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Archiv "LOURDES: Fragwürdig" (25.07.1991)

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LOURDES

Zu dem Beitrag „Brücken zwi- schen Wissen und Glauben — Das Internationale Ärztekomitee von Lourdes beriet in Köln" von Dr.

Erwin Theiß in Heft 11/1991:

Viele medizinische Ungenauigkeiten

Als evangelischer Christ, der eine aktive katholische Ehefrau und Familie hat, ha- be ich viel von den zahlrei- chen Pilgerfahrten nach Lourdes und den konsekuti- ven wunderbaren Heilungen gehört. Meine Frau und ihre Familie haben mehrfach mit dem österreichischen Lour- des-Komitee an derartigen Pilgerfahrten teilgenommen;

mein Schwiegervater war da- bei Pilgerarzt. Bei den zahl- reichen Diskussionen über dieses Thema mit meiner Fa- milie habe ich den Eindruck gewonnen, daß zweifellos vie- len gläubigen Katholiken eine Pilgerfahrt nach Lourdes gro- ße psychische und damit oft auch physische Hilfe bringt und ermöglicht, eine Krank- heit leichter zu ertragen oder gar zu überwinden.

Als Arzt für Pathologie und Universitätsprofessor, der auf medizinischem Ge- biet forscht und lehrt, kom- men mir natürlich Zweifel, wenn über „Wunderheilun- gen" nach einer Lourdes-Pil- gerfahrt berichtet wird.

Grundsätzlich möchte ich je- doch nicht leugnen, daß es

„wundersame Heilungen"

gibt und sie nach einer Pilger- fahrt nach Lourdes erfolgen können. Hierbei handelt es sich um Krankheiten, die ei- nen für den Patienten völlig unerwarteten positiven Ver- lauf genommen haben, der nach allen ärztlichen Progno- sen und naturwissenschaftli- chen Kriterien der modernen Medizin unerklärlich ist. Je- der Arzt kennt derartige Fäl- le in seiner Praxis.

Es ist durchaus seriös, wenn die Kirche die gemelde- ten Fälle von plötzlicher Hei- lung einer als unheilbar gel- tenden Krankheit sorgfältig von Ärzten überprüfen läßt.

Hierfür wurde das „Komitee

von dem Ärztebüro in Lour- des" eingerichtet und ein „In- ternationales Ärztekomitee von Lourdes (I.Ä.C.L.)" ein- gesetzt. Über die Arbeit des

„I.Ä.C.L." wird in dem Arti- kel berichtet. Es wird erklärt, daß die Mitglieder des Komi- tees ausschließlich die Dia- gnose und therapeutischen Möglichkeiten des Krank- heitsfalles, bei dem es zu ei- ner unerwarteten Heilung ge- kommen ist, festzustellen ha- ben. Im Bemühen um äußer- ste Objektivität werden nur Heilungen, die „nach dem heutigen Stand der Wissen- schaft" unerklärbar sind, an- erkannt. Dabei sind in unse- rer Zeit bösartige Tumoren die häufigsten Krankheiten.

Wenn die Verfahrenswei- se der ärztlichen Überprü- fung solcher geheilter Krank- heitsfälle grundsätzlich in Ordnung ist, so sind dennoch in der Praxis einige Metho- den bedenklich. Sie betreffen vor allem die Diagnosefin- dung. So wird in dem Artikel über einen jungen italieni- schen Patienten mit einem

„Beckensarkom" berichtet.

Im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, das von Ärzten gele- sen wird, sollte doch wohl die exakte Diagnose (Osteosar- kom? Chondrosarkom? ma- lignes fibröses Histiozytom?) genannt werden! Oder ist die Diagnose unbekannt? Bei dem zweiten aufgeführten Fall einer jungen Sizilianerin mit einem „Sarkom des Un- terschenkels" (der Weichtei- le? des Knochens?) ist die ex- akte Diagnose ebenfalls nicht genannt. Derartige Schilde- rungen — auch noch in einer medizinischen Zeitschrift — erwecken natürlich erhebli- che Zweifel an der richtigen Diagnose.

Als vor einigen Jahren in der Presse der Fall eines Osteosarkoms bei einem Ita- liener, der nach einer Lour- des-Pilgerfahrt spontan ge- heilt wurde, gemeldet wurde, hatte ich mich schriftlich an das „Bureau Mddical de Lourdes" gewandt und gebe- ten, mir die Röntgenbilder und histologischen Schnitt- präparate zur fachmänni-

schen Einsichtnahme zuzu- senden. Dies wurde mir ver- weigert mit dem Hinweis, daß ich mich persönlich nach Lourdes begeben könnte, um die Unterlagen einzusehen.

Bekanntlich führen prakti- sche Erfahrungen und For- schungsergebnisse in unserer Zeit zu großen Fortschritten in der Medizin und erfordern eine zunehmende Spezialisie- rung auf den verschiedensten medizinischen Fachgebieten.

Zu meinem eigenen Spezial- gebiet gehören die Knochen- tumoren, die offenbar nicht selten unter den Heilungsfäl- len von Lourdes sind. Jeder medizinische Fachmann weiß, wie ungeheuer schwer die Diagnostik gerade auf diesem Gebiet sein kann. Es gibt weltweit verhältnismäßig wenige Ärzte, die Speziali- sten auf diesem Gebiet sind und Knochentumoren mit der notwendigen Sicherheit dia- gnostizieren können. Ich stel- le deshalb die Frage, ob sich unter den 25 Ärzten des

„I.Ä.C.L" derartige Speziali- sten befinden, die bei den je- weiligen Fällen auch die rich- tige Diagnose gestellt haben.

Falls kein Spezialist auf dem zur Diskussion stehenden medizinischen Fachgebiet dem „I.Ä.C.L." angehört, könnte das Komitee Rönt- genbilder und histologische Schnittpräparate an einen oder mehrere bekannte Spe- zialisten schicken und ein Gutachten anfordern. Dies ist ja in der ärztlichen Praxis durchaus üblich.

Um einen Fall einer wun- dersamen Heilung auch wirk- lich zuverlässig zu dokumen- tieren, sollten die Autoritä- ten, die ja in der Fachwelt oft einen großen Namen haben, genannt werden. Dies würde die Glaubhaftigkeit einer wundersamen Heilung be- trächtlich untermauern. Der Artikel „Brücken zwischen Wissen und Glauben" hinge- gen — geschrieben von einem Mitglied des „I.Ä.C.L." — ent- hält viele medizinische Unge- nauigkeiten, die unnötiger- weise erhebliche Zweifel an der Qualität der Diagnosen der jeweiligen Fälle aufkom-

men lassen. Gewiß gibt es un- erklärliche Heilungen von Krebserkrankungen, auf die eine Pilgerfahrt nach Lourdes positiven Einfluß genommen hat. Hierbei sollte es jedoch im Interesse der Kirche lie- gen, daß diese Fälle nach den aktuellen medizinischen Kenntnissen und Möglichkei- ten von Spezialisten abgeklärt und offengelegt werden.

Prof. Dr. med. Claus-Peter Adler, Pathologisches Institut der Universität, Albertstraße 19, W-7800 Freiburg i. Br.

Fragwürdig

Nach heutigen wissen- schaftlichen Erkenntnissen ist der Mensch samt seiner Um- welt als ein komplexes System ineinandergreifender Wirk- größen zu verstehen, von de- nen bestenfalls einige isolier- te bekannt sind. Aufgrund der biologischen Variabilität, Multikausalität, Psychogeni- tät in jedem Krankheitsver- lauf muß auch in praktisch in- fausten Fällen aus rein stati- stischen Gründen mit einer gegebenenfalls äußerst gerin- gen Heilungsmöglichkeit ge- rechnet werden, da sich nach dem Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung rein zufällig verteilte (unbe- kannte) Einzelfaktoren in sel- tenen, aber mathematisch notwendigen Fällen zum durchschlagenden Erfolg ver- einen. Ein Prozeß, der eini- gen bekannten und zahlrei- chen unbekannten Einfluß- faktoren unterliegt, heißt sto- chastisch. Die Anzahl der in fixen Intervallen, etwa jähr- lich, zu erwartenden „uner- klärlichen" Heilungen muß wegen der sehr geringen Hei- lungsaussicht bei schweren Krankheiten einer Poisson- verteilung folgen.

Wenn etwa im Jahrhun- dert einmal ein großer Mete- orit mit der Erde kollidiert, wird dies kein aufgeklärter Mensch als „unerklärlich" be- zeichnen, obwohl natürlich auch der heutigen Astrono- mie keineswegs sämtliche Bahndaten aller Himmelskör- per bekannt sind. Ganz ana- A-2530 (10) Dt. Ärztebl. 88, Heft 30, 25. Juli 1991

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log könnte in der Medizin nur dann von „nicht erklärbaren Heilungen" gesprochen wer- den, wenn solche Fälle in sta- tistisch signifikanter Weise von der wissenschaftlich zu erwartenden Poissonvertei- lung abweichen. Das be- schriebene Verfahren des Lourdes-Ärztekomitees ist erkenntnistheoretisch ebenso wertlos, als wenn man die Biographien aller Lottomil- lionäre der letzten hundert Jahre a posteriori auf eine

„Erklärung" dieser „Seherga- be" hin untersuchen würde.

In beiden Fällen sind die zu- grundeliegenden sehr gerin- gen Chancen wissenschaftlich abgesichert; damit ist auch je- der im Rahmen der zu erwar- tenden Raten aufgetretene Einzelfall vollständig geklärt.

Es ist daher nicht nur un- ärztlich, sondern auch unwis- senschaftlich, einen Schwer- kranken zum „hoffnungslosen Fall" zu deklarieren. Frag- würdig ist aber auch, wenn Ärzte mit unhaltbarer Metho- dik einen Scheingegensatz zwischen „Glauben und Wis- sen" konstruieren. Der Seel- sorger am Sterbebett mag dies vor seinem Gewissen ver- antworten können. Die im- mer wieder zu beobachtende öffentliche Propagierung sol- cher Fehlinterpretationen schädigt jedoch nicht nur das Verhältnis von Arzt und Pa- tient, sondern erodiert auch das naturwissenschaftliche Standbein ärztlichen Selbst- verständnisses - die Folgen kann niemand verantworten.

Stefan F. J. Langer, Insti- tut für Physiologie der Freien Universität Berlin, Arnimal- lee 22, W-1000 Berlin 33 RICHTIGSTELLUNG

Zu der Titelgeschichte

„Schwangerschaftsabbruch im in- ternationalen Vergleich" von Ruth Gatzweiler in Heft 12/1991:

Zahlenfehler

Nachfolgend zwei Richtig- stellungen zu meinem Arti- kel: In der Tabelle über die Anzahl der Abbrüche ist die Zahl aus England und Wales A-2532 (12) Dt. Ärztebl. 88,

durch ein drucktechnisches Versehen falsch wiedergege- ben worden: Statt 11,3 Ab- brüche pro 1000 Frauen sind fälschlicherweise nur 1,3 Ab- brüche pro 1000 Frauen in der Tabelle angegeben. Wei- terhin bezieht sich diese Sta- tistik auf einen Vergleich der Länder im Jahre 1980.

Cand. med. Ruth Gatzwei- ler, Heideweg 8, W-5303 Bornheim 1

LIQUIDATIONEN

Zu dem Leserbrief „Alte Schu- le im praktischen Alltag?" von Niels Störmann in Heft 8/1991, in dem er die Höhe der Arztrechnun- gen unter Kollegen und ihre Aus- wirkungen schildert:

Vom Kaufmann unterscheiden

Der junge Kollege hat lei- der recht! Zunehmend stellen Kollegen ihren behandelten Kollegen Rechnungen, und zwar nicht zu knapp! Ich ge- höre noch zur alten Schule (73 Jahre) und habe stets Kollegen und deren Angehö- rige - auch Tier- und Zahn- ärzte - unentgeltlich behan- delt. Ich hielt und halte das für ein Privileg, mit dem wir uns vom Kaufmann unter- scheiden. Man sprach ja bis- her auch vom „Honorar", was dem ja Rechnung tragen sollte.

Aber leider hat das mer- kantile Denken auch bei den

„Medizinern" - Ärzte? - Ein- zug gehalten, eigentlich de- primierend! Ich muß aller- dings für mich und meine Fa- milie betonen, daß ich bisher keine solchen Erfahrungen machen mußte. Ja, vor vielen Jahren wurde sogar meine Mutter von einem Professor unentgeltlich operiert, was nun doch vielleicht zu weit ging.

Aber unser Sohn - selbst Arzt für Allgemeinmedizin - bekommt von Kollegen, de- nen er noch dazu überweist, ganz beachtliche Rechnun- gen!

Dr. med. Walther-F.

Leuchs, Rampenstraße 12, W-8806 Neuendettelsau Heft 30, 25. Juli 1991

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