss sich wieder auf das traditionelle Geschäft mit Einlagen und Krediten besinnen.

Für uns Gewerkschaften gilt seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise:

Die Verursacher der Krise müssen auch für die Kosten aufkommen.

Davon ist wenig bis nichts zu merken.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften werden nicht locker lassen, bis diese soziale Schieflage beendet ist!

Gerechte Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung für alle

Deutschland befindet sich wieder auf dem Wachstumspfad, nachdem Finanzhaie und Wirtschaftsspekulanten die Welt an den Abgrund geführt hatten.

Inzwischen wachsen Gewinn und Kapitaleinkommen im Aufschwung wieder deutlich schneller als Lohneinkommen.

Die Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen verdienen im Durchschnitt 4,2 Millionen Euro jährlich.

Bei Vielen hat sich das Einkommen seit der Krise sogar verdoppelt.

Die Löhne dagegen sind seit Beginn des Jahrtausends real gesunken.

Innerhalb der europäischen Union sind die Durchschnittslöhne in Deutschland mit am geringsten gestiegen.

Deshalb brauchen wir jetzt im Aufschwung kräftige Lohnzuwächse.

Beschäftigungssicherung und Kaufkrafterhöhung werden deshalb Ziele der anstehenden Tarifrunden sein!

Das ist auch gut für den Binnenmarkt.

Wir dürfen nicht nur auf ein Wachstum setzen, das am Ausland hängt.

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Deshalb sagen wir: Guter Lohn, gute Arbeit schaden uns nicht. Sie sondern helfen uns und anderen Ländern, aus der Krise herauszukommen.

Die Tarifpolitik ist und bleibt das wichtigste Instrument zur Umsetzung und Gestaltung von Arbeitnehmerinteressen in den Betrieben.

Die Tarifautonomie, Flächentarifverträge und eine starke Tarifbindung sind die Herzstücke gewerkschaftlicher Einflussnahme für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Das ist alles andere als selbstverständlich.

Hartz IV und Kinderarmut

Bei den Hartz-IV Regelsätzen gab es am Ende eine Mini-Erhöhung und ein Bildungspäckchen für Kinder.

Die Hartz IV-Sätze sind weiterhin nicht armutsfest.

Aber das letzte Wort ist für uns noch nicht gesprochen.

Jetzt werden wieder die Verfassungsrichter entscheiden müssen.

Wir Gewerkschaften unterstützen jedes Mitglied, das klagen will.

Kinder sind häufiger arm als Erwachsene.

Etwa jedes sechste Kind lebt heute auf Sozialhilfeniveau.

Zur materiellen Einkommensarmut kommt häufig Bildungsarmut erschwerend hinzu.

Was wir brauchen, ist ein Mix aus Geld und besseren öffentlichen Dienstleitungen für alle Kinder!

Rente mit 67

Die Bundesregierung hält an der Rente mit 67 fest. Aber auch aus der SPD hört man nichts von massiven Abwehrkämpfen.

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Doch die Rente mit 67 ist nichts anderes als eine Rentenkürzung durch die Hintertür.

Betroffen davon sind besonders diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen oder weil sie arbeitslos geworden sind, die 67 nicht in Arbeit erreichen können.

Die Lücke zwischen dem Ende des Arbeitslebens und dem Rentenbeginn wird dann immer größer, die Abschläge immer höher, die Rente immer kleiner.

Die Menschen werden auf die Riester-Rente verwiesen, damit Allianz und Co. gute Gewinne machen können.

Selbst für die Erwerbsminderung sollen die Leute selbst vorsorgen, ohne Unterstützung der Arbeitgeber.

Als hätten die nichts damit zu tun, dass die Leute nicht bis zur Rente arbeiten können.

Die Gewerkschaften haben die Rente mit 67 zu jeder Zeit abgelehnt.

Und dabei bleiben wir!

Schluss

Die Gewerkschaften wollen die Rückkehr zu einer guten Ordnung!

Die Menschen müssen im Mittelpunkt stehen, nicht der Profit.

Wir brauchen Gute Arbeit statt Lohn- und Sozialdumping.

Soziale Marktwirtschaft heißt für mich nicht:

wir unterwerfen alles dem Wettbewerb, wir ermöglichen den Markt und schauen mal was dabei herauskommt.

Das war gestern.

Die arbeitenden Menschen müssen wieder im Mittelpunkt stehen. Sie sind innovativ und engagiert, sie rackern sich ab und schaffen den Mehrwert, sie halten den Kopf hin und haben oft genug ohne eigene Schuld ihre Arbeitsplätze verloren. Menschen haben auf Einkommen verzichtet, um Unternehmen zu retten, und zum Schluss haben sie oft genug den Kürzeren gezogen.

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Es wird höchste Zeit, dass die Arbeit, die Arbeitsbelastungen und die Löhne wieder im Vordergrund stehen, Kolleginnen und Kollegen.

Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat und eine lebendige Demokratie. Deshalb stellen wir uns auch gegen Demagogen. Die mit Gewalt und menschenverachtender Ideologie ihre gescheiterten politischen Konzepte durchsetzen wollen. Nicht mit uns!

Der 1. Mai ist unser Tag der Solidarität.

Wir demonstrieren für faire Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit – das ist das Mindeste!

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