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Kontakt unerwünscht

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ei einer Kon- taktallergie, auch allergisches Kon- taktekzem oder allergische Kontaktdermati- tis genannt, reagiert der Kör- per auf eigentlich harmlose Substanzen mit einer über- schießenden Immunreaktion.

Dabei sensibilisiert die wieder-

holte Exposition zunächst be- stimmte T-Lymphozyten des Immunsystems, die diese Sub- stanz dann als „fremd“ einstu- fen. Beim nächsten Kontakt schütten sie dann zur Abwehr des Eindringlings Botenstoffe aus, die eine lokale Entzün- dungsreaktion hervorrufen.

Anders als bei herkömmlichen

Allergien treten die Symptome jedoch nicht unmittelbar, son- dern zeitverzögert auf. Man spricht daher auch von einer Allergie vom verzögerten Typ oder einer Typ-IV-Allergie.

Im Prinzip kann fast jede Sub- stanz, die uns im Alltag umgibt, zu einem Allergen werden, vor allem tierische oder pflanzliche

Eiweiße, aber auch künstliche Stoffe. Tatsächlich ist sogar ein Metall der häufigste Auslöser für Kontaktallergien: Nickel.

Gefährliches Metall Als Ni- ckel in den 1980er Jahren ver- stärkt in günstigem Mode- schmuck verarbeitet wurde, häuften sich die Beschwerden

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Kontakt unerwünscht

Jeder vierte Deutsche reagiert allergisch, wenn seine Haut mit bestimmten Substanzen in Kontakt kommt. Kortison kann die Symptome kurzzeitig lindern, langfristig hilft aber nur, diese Stoffe zu meiden

PRAXIS HAUTERKRANKUNGEN

DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2017 | www.diepta.de

© humonia / iStock / Thinkstock

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bei Hautärzten über juckende und entzündete Stellen. Bis dahin waren eigentlich nur to- xische Allergien als Reaktion auf einen direkt hautschädigen- den Kontakt mit zum Beispiel Säuren oder anderen reizenden Stoffen bekannt. Jetzt wurden lokal begrenzte Allergien auf der Haut plötzlich zu einem Massenphänomen. Nickel war günstig und wurde daher neben Schmuck auch in vielen ande- ren Gegenständen verarbeitet, wie Reißverschlüssen, Knöpfen oder Brillengestellen. Seit Ni- ckel als Allergieauslöser Num- mer eins enttarnt wurde, wird es seltener eingesetzt. Doch mit dem Nickel fing es nur an - plötzlich reagierten auch immer mehr Menschen aller- gisch auf Parfüm- oder Duft- stoffe in Pflegeprodukten, auf ätherische Öle oder Parabene – oder sogar auf Heilpflanzen wie Arnika und Kamille. Selten ist hingegen die bekannte Reak- tion auf Latex, das für Einweg- handschuhe oder Kondome verwendet wird.

Die meisten allergischen Kon- taktekzeme verschwinden, wenn das Allergen gemieden wird. Besteht der Hautkontakt zu lang, können sich die Symp- tome allerdings chronifizieren.

Dann werden die betroffenen Stellen borkig, sie verhornen und es bilden sich Furchen.

Chronisch wird eine Kontakt- allergie häufig bei Menschen, die etwa von Berufs wegen den Reizstoffen ständig ausgesetzt sind, wie Friseure oder Reini- gungspersonal. Hier hilft dann nur ein Abdecken der Haut durch Handschuhe – im besten Fall latexfreie.

Unangenehm und unan- sehnlich Die Symptome sind immer gleich: Die betroffene Hautstelle rötet sich zunächst (Erythem), dann schwillt sie an und die Haut wird warm, juckt

oder brennt. Im schlimmsten Fall bilden sich kleine Bläschen.

Wer an der Haut herumma- nipuliert, kratzt sie unter Um- ständen auf, sodass aus den Entzündungen nässende Wun- den werden, in die leicht Krank heitskeime eindringen können. Ist es zu einer Super- infektion gekommen, müssen Antibiotika oder Antimykotika eingenommen werden. Meist leiden die Betroffenen nicht nur wegen der unangeneh- men Symptome unter der All- ergie, sondern sie schämen sich in Gesellschaft auch für die un- ansehnlichen Hautveränderun- gen, die ja meist dort auftreten, wo keine Kleidung die Haut be- deckt, also an Händen, Unter- armen, Hals und Gesicht. Dazu kommt, dass viele Kontakt- allergien lange bestehen blei- ben, weil der Auslöser durch die zeitverzögert auftretenden Symptome nicht sofort identi- fiziert werden kann.

Schnell testen Bei den typi- schen Symptomen wird der Hautarzt daher schnell einen Allergietest durchführen. An- ders als beim Prick-Test, bei dem die Haut angeritzt wird, nutzt man beim Verdacht auf Kontaktallergie den Patch- Test (Epikutantest). Dabei wer den verschiedene Substan- zen auf die Rückenhaut auf- getragen und mit einem Pflas- ter abgeklebt. Nach zwei Tagen werden die Pflaster entfernt und geprüft, auf welche Sub- stanz die Haut reagiert hat.

Auch, wenn die Symptome sich meist erst nach einem Tag zeigen, liegt die Reaktions- zeit bei Typ-IV-Allergien zwi- schen 4 und 72 Stunden. Bei früh eintretendem Juckreiz unter den Patches sollte man daher sofort den Arzt auf- suchen, um eine stärkere Rei- zung unterbinden zu können.

Ebenso sollten die gepatchten

Hautstellen noch bis zu drei Tage nach dem Abnehmen der Pflaster auf Spätreaktionen hin beobachtet werden. Ist das Al- lergen ermittelt, gilt es, den Hautkontakt mit diesem Stoff zu meiden. Die Symptome ver- schwinden dann meist nach zwei bis drei Wochen. Um den Heilungsprozess zu unterstüt- zen, können die betroffenen Stellen mit duftstofffreien Ölen oder rückfettenden Cremes behandelt werden. Als Creme aufgetragen oder in schweren Fällen auch als Tablette einge- nommen, kann Kortison den Juckreiz und die Entzündungs- symptome lindern. Diese Be- handlung sollte aber nur kurz- fristig und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Tauchen die Symptome weiterhin auf, ob- wohl der Auslöser vermieden wurde, muss erneut getestet werden, denn nicht selten sind Betroffene gegen mehr als eine Substanz allergisch. Manchmal kann das Allergen auch so sel- ten sein, dass sich die Diagnose sehr lange hinzieht. Geheilt werden kann eine Kontaktall- ergie nicht, da auch nach vie- len Jahren T-Zellen gegen das Allergen vorhanden sind.

Hilfe bei chronischen Pro- blemen Ist eine Kontaktaller- gie bereits chronisch gewor- den, kann UV-Licht helfen. Die betroffenen Hautstellen wer- den entweder mit reinem UVB- Licht bestrahlt oder mit einer Kombination aus UVA-Licht und dem fotosensibilisierenden Wirkstoff Psoralen, der zuvor in einer Salbe auf die Haut auf- getragen wird (PUVA-Thera- pie). Diese Therapie wird nur in schweren Fällen angewendet, da sie nicht nebenwirkungsfrei ist. So sind die Patienten noch bis zu zwölf Stunden nach der Therapie erhöht fotosensibel;

zudem kann es zu Haarbalgent- zündungen, Akne oder Nagel-

betteinblutungen kommen. Für Schwangere ist die Therapie kontraindiziert.

Gleichzeitig zu sauber und zu schmutzig Dass viele Menschen überhaupt Allergien gegen eigentlich unbedenk- liche Stoffe entwickeln, führen Experten auf zwei Faktoren zurück: eine immer höhere Be- lastung durch Umweltschad- stoffe sowie eine übertriebene Hygiene im Kleinkindalter.

Denn wie bei allen Allergien gilt, dass ein Aufwachsen in einer maßvoll keimbelasteten Umgebung das Immunsystem so ausbilden kann, dass Aller- gien gar nicht erst entstehen.

Wissenschaftlich erwiesen ist zudem, dass Stillen das spä tere Allergierisiko senkt. Da Ni- ckelallergien immer noch die häufigste Kontaktallergie dar- stellen, sollte man bei Schmuck am besten immer darauf ach- ten, dass Ösen und Ver- schlüsse, zum Beispiel bei Ohr- steckern, aber auch Metallteile an Brillen, nicht aus Nickel gefertigt sind. Edelmetalle wie Silber und Gold sind teurere, aber sichere Alternativen. Üb- rigens spielen auch Faktoren eine Rolle, die bei anderen All- ergieformen das Risiko erhö- hen. Wer genetisch vorbelastet ist, raucht oder sich fettreich ernährt, läuft eher Gefahr, eine allergische Kontaktdermatitis zu entwickeln. ■

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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