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Archiv "Ascona animiert zur Kreativität" (28.11.1984)

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Ascona animiert zur

Kreativität

Durch die Palmenblätter flutet das Sonnenlicht auf den Berg der Wahr- heit und erleuchtet dort die kreati- ven Geister von Ascona

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

FEUILLETON

K

urt R. Eisler, Schüler Freuds und Psychoanalyti- ker in New York, sagt in seinem Buch „Goethe — eine Psychoanalyse", es solle weni- ger untersucht werden, warum bestimMte Menschen kreativ in der Kunst sind, als vielmehr, warum andere es nicht sind.

Denn es sei höchst merkwürdig, daß man bei vielen Schizophre- nen ein besonders großes Po- tential an Kreativität feststellt, das aber in der Regel nicht zu kreativer Aktivität führt. Eisler kommt zu dem Schluß, daß an- scheinend Kreativität unter gün- stigen Bedingungen den Aus- bruch einer Psychose abwen- den oder eine Psychose heilen oder sich sogar an Stelle einer Psychose entwickeln kann. Das Kunstwerk biete daher nicht nur dem Publikum die Möglichkeit der Katharsis, sondern erfülle in statu nascendi eine kathartische Funktion beim Schöpfer.

Neue Gesellschaft,

die mehr Kunst in die Therapie bringen will

In diesem Bewußtsein wurde in Ascona, Schweiz, die „Interna- tionale Gesellschaft für Kunst, Gestaltung und Therapie" ge- gründet. Durch die Initiative der Professoren Boris Luban-Ploz- za, Locarno, Wolfgang Jacob, Heidelberg, Walter Pöldinger, Wil/St. Gallen, und Dr. Otto Graf Wittgenstein, München, wurde am 1. April 1984 die Gründung der Vereinigung betrieben und am 28. Oktober eine konstituie- rende Mitgliederversammlung einberufen.

Vor 68 Gründungsmitgliedern wurde der Satzungsentwurf ver- lesen: „Die Internationale Ge- sellschaft für Kunst, Gestaltung und Therapie dient der Begeg- nung und Zusammenarbeit von Künstlern, Ärzten, Kunstthera- peuten und Psychotherapeuteh und vornehmlich Personen, die im Umgang mit Kranken in der Rehabilitationsmedizin sowie in

der Prävention und Gesund- heitserziehung tätig sind. Die Vereinigung stellt sich die Auf- gabe, künstlerisch zu gestalten- de Aktivitäten in diesem Bereich zu fördern, die Gründung geeig- neter Ausbildungsstätten und Lehrgänge für Kunsttherapie und Kunsthandwerk zu unter- stützen und unter einem ge- meinsamen Dach einen breiten Erfahrungsaustausch aus den verschiedenen Bereichen der Kunsttherapie zu ermöglichen.

Sie verfolgt außerdem das Ziel, eine systematische Erforschung der therapeutischen Funktionen der Künste anzuregen und in- tensiv zu fördern."

Wo ist das Gehirn kreativ?

Eindrucksvoll und überzeugend erläuterte Professor Pöldinger die naturwissenschaftlichen Grundlagen der inaktivierten Kreativität bei Schizophrenen.

Die moderne Gehirnforschung fand heraus, daß die Kreativität besonders in der nicht dominan- ten (also bei Rechtshändern in der rechten) Hemisphäre ange- siedelt ist. In der dominanten (linken) Hemisphäre werden die Informationen linear verarbeitet, in der nicht dominanten simul- tan. Anders ausgedrückt: die lin- ke Hemisphäre arbeitet eigent- lich wie ein Computer, während 3596 (60) Heft 48 vom 28. November 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kreativität in Ascona

die rechte Hemisphäre mit dem Bildhaften in Zusammenhang gebracht werden kann. Die Ar- beitsweise der dominanten He- misphäre kann mit verbal, analy- tisch, reduktiv, segmentiell, ra- tional und diskontinuierlich, die der nicht dominanten Hemi- sphäre mit räumlich-visuell, in- tuitiv, holistisch, synthetisch und diffus beschrieben werden.

Daher aktivieren kreative Thera- pien vor allem die nicht domi- nante Hemisphäre und damit auch das bildhafte und gefühls- betonte Denken. Die Stimulie- rung von Emotionalität ist be- sonders wertvoll in einem Ge- samtbehandlungsplan von Pa- tienten, deren Leben überwie- gend von der dominanten He- misphäre und damit rational ge- steuert wird.

Die Künstlerdomäne Ascona Warum wurde gerade Ascona am Lago Maggiore zum Grün- dungsort und Zentrum der neu- en Gesellschaft für Kunst, Ge- staltung und Therapie auserko- ren? Zunächst ist es sicherlich der Initiative von Professor Boris Luban-Plozza zu verdanken, der mit seinem Gespür für das, was fehlt, immer wieder hochinter- essante Leute und international anerkannte Kapazitäten in Asco- na versammelt. Hinzu kommt die Atmosphäre dieser Land- schaft, in der sich im Laufe der letzten hundert Jahre ein Zen- trum der Kultur und Kunst ent- wickelt hat. Viele Künstler hat Ascona angezogen, besonders der Monte Veritä wurde zum Treffpunkt der Kreativen.

Zufluchtsort und Gegenwelt Schon Ende des letzten Jahr- hunderts wurden Ascona und die Gegend am oberen Lago Maggiore von Einwanderern aus dem Norden, Zivilisationsflüchti- gen und Weltverbesserern zur Gegenwelt, zu Fluchtpunkten

der Zurück-zur-Natur-Bewe- gung in einem als problemloser angesehenen Süden gemacht.

Gegenwelt zur Urbanisierung, Industrialisierung, Technisie- rung, zum unvermeidbar schei- nenden gewaltsamen Konflikt zwischen Kapitalismus und ei- ner erstarkenden Arbeiterbewe- gung. Es trafen sich die „Aus- steiger" — Landstreicher, Ver- brecher, Artisten, Syndikalisten, Kommunisten, Anarchisten und Künstler, vermehrt um die Theo- sophen, die Lebensreformer, die Freudianer, die Psychologen und schließlich auch die Ban- kiers und Industriellen — aus ver- schiedensten historischen und individuellen Motivationen auf dem unterdessen zum Berg der Wahrheit deklarierten Hügel von Ascona, dem Monte Veritä.

Boris Luban-Plozza, Locarno, Prä- sident der Europäischen Union für Sozialmedizin und Initiator der neu- en „Internationalen Gesellschaft für Kunst, Gestaltung und Thera- pie" (Für Interessenten die Kon- taktadresse der Gesellschaft: Pro- fessor Dr. med. Boris Luban-Ploz- za, Piazza Fontana Pedrazzini, CH-6600 Locarno) Fotos: Michels 2

Naturverbundene auf dem Monte Veritä

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts siedelten sich die

„Lebensreformer" oberhalb des Fischerdorfes auf dem Monte Veritä an. Sie gründeten eine Gemeinschaft, die versuchte, möglichst natürlich zu leben und zu essen. Aus ihr wurden schließlich die Sonnen-Kuran- stalt, und das Sanatorium und Museum Monte Veritä.

Um 1918 kamen die Künstler:

Marianne von Werefkin, Alexej von Jawlensky, die Dadaisten Hugo Ball, Hans Arp und Hans Richter. Ascona wurde zum Künstlerdorf. Neun Jahre später entdeckten die Bauhauskünstler (Albers, Bayer, Breuer, Gropius, Schawinsky und Schlemmer) Ascona als Gegenwelt zum Bau- haus und als Ferienort. Emil Fahrenkamp errichtete das Ho- tel Monte Veritä im „Bauhaus"- Stil. Die Schweizer Expressioni- sten lgnaz Epper, Fritz Pauli und Robert Schürch ließen sich in Ascona und Umgebung nieder.

Vom Exil zum Kurort

Als in Deutschland die National- sozialisten an die Macht kamen, emigrierten viele Deutsche in die Schweiz. Albert Ehrenstein, Else Lasker-Schüler und Erich Maria Remarque wählten Asco- na als Exil. Während des Zwei- ten Weltkrieges wanderte der Großteil der reichen Wahlasco- nesen in die USA aus.

Ab 1950 wurde Ascona zum mondänen Kurort, vor allem für die Neureichen des bundes- deutschen Wirtschaftswunders, für den alten Stamm zum Alters- sitz und Sterbeort. Nun wollen die Psychotherapeuten, Psycho- analytiker und Psychiater Asco- na erneut zu einem Stück Ge- genwelt, zu einer Therapie-Stüt- ze gegen menschenfeindliche Überrationalität machen.

Karin Michels Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 48 vom 28. November 1984 (65) 3597

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