A-502 (10) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 10, 6. März 1998
S P E K T R U M LESERBRIEFE
Sprachliches
Zum Varia-Beitrag „Verleihung des Helmut-Stickl-Preises“ in Heft 1–2/
1998 beziehungsweise 3/1998:
Political correctness
In dem Beitrag ist mir ein schwerer Fall von selektiver politischer Korrektheit auf- gefallen. Ich zitiere „ . . . für die Aufklärung von Ärztin- nen und Ärzten, Arzthelfe- rinnen und Patienten . . .“.
Wo bleiben da die Arzt- helfer und die Patientinnen?
Gilt im Ärzteblatt die politi- sche Korrektheit nur für den weiblichen Teil der Ärzte- schaft? Weiter unten in dem- selben Artikel vergessen Sie außerdem bedauernswerter- weise die türkischen Mit- bürgerinnen! Wurden nur männliche türkische Kinder geimpft?
Schließlich wundert es mich, daß an dem anfangs er- wähnten Kongreß nur Män- ner teilgenommen haben.
Waren die deutschen und
österreichischen Kinderärz- tinnen nicht eingeladen?
Dr. med. Alexander Iwant- scheff, Scheffelstraße 10, 60318 Frankfurt/Main
Zum „Seite eins“-Beitrag „Konsequen- zen für uns Ärzte“ in Heft 1–2/1998 von Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe:
Völlig überflüssig
Natürlich spreche ich in der Anrede auch beide Ge- schlechter an. Aber ist es bei allgemeinen Formulierungen tatsächlich ständig nötig zu schreiben, zu sagen: wir Ärz- tinnen und Ärzte? Die Texte werden unnötig aufgebläht und weniger auf den Punkt gebracht. Außerdem meint der Plural die Ärzte immer beide Geschlechter. Es ist al- so völlig überflüssig, sowohl sprachlich als auch ideolo- gisch. Man sollte sich nicht über Gebühr feministisch ins Getriebe spucken lassen.
Dr. Axel-P. Moers, Auf dem Grat 31, 14195 Berlin
Berufspolitik
Zu dem Bericht über die KBV-Vertre- terversammlung „Zuversicht trotz drängender Probleme“ von Josef Maus und Dr. Sabine Glöser in Heft 51–52/1997:
KBV-Treppenwitz
Jeder weiß, daß allge- meinmedizinisch tätige Fach- ärzte (vulgo: Hausarzt) für die Zeit, die sie an, auf dem Weg zu beziehungsweise in Bereitschaft für ihre Patien- ten verbringen, miserabel entgolten werden. Der Vor- schlag aber, sie dadurch zu subventionieren, daß den Ge- biets-Fachärzten bei unver- mittelter Inanspruchnahme eine schlechtere Gebühr ge- zahlt wird, ist ein typischer KBV-Treppenwitz. Er ist in sich genau so logisch, als wol- le man die Gebühren eines Handwerkers danach bemes- sen, ob der Kunde mit dem ei- genen Wagen oder einem öf- fentlichen Verkehrsmittel ge- kommen ist . . .
Das Grundproblem ist, daß es sich bei der Krankheits- absicherung unserer Bevölke- rung nicht um eine Versiche- rung handelt; diese würde nämlich auf der Basis einer Ri- siko-Einschätzung die ver- mutlich anfallenden Kosten auf den einzelnen Versiche- rungsfall umlegen (siehe Kfz- Versicherung). Da sich aber unsere Gesetzliche sogenann- te Krankenversicherung in ih- rer Höhe nach dem zufälligen Einkommen eines Verdieners berechnet, handelt es sich eher um ein Spendenaufkom- men, dessen Höhe niemals vorausschauend beziffert wer- den kann. Würden die Auf- wendungen der Patienten zunächst mit einem Abschlag entgolten und am Ende des Jahres gemäß der Quote zwi- schen Aufwand und Ertrag abgerechnet (so wie jetzt bei uns), ließe sich das gegenwär- tige System noch rechtferti- gen. So aber wird es nur über Leistungseinschränkungen und die teilweise oder kom- plette Umstellung auf eine pri-
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vate Vorsorge zu finanzieren sein. Diesen Grundwider- spruch müssen wir zunächst bewußt machen, dann können wir über ein wirklich leistungs- gerechtes Entgelt reden, mei- netwegen auch streiten.
Dr. med. Donald D.
Schramm, W.-Raabe-Straße 4, 37170 Uslar
Medizinstudium
Zu dem Beitrag „Mehr Praxisbezug angesagt“ von Dr. Harald Clade in Heft 3/1998:
Bittere Farce
Es ist fast zynisch zu be- haupten, die sehr zu be- grüßende und längst überfäl- lige Reform des Medizinstu- diums in Form einer neuen Approbationsordnung habe den AiP plötzlich überflüssig
gemacht. Der 1988 eingeführ- te AiP („Arm im Prakti- kum“) war von Anfang an ei- ne bittere Farce.
Der AiP ist dem wohlge- meinten Ziel, die praktischen ärztlichen Ausbildungsdefizi- te zu beseitigen, nie gerecht geworden. Auch ein berufs- einsteigender Assistenzarzt wurde vor der Einführung des AiP an eigenverantwortliche und selbständige ärztliche Tätigkeit herangeführt, zumal er zuvor ein Jahr praktische Klinikerfahrung in Form des (unentgeltlichen) PJ sammeln konnte. Eine völlige Illusion zu glauben, ÄiP haben stän- dig einen erfahrenen Kolle- gen zur Seite, der Wissen und Kenntnisstand reflektiert.
Der AiP war von vornher- ein lediglich dazu geeignet, zur Freude vieler Chefärzte und Verwaltungsleiter die Lohnkosten drastisch zu sen-
ken. Welcher andere Berufs- stand hätte sich das Anfangs- gehalt von heute auf morgen dritteln lassen, was viele Be- troffene mit Familien als Al- leinverdienende an den Rand der Sozialhilfe gebracht hat?
Eine Schande für die Ärz- teschaft, mich eingeschlossen, daß nicht vehementer gegen
diese zehn Jahre andauernde Unverschämtheit vorgegan- gen wurde. Wie eine Horde braver Lämmer latschen alle heute noch still fluchend in die AiP-Zeit und sind froh, wenn sie dann irgendwann vorbei ist.
Dr. med. Axel Althen, Burg- mauer 41, 50667 Köln
Gebühren
Zu dem „Seite eins“-Beitrag „Notop- fer und Punkte“ von Dr. med. Wolf- gang Rühle in Heft 4/1998:
Positives Zeichen
Zu Ihrer Information: Es sind weniger die Verkehrs- sünder, die ihre Punkte erfra- gen, als vielmehr Angehörige von Berufsständen, welche ein einwandfreies Verhalten in allen Lebensbereichen
nachweisen müssen. Bei- spielsweise muß jeder Privat- und Berufspilot bei Beantra- gung einer Lizenz einen Aus- zug aus der Verkehrssünder- kartei vorlegen (bei deren Zustellung man übrigens mit 16,50 DM zur Kasse gebeten wird). Ich meine, wenn eine Behörde endlich einmal auf eine Gebühr verzichtet, ist dies ein positives Zeichen.
Dr. med. Torsten U. Niecke, Bernstorffstraße 174, 22767 Hamburg