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Phasenkontrast durch Datenlast

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© 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/16/0909-73 Physik Journal 15 (2016) Nr. 8/9 73 P R E I S T R Ä G E R

Bei der linsenfreien Mikroskopie amplituden- und phasenmodulierender Objekte kommen kohärente Phasenrekonstruktionsmethoden zum Einsatz. Mit Hilfe von iterativen Algorithmen lassen sich dabei aus einem redundanten Datensatz von Beugungsbildern hochauflösende Rekonstruktionen bestimmen.

D

ie reichhaltige Geschichte der optischen Bild- gebung ist untrennbar mit der Nutzung von Linsen verbunden. Während Teleskope ferne Galaxien darstellen, machen Mikroskope Strukturen in der Nanowelt sichtbar. Die Verwendung von Linsen scheint naheliegend, nutzt doch das menschliche Auge ebendiese, um Informationen zu sammeln. Dennoch wächst derzeit das Interesse an Abbildungsverfahren, die ohne Linsen auskommen. Seit den Arbeiten von Ernst Abbe Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, dass das Auflösungsvermögen von Mikroskopen an die Wellenlänge des Lichts gekoppelt ist: Bildgebung mit kurzwelliger Strahlung erlaubt demnach eine hohe Auflösung. Die Herstellung von Linsen für EUV- und Röntgenstrahlung ist aber mit hohem technischen Auf- wand verbunden, sodass linsenfreie Abbildungsver- fahren eine sinnvolle Alternative bieten. Die Renais- sance linsenfreier Verfahren in der Röntgenmikrosko- pie beruht auf der zunehmenden Leistungsfähigkeit moderner Computer und auf der Entwicklung neuar- tiger kohärenter Röntgenstrahlungsquellen [1].

Der Begriff Coherent Diffraction Imaging (CDI) fasst einige linsenfreie Abbildungstechniken zusam- men. Hierbei wird ein Objekt mit einer kohärenten Lichtwelle bestrahlt. Die Störung der Welle durch das Objekt hat charakteristische Beugungs- und Interfe- renzeffekte zur Folge. Diese lassen sich ohne Linse auf einem Detektor aufzeichnen und enthalten Informatio- nen über das Objekt. Elektronische Detektoren messen allerdings nicht die zeitabhängigen Oszillationen oder Phasenlagen elektromagnetischer Strahlung, die nötig sind, um die Daten zu interpretieren und das Objekt zu rekonstruieren. Verschiedene Techniken lösen dieses Problem: In der Phasenkonstrastmikroskopie wird das von einem Objekt ungestreute Licht mit dem gestreuten Licht in Phase gebracht, sodass transparente Objekte durch Interferenzkontrast sichtbar werden [2]. Die Ho- lographie basiert auf dem Vergleich einer gebeugten Welle mit einer Referenzwelle, sodass die unbekannte Phasenlage indirekt in den gemesse nen Daten kodiert

ist [3]. Beim CDI hingegen geht es darum, ein inverses Problem zu lösen: Lässt sich aus dem Beugungsbild eines Objekts ohne Kenntnis der Phasen lage des Wellen feldes das zugehörige Objekt selbst rekonstru- ieren? Diese Frage ist im allgemeinen Fall eines stark streuenden und absorbierenden Objekts mathematisch nicht beantwortet [4]. Empirische Ergebnisse legen aber den Schluss nahe, dass dies möglich ist, falls die gemes- senen Daten einen gewissen Grad an Redundanz auf- weisen, es also zusätzliche Information im Sinne einer mathematischen Über bestimmtheit gibt [5]. Die Idee besteht darin, verlorene Phaseninforma tion aus der vorliegenden Datenredundanz wieder zugewinnen.

Datenredundanz kann je nach Experiment auf un- terschiedliche Weise vorliegen. Beim Single-Shot-CDI gibt es in vielen Fällen a priori Informationen zum Objekt [6]. Diese kann dazu dienen, die im Beugungs- bild verschlüsselte Information mit Hilfe von iterativen Algorithmen zu entschlüsseln. Liegt vorab keine In- formation über das Objekt vor, können spezielle Mess-

Phasenkontrast durch Datenlast

Datenredundanz ermöglicht linsenfreie Mikroskopie.

Lars Lötgering

K O M PA K T

Liegt in verschiedenen Beugungsbildern eines Objekts redundante Information vor, lässt sich die Phaseninfor- mation daraus rekonstruieren.

Bei der Ptychographie entsteht die Redundanz, weil die Beugungsbilder eines endlich großen Lichtstrahls über- lappen.

Eine neue Variante des so genannten Coherent Diffrac- tion Imaging greift auf Beugungsbilder zurück, die ein Detektor aufnimmt, während er entlang einer Schrau- benlinie zum Objekt positioniert wird.

G E O R G - S I M O N - O H M - P R E I S

Lars Lötgering, M. Sc., Hochschule Koblenz, RheinAhr- Campus, Joseph- Rovan-Allee 2, 53424 Remagen – Preisträgerartikel anlässlich der Verleihung des Georg-Simon-Ohm- Preises 2016 auf der Jahrestagung der DPG in Regensburg In der Rekonstruktion eines histolo-

gischen Schnitts aus einem Mausgehirn kodieren Helligkeit die Absorption und

Farbe die Phasenverschiebung (a). Ab- sorption (b) und Phasenverschiebung (c) sind mit 14 μm Auflösung rekonstruiert.

a b c

900 μm 900 μm

[rel. abs.] [rad]

0,8 0,6 0,4 0,2

1 0,5 0 –0,5 –1

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P R E I S T R Ä G E R

74 Physik Journal 15 (2016) Nr. 8/9 © 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

techniken Redundanz bewirken. Ein Beispiel hierfür ist die Ptychographie [7], bei der ein Lichtstrahl das Objekt abscannt. Falls die beleuchteten Objektflächen überlappen, wird die dort vorliegende Information mehr als einmal, also redundant, gemessen (Abb. 1).

Am Institut für Röntgenoptik der Hochschule Ko- blenz wird CDI basierend auf einer Messgeometrie rea- lisiert, die ähnlich der Ptychographie Datenredundanz ausnutzt, um unbekannte Proben zu mikroskopieren (Abb. 2) [8]. Anstatt das Objekt wie in der Ptychographie zu scannen, wird der Detektor in Richtung der sich ausbreitenden, gebeugten Welle verschoben. Dadurch entsteht ein Satz von Beugungsbildern in unterschied- lichen Abständen zum Objekt, der die zur Objektre- konstruktion notwendige Daten redundanz enthält. Zu- sätzlich bewegt sich der Detektor entlang einer Spirale, um auch stark gestreute Signale zu detektieren und ein großes Bildfeld sowie eine hohe Auflösung zu liefern.

Ein 10 µm dicker histologischer Schnitt eines Maus- gehirns ließ sich aus 105 Beugungsbildern mit einer Auflösung von 14 µm rekonstruieren (Abb. auf S. 73).

Die Beugungsbilder entstanden bei einer Wellenlänge von 488 nm (Argon-Ionen-Laser) im Abstand von 200 bis 450 mm hinter der Probe auf einer CMOS USB-Kamera (UI-1226LE-M, 8 Bit). Die Größe des Detektors betrug 480 × 720 Pixel à 6 μm. Koregistrie- rung erlaubte es, das Bildfeld auf 2048 × 2048 Pixel zu erweitern, obwohl pro Beugungsbild nur ein kleiner Teil des Wellenfeldes aufgenommen wurde [8]. Der Abstand zweier aufeinanderfolgender Beugungsbilder darf dabei eine charakteristische Länge nicht über- schreiten, damit die notwendigen Korrelationen des Wellenfeldes zur Koregistrierung der Beugungsbilder vorliegen [9]. Mit einem iterativen Algorithmus lassen sich die durch die Beugungsbilder gegebenen Randbe- dingungen an das Objekt sequenziell implementieren.

Bei diesem Messverfahren ist es für die Rekonstruk- tion nicht notwendig, Vorabwissen über das Objekt zu haben oder Information über die Scan-Geo metrie.

Mögliche Anwendungen liegen z. B. in der Computer-

tomographie, bei der die Rekonstruktion des vom Ob- jekt ausgehenden Wellenfeldes erforderlich ist, um die Gewebeverteilung eines dreidimensionalen Objekts zu bestimmen. Im sichtbaren Spektralbereich sind linsen- freie Messtechniken in Mobiltelefonen denkbar, weil für hochauflösende Linsen der Platz fehlt. Allerdings muss stets der notwendige Grad an Datenredundanz vorliegen. Verglichen mit linsenbasierten Abbildungs- verfahren stellt der erhöhte Aufwand in der Datenak- quisition und -auswertung eine Herausforderung dar, die noch zu lösen ist, bevor Methoden des Coherent Diffraction Imaging eine breite Anwendung in Indus- trie und Forschung finden werden.

Literatur

[1] H. N. Chapman und K. A. Nugent, Nature Photon. 4, 833 (2010) [2] F. Zernike, Z. tech. Phys. 16, 454 (1935)

[3] D. Gabor, Nature 161, 777 (1948)

[4] Y. Shechtman et al., IEEE Signal Process. Mag. 32, 87 (2015) [5] J. Miao et al., JOSA A 15, 1662 (1998) und P. Thibault et al.,

Science 321, 379 (2008)

[6] J. Miao et al., Nature 400, 342 (1999)

[7] H. M. L. Faulkner und J. M. Rodenburg, Phys. Rev. Lett. 93, 023903 (2004)

[8] M. Guizar-Sicairos et al., Opt. Lett. 33, 156 (2008) [9] L. Loetgering, R. Hammoud, L. Juschkin und T. Wilhein,

Europhys. Lett. 111, 64002 (2015) Abb. 1 Bei der Ptychographie gibt es

mehrfach beleuchtete Regionen (a), so- dass die zugehörigen Beugungsbilder (b) die Objektinformation redundant enthalten. Ein iterativer Algorithmus

nutzt diese Beugungsbilder, um ein un- bekanntes Objekt zu rekonstruieren (c).

In dieser Rekonstruktion simulierter Da- ten kodieren Helligkeit die Absorption und Farbe die Phasenmodulation.

a

a a

a a b

?

?

? ?

b

b b

c c

c (c)

Abb. 2 Beugungsbilder entstehen entlang einer Schrauben- bahn hinter dem Objekt, wenn der Detektor in xy-Ebene und in z-Richtung geschickt verschoben wird. Ein Koregistrierungs- algorithmus richtet die Daten zueinander aus, um das Objekt aus den Bildern zu rekonstruieren.

x y

z

a 0,1

D E R A U T O R

Lars Lötgering schloss 2013 an der Technischen Hochschule Köln sein Bachelorstudium und 2015 an der Hochschule Koblenz sein Masterstu- dium in Applied Physics ab. Dabei studierte er mit einem Fulbright Sti- pendium an der University of North Florida in Jacksonville in den USA.

Seit November 2015 arbeitet er im Rahmen einer Promotion an der Lö- sung von inversen Problemen in der Optik am Institut für Röntgenoptik

an der Hochschule Koblenz. Daneben beschäftigt er sich unter anderem mit Musik, Instrumentenbau und Schach.

Rohrer / DPG

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