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Archiv "Deutscher Bädertag 1997: Unberührte Betten" (05.12.1997)

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o sieht wohl gesund- heitspolitisches Wasser- treten aus: Beim Vorsit- zenden des Bundesausschus- ses „Ärzte und Krankenkas- sen" mühte sich CDU-Ge- sundheitspolitiker Ulf Fink unlängst, für Kurnachsorge- Angebote örtlicher Kneipp- Vereine die Kassenanerken- nung als Reha-Maßnahmen zu erlangen. Eine zunächst erfolglose Mühsal. Zwar ern- tete Fink, ehrenamtlich Präsi- dent des Kneipp-Bundes, all- gemeines Wohlwollen für ei- ne Kurnachsorge durch seine Ortsvereine. Doch da seien ja erst einmal Anhörungen und eine streng wissenschaftliche Überprüfung der medizini- schen Wirksamkeit nötig.

Kneipp-Jünger Fink will nicht nachlassen und die nöti- gen Anträge stellen.

Im Gegensatz zu manchen Kassenwarten des öffentli- chen Gesundheitswesens sind in Deutschland rund 160 000 Kneipp-Mitglieder glühende Verfechter der Lehre des Wörishofener Pfarrers Seba- stian Kneipp (1821–1897). Ei- ne Erkrankung hatte ihn 1848 auf die Idee seiner „Wasser- kur" gebracht, die er zu ei- nem System der Naturhei- lung mit fünf Komponenten ausbaute: Wasser, Heilpflan- zen, Bewegung, Ernährung – und Ordnung. Letzteres Prin- zip besteht in der „Strukturie- rung der äußeren und inne- ren Lebensordnung" und ist das Kernstück der Kneipp- schen Ganzheitstherapie.

Bei der Gründung des reichsweiten Kneipp-Bundes 1897 war der neuen Organi- siation bereits der Auslöser für jahrzehntelangen Zwist in die Wiege gelegt worden.

Der Dauer-Machtkampf zwi- schen der in Berlin angesie- delten Verbandsleitung und dem Stammverein Kneipps in Bad Wörishofen führte sogar zu Spaltungen, die erst 1921 behoben wurden.

Während der Herrschaft des Nationalsozialismus wurden alle Naturheilbünde gleich- geschaltet und gingen im

„Deutschen Volksgesund- heitsbund" auf.

Zu neuer Blüte fand der wiedergegründete Kneipp- Bund erst in den 50ern, mit dem Aufbau von Schulen, Fortbildungszentren und Forschungseinrichtungen in der Folge. Heute sind die Kneippianer sogar weltweit eng vernetzt: Die Interna- tionale Konföderation der Kneipp-Bewegung hat sich unter anderem die Gründung des ersten Kneipp-Kurortes in Japan vorgenommen. Kul- turell „verwässert" werden soll das Grundprinzip nicht – denn schon der Altmeister mahnte: „Haltet meine Lehre rein!" Oliver Driesen

A-3367 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 49, 5. Dezember 1997 (67)

V A R I A HEILBÄDER UND KURORTE

100 Jahre Kneipp-Bund

„Haltet meine Lehre rein“

Sebastian Kneipp (1821–1897) hat sie nicht mehr er- lebt: die Gründung des nach ihm benannten Bundes als Dachorganisation zur Verbreitung seiner Naturheilver- fahren am 24. August 1897. Was vor 100 Jahren be- gann, ist weit mehr als nur ein Kreuzzug von Kaltwasser- Fanatikern. Die Kneippsche Naturheilkunde, auf fünf Säulen beruhend, findet bis heute international Anerken- nung. Nur die Krankenkassen stellen sich bisweilen quer.

N

ahezu in allen der grö- ßeren Bäderregionen Deutschlands stehen in- folge von Sparpolitik und Ge- sundheitsreform bereits Kur- kliniken leer. Im ersten Halb- jahr 1997 gab es laut amtlicher Statistik sechs Millionen Übernachtungen weniger in Heilbädern und Kurorten.

Die unberührten Betten sind wenig verwunderlich: Für sta- tionäre Kuren gaben die Krankenkassen in diesem Zeitraum über 40 Prozent we- niger aus als von Januar bis Ju- ni 1996, für ambulante Kuren sogar fast 45 Prozent weniger.

Auf dem „Krisengipfel"

des Kur- und Bäderwesens,

Deutscher Bädertag 1997

Unberührte Betten

„Dramatisch zugespitzt" hat sich die Kurkrise im Jahr 1997. Zu dieser düsteren Einschätzung kamen Spitzenfunktionäre des Kurwesens auf dem 93. Deutschen Bädertag in Timmendorfer Strand. Während die Belegungs- und Antragszahlen erdrutschar- tig absacken und Tausende Arbeitsplätze auf der Kippe stehen, ging auch im Ostseeheilbad die Suche nach Auswegen weiter.

wie ein Teilnehmer den dies- jährigen Bädertag sarkastisch nannte, mußten die Vertreter dieser Branche noch weitere Horrorzahlen zur Kenntnis nehmen: 30 Prozent weniger für Kurmittel; 28 Prozent Rückgang bei den Kurtaxen- Einnahmen; bis zu 50 000 Ar- beitsplätze in Form von Ent- lassungen, Frührente oder Kurzarbeit von der Sparwelle betroffen, zumal nun auch noch seit Oktober eine Kün- digungswelle der Rentenver- sicherungsträger rollt.

Die Kuranbieter finden sich immer stärker in der Klemme zwischen zwei Ziel- gruppen, die ihnen bislang einträgliche Geschäfte sicher- ten: Auf der einen Seite wird der Geldhahn des staatlichen Gesundheitswesens zuge- dreht und von der Politik auf die Selbstverantwortung der Privaten verwiesen; anderer- seits sitzt gerade den „Pri- vaten" als potentiellen Kur- Konsumenten das Geld längst nicht mehr locker.

Dabei meinen die Anbie- ter, die Zeichen der Zeit und die Bedürfnisse des Marktes durchaus erkannt zu haben:

Foto: Kneipp-Bund e.V.

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Haben sich Heilbäder und Kurorte denn nicht, wie Bä- derverbands-Präsident Dr.

Christoph Kirschner beim Bä- dertag feststellte, auf den Trend zu mehr Prävention und Rehabilitation einge- stellt? Haben sie nicht die wachsenden chronischen Be- schwerden verstärkt ins Auge gefaßt? Versuchen sie nicht, die Patienten zu aktivieren und zu Eigenverantwortung zu erziehen? Mit einiger Ver- bitterung mußte der oberste Bäderfunktionär bilanzieren, daß gerade diese marktkon-

formen Ansätze nun durch die Spargesetze „besonders emp- findlich getroffen" würden.

„Gesundheit und mehr“

Weiterer Handlungsspiel- raum und andere Auswege bleiben dem gebeutelten Kursektor da derzeit kaum noch. Eine internationale Marketing-Offensive soll 1998 verstärkt Ausländer zum Gesundheitsurlaub nach Deutschland locken. Im Lan-

de selbst will man mit dem Angebotskatalog „Gesund- heit und mehr" an Kiosken, Bahnhofs- und Flughafen- buchhandlungen Lust auf Kuren machen. Und das scheint auch dringend not- wendig, denn nach Einschät- zung des nordrhein-westfäli- schen Gesundheitsministers Axel Horstmann sind die Pa- tienten inzwischen derart ver- unsichert, daß sie selbst dann auf medizinisch notwendige Kuren verzichten, wenn diese von den Versicherungen be- zahlt würden.

So sind noch immer etwa 60 Prozent aller Behinderten oder chronisch Kranken ent- weder ganz von einer Zuzah- lung für Kuren befreit oder hätten dafür nur eine erheb- lich geminderte Selbstbeteili- gung zu zahlen. Auch Kinder, Arbeitslose und Sozialhilfe- empfänger bleiben oft zuzah- lungsfrei. Daß daran im Ge- gensatz zu früher neuerdings ausdrücklich erinnert werden muß, wurde nicht nur auf dem 93. Bädertag als beunru- higendes Zeichen der Zeit ge-

wertet. OD

A-3369 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 49, 5. Dezember 1997 (69)

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