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> Stephan Ryffel
Milchverarbeitung
Situation
Die Produktion von reinem Schafmilchkäse hat sich in den letzten 5 Jahren fast verdoppelt (siehe Tabelle 1: Schafkäseproduktion in der Schweiz) und ist aufgrund einer immer noch steigenden Nachfrage weiter ausbaufähig.
Die Verarbeitung von Schafmilch bietet sowohl gewerblichen Käsereien neben ihrer «norma- len» Produktion, als auch für Schafmilchprodu- zenten als Veredelung eine gute Verdienstmög- lichkeit. Deshalb gibt es einerseits Käsereien, die neben ihrer traditionellen Produktion Schafmilchprodukte herstellen und andererseits innovative Schafbetriebe, die ihre eigene Milch und zum Teil noch weitere Schafmilch von an- deren Betrieben zukaufen und in ihrer Hofkäse- rei verkäsen.
Schweizer Schafkäse – das «Nischenprodukt» mit starkem Wachstumspotenzial
Der moderne Konsument sucht immer mehr nach Spezialitäten und auch Alternativen zu Kuh- milchprodukten. Somit ist die Schafmilchverarbeitung ein in- novativer, vielfältiger Wachs- tumsmarkt. Auch Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP) will in diesen «neuen Sektor» ver- mehrt einsteigen und führte zur Erfassung der Ist-Situation eine Umfrage bei Schafmilchverar- beitern durch. Damit können die Anliegen der Verarbeiter direkt in eine praxisnahe For- schung und Beratung münden.
(Photo: ALP)
Betriebe der Erhebung
In der Umfrage von ALP wurden 14 Praxisbetriebe (jeweils 7 gewerbliche
Käsereien und 7 reine Schafmilchverarbeiter) besucht und zu den Themen Milch und Milchqualität, Produktsortiment, Kulturen und Käsetechnologie sowie Reifung befragt.
Ziel war es auch, durch die regionale Verteilung der befragten Käsereien einen guten Überblick der allgemeinen Anliegen von Schafmilchverarbeitern zu erhalten.
Die durchschnittliche Verarbeitungsmenge an Schafmilch liegt bei den besuchten Betrieben bei 53‘000 Liter pro Jahr (10‘000 bis 200‘000 l). Insgesamt werden von den 14 Schafmilchverarbeitern jährlich 85 Tonnen Käse und 220 Tonnen Spezialitäten produziert.
Tabelle 1: Schafkäseproduktion in der Schweiz (Tonnen pro Jahr) Tableau 1: Production de fromage de brebis en Suisse (tonnes par an)
Jahr/année 2000 2001 2002 2003 2004
Reiner Schafkäse
Fromage de brebis pur 82 117 120 130 153 (Quelle/Source:
TSM, 2005)
Die Milch kommt von ca. 40 Schafmilch- produzenten, wobei die 6 kleinsten Verarbeiter nur einen Lieferanten haben bzw. nur eigene Milch verarbeiten, während der grösste die Milch von 9 Milchschafhaltern bezieht.
Milch und Milchqualität
Etwa die Hälfte der Milch stammt von Ostfrie- sischen Milchschafen und die andere Hälfte von Lacaune Milchschafen, bzw. von Misch- lingen der beiden Rassen. Insgesamt sind sich die Verarbeiter einig, dass die Milch der Rasse Lacaune gehaltvoller und somit auch besser verkäsbar sei, so dass sich in der Milchprodukti- on ein deutlicher Trend hin zur Lacaune-Zucht abzeichnet.
Der Umfang und die Uneinheitlichkeit der durchgeführten Qualitätskontrollen der Roh- milch, die die Betriebe durchführen, zeigt deut- lich die Problematik auf dem Gebiet der Roh- milchqualität und Verkäsbarkeit (siehe Tabelle 2, Seite 11).
Einerseits gibt es noch wenig standardisierte Methoden zur Erfassung von Rohmilchqualität und Verkäsbarkeit von Schafmilch. Insbesonde- re die Ergebnisse von Käserproben unterliegen grossen Schwankungen und der Wunsch nach Richtwerten für Schafmilch ist gross.
Andererseits zeigt die Umfrage auch, dass Schafmilch insgesamt sehr grossen Schwan- kungen bei den Inhaltsstoffen, aber auch der Qualität (z.B. gemessen an der Zell- oder Keimzahl) unterliegt. Diese Unterschiede sind saisonal, betrieblich, fütterungs-, haltungs- oder rassebedingt, aber auch zum Teil von einzelnen Tieren abhängig.
Produktsortiment
Das Produktsortiment der Schafmilchverarbeiter ist sehr um- fangreich. Ein kleiner Weichkäse mit Weissschimmel, meist
«Schafchäsli» genannt, und Joghurt sind mit Halbhartkäse, oft in Mutschli-Grösse von 0,5 - 1,5 kg, die wichtigsten Produkte.
Kulturen und Käsetechnologie
Die meisten Betriebe setzen aufgrund der einfachen Handha- bung und des grossen Angebotes insbesondere im Weich- und Frischkäsebereich Direktstarterkulturen ein. Weiterhin erweist sich die Herstellung von Betriebskulturen, nach Aussagen der Käser, mit Schafmilch schwieriger als mit Kuhmilch.
Die meisten Schafmilchprodukte werden aus pasteurisierter oder thermisierter Milch hergestellt. Die meisten Betriebe stellen
Schalmtest: Die Zellzahl, als Merkmal für Milchqualität, kann auch bei Schafmilch einfach und schnell durch den Schalmtest bestimmt werden.
Test de Schalm: La teneur en cellules, comme critère de qualité du lait peut également étre déterminée simplement et rapidement sur le lait de brebis, à l`aide du test du Schalm.
(Photo: ALP)
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Der Autor des Artikels / L‘auteur de cet article
Als gelernter Landwirt absolvierte Stephan Ryffel an der Universität Kassel (D) das Studium zum Ingenieur Agronom. Meh- rere Sommer verbrachte er als Hirte und Senn auf Alpen im Kanton Graubünden und gewann dabei viel Erfahrung in der handwerklichen Milchverarbeitung. Seit 1.3.2005 arbeitet an der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux, wo er die Beratung und den Wissenstransfer im Bereich Schaf- und Ziegenmilchverarbeitung wahrnimmt. Ab 1. Februar 2006 leitet er ausserdem das Projekt «Neue Verfahren der Käseherstellung», welches auch Versuche mit Schaf- und Ziegenmilch durchführt.
Agriculteur diplômé, Stephan Ryffel a achevé une formation d’ingénieur agronome à l’Université de Kassel (D). Travaillant plusieurs étés comme berger et alpagiste dans le canton des Grisons, il a acquis une solide expérience dans la transformation artisanale du lait. Le 1er mars 2005, il a intégré la station de recherches Agroscope Liebefeld-Posieux, où il assure la vulgarisation et le transfert des connaissances dans le domaine de la transformation du lait de brebis et du lait de chèvre. Depuis le 1er février 2006, il mène par ailleurs le projet «Nouvelles procédures pour la fabrication de fromage» comprenant également des essais avec du lait de brebis et du lait de chèvre.
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ihre Weich- bzw. Halbhartkäse aus thermisierter Schafmilch her, während wenige Betriebe Roh- milch zu einem Frisch-, Weich- bzw. Halbhart- käse verarbeiten. Der Frisch- und Weichkäse aus Rohmilch wird jeweils von Hofverarbeitern produziert, die sehr gute Kenntnisse über ihre Rohmilchqualität besitzen.
Im Gegensatz dazu wird in der Schafkäse- produktion, auch zum Teil aufgrund kleiner Milchmengen, zur Überwindung von längeren Transportwegen und Überbrückung der Saiso- nalität der Tiere, auch gefrorene Milch verar- beitet. Dieses Verfahren birgt immer wieder Probleme, insbesondere nach längerer Lagerzeit (mehrere Monate). Verringerte Labfähigkeit, Geschmacksveränderungen und geringere Aus- beute sind drei Beispiele.
Im eigentlichen Käsungsprozess haben die Praktiker wenig Probleme und die Technologie durch langjährige Erfahrung optimal an ihre betriebsinterne Situation angepasst.
Bei der Ausreifung von Halbhartkäse können Buttersäureblähungen auftreten, die zum Teil durch Silagefütterung an die Milchschafe ausge- löst werden.
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Milchverarbeitung
Grafik 1: Themen, zu denen die Schafmilchverarbeiter weitere Informationen wünschen
Graphique 1: Sujets sur lesquels les transformateurs de lait de brebis souhaiteraient disposer de plus d’informations.
Rohmilch / Lait cru 28%
Kulturen / Cultures 23 % Spezialitäten /
Spécialités 21%
Käseherstellung / Prod. de fromage
10 % Reifung /Affinage
15 %
sonstiges / autres
3%
Weitere Informationen
zum Thema auf der neuen Homepage zum Wissenstransfer:
http://www.alp.admin.ch/transfer Kontaktperson:
stephan.ryffel@alp.admin.ch
Allgemeine Anliegen der Schafmilchverarbeiter
Rohmilchqualität und Kulturen sind die beiden brennenden Themen, über die die Schafmilchverarbeiter mehr wissen wollen. Aber auch im Bereich Spezialitäten, Käseherstellung und Reifung haben sie grosses Interesse mehr zu erfahren (siehe Grafik 1, Seite 8).
Aktuelle Forschungsarbeiten bei ALP
ALP geht auf die Anliegen der Praxis ein und untersucht aktuell Schafmilch-Be- standesmilchproben zur besseren Kenntnis der Milchzusammensetzung, -qualität und Messmethodik von Schafmilch. Weiterhin werden zurzeit Standardrezep- turen zu Frisch-, Weich- und Halbhartkäse aus Schafmilch entwickelt, wobei ins- besondere Fragen zur Kulturenwahl, Milchvorbehandlung und Käsetechnologie untersucht werden. Zur besseren Kenntnis der Nährstoffzusammensetzung unter- sucht ALP auch Schafmilchkäse aus der Praxis auf die wichtigsten Parameter.
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