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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 43
vom 28. Oktober 1983
Älter werden ohne Angst
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Daß das Defizitmodell des alten Menschen, wie es äl- tere, fehlerhaft angelegte
pseudowissenschaftliche Untersuchungen aufge- zeigt haben, heute nicht
mehr haltbar, daß vielmehr Alter als solches weder ei- ne Krankheit noch ein Ge- brechen ist und auch nicht zwangsläufig mit Lei- stungseinbußen einherge- hen muß, wird in dem un- gewöhnlichen Buch des Psychiaters und Alterspsy- chologen Professor Klaus Oesterreich ganz deutlich.
Das Ungewöhnliche an die- sem Buch ist, daß der Autor zu jedem Themenkreis zu- nächst überarbeitete Ge- sprächsprotokolle aus Ein- zel- und Gruppengesprä- chen wiedergibt, die er mit älteren Menschen, aber auch in gemischten Grup- pen mit älteren und jünge- ren Personen geführt hat.
In diesen Gesprächen kom- men Auffassungen und Stellungnahmen ganz un- terschiedlichen, ja entge- gengesetzten Inhalts zu den einzelnen Themen zum Ausdruck; so gut wie jeder ältere Mensch wird seine eigene Ansicht oder Erfah- rung in einer dieser Stel- lungnahmen wiederfinden.
Schon das wirkt ungemein belebend und regt zum Weiterlesen an. In jedem Kapitel wird nach diesen Gesprächsprotokollen un- ter dem Stichwort „Lupe"
das Grundsätzliche, sozu- sagen der Kern der Aussa- gen herausgearbeitet, der dann anschließend in ei- nem kritischen Kommentar gewürdigt und abschlie- ßend durch eine fachliche Ergänzung wissenschaft- lich fundiert und in einer von Fachausdrücken frei gehaltenen, allgemeinver- ständlichen Sprache flüs-
sig und anregend vertieft wird. Diese offene, auf die Fragen des Lesers einge- hende Darstellung hält je- der wissenschaftlichen Kri- tik stand und ist dabei doch jedem interessierten Laien voll verständlich. Die gleichbleibende Gliede- rung eines jeden Kapitels erleichtert das Zurechtfin- den und Nachschlagen sehr. Besondere Höhe- punkte sind die Kapitel über Angst und Furcht im Alter, über die Wechseljah- re, die nach der Auffassung des Autors auch den Mann betreffen, was fälschlicher- weise von manchen Medi- zinern abgelehnt oder zu- mindest bezweifelt wird, ferner die Kapitel „Soll der ältere Mensch ins Heim ge- hen", über Alter und Aktivi- tät, über die Einschätzung des älteren Menschen durch die Gesellschaft, durch die Jüngeren und durch sich selbst. Sehr wichtig erscheint auch das Kapitel über die Vorurteile, die die Alten gegen die Jungen und die Jungen ge- genüber den Alten haben.
Nirgends werden Patentre- zepte angeboten, sondern die individuelle Entschei- dung und der Abbau von Vorurteilen und Hindernis-
Felix Anschütz: Indikation zum ärztlichen Handeln, Lehre-Diagnostik-Thera- pie-Ethik, Springer Verlag,
Berlin/Heidelberg/New York, 1982, IX, 236 Seiten, 15 Abbildungen, 25 Tabel- len, Band 218 der Heidel- berger Taschenbücher, 32 DM
Mit zunehmender Speziali- sierung kommt mehr und mehr die Stunde der „Ge-
sen durch ein verständnis- volles Gespräch vorge- führt. Auflockernd wirken auch die fast jedem Kapitel beigefügten ganzseitigen humorvollen Illustrationen.
Das Buch kann man in er- ster Linie alten und älter werdenden , Menschen, aber auch all denen emp- fehlen, die berufsmäßig mit alten Menschen umzuge- hen haben. Hier ist beson- ders an Ärzte, aber auch an Heimleiter zu denken, von denen der Autor einen zu Wort kommen läßt, dessen Ansichten über die sozia- len und menschlichen Kon- takte älterer Menschen in Heimen derartig abwegig sind, daß man sich nur wundern kann, was für weltfremden, von keinerlei modernen Erkenntnissen über die Probleme der Se- nioren angekränkelten Per- sonen die Führung von Al- tenheimen anvertraut wird.
Wolfgang Cyran Wiesbaden Klaus Oesterreich: Älter wer- den ohne Angst, Fragen und Verstehen, Mit dem Arzt im Gespräch, Ernst Klett-Verlag, Stuttgart, 1982, 144 Seiten, mit Auskunftsgutschein, gebun- den, 19,60 DM.
neralisten". Zu diesen Ge- neralisten innerhalb der in- neren Medizin gehört ganz besonders der Darmstädter Kliniker Anschütz. Sein Buch, zum Teil Theorie der Medizin, überwiegend all- gemeine Phänomenologie und Differentialdiagnose sowie Differentialtherapie, kann allen Ärzten nur emp- fohlen werden.
Rudolf Gross, Köln Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 43 vom 28. Oktober 1983 111