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Archiv "Patientensicherheit: Risikomanagement wird vielerorts schon praktiziert" (15.10.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 41

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15. Oktober 2010 A 1963 PATIENTENSICHERHEIT

Risikomanagement wird vielerorts schon praktiziert

Fünf Jahre Aktionsbündnis Patientensicherheit: Eine erste Studie für den stationären Sektor zeigt Fortschritte beim Umgang mit Fehlern. Für eine nachhaltige Sicher- heitskultur in medizinischen Einrichtungen ist jedoch weitere Forschung notwendig.

W

ir haben es geschafft, dass Pa- tientensicherheit in Deutsch- land kein Tabuthema mehr ist, son- dern ein wichtiges und anerkann tes Thema“, betonte Dr. med. Günther Jonitz, Vorsitzender des Aktions- bündnisses Patientensicherheit (APS).

Das 2005 gegründete Aktionsbünd- nis hat bei seiner 5. Jahrestagung, die zusammen mit dem 9. Deutschen

Kongress für Versorgungsforschung in Bonn stattfand, eine erfolgreiche Bilanz seiner Tätigkeit gezogen.1 Mit Veröffentlichungen wie der Bro- schüre „Aus Fehlern lernen“, zahl- reichen Handlungsempfehlungen, et- wa zur Patientenidentifikation oder zu belassenen Fremdkörpern („Jeder Tupfer zählt“), Veranstaltungen und Initiativen, wie der „Aktion saubere Hände“, hat das Aktionsbündnis da- zu beigetragen, dass sich im Um- gang mit Fehlern im Gesundheits- wesen allmählich ein Wandel voll- zieht (Kasten).

Ein Meilenstein war darüber hin - aus die Gründung des Instituts für Patientensicherheit der Universität Bonn (IfPS), das am 1. Januar 2009 seine Arbeit aufgenommen hat. Das

Institut wird über das APS von 30 Förderern aus dem Gesundheitswe- sen einschließlich dem Bundesmi- nisterium für Gesundheit getragen.

Im Vorfeld der Veranstaltung hatte zudem Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler die Schirmherrschaft über das APS übernommen und dessen Leistungen gelobt: „Das Ak- tionsbündnis hat den Grundstein für

einen offenen und lösungsorientier- ten Umgang aller Beteiligten mit dem Thema Patientensicherheit ge- legt. Die Akzeptanz für Maßnah- men zur Patientensicherheit ist in- zwischen bei den betroffenen Be- rufsgruppen, wie Ärzten und Kran- kenschwestern, nirgendwo in Euro- pa höher als in Deutschland.“

Für die nächsten Jahre hat sich das Aktionsbündnis vor allem die Eva- luation und die Verknüpfung der praktischen Arbeit mit wissenschaft- lichen Erkenntnissen zum Ziel ge- setzt. Hierfür kann das IfPS wertvol- le Beiträge liefern. Im Rückgriff un- ter anderem auf die Versorgungsfor- schung führt das Institut Studien durch, um die Wirksamkeit der vom APS entwickelten Handlungsemp-

fehlungen zur Verbesserung der Pa- tientensicherheit zu überprüfen. „Wir brauchen Zahlen, wir müssen evalu- ieren und dafür geeignete Mess - methodiken entwickeln. Strategien, Methoden und Lösungen der Patien- tensicherheit müssen durch die Ver- sorgungsforschung wissenschaftlich abgesichert werden“, betonte Prof.

Dr. med. Matthias Schrappe, Insti-

tutsdirektor des IfPS. Vor diesem Hintergrund ergebe sich eine enge Verknüpfung von Patientensicher- heits- und Versorgungsforschung.

Eine der Studien, die das IfPS zu- sammen mit dem Aktionsbündnis, der Bundesärztekammer, der Deut- schen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat durchführt, ist eine detaillierte Befragung der Krankenhäuser, wieweit Maßnah- men zur Verbesserung der Patienten- sicherheit bereits umgesetzt worden sind und wo noch Handlungsbedarf besteht. An der von der AOK finan- zierten Studie haben sich 484 von 1 820 befragten Krankenhäusern (27

1„Patientensicherheit im Fokus der Versorgungsfor- schung“, 29. September – 2. Oktober 2010, Bonn Beispiele für

Gefahrenquellen im Krankenhaus:

erhöhtes Sturz - risiko, belassene Fremdkörper und Eingriffsverwechs- lungen. Zu einigen Themen hat das Ak- tionsbündnis bereits

Handlungsempfeh- lungen erarbeitet.

Fotos: mauritius images, vario images (2)

P O L I T I K

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A 1964 Deutsches Ärzteblatt

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15. Oktober 2010 Prozent) beteiligt. Erste Ergebnisse

der Untersuchung: Immerhin 59 Pro- zent der Krankenhäuser haben in- zwischen eine schriftlich festgelegte Strategie für das klinische Risikoma- nagement. 2008 seien dies einer et- was kleineren Untersuchung2 zufol- ge nur rund 40 Prozent der Kranken- häuser gewesen, und ein Fünftel der Einrichtungen habe sich noch gar nicht damit beschäftigt, berichtete der Projektleiter der Studie, Dr. med.

Jörg Lauterberg. 73 Prozent der Krankenhäuser haben Besprechun- gen für kritische Vorfälle, Schäden, Komplikationen und Fehler einge- führt, und 48 Prozent der Einrichtun- gen verfügen über ein eigenes Cri - tical Incident Reporting System (CIRS) als Feh lerberichts- und Lern- system, in dem je Einrichtung durch- schnittlich 50 CIRS-Berichte jährlich eingehen. 44 Prozent der Kranken- häuser nutzen zudem Checklisten zur Vermeidung von Patienten- bezie- hungsweise Eingriffsverwechselun- gen. Als Risikoschwerpunkte geben 47 Prozent der Kliniken die Schnitt- stellen der Versorgung (Aufnahme,

Entlassung, Abteilungs- und Schicht- wechsel), 35 Prozent die Arzneimit- teltherapie und 33 Prozent die Kran- kenhausinfektionen an.

Nach Meinung der Experten sind die Ergebnisse ermutigend, aller- dings dürften sich an der Umfrage wohl vor allem die Einrichtungen beteiligt haben, die sich ohnehin mit dem Thema beschäftigen. Von einer flächendeckenden Implemen- tierung von Risikomanagementsys-

temen kann also noch keine Rede sein. Dennoch werden Maßnahmen, die in den letzten Jahren zur Ver- besserung der Patientensicherheit diskutiert und entwickelt worden sind, zunehmend umgesetzt.

Auf den Beitrag der Versorgungs- forschung für die Patientensicherheit ging Prof. Dr. phil. Holger Pfaff vom Deutschen Netzwerk Versorgungs- forschung ein: Es gelte, Ursachen, Wirkungen und Vor aussetzungen der Patientensicherheit zu erforschen.

„Wenn Fehler passieren, ist es nicht immer der Fehler eines Einzelnen, sondern häufig auch ein Organi - sationsversagen. Patientensicherheit hängt auch von der Koordination zwischen den Berufsgruppen ab. Wo eine Vertrauenskultur und eine offe- ne Kommunikation vorhanden sind, da gibt es auch ein besseres Risi ko- und Fehlermanagement“, betonte Pfaff. Das „Sozialkapital“ im Kran- kenhaus müsse genauso geschaffen werden wie das Humankapital.

Der Präsident der Bundesärzte- kammer, Prof. Dr. med. Jörg-Die- trich Hoppe, wies in diesem Zusam- menhang auf den „bunten Strauß von Problemen“ im Krankenhaus hin: So sei die personelle Unterbe- setzung mit Risiken behaftet. Gerä- te würden in größeren zeitlichen Abständen gewartet. Die Hygiene werde durch beauftragte Außenfir- men weniger sorgfältig ausgeübt.

Fehlende Kommunikation begünsti- ge Fehler. „Patientensicherheit kann heute nur noch interprofessionell und und im Team gewährleistet werden“, betonte Hoppe. Der Deut- sche Ärztetag habe bereits vor fünf Jahren beschlossen, Forschungsvor- haben zu unterstützen, die zur Ent- wicklung von Methoden und Ins - trumenten zur Erhöhung der Pa - tien tensicherheit beitrügen. „Sowohl Versorgungsforschung als auch das APS können dazu beitragen, weni- ger Fehler zu machen“, so der BÄK-Präsident. „Die Freiwilligkeit der Initiative beweist, dass auch oh- ne gesetzliche Vorgaben eine Si- cherheitskultur Einzug ins Gesund- heitswesen findet.“ ■ Heike E. Krüger-Brand

„Patientensicher- heit ohne Daten ist reines Anek- dotenerzählen“, sagt Gün ther Jonitz, Präsident der Ärzte- kammer Berlin und Vorsitzender des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

Ohne Evaluation und Evidenz sei ei- ne nachhaltige Si- cherheitskultur nicht möglich.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS)

lebt von seiner breiten Netzwerkstruktur – inzwi- schen engagieren sich mehr als 300 Mitglieder aus allen Bereichen des Gesundheitswesens in dem Verein. In ehrenamtlichen interdisziplinären Arbeits- gruppen erarbeiten Experten zu ausgewählten Sachthemen Handlungsempfehlungen. Die Teilnah- me steht allen interessierten Fachleuten offen und ist unabhängig von der Mitgliedschaft im APS.

Arbeitsgruppen (Beispiele):

Eingriffsverwechslungen

Patientenidentifikation

CIRS (Critical Incident Reporting System) im Krankenhaus

Behandlungsfehlerregister

Arzneimitteltherapiesicherheit

belassene Fremdkörper

medizinproduktassoziierte Risiken Forschungsprojekte (Beispiele):

Evaluation und Implementierung von Hand- lungsempfehlungen

Entwicklung von Patientensicherheitsindikato- ren, gemeint sind Kennzahlen, anhand derer

sich das Risiko eines (vermeidbaren) uner- wünschten Ereignisses einschätzen lässt

Krankenhausbefragung und Sicherheitskultur Internetadresse: www.aktionsbuendnis- patientensicherheit.de

Das Institut für Patientensicherheit der Universität Bonn

wird finanziell durch das Aktionsbündnis Patien- tensicherheit getragen. Das Institut soll die prakti- sche Arbeit des APS zu konkreten Empfehlungen und Verbesserungsmaßnahmen durch die wis- senschaftliche Evaluation auf Basis der Versor- gungsforschung ergänzen. Dazu besteht eine en- ge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Netz- werk für Versorgungsforschung (DNVF; www.

netzwerk-versorgungsforschung.de).

Seit dem Wintersemester 2009 beteiligt sich das Institut zudem am Lehrangebot der Medizi- nischen Fakultät der Universität Bonn, mit der ein auf fünf Jahre befristeter Kooperationsver- trag besteht. Ziel ist es, das Thema Patientensi- cherheit auch in der Medizinerausbildung zu verankern.

Internetadresse: www.ifpsbonn.de

EINSATZ FÜR MEHR PATIENTENSICHERHEIT

2Krankenhausbarometer des Deutschen Kranken- haus-Instituts (n = 347 Krankenhäuser)

Foto: ÄK Berlin

P O L I T I K

Referenzen

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