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82 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2016 | www.diepta.de

S

treptokokken sind unbe- wegliche Schleimhautpara- siten. Sie vermögen sich unter aeroben wie anaero- ben Bedingungen zu vermehren. Die Kokken (kugelförmige Bakterien) lagern sich häufig paarweise anein-

ander oder formen hintereinander ganze Ketten.

Die Gattung Streptococcus wird nach ihrem Hämolyseverhalten – das ist die Fähigkeit, rote Blutkörperchen im Kulturmedium zu zerstören – unterteilt. Die Klassifizierung an-

hand dieses Laborkriteriums ist me- dizinisch wichtig, da die meisten sogenannten beta-hämolysierenden Streptokokken obligat pathogen sind, während jene, die eine Al- pha-Hämolyse machen, bis auf eine Ausnahme – die Pneumokokken –

© Eraxion / iStock / Thinkstock

Auf das Konto der diversen Vertreter der Gattung Streptococcus gehen die unterschiedlichsten Krankheiten. Das Spektrum reicht von Karies über Sinusitis und Scharlach bis zu Meningitis.

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PRAXIS VIREN & BAKTERIEN

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2016 | www.diepta.de 83 Bestandteil der natürlichen Schleim-

hautflora von Mund und Rachen- raum sind.

Werden die im bluthaltigen Kultur- medium enthaltenen Erythrozyten durch Zerstörung der Zellmembran aufgelöst, wird dies als komplette oder Beta-Hämolyse bezeichnet. Da- gegen steht Alpha-Hämolyse für eine unvollständige Hämolyse, bei der das Hämoglobin im Nährboden ver- ändert wird, sodass grünliche Höfe entstehen; man spricht daher auch von „vergrünenden“ Streptokokken.

Obwohl per se harmlos – am fal- schen Ort und unter ungünstigen Bedingungen können auch diese ge- fährlich werden („opportunistische Erreger“).

Unter bestimmten Umständen pathogen Wenn sie über eine Ver- letzung der Mundschleimhaut (Zahn- extraktion; Zahnputzverletzung) ins Blut und mit der Zirkulation ins Herz gelangen, kann es zu einer mit- unter lebensbedrohlichen Entzün- dung der Herzinnenhaut (Endokar- ditis) kommen. Vor allem, wenn eine Herzklappe vorgeschädigt ist, oder bei Klappenprothesen finden die Keime dort geeignete Voraussetzun- gen, um sich vermehren können. In der Folge bilden sich Blutgerinnsel, die schließlich Gefäße verstopfen und auch Embolien verursachen können.

Einige Streptokokken aus dem Mund- raum wie zum Beispiel S. mutans können auf der Oberfläche von Zäh- nen siedeln. Dort bereiten sie durch abgesonderte Polysaccharide (Dext- rane) den Boden für die Kolonisie- rung mit einem breiten Spektrum weiterer Bakterienarten; die berüch- tigte Plaque entsteht. Die sauren Stoffwechselprodukte, welche die Mikroorganismen bilden, greifen den Zahnschmelz an und bringen so die Kariogenese in Gang.

Pneumokokken Nicht zur phy- siologischen Bakterienflora gehört Streptococcus pneumoniae, ein wich- tiger Erreger ambulant erworbener Pneumonien und von Meningitis

(Hirnhautentzündung), der auch Si- nusitis, Rhinitis oder Bindehaut- entzündungen hervorruft. Besonders betroffen von Infektionen durch die auch Pneumokokken genannten Keime sind Kinder und ältere Men- schen.

Nur Stämme, deren Zellwand von einer Schleimkapsel aus Polysaccha- riden umhüllt ist, sind pathogen.

Diese äußere Schicht schützt sie vor den Fresszellen des Wirts. Zudem vermutet man, dass die Kapsel-Poly- saccharide vom Immunsystem nicht so gut als Antigene erkannt werden.

In den oberen Atemwegen kann der Keim eine wichtige Barriere einrei- ßen, indem er zilientragende Epi- thelzellen zerstört. Einige Produkte der Bakterien richten sich speziell gegen Immunglobulin A, also Anti- körper im Speichel, und schalten so eine andere wichtige Schutzfunktion aus. Andere sezernierte Faktoren entfalten zelltoxische Wirkungen und können Entzündungen auslö- sen.Pneumokokken können durch Tröpf- cheninfektion übertragen werden.

Auch wenn die im Nasen-Rachen- Raum siedelnden Vertreter meist keine Kapsel aufweisen – sehr häufig stammen die Erreger von Pneumo- kokken-bedingten Lungenentzün- dungen aus dem eigenen Nasen- Rachen-Raum („endogene Infek- tion“), wo die Keime zunächst oft lange unbemerkt bleiben.

Streptococcus pyogenes Die be- ta-hämolysierenden Streptokokken sind für eine Vielzahl von Krankhei- ten, von lokalen, oft eitrigen Erkran- kungen des Rachens oder der Haut (z. B. Impetigo contagiosa oder Ery- sipel) bis zu gefährlichen invasiven Infektionen verantwortlich.

Ein wichtiger Vertreter ist Strepto- coccus pyogenes, in dessen Artna- men das griechische Wort für Eiter steckt. Übertragen werden die Bakte- rien, begünstigt durch enges Zu- sammensein von Menschen, über Tröpfchen- oder Schmierinfektion.

Besonders im Winter ist der Rachen auch bei vielen nicht erkrankten Per-

sonen mit dem Bakterium besiedelt.

S. pyogenes bildet in großer Zahl Faktoren, die Gewebe zerstören kön- nen und der Ausbreitung der Infek- tion dienen. Beispielsweise vermag er mit Hilfe von Hyaluronidase die extrazelluläre Matrix zwischen den Zellen des Wirts löchrig zu machen, wodurch der Erreger tiefer vordrin- gen kann. Weitere Proteine und En- zyme ermöglichen ihm, Angriffe des Immunsystems auf unterschiedli- chen Ebenen abzuwehren.

Zudem bilden bestimmte Stämme Toxine, welche Scharlach hervorru- fen. Die Erkrankung ist durch eine Angina mit begleitendem charakte- ristischem Hautausschlag gekenn- zeichnet. Nach überstandener Er- krankung sind die Betroffenen im- mun – allerdings immer nur gegen das jeweils verantwortliche Toxin, sodass man im Laufe des Lebens auch mehrmals an Scharlach erkran- ken kann.

Einige der Streptokokken-Gifte sind sogenannte Superantigene, das heißt, sie stimulieren T-Lymphozyten zu einer überschießenden Ausschüt- tung von Zytokinen, die wiederum die Wände der kleinen Blutgefäße durchlässig machen. Diese unkon- trollierte Reaktion kann in der Folge zu Organversagen führen. Die be- treffenden Stämme können schwers- te invasive Infektionen auslösen: die lebensbedrohlichen Krankheitsbil- der des toxischen Schocksyndroms und der nekrotisierenden Faszi- itis. ■

Waldtraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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