DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
KTUELLE MEDIZIN
Hans 3. Biersack, Karl Reichmann, Frank Grünwald, Andreas Hotze,
Christian E Elger und Alexander Hartmann
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it Einführung 123J- markierter Amphet- aminderivate in den Ländern 1982/83'
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hat die Hirnszinti- graphie in Verbindung mit der SPECT einen neuen Aufschwung er- fahren. Da logistische Probleme (Halbwertszeit des 123J: 13 Stunden) dem breiten Einsatz auch in der nie- dergelassenen Praxis und bei Not- falluntersuchungen entgegenstan- den, wurde bereits frühzeitig ver- sucht, 99mTc (6 Stunden HWZ, aber jederzeit verfügbares Generatorpro- dukt) markierte Radiopharmaka für die Hirn-SPECT zu entwickeln. Be- reits seit 1985 konnten dann in grö- ßerem Umfang in Europa klinische Erfahrungen mit einem entsprechen- den Derivat (Hexamethyl-Propylen- aminoxim = HMPAO) gewonnen werden. Während Amphetamine an unspezifische Rezeptoren mit hoher Kapazität im Hirngewebe gebunden werden, ließ sich für HMPAO ein gänzlich unterschiedlicher Anreiche- rungsmechanismus verifizieren: Die Akkumulation der Substanz im Hirn wird in der Hauptsache durch ihre Lipophilie und chemische Instabili- tät bestimmt.HMPAO ist nach Markierung mit 'Tc (Testkit) lipophil und kann daher die intakte Blut-Hirn-Schran- ke in beide Richtungen durch passi- ve Diffusion durchdringen. In der Hirnzelle (jedoch auch in anderen Zellen) zerfällt nun das chemisch in- stabile HMPAO in lipophile und hy- drophile Komplexe, wobei die Blut- Hirn-Schranke für die hydrophilen Komplexe eine effektive Barriere bil- det. Etwa 60 Prozent der im Hirnge- webe angereicherten Aktivität ver- gleiben als hydrophile Komplexe im Gewebe, der lipophile Anteil von zir-
ka 40 Prozent wird wieder ausgewa- schen (9). Die durch chemische Kon- version verursachte Retention der hydrophilen Substanz ist sehr stabil, weshalb man von einer „biochemi- schen Mikrosphäre" spricht. Bei stark durchbluteten Hirnrindenare- alen ist die Auswaschrate des noch lipophilen Komplexes höher als in schlecht durchblutetem Gewebe.
Diese Rate läßt sich jedoch rechne- risch Bildpunkt für Bildpunkt korri- gieren, so daß mit HMPAO doch verläßliche Werte für die Hirndurch- blutungsverteilung zu erhalten sind.
99mTc-HMPAO stellt daher auf- grund seiner leichten Verfügbarkeit und der günstigen strahlenphysikali- schen Eigenschaften ( 99mTc) das Ra- diopharmakon der Wahl für die Un- tersuchung der Hirndurchblutung mittels SPECT dar. Das Präparat Institut für klinische und experimentelle Nu- klearmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Hans J. Biersack), Nervenklinik/Epileptologie (Di-
rektor: Prof. Dr. med. Heinz Penin) und Ner- venklinik/Neurologie (Direktor: Prof. Dr.
med. Felix Jerusalem) der Universität Bonn
wird intravenös injiziert und „schlag- artig" im Hirngewebe angereichert.
Die Auswasch-Phase ist nach zwei Minuten beendet, so daß anschlie- ßend für lange Zeit unveränderte Radioaktivitätskonzentrationen im Hirn zu messen sind. Dies sind Vor- aussetzungen für die SPECT mittels rotierender Gammakamera. Die Un- tersuchungszeit beträgt etwa 20 bis 30 Minuten. Es lassen sich transver- sale, koronare und sagittale Schich- ten rekonstruieren. Die räumliche Auflösung liegt bei etwa 11 mm. Ne- ben der Hirnrinde kommen auch die basalen Ganglien zur Darstellung (Abbildung 1). Mit Region of Interest (ROI)-Technik läßt sich dann die re- lative zerebrale Durchblutung erfas- sen. Zusätzlich ist durch Bildung von zerebro-zerebellaren Aktivitätsquo- tienten auch ein Hinweis auf die glo- bale Hirndurchblutung zu erhalten, zumindest dann, wenn das Kleinhirn sicher nicht erkrankt ist. Die Ergeb- nisse der Hirn-SPECT mit HMPAO werden im folgenden bei verschiede- nen Krankheitsbildern dargelegt. >
„Single Photon"- Emissions-
Computertomographie (SPECT) des Hirns
Die „Single Photon"-Emissionscomputertomographie (SPECT) des
Hirns erlaubt unter Verwendung heute vielerorts auch in der niederge-
lassenen Praxis vorhandener rotierender Gammakameras eine schicht-
weise Darstellung der Hirndurchblutung. Die Entwicklung 99mTc-mar-
kierter Radiopharmaka (HMPAO) hat zu einem weiteren Aufschwung
dieser Methode geführt. Insbesondere bei Epilepsie und zerebrovas-
kulären Erkrankungen sowie Demenz vom Alzheimer-Typ lassen sich
mit der SPECT heute ähnliche Ergebnisse wie mit der aufwendigen
Positronenemissionstomographie (PET) erzielen. Auch bei psychiatri-
schen Erkrankungen ergeben sich eventuell neue Einsatzmöglich-
keiten. Die Him-SPECT stellt damit heute ein Verfahren dar, das über
die morphologischen Befunde von CT und KST hinaus diagnostisch
wichtige Hinweise bei funktionellen Störungen gestattet.
Abbildung la: Hirn-SPECT mit 99mTc-HMPAO, transversale Schichten: regelrechte Aktivi- tätsanreicherungen in beiden Hemispheren sowie im Kleinhirn (rechts)
Epilepsie
Epileptische Anfälle führen zu einer szintigraphisch erfaßbaren lo- kalen Steigerung von Hirnstoffwech- sel und -durchblutung. Im anfalls- freien Intervall kann hingegen bei ei- nem Teil der Patienten eine vermin- derte Durchblutung und auch ein re- duzierter Stoffwechsel gefunden werden (Abbildung 2). Beide Befun- de sind seit Jahren aufgrund hirn- szintigraphischer Untersuchungen mittels der aufwendigen und nur an wenigen Orten vorhandenen Positro- nen-Emissionstomographie (PET) bekannt Da Änderungen der zere- bralen Funktion mit morphologi- schen Methoden nicht erfaßt werden können und zudem bei Epilepsie häufig keine strukturellen Läsionen vorliegen, ist beispielsweise die Com- putertomographie (CT) für die Lo- kalisation und Lateralisation von epileptogenen Foci nicht geeignet.
Demgegenüber zeigt das Elektroen- zephalogramm (EEG) in der über- wiegenden Zahl der Fälle einen Herdbefund.
Häufig läßt sich mit diesem Ver- fahren jedoch ein Herd nur schwierig exakt lateralisieren oder lokalisieren, was insbesondere dann von großer Bedeutung ist, wenn Patienten einer Operation im Bereich des Temporal- lappens zugeführt werden sollen. Ur- sache ist die mangelnde „Eindring- tiefe" des EEG. Zur präoperativen Herdlokalisation bei pharmakoresi- stenten Epilepsien werden daher in- vasive elektrophysiologische Techni- ken wie die Elektrokortikographie und das Tiefen-EEG eingesetzt.
In neuerer Zeit hat auch die Kernspintomographie (KST) große Bedeutung für die Diagnostik epi- leptogener Foci erlangt. Durch die- ses Verfahren konnte festgestellt werden, daß doch in einem weitaus höheren Maße, als aufgrund der CT- Untersuchungen vermutet, lokale strukturelle Veränderungen mit die- sem Leiden verknüpft sind. Der Nachweis eine strukturellen Läsion muß jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Vorliegen eines epileptoge- nen Fokus sein. Die funktionelle Ak- tivität des Fokus läßt sich durch SPECT sowohl interiktal als auch ik- tal erfassen (3). Insbesondere ist ei-
ne Differentialdiagnose gegenüber psychogenen Anfällen (dann weitge- hend unauffälliger Befund) möglich.
Im eigenen Arbeitsbereich wird ver- sucht, den Kontrast zwischen Fokus und umgebendem gesunden Hirnge- webe durch Hyperventilation zu er- höhen, da aufgrund der Autoregula- tion pCO 2-abhängige Durchblu- tungsänderungen im normalen Hirn- gewebe, jedoch nicht im Fokus zu er- warten sind.
Ein weiterer Vorteil der HMPAO-SPECT besteht darin, daß die Injektion unter EEG-Monitoring erfolgen kann. Der Patient wird dann später nach abgelaufenem An-
Abbildung lb: Basale Schicht der Hirn- SPECT: Darstellung der basalen Ganglien (weiße Pfeile = N. caudatus/Putamen;
schwarze Pfeile = Thalamus)
fall zur Untersuchung in die nuklear- medizinische Abteilung verbracht.
Die Untersuchung im epileptischen Anfall ist häufig dann angezeigt, wenn die interiktale SPECT keine eindeutigen Herdbefunde erkennen läßt. Für die präoperative Diagnostik ist die Anfalls-SPECT jedoch nicht geeignet, da durch Aktivierung des umgebenden Hirngewebes, die bis zur Aktivierung einer kompletten Hemisphäre reichen kann, der auslö- sende Fokus in seiner Ausdehnung weit überschätzt wird.
Vergleichende Hirnuntersu- chungen unter Verwendung von SPECT und KST haben gezeigt, daß epileptogene Foci bei Kombination beider Verfahren in über 90 Prozent lateralisiert und lokalisiert werden können, wenn gleichzeitig eine Lä- sion vorliegt (3). Die Hirn-SPECT ist daher ein Verfahren, das erhebliche Bedeutung in der Differentialdia- gnose epileptischer und psychogener Anfälle und in der präoperativen Epilepsiediagnostik hat.
Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Während die primäre Lokalisa- tion des hämorrhagischen Insults ei- ne Domäne der CT ist, ist der ischä- mische Insult in der Frühphase häu- fig nicht darstellbar, da das CT in- nerhalb der ersten zwei Tage unauf- fällig sein kann. Hier bietet sich die SPECT an, direkt im Anschluß an das akute Ereignis den entsprechen- den Perfusionsausfall nachzuweisen A-2756 (72) Dt. Ärztebl. 86, Heft 39, 28. September 1989
Abbildung 2: HMPAO-SPECT bei Epilepsie: Minderperfusion des linken Temporallappens (Pfeil)
Abbildung 3: HMPAO-SPECT bei rechtsseitigem Apoplex: Ausgedehnte Minderperfusion frontotemporal rechts
(Abbildung 3). Auch Durchblutungs- störungen wie transitorisch-ischämi- sche Attacken (TIA) und prolongier- tes, reversibles, ischämisches neuro- logisches Defizit (PRIND) können in der Hirn-SPECT umschriebene Perfusionsausfälle zeigen, ohne daß durch CT oder Kernspintomogra- phie ein morphologisches Korrelat nachzuweisen ist. Die Ausdehnung des szintigraphisch erfaßbaren De- fektes ist in der Mehrzahl der Fälle
größer, als er sich in der CT darstellt.
Dies ist dadurch bedingt, daß um das Kerngebiet eines Infarktes Minder- perfusionen durch die Szintigraphie dargestellt werden. Bei Aphasikern konnte dementsprechend vielfach ei- ne funktionelle Beteiligung der basa- len Ganglien — die in der CT unauf- fällig erschienen — nachgewiesen werden (1). Auch das Phänomen der gekreuzten zerebellaren Diaschisis gelingt mit der SPECT. Hierbei
kommt es — am ehesten aufgrund der herabgesetzten spino-zerebellaren Aktivierung bei Hemiplegie — bei ze- rebralem Insult zu einer Minderspei- cherung in der kontralateralen Kleinhirnhemisphäre.
Liegen beidseits Karotissteno- sen vor, so läßt sich die Hirn-SPECT einsetzen, um die „führende" Steno- se zu erkennen und zuerst einer Operation zuzuführen. Das Verfah- ren bietet sich auch an, den Opera- tionserfolg von extrakraniell-intra- kraniellen Bypässen zu verifizieren.
Ein weiteres Verfahren zur Prüfung der zerebralen Perfusionsreserve er- fordert die simultane Messung des zerebralen Blutflusses mittels HMPAO und des regionalen Blutvo- lumens mit 99mTc-markierten Ery- throzyten (6). Durch Subtraktion der Fluß- von der Volumen-SPECT las- sen sich Hirnareale nachweisen, die bei reduziertem, jedoch noch ausrei- chendem Fluß bereits eine Erhö- hung des Blutvolumens zeigen und daher besonders infarktgefährdet sind. Die Hirn-SPECT bietet damit bei zerebrovaskulären Erkrankun- gen ein breites diagnostisches Spek- trum an, das insbesondere dann sinnvoll einzusetzen ist, wenn keine strukturellen Läsionen vorhanden sind oder wenn aus der Ausdehnung struktureller Veränderungen nicht auf das Ausmaß der Funktionsein- schränkung zu schließen ist.
Nachdem die klinische Wertig- keit der Hirn-SPECT bei Patienten mit Epilepsie und zerebrovaskulärer Erkrankung bereits an großen Pa- tientenkollektiven gesichert werden konnte, seien im folgenden einige In- dikationen erwähnt, bei denen dieses Verfahren möglicherweise nutzbrin- gend einzusetzen ist. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß hier die Hirn-SPECT im wesentlichen zu- nächst für die Abklärung wissen- schaftlicher Fragestellungen indi- ziert ist.
Demenz vom Alzheimer-Typ
In neuester Zeit werden Am- phetaminderivate und HMPAO für die Differentialdiagnose der Alzhei- merschen Erkrankung gegenüber
der Multiinfarktdemenz eingesetzt, nachdem entsprechende pathogno- monische Veränderungen bereits seit 1980 durch PET nachzuweisen waren. Bei Patienten mit Alzheimer- scher Erkrankung konnten bilatera- le, temporoparieto-occipital gelege- ne Bezirke mit verminderter Spei- cherung festgestellt werden (Abbil- dung 4). Diese Herde boten in der KST zu 64 Prozent einen unauffälli- gen Befund. Demgegenüber zeigen Patienten mit Multiinfarkt-Demenz in der Regel disseminierte fokale Defekte. Entsprechende pathogno- monische Befundmuster wurden am eigenen Krankengut in der überwie- genden Zahl der Fälle erhoben (7).
Darüber hinaus ergab die qantitative Auswertung mittels Bestimmung ze- rebro-zerebellarer Quotienten, daß mit Ausnahme der occipitalen Rin- denareale eine globale Minderperfu- sion der Großhirnhemisphären nachzuweisen ist. Das Befundmaxi- mum lag wiederum beidseits parie- tooccipital.
Migraine accompagnöe
Die Migraine accompagne ist durch einen im Anfall auftretenden lokalisierten Kopfschmerz, häufig mit entsprechenden EEG-Verände- rungen verbunden, gekennzeichnet.
Während für die Differentialdiagno- se der einzelnen Formen der Migrä- ne bislang nur — neben der Klinik — das EEG zur Verfügung stand, bietet sich die SPECT für die Diagnostik der vermuteten zerebralen Perfusionsstö- rungen an. Patienten mit Migraine ac- compagn& zeigen häufig regional verminderte, jedoch auch regional ge-
steigerte Perfusionsmuster, verbun- den mit einem EEG-Befund in ent- sprechender Lokalisation (2).
Amyotrophe
Lateralsklerose (ALS)
Auch bei ALS ließen sich durch Hirn-SPECT pathologische Befunde erheben (5). Diese Befunde impo- nierten als globale Perfusionsminde- rung oder aber als multifokale Spei- cherausfälle. In der Mehrzahl der Fälle wurden frontotemporale Akti-
vitätsminderungen gefunden. Die Resultate scheinen mit dem klini- schen Befund korreliert zu sein.
Psychiatrische Erkrankungen
Während in den letzten Jahren bereits häufig über PET-Befunde bei psychiatrischen Krankheitsbildern wie Zyklothymie, endogener Depres-
Abbildung 4: HMPAO- SPECT bei Alzheimer- Demenz: Ausgeprägte, symmetrische Minder- perfusion temporo-pa- rieto-occipital
sion und Schizophrenie berichtet wurde, finden sich in bezug auf SPECT-Untersuchungen nur spär- liche Mitteilungen (8). Es wurde je- doch in Übereinstimmung mit der PET bei Schizophrenien eine Hypo- frontalisation, das heißt eine Min- derperfusion in den Frontallappen, beobachtet. Bei depressiven Patien- ten konnten in 30 Prozent der Fälle regionale Minderperfusionen in wechselnder Lokalisation (Abbildung 5) nachgewiesen werden, ohne daß jedoch pathognomonische Befunde
zu erheben gewesen wären. Hier steht die Validierung der Hirn- SPECT noch durch ein größeres Krankengut aus.
Ausblick
Neben der Beantwortung klini- scher Fragestellungen bietet sich die Hirn-SPECT jedoch auch für die Ab- klärung wissenschaftlicher Fragestel-
lungen an. So wurde im eigenen Ar- beitsbereich die Hirn-SPECT beim WADA-Test (Halbseiten-Narkose nach Injektion eines Barbiturates in die Arteria carotis interna) im Rah- men der päoperativen Epilepsiedia- gnostik eingesetzt (3). Hierbei konn- te gezeigt werden, daß die Narkose der dominanten (linken) Hemisphä- re beim Rechtshänder zu einer dra- matischen Reduktion der Durchblu- tung auf Werte um 60 bis 70 Prozent führt, während die rechte Hemisphä- re lediglich auf 80 bis 90 Prozent ab- A-2758 (78) Dt. Ärztebl. 86, Heft 39, 28. September 1989
fällt. Dies bedeutet, daß die domi- nante, das Sprachzentrum tragende Hemisphäre in ihrer neuronalen Funktion durch Narkose wesentlich stärker beeinträchtigt wird als die subdominante Hirnhälfte. Dieses Beispiel zeigt, daß die Hirn-SPECT auch zur Beantwortung neurophysio- logischer Fragen beitragen kann.
Ähnliche Untersuchungen bie- ten sich bei apallischen oder tiefko- matösen Patienten an: So könnte mittels Hirn-SPECT geklärt werden, wo und in welchem Maße noch In- formationsverarbeitung im Hirn stattfindet. Auch zur Klärung des Hirntodes kann die SPECT beitra- gen. Patienten mit Psychosen kön- nen unter Medikation und dann zu einem anderen Zeitpunkt in der aku- ten Phase untersucht werden, was möglicherweise Rückschlüsse auf die medikamentöse Einstellung erlaubt.
Jedoch auch in radiopharmako- logischer Hinsicht sind Neuentwick- lungen zu erwarten. So konnte im ei- genen Arbeitsbereich ' 23J-Alpha- Methyltyrosin (eine Aminosäure) bei Patienten mit Hirntumoren einge-
Abbildung 5: HMPAO-SPECT bei endoge- ner Depression: Minderperfusion frontal rechts
setzt werden (4). Erste Ergebnisse deuten darauf hin, daß mit diesem neuen Radiopharmakon Aufschlüsse über die Proteininkorporation malig- ner
Hirntumoren gewonnen werden
können (Abbildung 6). Analog zur PET werden in naher Zukunft sicher auch — analog diesem letztgenannten Beispiel — Rezeptorsubstanzen zur
Abbildung 6: Hirn- SPECT mit Alpha- 123J- Methyltyrosin bei Glioblastom: umschrie- ben vermehrte Aktivi- tätsanreicherung links
Verfügung stehen. Die Hirn-SPECT vermag daher die Resultate der teu- ren und nur an wenigen Orten vor- handenen PET auf breiter klinischer Basis — auch in der niedergelassenen Praxis — umzusetzen.
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Anschrift für die Verfassen
Prof. Dr. med. Hans J Biersack Institut für klinische und experimentelle Nuklearmedizin der Universität Bonn
Sigmund-Freud-Straße 25 5300 Bonn 1
Dt. Ärztebl. 86, Heft 39, 28. September 1989 (81) A-2761